Werkstoffe und Oberflächen in Forschung und Entwicklung

Werkstoffe 05. 09. 2018
Bericht zum 20. Werkstofftechnischen Kolloquium (WTK) in Chemnitz – Teil 2

Mit 27 Fachvorträgen und 27 Posterbeiträgen wurde den Besuchern der Tagung ein umfangreicher Blick auf die unterschiedlichen Aspekte der Werkstoff- und Oberflächentechnik geboten. Wichtige Zielrichtungen der Entwicklungen sind im Bereich der Werkstoffe die Verbesserung der Verbindungstechniken, beispielsweise im Hinblick auf den Leichtbau aus klassischen Leichtbaumaterialien mit Stählen, oder Verfahren mit geringerem Energieverbrauch und höchsten Festigkeiten. Ergänzt werden die mechanischen Eigenschaften der Materialien und Materialverbindungen durch Oberflächenbehandlungen oder Beschichtungen mit besserem Korrosions- oder Verschleißschutz. Bei Bauteilen in Anlagen für die Energiegewinnung werden diese Eigenschaftsanforderungen zusätzlich beispielsweise durch einen erhöhten Oxidationsschutz erweitert. Zu einigen der WTK-Vorträge wird im vorliegenden Bericht eine Kurzfassung wiedergegeben.

Fortsetzung aus WOMag 07-08/2018

Oxidationsverhalten von ­thermisch gespritzten Barriereschichten mit Aluminiumzwischenschicht

Für temperaturbelastete Bauteile in Gasturbinen haben sich thermisch gespritzte Schutzschichten bewährt. Für Schichten aus dem Werkstoff CoNiCrAlY auf einem Inconel600-Substrat werden zusätzliche Deckschichten aus yttriumstabilisiertem Zirkon­oxid aufgebracht, um die ­Leistungsfähigkeit der Schichten als Oxidationsschutz des Grundwerkstoffs weiter zu erhöhen. Eine zwischen den beiden Spritzschichten mittels Sputtern abgeschiedene Aluminiumschicht wirkt hierbei als Diffusionsbarriere für Sauerstoff. Die Spritzschichten besitzen Dicken von jeweils etwa 150 µm, die Aluminiumschicht eine Dicke von etwa 2 µm. In Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass das Aluminium der Zwischenschicht in die Basisschicht eindiffundiert und eine wirkungsvolle und stabile Barriere gegen die weitere Diffusion von Sauerstoff darstellt.

Autoren (Posterbeitrag): I. Ali, P. Sokolowski, T. Grund, L. Pawlowski, T. Lampke

Einfluss von Stickstoff auf das Korrosionsverhalten von Lötverbindungen auf Stahl

Für den Einsatz beispielsweise von Wärmetauschern in der Energieversorgung oder der Klimatechnik sind Lotverbindungen zwischen den verbauten Stahlteilen erforderlich. Die Lote basieren häufig Nickel, da diese eine hohe Korrosions- und Oxidationsbeständigkeit aufweisen. Untersucht wurden derartige Verbindungen bei Temperaturen zwischen 1000 °C und 1150 °C. Unter diesen Bedingungen reagieren die Lotverbindungen mit Prozessgasen wie Stickstoff, wodurch sich das Korrosionspotenzial der Metalle verändert. Durch die Anreicherung von Stickstoff im Lot und im Grundmaterial konnte eine Verschiebung des Korrosionspotenzials in negative Richtung festgestellt werden. Dadurch steigt die Gefahr der Werkstoffermüdung und damit auch die Gefahr einer Schädigung beim Auftreten von mechanischen Spannungen.

