Unter bestimmten Bedingungen kommt die Verwendung von hochreinem Nickel als Anodenmaterial an Stelle von konventionellen schwefeldepolarisierten Nickelanoden in Betracht. Um die Unterschiede der beiden Anodenarten auf den Prozess und die abgeschiedenen Schichten zu vergleichen, werden In-Situ-Messungen der inneren Spannungen vorgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zugabe von Bromidionen, insbesondere in Form von Natriumbromid, das Auflöseverhalten der Anodenmaterialien signifikant beeinflusst. Bei der Verwendung von neuartigen Anoden aus hochreinem Nickel der hpulcas GmbH sinkt das Auflösepotential mit steigender Bromidkonzentration, wobei der Effekt der Herabsetzung ab etwa 4 g/l maßgeblich beobachtet wird. Im Gegensatz dazu zeigen kommerzielle beziehungsweise herkömmliche S-Nickel-Coins bereits ohne Bromid ein reduziertes Auflösepotential. Die Bromidionen greifen die Oxidschicht der Nickeloberfläche an, was zu einer verbesserten Anodenauflösung führt. Zudem wurde festgestellt, dass die inneren Spannungen in den abgeschiedenen Nickelschichten bei Verwendung von hpulcas-Materialien im Vergleich zu S-Nickel-Coins unter bestimmten Elektrolytparametern geringer ausfallen. Die Untersuchungen legen nahe, dass die Nickel-Materialien der hpulcas GmbH unter den richtigen Bedingungen eine mögliche Alternative darstellen, um die Anodenauflösung zu
optimieren und die Bildung von Anodenschlamm zu minimieren. Die erzielten Erkenntnisse ermöglichen Perspektiven für weiterführende Untersuchungen, um einen industriellen Einsatz des Materials voranzubringen.
-Fortsetzung aus WOMag 3/2025-
4 Darstellung und Diskussion der Ergebnisse
Über die detektierte Auslenkung des Stahlstreifens im IS-Meter während der Abscheidung werden die inneren Spannungen nach Gleichung <1> berechnet und über die nach dem zweiten Faradayschen Gesetz ermittelte theoretische Schichtdicke dargestellt.
mit:
σ = innere Spannung (N/mm2)
E = Elastizitätsmodul des Metallstreifens (N/mm2)
S = Dicke des Metallstreifens (mm)
d = Schichtdicke (mm)
Xm = Längenänderung (mm)
L = Metallstreifenlänge (mm)
Die berechneten inneren Spannungen zeigten während der Abscheidung für alle Abscheideparameter (also unabhängig von dem Anodenmaterial und unabhängig von der Elektrolytzusammensetzung) den gleichen Verlauf. Zu Beginn der Abscheidung steigen sie auf einen Maximalwert und sinken dann über den zeitlichen Verlauf auf ein Plateau (einen nahezu konstanten Wert) ab. Primär unterscheiden sich die inneren Spannungen jedoch anhand der Höhe dieser Plateaus. Abbildung 7 zeigt hierzu beispielhaft den Verlauf der inneren Spannungen für Beschichtungsversuche mit Anodenmaterial KWGB und Netzmittel PFOS in Abhängigkeit von der Bromidkonzentration.
Abb. 7: Abhängigkeit der innere Spannungen von der Bromidkonzentration (Nickelsulfamat-Elektrolyt, 117 g/l Nickel, 0 g/l bis 12 g/l Bromid, 0,18 g/l PFOS, 50 °C, 3 A/dm2, Anodentyp KWGB)
Abb. 8: Innere Spannungen (bei 16 µm Schichtdicke) der Abscheidungen mit Netzmittel PFOS (0,18 g/l) für alle Anodenmaterialien (Nickelsulfamat-Elektrolyt, 50 °C, 3 A/dm2)
Abb. 9: Innere Spannungen (bei 16 µm Schichtdicke) der Abscheidungen mit Netzmittel SDS (0,5 g/l) für alle Anodenmaterialien (Nickelsulfamat-Elektrolyt, 50 °C, 3 A/dm2)
Abbildung 8 zeigt die Abhängigkeit der inneren Spannungen von der Bromidkonzentration am Ende der Abscheidungszeit (d. h. bei ca. 16 µm Schichtdicke) für alle Anodenmaterialien und unter Verwendung von PFOS und Abbildung 9 unter Verwendung von SDS als Netzmittel. Für jeden geänderten Abscheideparameter wurden stets zwei Abscheidungen vorgenommen (ein Balken steht für eine Abscheidung).
