Bericht zum 20. Werkstofftechnischen Kolloquium (WTK) in Chemnitz
Das Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnik der TU Chemnitz richtet seit 1998 ohne Unterbrechung eine jährlich stattfindende Tagung mit Themen aus der Forschung und Entwicklung mit nationaler und internationaler Beteiligung aus. Den weiten Blick über die hier relevanten Themen von den Grundlagen der Werkstoffe über deren Verarbeitung durch Umformen oder das Verbinden unterschiedlicher Materialien bis zur Oberflächentechnik spiegelte auch das Programm der diesjährigen Jubiläumsveranstaltung. Mit 27 Fachvorträgen und 27 Posterbeiträgen wurde den Besuchern der Tagung ein umfangreicher Blick auf die unterschiedlichen Aspekte der Werkstoff- und Oberflächentechnik geboten. Zu einigen der WTK-Vorträge wird im vorliegenden Bericht eine Kurzfassung wiedergegeben.
Verbundteile aus Aluminium und Stahl
Im Zuge des zunehmenden Bestrebens nach Leichtbau im Fahrzeug- und Flugzeugbau nimmt die Anforderung zu, Aluminium und Stahl miteinander zu verbinden. Zwar lassen sich die beiden Werkstoffe unter bestimmten Voraussetzungen und Einschränkungen miteinander verschweißen, allerdings besteht hierbei eine erhöhte Gefahr der Werkstoffversprödung sowie der Entstehung von unerwünschten intermetallischen Phasen und Kontaktkorrosion.
Ein interessanter Ansatz zur Vermeidung der Nachteile besteht darin, die Werkstoffe Aluminium und Stahl in einem zweistufigen Prozess zunächst zu verzinken und dann anschließend unter Einsatz von Verfahren der Umformung zu verbinden. Für Eisenwerkstoffe ist das Tauchschmelzbeschichten in Form des Feuerverzinkens seit langem eine Standardtechnologie. Hierbei bildet sich zwischen dem Grundwerkstoff und der aufgetragenen Zinkschicht eine Übergangsphase aus Zink-Eisen, welche die guten mechanischen Eigenschaften des Verbundes gewährleistet. Das Verzinken von Aluminium ist dagegen bislang nicht sehr verbreitet. Das Feuerverzinken von Aluminium wurde für die durchgeführten Untersuchungen in einer Zinkschmelze bei 420 °C über eine Zeitdauer von 20 min durchgeführt. Hierbei entsteht eine Übergangszone mit abnehmendem Zinkgehalt von außen nach innen und einer Dicke zwischen 50 µm und 150 µm.
Die hergestellten Werkstoffproben wurden unter Einwirkung von Druck (in Art des Punzierens) und Temperatur (220 °C–375 °C) verbunden. Hierbei bildet sich eine Diffusionszone zwischen den jeweils vorhandenen Zinkoberflächen mit guten Haftfestigkeiten zwischen den beiden Werkstoffpaarungen. Die höchsten Festigkeiten wurden bei Werkstofftemperaturen von etwa 330 °C erzielt. Für die eingesetzten Werkstoffe und den Parametern zur Herstellung der Verbindungen wurden mittels der Methode der Finiten Elemente ein Modell erstellt, aus dem die optimalen Geometrien, Kräfte und Energien ermittelt werden können. Des Weiteren wurden Vergleiche der mit anderen Verfahren erzielbaren Verbindungsfestigkeiten vorgenommen. Dabei zeigte sich, dass die gewählte Verarbeitungsmethode sehr gute Ergebnisse liefert.
Autoren: V. Wesling, K. Treutler, T. Bick, M. Stonis, J. Langner, M. Kriwall
Reibrührschweißen von Aluminium mit Kupfer
Das Reibrührschweißen ist vor allem für Werkstoffpaarungen interessant, die sich mit konventionellen Verfahren nur mit deutlichen Einschränkungen verbinden lassen. Um beispielsweise gute Verbindungsqualitäten zwischen Aluminium und Kupfer unter geringer Wärmeeinwirkung zu erzielen, werden der Verbindungszone zusätzliche Elemente, wie beispielsweise Eisen, zugesetzt. Dabei spielt die geometrische Form des zugegebenen Eisens eine wichtige Rolle. Untersucht wurden hierzu Eisenzusätze in Form von Drähten, Folien und Pulver.