Autoren (Posterbeitrag): V. Fedorov, T. Uhlig, G. Wagner, A. Langohr, U. Holländer

REACh-konformer ­Korrosionsschutz durch Pulse Plating

Die europäische Chemikalienverordnung führt im Bereich der galvanotechnischen ­Metallabscheidung zu neuen Herausforderungen, indem der Einsatz von bewährten Elementen wie Nickel oder Kobalt neu bewertet wird. Unter bestimmten ­Bedingungen besteht die Möglichkeit, dass die Verwendung eingeschränkt wird. Damit ­könnte auch das derzeitige und ­hochleistungsfähige Korrosionsschutzsystem auf Basis von Zink-Nickel von den Einschränkungen betroffen sein. Als Alternative werden dadurch verstärkt ternäre Zinkbasislegierungen interessant. Zugleich wird für die Abscheidung anstelle der bisher vorwiegend gebräuchlichen Gleichstromabscheidungen die Verfahrenstechnik der Pulsstromabscheidung in die Entwicklungen einbezogen. Mittels ­Pulse Plating können die Abscheidungsergebnisse - beispielsweise die Streufähigkeit der Elektrolyte - ohne Einsatz von kritischer Chemie deutlich verbessert werden. Allerdings empfiehlt sich hier eine systematische Analyse der Elektrolytzusammensetzung und der anzuwendenden Abscheideparameter, um schneller zu brauchbaren Ergebnissen zu gelangen als dies bei der Methode gemäß Versuch-und-Irrtum der Fall ist. Im Rahmen eines vom BMBF und VDI geförderten Projekts werden derartige Systementwicklungen durchgeführt.

Autoren (Posterbeitrag): M. Müller, I. Scharf, T. Lampke

Korrosions- und Verschleißbeständig­keit von thermisch ­gespritzten Schichten auf Eisenbasis

Vor allem Zylinder, beispielsweise für die Papierherstellung, werden zunehmend mit thermisch gespritzten Schichten als Schutz gegen Korrosion und Verschleiß beschichtet. Die entsprechenden Schichten enthalten ­neben Eisen Chromborid, Wolframkarbid und Kobalt. Als Verfahren zur Herstellung der Schichten sind insbesondere das Lichtbogendrahtspritzen sowie das Hochgeschwindigkeitsflammspritzen interessant. Durchgeführte Untersuchungen zeigen, dass die Eigenschaften der Schichten nicht nur vom aufgetragenen Werkstoff, sondern auch von den Spritzparametern, den Korngrößen der eingesetzten Pulver sowie der aufgetragenen Schichtdicken beeinflusst werden. Zudem tragen sowohl die eingesetzten Verfahren des thermischen Spritzens als auch die verwendeten Spritzwerkstoffe und die Schichtdicken zu den Kosten für die Herstellung und damit zur Wirtschaftlichkeit der Technologie bei.

Relevante Spritzparameter sind vor allem die Zufuhrgeschwindigkeit der Spritzwerkstoffe (Draht oder Pulver) und damit zusammenhängend die laterale Bewegung des Spritzstrahls über das Substrat. Die Untersuchungen zeigen, dass die Spritzparameter beim ­Hochgeschwindigkeitsspritzen nur einen sehr geringen Einfluss auf die ­Eigenschaften der Schichten haben. Demgegenüber spielen hierbei die Korngrößen der eingesetzten Pulver eine deutlich wichtigere Rolle. Deutliche Vorteile besitzt das Hochgeschwindigkeitsflammspritzen gegenüber die Lichtbogendrahtspritzen in Bezug auf die Einstellung einer möglichst geringen Rauheit der Schichten. Bei der Betrachtung des Korrosionsverhaltens sollte beim HVOF-Verfahren auf eine geringere laterale Vorschubgeschwindigkeit geachtet werden. Trotzdem zeigen die HVOF-Schichten im Vergleich zu den lichtbogendrahtgespritzten Schichten eine höhere Korrosionsbeständigkeit. Zudem sind die Verschleißbeständigkeiten der HVOF-Schichten deutlich besser als die der mittels Lichtbogendrahtspritzen hergestellten. In weiteren Untersuchungen soll geklärt werden, ob die Beständigkeit der Schichten durch Einsatz von Pulvern geringerer Korndurchmesser weiter erhöht werden kann.

Autoren: K. Bobzin, M. Öte, M. A. Knoch, J. Sommer

Lichtbogendrahtspritzen mit gepulstem Gleichstrom

Das Lichtbogendrahtspritzen ist eine kostengünstige Technologie, deren Schichten allerdings häufig poröser sind, als die anderer Spritzverfahren und einen erhöhten Anteil an oxidischen Einschlüssen aufweisen. Durch die Veränderung des Abbrennverhaltens der eingesetzten Drähte lassen sich diese Nachteile reduzieren. Eine Möglichkeit zur Veränderung des Schmelzverhaltens der Drahtenden ist der Einsatz von gepulstem Strom. Durch pulsierenden Strom lassen sich kleinere Schmelztropfen einstellen, die zudem leichter von den Drahtenden abgetrennt werden.