Es ist bei Einsatz von PFOS deutlich zu erkennen, dass die inneren Spannungen der abgeschiedenen Schichten mit zunehmenden Bromidgehalten ansteigen. Zudem ist ersichtlich, dass sich unter identischen Abscheidebedingungen (entspricht gleichem Bromidgehalt im Elektrolyten) die berechneten inneren Spannungen bei Einsatz der verschiedenen Anodenmaterialien nur minimal unterscheiden.
Aus Abbildung 9 ist ein anderes Ergebnis zu entnehmen. Bei Verwendung von SDS als Netzmittel fallen die inneren Spannungen der Nickelschichten unter Verwendung der hochreinen hpulcas-Anodenmaterialien geringer aus und unter Verwendung von Coin-Anoden höher. Dies gilt jedoch nur dann, wenn Bromid im Prozess vorhanden ist. Bei 0 g/l Bromid zeigen die inneren Spannungen keine Abhängigkeit vom Anodenmaterial. Außerdem ist erneut zu erkennen, dass die inneren Spannungen mit steigendem Bromidgehalt ansteigen.
Neben den inneren Spannungen wurden auch die Anoden- und Kathodenpotentiale während der Abscheidung gemessen. Dabei sollte untersucht werden, ob zwischen den inneren Spannungen und den Elektrodenpotentialen Zusammenhänge bestehen. Des Weiteren sollte anhand des Anodenpotentials das Auflöseverhalten der Anodenmaterialien charakterisiert werden. Abbildung 10 zeigt den Vergleich der inneren Spannungen und der Elektrodenpotentiale in Abhängigkeit vom Bromidgehalt (hpulcas-Material KWGB, 0,18 g/l PFOS, Schichtdicke 16 µm).
Abb. 10: Gegenüberstellung von inneren Spannungen und Elektrodenpotentialen (Anodentyp KWGB, Netzmittel PFOS, Schichtdicke 16 µm, Potentiale dargestellt gegen NHE)
Es ist zu erkennen, dass die Anodenpotentiale mit steigenden Bromidgehalten sinken, von 0 g/l auf 4 g/l sinkt das Potential um etwa 0,5 V, anschließend nur noch in geringfügigerem Maße um circa 0,1 V. Die Kathodenpotentiale sind für alle Abscheidungen nahezu identisch. Alle anderen Abscheidungen unter Verwendung der anderen hpulcas-Materialien zeigen das gleiche Ergebnis.
Um die beobachte Potentialerniedrigung weiterführend zu untersuchen, wurden außerdem Beschichtungsversuche bei weiteren Bromidgehalten durchgeführt (Abb. 11). Den Messwerten zufolge verringert sich das Auflösepotentials maßgeblich in einem Bromid-Konzentrationsbereich von 2 g/l bis 6 g/l.
Abb. 11: Anodenpotentiale in Abhängigkeit von der Schichtdicke (abgeschieden mit Anodentyp KWGB, Netzmittel PFOS, bei 0 g/l bis zu 12 g/l Bromid)
Abb. 12: Vergleich der Anodenpotentiale bei unterschiedlicher Bromidkonzentration für alle Anodenmaterialien (Potential am Ende der Abscheidung, Schichtdicke 16 µm, Netzmittel PFOS 0,18 g/l)
Bei den gemessenen Anodenpotentialen bei Abscheidungen mit Coin-Anoden wurde ein anderes Verhalten beobachtet. Hierfür sind in Abbildung 12 vergleichend die Werte der Anodenpotentiale bei einer Schichtdicke von 16 µm für die verschiedenen Anodenmaterialien dargestellt.