Für die Untersuchungen wurde ein spezieller Versuchsaufbau entwickelt, der eine exakte Temperaturbestimmung im Fügebereich erlaubt. Des Weiteren wurden CT-Analysen in unterschiedlichen Ebenen der Fügezonen erstellt, um beispielsweise Fehlstellen in Form von Rissen oder Lunkern erkennen zu können. Bei allen durchgeführten Versuchen lagen die höchsten auftretenden Temperaturen im Bereich von etwa 250 °C, die in einem Abstand von etwa 30 mm neben der Reibrührschweißzone auf Werte von etwa 150 °C abfielen. Der geringste Anteil an Lunkern war beim Einsatz von Folien festzustellen.
Härtemessungen ergaben im Fügebereich Werte zwischen etwa 40 HV und etwa 50 HV. Im Bereich der Fügezone war die Bildung von intermetallischen Multilagen beispielsweise zwischen Pulver und Aluminium festzustellen, die zu variierenden Härtewerte führten. Die Verwendung von Drähten und Folien erlaubt eine einfache Steuerung der eingebrachten Metallmengen. Pulverförmiges Eisen bietet dagegen deutlich mehr Potenzial in Bezug auf die Verteilung des Eisens im Grundwerkstoff.
Autoren: A. Zens, M. Gnedel, M. F. Zäh, F. Haider
Temperatureinfluss beim Reibrührschweißen von Aluminium mit Kupfer
Vor allem die Elektrotechnik hat einen hohen Bedarf an Bauteilen auf Basis der Werkstoffkombination Aluminium und Kupfer. Für deren Herstellung kommt das Reibrührschweißen als wichtiges Fertigungsverfahren zum Einsatz. Beim Schweißen entstehen in der Schweißzone intermetallische Phasen, welche die Qualität der Verbindung stark beeinflussen. Die Bildung der intermetallischen Phasen hängt wiederum von der Temperatur beim Schweißen innerhalb der Verbindungszone ab.
Die Verbindungstechnologie des Reibrührschweißens erlaubt es, die Temperatur im Übergangsbereich zwischen den beiden Werkstoffen Aluminium und Kupfer zu begrenzen und so die Bildung der intermetallischen Phasen stark zu begrenzen. Damit ist die kritische Übergangszone nur einige hundert Nanometer dick. Dadurch wird zugleich eine gute Verbindung zwischen den Metallen gewährleistet.
Die Vorgänge beim Reibrührschweißen in Abhängigkeit von der Temperatur wurden näher untersucht. Dazu wurde eine entsprechende Messvorrichtung entwickelt. Darüber hinaus wurde das entstehende Gefüge charakterisiert und mit den Erscheinungen in der technischen Praxis verglichen. Mit dem Versuchsaufbau konnten gezielt Temperaturen in der Übergangszone zwischen 410 °C und 570 °C eingestellt werden. Damit erhielt man Dicken der Übergangszone zwischen etwa 150 nm und etwa 600 nm. Aus den Ergebnissen wurden Kenngrößen ermittelt, mit denen unter Anwendung der Arrhenius-Gleichung Abschätzungen für die Qualität des Schweißbereichs erfolgen können.
Autoren: R. Marstatt, M. Krutzlinger, J. Luderschmid, G. Constanzi, J. F. J. Müller, F. Haider, M. F. Zäh.
Korrosionsmechanismus von TiMgN-Hartstoffschichten auf Stahl
Hartstoffschichten werden vor allem auf Werkzeugen, Lagerteilen und Schmuckgegenständen als Schutz gegen Verschleiß eingesetzt. Während diese Schichten auf Stahlsubstraten das Grundmaterial bei Reib- und Verschleißbelastungen sehr effektiv schützen, treten bei korrosiver Umgebung erhebliche Schädigungen des Stahls durch starke lokale Korrosion auf.