Die Steuerung der Schichten durch Veränderung der Tropfengröße macht es notwendig, den Stromverlauf variieren zu können, um die positiven Effekte bei unterschiedlichen Werkstoffen zu nutzen. In den durchgeführten Versuchen konnte die Tropfengröße um etwa 50 % reduziert werden. Im Ergebnis wurden in Verbindung mit veränderten Abständen zwischen Drahtenden und Substrat Schichten mit geringerem Porenanteil und geringeren Anteilen an oxidischen Bestandteilen ­erhalten.

Autoren: D. Landgrebe, S. Brumm, S. Kunze, S. Weis, J. Morgenschweis

Elektrischer Widerstand von Zink- und Kupferschichten zur Herstellung gespritzter Kunststoffverbundteile

Kunststoffe kommen heute vor allem aufgrund ihres geringen Gewichts und der guten elektrischen Isolation in allen Anwendungen vor. Allerdings wird auch zunehmend eine gute elektrische Leitfähigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht gefordert, beispielsweise in Anwendungen der Leistungselektrik, wie sie zunehmend in Fahrzeugen erforderlich sind. Als Lösung zur Realisierung wurde die neue Technologie des In-Mould-Metal-Spraying (IMMS) entwickelt. Hierbei werden durch thermisches Spritzen zunächst Metallschichten auf Kavitäten des Spritzwerkzeugs so aufgetragen, dass diese bei der nachfolgenden Herstellung des Kunststoffteils durch Spritzgießen im Kunststoffteil ­eingebetten werden. Jedoch erfordert dies Kenntnis und Steuerbarkeit der elektrischen Eigen­schaften der Metallschichten. Eingesetzt werden hier vorwiegend die Metalle Kupfer und Zink.

Zu Ermittlung der elektrischen Eigenschaften wurden Untersuchungen an Zink- und Kupferschichten durchgeführt, die mit Hilfe des Lichtbogendrahtspritzen hergestellt wurden. Als Einflussgrößen für derartige Schichten bieten sich folgende Größen an: Drahtdurchmesser, Vorschubgeschwindigkeit, Art des Brenngases, Gasdruck sowie Abstand zwischen Brenner und Substrat. Es zeigt sich, dass für die beiden Metalle die einzelnen Größen in unterschiedlichem Maße die Ergebnisse beeinflussen. Bei Zink haben der Abstand zwischen Brenner und Substrat und der Drahtdurchmesser den stärksten positiven Einfluss auf den elektrischen Widerstand der Schicht, während der Gasdruck und der Vorschub das Ergebnis negativ beeinflussen. Im Falle von Kupfer als Schichtmetall wirken sich der Abstand und die elektrische Spannung beim Spritzen stark positiv aus, während der Gasdruck das Ergebnis deutlich verschlechtert.

Des weiteren zeigt es sich, dass die Kennwerte der Metallschichten nahezu ­identisch sind, je nachdem ob die Messung an den vom Werkzeug abgenommenen Metallschichten oder den mit Kunststoff verspritzten Metallschichten vorgenommen wird; die Metallschichten verändern sich also durch den Vorgang des Kunststoffspritzens nicht.

Schließlich wurden auch die elektrischen ­Widerstände der Metallschichten mit den von metallurgisch erschmolzenen Metallen verglichen; erwartungsgemäß lagen die Widerstände der Spritzschichten höher, als die der erschmolzenen Metalle.

