Dreidimensionale, farbige Fassadenelemente aus Metall erweitern Gestaltungsmöglichkeiten für Architekten

Oberflächen 05. 04. 2025
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Die Fassade bestimmt den ersten Eindruck eines Gebäudes. Lohnt ein genauerer Blick? Gibt es Elemente, die es von seiner (bebauten) Umgebung abheben? Schon kleinere gestalterische Akzente können den Unterschied zwischen attraktiv und spricht mich eher nicht an ausmachen. Das Fraunhofer IWU hat nun einen Vorschlag für gleichermaßen anspruchsvolle wie kostenbewusste Architekten und Bauherren: markante Fassadenelemente mit Reliefs, die in Form und Farbe kaum Grenzen kennen und ohne teure Umformwerkzeuge hergestellt werden können.

Ob für private, öffentliche oder gewerblich genutzten Immobilien – inkrementell, also in mehreren Bearbeitungsschritten umgeformte Fassadenelemente, sind eine reizvolle Option. Das Verfahren ist geeignet für die Herstellung größerer als auch kleinerer metallischer Elemente in der Außenhülle eines Gebäudes. Auf dem neuen Umformportal des Chemnitzer Forschungsinstituts, aktuell die größte Anlage in Deutschland, können Stahl- und Aluminiumbleche mit Abmessungen von bis zu 4 x 2 Metern und einer Ausbauchung bis zu 75 Zentimetern in nahezu jede Form gebracht werden. Mit dem Fassadenbauer Wirth & Co. GmbH und dem Beschichtungsspezialisten Wobek-Design GmbH stellte das Fraunhofer IWU in einem gemeinsamen Projekt Beispielelemente her, die das technologisch Machbare aufzeigen. Die Wahl fiel auf einen Fisch in mehreren farblichen Variationen.

Das neue IBU-Bearbeitungsportal am Fraunhofer IWU (Bild: Fraunhofer IWU)

 

Farbe: verstärkt Form und schützt vor Witterungseinflüssen

Die farbige Beschichtung unterstreicht dabei die dreidimensionale Wirkung der Form und bildet einen zuverlässigen Witterungsschutz. Beschichtet wird die dem Umformwerkzeug (Drückdorn) abgewandte Seite des flachen Blechs mit einem umformstabilen, weißen Pulverlack; auch der anschließend aufgetragene farbige Tintenstrahldruck ist elastisch und wird durch die Umformung des Blechs nicht beschädigt. Den Abschluss bildet ein UV-beständiger Klarlack – die einzige Schicht, die erst nach dem Umformen aufgetragen wird und eventuell durch die Blechbearbeitung porös gewordene Teile der lackierten Flächen wieder verschließt.

Die dreidimensionale Wirkung des Reliefs hängt von mehreren Faktoren ab: dem Abstand des Betrachters (oben), der farbigen Gestaltung von Hauptmotiv und Umgebung (Mitte) und nicht zuletzt dem Betrachtungswinkel (unten) (Bild: Fraunhofer IWU)

 

Inkrementelle ­Blechumformung für kleine Stückzahlen

Im Umformportal drückt ein im Durchmesser 12 Millimeter starker Dorn die ­gewünschte Form schrittweise ins Blech; Grundlage dafür ist ein entsprechendes 3D-Modell. Bei komplexen Geometrien wird auf der Rückseite des Blechs eine Gegenform benötigt; diese kann auch aus preiswertem Schichtholz angefertigt sein. Denkbar wäre anstelle einer Gegenform auch ein zweites Drückwerkzeug oder ein wiederverwendbares Nadelkissen (Pins).

Inkrementelle Blechumformung (Bild: Fraunhofer IWU)

 

Das schrittweise In-Form-Bringen nimmt zwar etwas mehr Zeit in Anspruch, spart aber die bei Tiefziehprozessen erforderlichen teuren Werkzeuge ein. Am Beispiel des rund zwei Meter langen, etwa ein Meter hohen und knapp 20 Zentimeter tiefen Fisches errechnete das Projektteam, dass bis zu einer Stückzahl von 185 die inkrementelle Umformung wirtschaftlicher ist, als das deutliche schnellere Tiefziehen.

Perfekte Systemlösungen

Um Gestaltungsmöglichkeiten nicht unnötig einzuschränken, aber auch um dem Trend zu geschlossenen, energieeffizienten Fassaden Rechnung zu tragen, denken die Forscher die Befestigungstechnik gleich mit. So sieht ein weiteres IWU-Team den Andruck von Anbindungselementen aus preiswertem Kunststoffgranulat vor, damit Fassadenelemente auch auf gekrümmten Elementen befestigt werden können.

Vielzahl weiterer ­Anwendungsmöglichkeiten

Die neue Portalanlage ermöglicht beziehungsweise erleichtert beispielsweise auch die Nachfertigung von Teilen, für die keine Umformwerkzeuge mehr vorhanden sind. Dies ist in der Regel bei historischen Fahrzeugen der Fall; für jüngere Modelle endet die Pflicht der Hersteller, teure Presswerkzeuge vorzuhalten, meist zehn Jahre nach Auslauf der Produktion. Auch künstlerische Kreativität lässt sich mit inkrementellen Methoden kosteneffizient in Form bringen: Einige Anfragen liegen dem Fraunhofer IWU nach eigenen Angaben bereits vor.

Über das IWU

Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU ist innovationsstarker Partner für die angewandte Forschung und Entwicklung in der Produktionstechnik. Mit rund 670 hochqualifizierten Mitarbeitenden ist das Institut an den Standorten Chemnitz, Cottbus, Dresden, Leipzig, Wolfsburg und Zittau vertreten. Erschlossen werden Potenziale für die wettbewerbsfähige Fertigung beispielsweise im Automobil- und Maschinenbau, der Luft- und Raumfahrt, der Elektrotechnik oder der Feinwerk- und Mikrotechnik. Im Fokus von Wissenschaft und Auftragsforschung stehen Bauteile, Verfahren und Prozesse sowie die zugehörigen komplexen Maschinensysteme und das Zusammenspiel mit dem Menschen – die ganze Fabrik. Das Institut für ressourceneffiziente Fertigung setzt auf eine hochflexible, skalierbare und von der Natur lernende, kognitive Produktion. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft steht die gesamte Prozesskette im Blick. Entwickelt werden Technologien und intelligente Produktionsanlagen und optimiert werden umformende, spanende und fügende Fertigungsschritte. Auch maßgeschneiderte Leichtbaustrukturen, die Verarbeitung unterschiedlichster Werkstoffe sowie neueste Technologien der additiven Fertigung (3D- Druck) sind wichtige Bestandteile des Leistungsportfolios. Damit die Energiewende gelingen kann, werden Lösungsräume für den klimaneutralen Fabrikbetrieb und die Großserienfertigung von Wasserstoffsystemen aufgezeigt.

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