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Neue Materialien für die biobasierte Wasserstoffsynthese

Wasserstoffbildende Enzyme aktivieren – Gibt man eine inaktive Vorstufe der Hydrogenase (ein Ausschnitt des Zentrums oben links) mit dem inaktiven chemisch synthetisierten Ko-Faktor (oben rechts) zusammen, integriert die Hydrogenase die synthetische Komponente von selbst. Es bilden sich Hydrogenasen (unten), die von den natürlichen Enzymen nicht zu unterscheiden sind. Das komplexe Zentrum dieser Enzyme (unten mittig), in das der Ko-Faktor integriert wird, katalysiert sehr effizient die Bildung von Wasserstoff / Bildquelle: Julian Esselborn, RUB

 

Forscher aus Bochum, Mülheim und Grenoble haben ein effizientes Verfahren für die Biokatalyse von Wasserstoff entdeckt. Sie entwickelten halbsynthetische Hydrogenasen, wasserstoffbildende Enzyme, indem sie eine biologische Vorstufe des Proteins zu einem chemisch hergestellten inaktiven Eisenkomplex gaben. Im Reagenzglas bildete sich aus diesen Komponenten der biologische Katalysator von selbst. Nach Prof. Dr. Thomas Happe, Leiter der AG Photobiotechnologie der RUB, ist es ausgesprochen schwierig, Hydrogenasen aus lebenden Zellen zu gewinnen. Die industrielle Anwendung lag daher in weiter Ferne. Die RUB-Forscher sind jetzt in der Herstellung von biobasierten Materialien einen entscheidenden Schritt vorangekommen und berichten gemeinsam mit Kollegen vom MPI Mülheim und aus Grenoble in der Zeitschrift Nature Chemical Biology.

Unter optimalen Bedingungen kann ein einziges Hydrogenaseenzym in einer Sekunde 9000 Wasserstoffmoleküle herstellen. Die Natur hat einen Katalysator geschaffen, der ohne seltene Edelmetalle wie Platin unglaublich aktiv ist. Die Bochumer Forscher beschäftigen sich mit so genannten Eisen-Eisen-Hydrogenasen, deren Katalyse auf einem kompliziert aufgebauten aktiven Zentrum beruht, das Eisen, Kohlenstoffmonoxid und Cyanid enthält – nur wenige Lebewesen können es herstellen. Um die langwierige und ineffiziente Produktion der Hydrogenasen zu umgehen, bauten Chemiker den katalytisch aktiven Bestandteil der Enzyme nach. Das gelang zwar, aber die chemischen Imitate, Mimics genannt, produzieren nur sehr geringe Mengen Wasserstoff. Da es schwierig ist, aktive Hydrogenasen aus Lebewesen zu gewinnen, schlug Thomas Happes Team eine Verbesserung des Verfahrens vor.

Die Biologen der RUB gaben eine inaktive Hydrogenasevorstufe und eine inaktive chemische Komponente, die Kollegen in Grenoble synthetisierten, im Reagenzglas zusammen. In wenigen Minuten setzte eine starke Wasserstoffbildung ein. Die Hydrogenasevorstufe hatte die chemisch hergestellte eisenhaltige Substanz spontan in ihr Proteingerüst integriert. Biophysikalische Messungen am MPI für chemische Energiekonversion in Mülheim ergaben, dass das so entstandene Enzym von der natürlichen Hydrogenase nicht zu unterscheiden ist. Bisher ging man davon aus, dass so kompliziert aufgebaute Enzyme wie die Hydrogenasen Helferproteine benötigen, die die eisenhaltige Katalyseeinheit einbauen.

Durch die Mimics ist das Arbeiten mit Hydrogenasen viel einfacher geworden, resümiert Happes Doktorand Julian Esselborn. Mit dem Haustierchen der Biotechnologen, Escherichia coli, produzieren die Wissenschaftler schnell mehrere Milligramm Vorläufer-Hydrogenase. Diese wird mit einer chemischen Vorstufe versetzt und dadurch rasch 100 % aktivierte Enzyme erzeugt. Die industrielle Anwendbarkeit rückt also näher, denn großtechnische Verfahren zur Kultivierung von E. coli existieren bereits. Die neue Methode verspricht ein Meilenstein in der Hydrogenaseforschung. Sie funktioniert mit Hydrogenasen unterschiedlicher Organismen. Außerdem ist sie geeignet, neu entdeckte oder molekularbiologisch veränderte Hydrogenaseproteine und verschiedenste – gegebenenfalls optimierte – chemische Substanzen im Hochdurchsatzverfahren zu analysieren.

Hydrogenasen spielen in vielen einzelligen Lebewesen eine wichtige Rolle im Energiehaushalt. Für uns Menschen könnten sie dazu beitragen, einen sauberen Energieträger herzustellen, denn Wasserstoff verbrennt zu reinem Wasser. Biologen und Chemiker arbeiten daher schon seit Jahren daran, diese Enzyme und seine chemische Blaupausen industriell nutzbar zu machen – als günstiges und umweltfreundliches Material für neuartige Brennstoffzellen oder sogar zur direkten Herstellung von Wasserstoff aus Sonnenergie mittels Fotosynthese. Das Projekt wurde von der VolkswagenStiftung unter dem Titel LigH2t gefördert.

J. Esselborn, C. Lambertz, A. Adamska-Venkatesh, T. Simmons, G. Berggren, J. Noth, J. Siebel, A. Hemschemeier, V. Artero, E. Reijerse, M. Fontecave, W. Lubitz, T. Happe, (2013): Spontaneous activation of [FeFe]-hydrogenases by an inorganic [2Fe] active site mimic, Nature Chemical Biology, DOI: 10.1038/nchembio.1311

www.rub.de

 

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