Autoren: K. Bobzin, M. Öte, M. A. Knoch, X. Liao, Ch. Hopmann, P. Ochotta

Hochtemperaturlöten ­artfremder Werkstoffkombinationen

In Gasturbinenbrennern kommen ­Bauteile aus Nickelbasislegierungen in Bereichen zum Einsatz, bei denen die beiden Seiten des Teils deutlich unterschiedliche Temperaturbelastungen und Angriffe durch Brenngase erfahren. Deutlich kostengünstiger wären hier Teile aus hochwarmfestem Stahl mit einer einseitigen aufgebrachten Halbform aus Nickelbasislegierung, beispielsweise Inconel 625. Um dies erreichen zu können, müssen die Arbeitsparameter für die notwendige Hochtemperaturlötung ermittelt und Lösungen erarbeitet werden, um trotz der deutlich abweichenden thermischen Ausdehnung der Werkstoffe ein stabiles Bauteil zu erhalten.

Eine mögliche Lösung der Anforderungen richtet den Blick zunächst auf die Herstellung eines optimalen Lötspalts zwischen den Bauteilen aus den unterschiedlichen Werkstoffen. Des weiteren sind die Prozessparameter beim Löten so einzustellen, dass eine optimale Benetzung der Kontaktflächen, eine optimale Füllung des Lötspalts sowie eine ausreichende Steuerung des Prozesses erreicht werden. Die Festigkeit des Lötbereichs aus Lötspalt und den angrenzenden Oberflächenzonen der zu verlötenden Bauteile wird vor allem durch die sich bildende Mikrostruktur bestimmt. Hierbei spielen sich bildende Ausscheidungen eine wichtige Größe. Als Lot wurden Ni 660 (NiCr19Si7,3B1,5) und D15 (NiCr15Co10Al3,5Ta3,3B2,3) verwendet, wobei Ni 660 als Folie und D15 als ­Paste vorlagen. Die Folie besitzt bezüglich des Handlings Vorteile, was sich bei Übertragung der Ergebnisse aus den werkstofftechnischen Versuchen auf die Anwendung beim Demonstrator zeigte. Insbesondere die Füllung des Lötspalts ist mit den Folien mit einer Dicke von circa 40 µm besser zu erreichen. Mit einer abschließenden Wärmebehandlung bei 1090 °C wird eine Homogenisierung der Diffusionszone erzielt und die Festigkeit der Verbindung erhöht.

Autoren: R. Blank, I. Reinkensmeier, T. Uhlig, G. Wagner

Elektronenstrahl-­Lötschweißen von partikelverstärkten Stahl-Mischverbindungen

Stahlverbundwerkstoffe, beispielsweise mit Partikelverstärkung, bieten aufgrund der einstellbaren und sehr guten mechanischen Eigenschaften die Möglichkeit zur Kosteneinsparung und erhöhten Flexibilität bei der Konstruktion von anspruchsvollen Bauteilen. Allerdings steigen im Gegenzug aufgrund der unterschiedlichen thermischen Eigenschaften oder Dichte die Herausforderungen zur Erzielung einer stabilen Verbindung mit anderen Werkstoffen durch Fügeverfahren. ­Ursache hierfür kann beispielsweise die Entstehung von Poren in den Fügezonen sein.

Durch den Einsatz der neuen Verfahrensvariante des Elektronenstrahl-Lötschweißens können die Nachteile beseitigt werden. Im Rahmen eines Entwicklungsprojekts wurden die Prozessparameter ermittelt. Als Werkstoff für die Verbindungszone wurde Metallpulver aus Stahl und Zirkonoxid verwendet, das einem Heißpressprozess bei 1050 °C unterzogen wurde.

Entscheidend für die Herstellung einer guten Verbindung ist beispielsweise das sogenannte Aufmischen, bei dem das Fügematerial teilweise aufschmilzt. Weitere Kenngrößen richten sich auf die Entstehung von Oxidschichten, die die Benetzung erschweren oder verhindern.

Im Endergebnis ist beispielsweise festzustellen, dass durch eine geringe Aufmischung beim Durchführen des Lötschweißvorgangs in der Größenordnung von 2 % bis 10 % die Festigkeit der Fügeverbindung deutlich erhöht werden kann. Die mechanischen Eigenschaften entsprechen im günstigsten Fall annähernd denen der ungeschweißten Metall-Matrix-Composit-Werkstoffe.

Autoren: R. Laubstein, L. Halbauer, S. Martin, V. Klemm, R. Zenker, A. Buchwalder, H. Biermann

 

 

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