Es ist ersichtlich, dass das Anodenpotential bei der Verwendung von Coins (S-Nickel) als Anodenmaterial schon bei der zweiten Abscheidung bei 0 g/l Bromid von etwa 1,8 V auf etwa 0,2 V abfällt. Bei hpulcas-Anodenmaterialien findet eine Potentialherabsetzung von circa 1,8 V auf etwa 1,2 V statt, jedoch erst wenn der Bromidgehalt von 0 g/l auf 4 g/l erhöht wird.
Es wurden nach jeder Abscheidung auch die pH-Werte und die anodischen Stromausbeuten ermittelt. Abbildung 13 zeigt pH-Werte und Stromausbeuten nach jeweils einer Abscheidung für Anodentyp WGGB und Netzmittel PFOS für alle untersuchten Bromidkonzentrationen.
Abb. 13: Vergleich der anodischen Stromausbeute und der pH-Werte in Abhängigkeit von der Bromidkonzentration (Netzmittel PFOS, Anodenmaterial WGGB)
In Abbildung 13 ist zu erkennen, dass der pH-Wert nach der ersten Abscheidung bei 0 g/l Bromid um 0,4 Einheiten sinkt, ebenso wird nur eine Stromausbeute von 50 % erreicht. Wird der Bromidgehalt erhöht, verringert sich der pH-Wert während der Abscheidung nicht mehr und auch die Stromausbeute liegt dann zwischen 90 % und 100 %. Abscheidungen bei anderen Anodenmaterialien zeigen das gleiche Ergebnis.
Für die Charakterisierung des anodischen Auflöseverhaltens wurden rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen der verschiedenen Materialien durchgeführt. Abbildung 14 zeigt eine Übersichtsaufnahme der Oberfläche einer hpulcas-Anode vor ihrer Verwendung.
Abb. 14: REM-Aufnahme einer hpulcas-Anode KWGB (vor Auflösungsprozess, Vergrößerung: 50-fach)
Abb. 15: REM-Aufnahme der Oberfläche einer hpulcas-Anode KWGB (nach acht Abscheideversuchen, Vergrößerung: 50-fach)
Auf der Oberfläche sind Schleifriefen von der zuvor durchlaufenen Oberflächenbearbeitung zu erkennen. In Abbildung 15 ist die selbe Anode nach acht Beschichtungsversuchen, ebenfalls in der Übersichtsaufnahme, dargestellt. Nach acht Abscheidungen verliert eine von zwei Anoden pro Abscheidung etwa 1,8 g an Material, entsprechend ungefähr 1 % der Gesamtmasse.
Es sind verschieden große, homogen verteilte Lochstrukturen auf der Anodenoberfläche zu erkennen. Die Lochstrukturen sind über die gesamte Anodenfläche gleichmäßig verteilt. Abbildung 16 zeigt im Detail bei verschiedenen Vergrößerungen die in Abbildung 15 mittig liegende Lochstruktur einer KWGB Anode nach acht Beschichtungen.
Abb. 16: Detailaufnahmen der Lochstruktur einer hpulcas-Anode KWGB (Vergrößerungen (v.l.n.r.): 250-fach, 1000-fach, 10.000-fach)
Abb. 17: REM-Aufnahme einer hpulcas-Anode WGGB (nach acht Abscheideversuchen, Vergrößerung 100x)
Abb. 18: Detailaufnahmen der Lochstruktur einer hpulcas-Anode WGGB (Vergrößerungen (v.l.n.r.): 250-fach, 1000-fach, 10.000-fach)
Die Untersuchungen zeigten, dass sich die Lochstrukturen in ihrer Form je nach Oberflächenbearbeitung des Anodenmaterials leicht unterscheiden. In Abbildung 17 ist die alternative Lochstruktur einer warmgewalzten Anode dargestellt. Im Vergleich zu der Lochstruktur einer kaltgewalzten Anode sind flach plättchenartige Strukturen innerhalb des Loches zu erkennen. Auch der Rand der Lochstruktur wirkt eher abgeflacht. Abbildung 18 zeigt Detailaufnahmen der Lochstruktur in Abbildung 17.
