Neues holografisches Verfahren nutzt bildstabilisierte Röntgenkamera

Ein Team um Stefan Eisebitt hat ein neues Röntgenholografieverfahren entwickelt, das Aufnahmen von dynamischen Prozessen mit bisher unerreichter Auflösung in Aussicht stellt. Die Effizienz des neuartigen Verfahrens beruht auf einer fokussierenden Röntgenoptik, die mit dem abzubildenden Objekt fest verbunden ist. Dadurch liefert das Verfahren zwar zunächst eine unscharfe Abbildung, diese kann im Nachhinein jedoch fokussiert werden. Gleichzeitig löst dieser Trick – nämlich die feste Verbindung zwischen Objekt und Fokussieroptik – elegant das Problem des Verwackelns, das auf Nanometerskala eine enorme Rolle spielt.
Als Testobjekte nutzten die Forscher den Umriss eines Geckos, der 10 000-fach verkleinert in eine Goldfolie einstrukturiert wurde und einen Ausschnitt aus dem Siemensstern, der hier wie eine Muschel aussieht. Das ganze Testobjekt hat mit sechs Mikrometern Durchmesser etwa die Größe eines roten Blutkörperchens. Die kleinsten noch aufgelösten Strukturen haben eine Breite von gerade einmal 46 nm / Bildquelle: J. Geilhufe/HZB
Professor Dr. Stefan Eisebitt, der an der TU Berlin das Fachgebiet Nanometeroptik und Röntgenoptik leitet und auch am HZB forscht, erklärt: So wie ein lichtstarkes Objektiv am Fotoapparat auch bei schwacher Beleuchtung noch scharfe Bilder ermöglicht, ermöglicht es auch hier ein optisches Element, das Röntgenlicht effizienter zu nutzen. Gleichzeitig wurde diese Röntgenlinse fest mit dem abzubildenden Objekt gekoppelt, so dass Vibrationen keine Rolle mehr spielen und das Bild stabilisiert wird. Kontrastarme oder sich bewegende Nanoobjekte können damit deutlich besser abgebildet werden.
Für die Röntgenholografie wird kohärentes Licht benötigt, bei dem die elektromagnetischen Wellen im Gleichtakt schwingen. Solches Licht produzieren Laser oder Synchrotronquellen wie BESSY II. Bei dem verwendeten holografischen Verfahren fällt ein Teil des Röntgenlichts auf das abzubildende Objekt und ein weiterer Teil durchdringt normalerweise eine Lochblende, die sich seitlich neben dem Objekt befindet. Dies ist die Referenzwelle. Durch die Überlagerung beider Wellen entsteht ein Hologramm, welches von einem Detektor aufgezeichnet wird. Eine Abbildung des beleuchteten Objekts wird dann aus dem Hologramm am Computer rekonstruiert. Doch die Lochblende besitzt einen Nachteil: Um eine scharfe Abbildung zu ermöglichen, muss sie sehr klein sein, lässt dann jedoch zu wenig Licht hindurch, um auch bei sehr kontrastarmen Objekten ein gutes Bild zu erzeugen.
Eine Lösung fanden die Physiker um Eisebitt mit einer speziellen Optik – einer Fresnel-Zonenplatte. Diese wird – als Ersatz für die Lochblende – auf der Objektebene selbst platziert. Dadurch gelingt es, die Referenzwelle deutlich zu verstärken. Allerdings liegt der Fokus der Optik – der einer idealen punktförmigen Lochblende entspräche – eben nicht auf der Objektebene, so dass die Abbildung unscharf wird. Im Gegensatz zu einer Fotografie lässt sich jedoch diese Unschärfe aus einem Hologramm jedoch rechnerisch präzise korrigieren. Durch die effizientere Optik können Belichtungszeiten drastisch reduziert werden. So eignet sich die Methode nun besser um Schnappschüsse von ultraschnellen Prozessen zu ermöglichen.
Doktorand Jan Geilhufe hat diese Idee ausgearbeitet und umgesetzt, und er war es auch, der das Bild des Geckos als filigranes Testobjekt beigesteuert hat. Dessen Umriss wurde zehntausendfach verkleinert in eine Goldfolie einstrukturiert. Dem Forscher war es wichtig, ein originelles Testobjekt zu finden um zu zeigen wie gut die Methode funktioniert. Die Muschel im Zentrum des Testobjekts zeigt dabei einen Ausschnitt aus einem so genannten Siemensstern, einer Struktur zur Auflösungsbestimmung. Ähnlich wie am Schwanz des Geckos kann man an den zulaufenden Strahlen des Siemenssterns messen, wie gut unterschiedliche Strukturbreiten im Bild dargestellt werden. Das ganze Testobjekt hat mit sechs Mikrometern Durchmesser etwa die Größe eines roten Blutkörperchens. Die kleinsten noch aufgelösten Strukturen haben eine Breite von gerade einmal 46 nm.
Das altbekannte Problem des Verwackelns durch Vibrationen des Bildgegenstandes relativ zur Optik wird umso dramatischer, je höher die Auflösung des optischen Systems ist. In der Erforschung von Methoden zur hochauflösenden Röntgenbildgebung strebt man derzeit nach Auflösung von unter 10 nm. Das sind weniger als hundert Atomabstände, daher machen sich selbst kleinste Schwingungen bemerkbar. Da reicht es schon, wenn einen Kilometer weiter die Straßenbahn vorbeifährt. Das Team hat aber mit ihrem Verfahren die Schwingungen des Objekts mit den Schwingungen der Referenzoptik fest gekoppelt, so dass die Linse exakt wie das Objekt schwingt – sozusagen eine Röntgenkamera mit Bildstabilisator. Nach Stefan Eisebitt hat die Kombination der weltweit anerkannten Expertise des HZB in der Herstellung von Fresnel-Zonenplatten mit den flexiblen Strukturierungsmöglichkeiten der Nano-Werkbank an der TU Berlin diesen Fortschritt möglich gemacht.
Die Arbeit wurde in Nature Communications veröffentlicht. Dadurch könnte die neue Methode von vielen Forschungsgruppen genutzt werden. Denn bessere räumliche und zeitliche Auflösungen versprechen neue Einblicke in schnelle Prozesse, zum Beispiel in schnelle magnetische Schaltvorgänge, die für die Datenspeicherung von Interesse sind. Zukünftig wollen Eisebitt und sein Team ihre neue holografische Technik an BESSY II am so genannten RICXS-Aufbau auch Messgästen aus aller Welt anbieten.
DOI: 10.1038/ncomms4008
www.helmholtz-berlin.de
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