Die Bauteilreinigung hat in den letzten Jahren innerhalb der verschiedenen Fertigungstechnologien seinen Platz erobert. Nach der Automobilindustrie, die lange Zeit Treiber für immer höhere Sauberkeitsanforderungen war, hat diesen Spitzenplatz inzwischen die Halbleiter-Zulieferindustrie übernommen. Entwicklungen wie die EUV-Lithographie machen dabei extrem reine Komponenten erforderlich. Die Auslegung entsprechender Reinigungsprozesse und -anlagen unter hochreinen Bedingungen ermöglicht das neue High Purity-Testzentrum von Ecoclean.
Die Oberflächenverfahren werden häufig als eine der Schlüsseltechnologien für die unterschiedlichsten Fertigungsabläufe gesehen – und fast ebenso häufig wird auch darüber diskutiert, ob dies wirklich zutrifft. Das Reinigen als eines der wichtigen Oberflächenverfahren in der Prozesskette kann ebenfalls als Schlüsseltechnologie angesehen werden. Dies demonstriert die Ecoclean GmbH in ihrem neuen High Purity Test Center in Dettingen bei Kirchheim/Teck, das Ende November des vergangenen Jahres offiziell eingeweiht worden war. Es ergänzt die 15 bestehenden Technologiezentren des Unternehmens im hochreinen Bereich. In Dettingen wurden die Möglichkeiten und Bedingungen geschaffen, um Reinigungsversuche für Hightech-Bauteile mit extrem hohen Reinheitsanforderungen durchzuführen.
Im Rahmen der Einweihung wurde ein Einblick in die Entwicklung und Fertigung einer der sehr wahrscheinlich kompliziertesten Maschinen gegeben, die heute hergestellt werden können: einen Belichter zur Herstellung von ICs (IC – Integrated Circuit) der nächsten Generation unter Einsatz von extremem Ultraviolettlicht (EUV) [1]. EUV, also Licht mit extrem kurzer Wellenlänge, wird in der Halbleiterfertigung bei der Belichtung von feinsten Chipstrukturen auf Wafern eingesetzt. Nicht nur, dass die Entwicklung und Herstellung der EUV-Maschinen einen kaum vorstellbaren Aufwand erforderlich macht; auch die Funktion nach Fertigstellung der Anlagentechnik ist ohne wenn und aber davon abhängig, dass die definiert hohe Sauberkeit beim Aufbau eingehalten wird. Die Anforderungen an die Reinheit der Bauteile für die Fertigung der Halbleiter-Produktionsmaschine übertreffen vermutlich alle bisher üblichen Qualitätsanforderungen für die Industrie.
Bei großer Materialvielfalt, hohen Durchsatzanforderungen und Sauberkeitsspezifikationen (Grade 2 und 1) sind Mehrbad-Ultraschallreinigungsanlagen durch beliebig kombinierbare Reinigungs- und Spülstationen – auch mit unterschiedlichen Reinigungsmedien und Spülwasserqualitäten – eine optimale Lösung (Bild: Ecoclean)
Im High Purity-Test Center stehen Reinräume und entsprechendes Analyseequipment zur Verfügung (Bild: Ecoclean)
Dass modernste Reinigungstechnologien in der Lage sind, die exorbitant hohen Sauberkeitsanforderungen für diese Bauteile mit Abmessungen von wenigen Millimetern bis hin zum Metermaßstab sicher zu erfüllen, demonstriert die Ausstattung des neuen Testzentrums der Ecoclean GmbH in Dettingen. Bei der Einweihungsfeier wurden den etwa 100 Besuchern und Besucherinnen die unterschiedlichen Verfahren der Reinigung sowie die Prüfung der Reinheit, einschließlich der notwendigen Peripherie erläutert. Sie erfuhren darüber hinaus auch Details zum Entwicklungsprozess der Maschinen für die Produktion modernster Halbleiter von Fachleuten aus führenden Unternehmen.