5 Zusammenfassung und Ausblick
Die Ergebnisse der vorgestellten Untersuchungen zeigen, dass die Verwendung von hochreinem Nickel als Anodenmaterial als Alternative zu konventionellen schwefeldepolarisierten Nickelanoden unter bestimmten Bedingungen vorteilhaft sein kann.
Die Zugabe von Bromidionen (hier in Form von Natriumbromid) zu einem handelsüblich zusammengesetzten und unter Standardparametern genutzten Nickelsulfamat-Elektrolyten beeinflusst das Auflöseverhalten der Anodenmaterialien. Bei Verwendung von hochreinem Nickel (hpulcas-Materialien), das hier in Form von Plattenmaterial als Anoden zum Einsatz kam, sinken die Auflösepotentiale, wenn Bromid zum Prozess hinzugefügt wird. Die Absenkung des Auflösepotentials erfolgt ab einer Bromidkonzentration von etwa 4 g/l deutlich. Wenn die Bromidkonzentration weiter erhöht wird, sinkt das Potential nur noch in geringem Maße. Bei Einsatz von schwefeldepolarisierten S-Nickel-Coins als Anoden ist bereits ab der zweiten Abscheidung, und ohne Bromid im Elektrolyten, eine deutliche Verringerung des Auflösepotentials zu beobachten.
Bromidionen fördern den Untersuchungsergebnisse zufolge die Anodenauflösung. Die Wirkung beruht darauf, dass sie die natürliche Oxidschicht auf der Nickeloberfläche angreifen beziehungsweise zerstören. Das Anodenmaterial von der hpulcas GmbH ist chemisch reiner und neigt wahrscheinlich dazu, eine dickere und dichtere Oxidschicht auszubilden, als die Schicht, die auf der Oberfläche der S-Nickel-Coins vorhanden ist. Das Auflösepotential bei den S-Nickel-Coins ist folglich auch ohne Bromidionen im Elektrolyten geringer. Nur die Gegenwart von Bromidionen (eventuell auch von Chloridionen, was aber im Rahmen dieser Arbeit nicht untersucht wurde) führt bei den hochreinen hpulcas-Materialien zum Angriff der Passiv- beziehungsweise Oxidschicht und damit zu einer Absenkung des Anodenpotentials. Dieser Depolarisationseffekt konnte über die Änderung des Potentialverhaltens insbesondere im Konzentrationsbereich zwischen 2 g/l und 6 g/l Bromid verstärkt nachgewiesen werden.
Außerdem wurde beobachtet, dass die Zugabe von Natriumbromid zum Sulfamat-Elektrolyten und deren Konzentrationserhöhung eine nur geringe Zunahme der inneren Spannungen in den abgeschiedenen Schichten unabhängig vom verwendeten Anodenmaterial verursacht. Darüber hinaus ergeben sich bei Verwendung des Netzmittels Tetraethylammoniumheptadecafluoroctansulfonat (FT-248; PFOS) – sowohl ohne als auch mit Bromid im Elektrolyt – um etwa 10 N/mm2 höhere innere Spannungen als bei Einsatz von Natriumdodecylsulfat (SDS). Allerdings wurde dieser Effekt nur bei den drei hochreinen hpulcas-Anodenmaterialien und nicht bei den S-Nickel-Coins gefunden. Bei Einsatz dieser Coins und mit SDS im Elektrolyt sind die inneren Spannungen immer höher als bei Einsatz von hpulcas-Material (am ausgeprägtesten ist das bei einem Bromidgehalt von 4 g/l zu beobachten).