Als eine Möglichkeit zur Verbesserung der Situation kommt die Änderung der Zusammensetzung der Hartstoffschicht in Betracht. Im Falle von Titannitrid (TiN) als eine bevorzugte Hartstoffvariante führt die Zugabe von Magnesium zur Schicht zu deutlich verbessertem Verhalten gegenüber Korrosion. Die besten Ergebnisse werden bei Magnesiumgehalten von etwa 30 bis 35 Atom% erzielt. Hergestellt werden die Schichten durch Verwendung von Titan- und Magnesiumtargets bei der Herstellung, wodurch der Magnesiumgehalt der Schicht sehr gut einstellbar ist.
Als Wirkmechanismus für den verbesserten Korrosionsschutz lässt sich eine deutliche Veränderung des Korrosionspotenzials der Schicht identifizieren. Zudem zeigt sich, dass die Potenzialwerte von der Oberflächenstruktur abhängig sind: Polierte Oberflächen besitzen etwa 200 mV höhere Potenzialwerte, als gestrahlte Oberflächen. Durch die Zugabe von Magnesium lässt sich das Korrosionspotenzial soweit in den negativen Bereich verschieben, dass die Schicht in der Art eines kathodischen Korrosionsschutzes wirkt. Die Potentialwerte für Hartstoffschichten mit 35 Atom% Magnesium zeigen Werte von -200 mV bis -600 mV (Standardwasserstoffelektrode).
Als Mechanismus für die verbesserte Korrosionsbeständigkeit kommt neben dem Potenzialwert die chemische Reaktion bei der Auflösung der Schicht in Betracht. So bildet sich bei der Auflösung Magnesiumhydroxid (Mg(OH)2), durch das eine lokale Anhebung des pH-Werts erfolgt. Bei dem erhöhten pH-Wert tritt eine Passivierung des Stahlsubstrats auf, die eine verbesserte Beständigkeit des Stahls zur Folge hat. Detaillierte Untersuchungen im Bereich von Fehlstellen der Schicht, an denen der Stahl passivieren kann, zeigten zudem eine geringere Chloridkonzentration gegenüber der verwendeten Korrosionslösung.
Autoren: A. Heyn, T. Müller, M. Balzer, H. Kappl, M. Fenker
Expositionsreduktion bei der Herstellung korrosionsbeständiger Schichten
Das Lichtbogendrahtspritzen mit Zink-Basis-Werkstoffen ist eine gängige Technologie zur Herstellung von korrosionsbeständigen Beschichtungen. Die hergestellten Schichten haben sich bei einer Vielzahl von moderaten korrosiven Beanspruchungen bewährt. Weniger positiv beurteilt wird die Technologie hinsichtlich der Overspray-Verluste und der Belastung der Ausführenden sowie der Umwelt durch Zinkrauch.
Um diese Nachteile zu reduzieren und zugleich die Korrosionsbeständigkeit der Beschichtungen zu erhöhen, wurden das Flüssigkeitsspritzen entwickelt und neue Werkstoffe qualifiziert. Des weiteren wurde eine geeignete Apparatur konzipiert, konstruiert, gefertigt und erprobt. Die Prozesstemperatur für das Verfahren liegt unterhalb der Sublimationstemperatur des Zusatzwerkstoffes. Mit den ermittelten Spritzparametern lassen sich hoch duktile, sehr dichte und korrosionsbeständige Schichten herstellen. Die Overspray-Verluste liegen deutlich unter 20 % und die Emission von Zinkrauch ist extrem gering.
Das Verfahren bietet sehr gute Voraussetzungen dafür, auch nicht zu Drähten verarbeitbare Werkstoffe für die Herstellung gespritzter Schichten nutzen zu können. Somit wird die Palette spritzbarer Werkstoffe deutlich erweitert und der Forderung nach höherer Korrosionsbeständigkeit der Beschichtung besser entsprochen.
Autoren: U. Ring, P. Fischer, G. Jost, R. Winkelmann