Wärmebedarfe für Galvanikbehälter richtig und effizient berechnen

Werkstoffe 01. 09. 2023
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Von Matthias Deuner, Schwabach

Ein einwandfreies Beschichtungsergebnis hängt von einer konstanten und dauerhaft gleichmäßigen Temperatur der Elektrolyte und chemischen Lösungen ab. Entscheidend dafür ist eine umfassende und genaue Berechnung des Wärmebedarfs. Viele verschiedene Faktoren beeinflussen die Energieverluste eines zu beheizenden Galvanikbehälters. Für die Berechnung des Wärmebedarfs ist es von erheblicher Bedeutung, diese Energieverluste zu kennen und genau zu ermitteln. Für die Wärmeverluste bei der Beheizung von Galvanikbecken sind dabei besonders zu beachten:

  • Wärmeverluste durch Konvektion
  • Wärmeverluste durch Verdunstung von Flüssigkeit
  • Wärmeverluste durch Warendurchsatz.

Im Folgenden wird vereinfacht dargestellt, wo und warum die meisten Verluste auftreten und wie diese gegebenenfalls vermindert werden können.

Wärmeverluste durch Konvektion

Konvektion ist eine Strömungsbewegung in Flüssigkeiten oder Gasen, die dann entsteht, wenn Temperaturunterschiede innerhalb der Flüssigkeit oder des Gases auftreten. Der Temperaturabfall, ausgehend von der Prozessflüssigkeitstemperatur tPfl über die Behälterwand, die Isolierung und die Umgebungstemperatur tL, ist inAbbildung 1 dargestellt. Abbildung 1 zeigt, dass nur innerhalb der festen Behälterwand und der verwendeten Isolierung ein linearer Temperaturabfall von innen nach außen vorliegt. Die Wärmeleitzahlen λB und λIso sowie die Wanddicken sB und sIso bestimmen die Größe des Temperaturabfalls. An den Grenzflächen Prozessflüssigkeit/Behälterwand und Isolierung/Umgebungsluft ist ein Wärmeübergang zu erkennen. Die Temperatur fällt beziehungsweise steigt in der Randschicht der Prozessflüssigkeit beziehungsweise Umgebungsluft. Die Konvektion – die Bewegung durch Ausgleich von Temperaturunterschieden – ist hierfür der Grund [1].

Abb. 1: Schema des Wärmedurchgangs durch die Behälterwand und die Isolierung

 

Die Isolierung ist der größte ­Einflussfaktor für die Reduzierung der Wärmeverluste durch Konvektion. Ein Behälter aus PP mit 15 mm Wanddicke, 1000 mm (lichte Länge), 1000 mm (lichte Breite), 1200 mm (Höhe) sowie 1000 mm (Füllstand) wird als Berechnungsgrundlange herangezogen. Als Isolierung wird eine Wärmedämmschicht mit einer Wärmeleitzahl λIso = 0,060 W/mK und einer Wanddicke sIso = 30 mm verwendet. Abbildung 2 zeigt deutlich, dass eine Isolierung energetisch sinnvoll ist.

Abb. 2: Einfluss der Isolierung auf die Konvektionswärme

 

Wärmeverluste durch Verdunstung von Prozessflüssigkeit

Bei der Verdunstung geht ein Stoff vom flüssigen in den gasförmigen Zustand über. Die Siedetemperatur wird dabei nicht erreicht. In die Luftschicht oberhalb einer Flüssigkeits­oberfläche treten Flüssigkeitsmoleküle aus und gehen in den gasförmigen Aggregatszustand über. Dabei verdunstet eine gewisse Menge der Prozessflüssigkeit. Diese ist von vielen Faktoren abhängig: Dampfdruck der Flüssigkeit, Temperatur, Sättigungsgrad und Temperatur der Luft über der Flüssigkeitsoberfläche, Luftdruck und Luftgeschwindigkeit, Turbulenzen an der Flüssigkeitsoberfläche und in der Luft [1].

Abbildung 3 verdeutlicht, wie sich die Absaugungsgeschwindigkeit und eine Abdeckung bei unterschiedlichen Prozessflüssigkeits­temperaturen auf die Verluste durch Verdunstung (Verdunstungswärme Pv) auswirken. Ist eine Absaugung vorhanden, dann bleibt die Abdeckung durch einen Deckel unberücksichtigt. Die Absaugung befindet sich in der Regel unterhalb des Deckels. Eine 70 %-Abdeckung durch einen Deckel oder Kunststoffkugeln (bei fehlender Absaugung) kann die Verdunstungswärmeverluste erheblich reduzieren.

Abb. 3: Einfluss von Absaugung und Abdeckung auf die Verdunstungswärme

 

Wärmeverluste als Folge des Durchsatzguts

Die Eintrittstemperatur tD der zu behandelnden Ware liegt meistens unter der Prozessflüssigkeitstemperatur tPfl. Dadurch bewirkt der Warendurchsatz einen Wärmeverbrauch PD. Die Wärmeverluste infolge des Warendurchsatzes berechnen sich wie folgt:

PD = m* cD/3,6 * t

mD: Menge an Warendurchsatz in kg/h

cD: spez. Wärmekapazität der Ware in kJ/kg*K

Δt: Temperaturdifferenz zwischen Eintrittstem­peratur der Ware und Solltemperatur der
Prozessflüssigkeit (t
Pfl - tD) in K

Vorgelagerte Prozesse können die Ware auf ein höheres Temperaturniveau als die Umgebungstemperatur vorheizen. Wie aus Abbildung 4 zu erkennen ist, verringern sich die Wärmeverluste durch die Ware mit einer höheren Eintrittstemperatur des Durchsatzguts. Die genaue Bestimmung der Eintrittstemperatur kann die Kosten für die Behälterheizung und die Betriebskosten senken. Als Durchsatzgut wurde Stahl mit mD = 1000 kg/h ­eingesetzt.

Abb. 4: Wärmeverlust durch unterschiedliche Eintrittstemperaturen

 

Abb. 5: Abhängigkeit der Wärmeverluste vom Durchsatzmaterial

 

Die Wärmeverluste sind zudem ­abhängig vom Durchsatzmaterial. Hier ergeben sich je nach Werkstoff erhebliche Unterschiede. Die Werte in Abbildung 5 gelten für m= 1000 kg/h und t= 18 °C. Es wird deutlich, dass der Wärmeverbrauch infolge des Warendurchsatzes beachtet werden muss. Im schlimmsten Fall kann bei Nicht-Berücksichtigen die Solltemperatur der Prozessflüssigkeit nach dem Einbringen der Ware nicht mehr oder nicht schnell genug erreicht werden.

Moderne Wärmebedarfsberechnung

Viele Faktoren beeinflussen den Wärmebedarf eines Galvanikbehälters. Die Wärmebedarfsberechnung ist die Grundlage für eine genaue und effiziente Auslegung von Heizungen (elektrische Heizungen oder Wärmetauscher). Dazu müssen die richtigen Daten bereitgestellt, hinterfragt und geprüft werden. Durch eine computergestützte Wärmebedarfsberechnung wird die für die Anlage notwendige Heizleistung von Mazurczak seit 1935 objektiv ermittelt. Erst danach wird die Heizungslösung ausgewählt, modifiziert und an die Kundenanforderungen angepasst.

Literatur

[1] G. Mazurczak, W. Schauer, K. Frischmann: Beheizen und Kühlen von wäßrigen Lösungen in der Ätz-, Beiz- und Galvanotechnik; Carl Hanser Verlag, München, (1990)

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