Des Weiteren konnte nachgewiesen werden, dass ein erniedrigtes Auflösepotential der Anoden mit einer erhöhten anodischen Stromausbeute von bis zu 98 % und gleichbleibendem beziehungsweise steigendem pH-Wert einhergeht. Bei höheren Potentialen – jeweils nur bei der ersten Abscheidung mit S-Nickel ohne Bromid im Elektrolyten beziehungsweise den Abscheidungen ohne Bromid im Elektrolyten mit hpulcas-Anoden – wird eine pH-Wert-Verringerung von etwa 0,4 Einheiten und eine deutlich verminderte Stromausbeute zwischen 40 % und 60 % registriert. Der Prozess der Auflösung der Oxidschicht auf den Nickelanoden führt zur stärkeren Bildung von gasförmigem Sauerstoff und somit zu einer geringeren Stromausbeute und Abnahme des pH-Werts.
Bei Verwendung von Natriumdodecylsulfat (SDS) als Netzmittel, Natriumbromid als Elektrolytzusatz und kommerziellen S-Nickel-Coins als Anodenmaterial liegen die inneren Spannungen der Nickelschichten um etwa 15 N/mm2 bis 20 N/mm2 höher als bei Einsatz des hpulcas-Anodenmaterials. Dagegen wurde bei Verwendung des Netzmittels PFOS unter Einsatz der verschiedenen schwefelfreien und des schwefelhaltigen Materials kein Unterschied bei den inneren Spannungen der abgeschiedenen Nickelschichten beobachtet.
Außerdem zeigte sich, dass die drei eingesetzten Oberflächenmodifikationen der hpulcas-Anoden (kaltgewalzt, geschliffen und gebürstet; warmgewalzt, geschliffen und gebürstet sowie nur warmgewalzt und geschliffen) keinen Einfluss auf das Auflöseverhalten und die entstehenden inneren Spannungen in den galvanisch erzeugten Schichten haben.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die hpulcas-Materialien sich bei höheren Potentialen auflösen, dass sie Bromidionen (bzw. Halogenidionen) für eine gute Anodenlöslichkeit benötigen und dass sie im Vergleich zum depolarisierten S-Nickel nur geringfügig reduzierte innere Spannungen in abgeschiedenen Schichten bewirken.
In den vorgestellten Untersuchungen wurde Plattenmaterial als Anoden verwendet. Das ist im Fall von Nickel eher unüblich. Eingesetzt werden in der Regel Kugeln, Ronden oder Stücke (im Verkauf oft als als Coins, Crowns und Squares bezeichnet), die in Anodenkörbe aus Titan gefüllt und dann umhüllt mit Anodensäcken aus Polypropylen in die Anlagen eingehängt werden. Inzwischen steht auch vom hochreinen Nickel der hpulcas GmbH Rondenmaterial als Schüttgut zur Verfügung (Abb. 19). Diese Ronden kommen aktuell am KIT in zwei Elektrolyten für die Galvanoformung mit Nickel zum Einsatz. Über die Ergebnisse zu den umfangreichen Untersuchungen wird zu einem späteren Zeitpunkt berichtet. Allerdings kann hier schon darauf hingewiesen werden, dass die Anodenauflösung ähnlich erfolgt, wie es von den schwefeldepolarisierten S-Coins oder Crowns bekannt ist (Abb. 19).
Abb. 19: Ronden aus hochreinem hpulcas-Material (Durchmesser 25 und 11 mm; oben vor dem Einsatz, unten nach circa drei Monaten im Elektrolyten)
Bei schwefeldepolarisiertem Anodenmaterial kommt es bekanntlich immer zur Bildung und Ausfällung von Nickelsulfid im Elektrolyten, somit zur Bildung von Anodenschlamm, sowie zur Einlagerung des Schwefels in den abgeschiedenen Schichten. Das eingebaute Nickelsulfid beziehungsweise der eingelagerte Schwefel erhöhen die inneren Spannungen der Schichten und können den Elektrolyten verunreinigen. Die üblicherweise verwendeten Anodensäcke aus Polypropylen dienen damit auch zum Zurückhalten des Anodenschlamms. Eine rückstandsfeie, komplette Auflösung von Nickel-Anoden ohne Bildung von Anodenrückständen wäre somit wünschenswert. Aktuell laufende Arbeiten am KIT zeigen, dass ein solches Verhalten mit nahezu rückstandsfreier Anodenauflösung möglich ist (Abb. 20).
