Nasse Atome – Oberflächenstrukturen störungsfrei abbilden| WOTech Technical Media

Nasse Atome – Oberflächenstrukturen störungsfrei abbilden

Stefan Weber bildet mit seinem Rasterkraftmikroskop atomare Strukturen ab / Bildquelle: S. Imhof/MPI-P

 

Stefan Weber, Physiker am Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPI-P), hat eine Methode entwickelt, mit der die Struktur von Oberflächen in verschiedenen Flüssigkeiten mit unerreichter Genauigkeit gemessen und abgebildet werden kann. Webers Verfahren basiert auf Messungen mit dem Rasterkraftmikroskop und ist in der Lage, atomare Strukturen an Oberflächen im Detail abzubilden. Bislang ist das ausschließlich in dünnflüssigen Lösungen wie Wasser gelungen. Zähere Flüssigkeiten wie zum Beispiel Öle oder Elektrolyte erschweren diese Messungen erheblich. Weber gelang es nun, in solch einer zähflüssigen Umgebung die Struktur von Oberflächenatomen abzubilden – und das mit erstaunlich geringem Rauschen und fast ohne Bildstörungen. Die Flüssigkeit war sogar 30mal so zähflüssig wie Wasser. Zusammen mit Forschern des University College Dublin (Irland) hat Weber den Einfluss der Zähigkeit (Viskosität) auf das Rauschen der Messungen untersucht. Der Mainzer Physiker stellt die Ergebnisse nun zusammen mit den irischen Wissenschaftlern in der Fachzeitschrift Nanotechnology vor.

Rasterkraftmikroskopie ist eine etablierte Methode, um Bilder von atomaren Strukturen an Oberflächen zu erzeugen. Dafür tastet eine Messnadel, an ihrer Spitze selbst nicht mehr als einige Atome breit, die Oberfläche einer Probe ab. Die Nadel ist Teil eines elastischen Federarms (Cantilever), der Kräfte registriert, die zwischen den Oberflächenatomen und den Atomen an der Nadelspitze wirken. Um höchste Auflösungen zu erreichen, lässt man die Nadel schwingen. Zähere Flüssigkeiten als Wasser dämpfen diese Schwingungen. Daraus resultiert ein Rauschen, das das Messen der feinen Oberflächenkräfte erschwert. Stefan Weber experimentierte mit einem Glyzerin-Wasser-Gemisch auf einer Graphitoberfläche, um den Einfluss des Rauschens systematisch zu ermitteln. Das Bild erstaunlich klar und beinahe rauschfrei. Unter anderem stellte sich heraus, dass es entscheidend war, die Schwingungsamplitude des Cantilevers kleiner einzustellen als den Durchmesser der Moleküle der Flüssigkeit. Mit diesen Erkenntnissen könnten viele offene Fragen der Oberflächenphysik neu aufgerollt werden, die u.a. bei der Entwicklung von effektiveren Brennstoffzellen und in der Batterietechnik hilfreich sind.

Stefan Weber forscht seit 2012 am MPI-P im Arbeitskreis von Direktor Hans-Jürgen Butt. Schon während seiner Promotion und als Postdoc in Dublin setzte er sich mit der Rasterkraftmikroskopie auseinander und entwickelte das Verfahren weiter. In seiner Zeit am MPI-P hat er ein bestehendes Rasterkraftmikroskop umgebaut und für rauscharme Messungen in Flüssigkeiten optimiert. Damit untersucht er grundlegende Effekte wie die molekulare Selbstorganisation an flüssig-festen Grenzflächen.

Das 1984 gegründete Max-Planck-Institut für Polymerforschung (MPI-P) zählt zu den international führenden Forschungszentren auf dem Gebiet der Polymerwissenschaft. Durch die Fokussierung auf so genannte weiche Materie und makromolekulare Materialien ist das Max-Planck-Institut für Polymerforschung mit seiner Forschungsausrichtung weltweit einzigartig. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem In- und Ausland arbeiten im Rahmen der Grundlagenforschung an der Herstellung und Charakterisierung von Polymeren und der Untersuchung ihrer physikalischen und chemischen Eigenschaften. Anfang 2014 sind insgesamt 518 Personen am MPI-P beschäftigt: Die Belegschaft setzte sich aus 121 Wissenschaftlern, 147 Doktoranden und Diplomanden, 76 Stipendiaten und 174 technischen und Verwaltungsangestellten sowie Hilfskräften zusammen.

www.mpip-mainz.mpg.de 

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