Abb. 20: Anodensäcke nach etwa zwölf Monaten Einsatz (am KIT) in einem Nickelsulfamat-Elektrolyten (links unter Verwendung von S-Nickel und rechts unter Verwendung von hpulcas-Nickel)
Die Ergebnisse dieser hier vorgestellten Zusammenarbeit zwischen der TU Ilmenau, dem KIT und der hpulcas GmbH liefern die Grundlage für weiterführende Untersuchungen. Die Einlagerung von Nickelsulfid in den Schichten sowie die genaue Analyse des Schwefelgehalts beziehungsweise die Mitabscheidung von Fremdmetallen in die Schichten wurde im Rahmen dieser Zusammenarbeit nicht näher betrachtet, sollte jedoch in zukünftigen Arbeit weiter charakterisiert werden.
Für die Ermittlung der Stromausbeuten mussten Anode und Substrat nach jeder Abscheidung entnommen werden. Mit Blick darauf könnten Versuche ohne Anoden- und Kathodenentnahme durchgeführt werden, da dies eher dem industriellen Standard entspricht. Des Weiteren bietet es sich an, Versuche zur Realisierung höherer Schichtdicken oder zur Galvanoformung durchzuführen, um den Verlauf der in den Schichten erzeugten inneren Spannungen für längere Abscheidezeiten zu betrachten. Weiterführend sollten auch die Ursachen der inneren Spannungen in den Nickelschichten detailliert charakterisiert werden, beispielsweise durch eine Phasenanalyse.
Aktuell laufen weitere umfangreiche Arbeiten am KIT und an der TU Ilmenau, deren Ergebnisse in einem weiteren Artikel an dieser Stelle vorgestellt werden.
Danksagung
Die hier vorgestellten Ergebnisse wurden im Rahmen der Bachelorarbeit von Jonas Rehbein [14] im Fachgebiet für Elektrochemie und Galvanotechnik an der TU Ilmenau erarbeitet und erstmals im Rahmen eines Vortrags auf den ZVO-Oberflächentagen 2024 in Leipzig in der Reihe Junge Kollegen berichten vorgestellt. Für die Ermöglichung, Betreuung und Unterstützungen dieser Arbeit wird allen beteiligten Mitarbeiter/innen des Fachgebiets gedankt. Das Projekt wurde zudem durch finanzielle und materielle Unterstützung der hpulcas GmbH ermöglicht. Hierfür bedanken sich die Autoren beim Geschäftsführer des Unternehmens, Dr. Laag. Für die gute Zusammenarbeit und die Unterstützung bei rasterelektronenmikroskopischen Untersuchungen sowie für die nasschemische Analytik danken die Autoren Laura Kieffer und Markus Wissmann vom IMT. Zudem bedanken sich alle Autoren für die ermöglichte Nutzung der Infrastruktur der Karlsruher Nano and Micro Facility (KNMFi).
Literatur
[14] J. Rehbein. In-Situ Messungen der inneren Spannungen von Nickelüberzügen in Abhängigkeit von Anodenmaterial und Elektrolytzusammensetzung. Bachelorarbeit; Technische Universität Ilmenau, Dezember 2023.

1) TU Ilmenau, Fachgebiet für Elektrochemie und Galvanotechnik, Gustav-Kirchhoff- Straße 6, 98693 Ilmenau; Tel.: +49 3677/693102; www.tu-ilmenau.de/wt-ecg/; E-Mail: jonas.rehbein@tu-ilmenau.de
2) Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Mikrostrukturtechnik, Hermann-von-Helmholtz-Platz 1, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen; www.imt.kit.edu;
Tel.: +49 721/60823850; E-Mail: markus.guttmann@kit.edu
3) hpulcas GmbH, Frauensteiner Straße 107, 09599 Freiberg; www.hpulcas.com;
Tel.: +49 3731/77494444; E-Mail: t.stuth@hpulcas.com