Wie Ralf Dienel, Geschäftsführer der Ecoclean GmbH, in seiner Begrüßung ausführte, verfügt das Unternehmen mit den Hauptstandorten Filderstadt, Monschau sowie dem Schweizer Werk über technische und personelle Kapazitäten, Standardmaschinen innerhalb weniger Wochen zu fertigen. Neben Reinigungsversuchen für Kunden werden im neuen Testzentrum auch Anpassungen an neue Reinigungsanwendungen und -verfahren vorgenommen sowie neue Anlagentechnik entwickelt und umgesetzt. Dafür stehen dem Unternehmen aktuell etwa 800 Mitarbeitende zur Verfügung, die auch laufende Anlagen und Geräte umfangreich betreuen sowie Schulungen von Kundenmitarbeitern durchführen.
Reinigungsverfahren im Detail
Hochleistungsreinigung
Der Fokus der Hochleistungsreinigung, vorgestellt von Volker Lehmann, Director Sales Precision Cleaning, und Rainer Straub, Vice President Sales & Customer Service, beide Mitarbeiter bei Ecoclean, liegt unter anderem bei der Reinigung von optischen Systemen sowie Bauteilen für Hochvakuumanlagen, zum Beispiel für Lithographieanwendungen. Dieser Geschäftsbereich wurde deutlich verstärkt durch den Erwerb der auf Ultraschall-Feinstreinigungsanlagen spezialisierten, 1993 in der Schweiz gegründeten UCM AG im Jahr 2009. 2012 wurde die erste Anlage zur Reinigung von hochpräzisen Komponenten für die EUV-Lithographie gefertigt. Für High-Purity-Anwendungen wurde die erste Lösemittel-Reinigungsanlage 2018 gefertigt, 2021 folge die erste, mit wasserbasierten Medien betriebene Doppelkammeranlage.
Die Lösemittelreinigung mit modifizierten Alkoholen eignet sich für komplexe Geometrien und unterschiedliche Grundwerkstoffe. Die Entwicklung von Doppelkammeranlagen ermöglicht, zunehmend größere Teile zu reinigen. Für höhere Durchsätze beziehungsweise Reinheitsanforderungen kommen Mehrbad-Ultraschallreinigungsanlagen zum Einsatz.
Das neue Testzentrum in Dettingen ermöglicht Kunden aus unterschiedlichsten Hightech-Branchen durch Reinigungsversuche die optimale Anlagen- und Prozesstechnik für Bauteile mit sehr hohen Reinheitsanforderungen zu ermitteln.
Insgesamt sind die Reinheitsklassen eingeteilt in Kategorie A (klassische Reinigung), Fein-/Präzisionsreinigung (Kategorie B) sowie Höchstreinheit (High Purity Cleaning; Kategorie C). Je nach Reinheitsanforderung sind unterschiedliche Arbeitsweisen, Anlagentechniken sowie -ausstattungen und Abläufe erforderlich. Entsprechend deckt die Ausstattung des Testzentrums die in der nasschemischen Bauteilreinigung eingesetzten Technologien, Medien und Verfahren, beispielsweise Ultraschall, Injektionsflutwaschen, Plasmareinigung, Pulsated Pressure Cleaning (PPC) und Ultraschall Plus, ab.
Für die Versuche stehen zwei Bereiche unterschiedlicher Sauberkeitsklassen zur Verfügung. Der erste befindet sich in einem Sauberraum, in den eine Lösemittel-Kammerreinigungsanlage mit integrierter Niederdruck-Plasmareinigung sowie eine Kammeranlage für wässrige Medien integriert ist. Dieser Bereich wird für Vorreinigungen eingesetzt, um Teile für die Endreinigung im Reinraum vorzubereiten. Er eignet sich darüber hinaus, um höheren Sauberkeitsanforderungen vieler klassischer Feinstreinigungsaufgaben aus Branchen wie der Sensortechnik, Luftfahrt, E-Mobilität und Beschichtungsindustrie gerecht zu werden.
Der Endreinigungsbereich ist in einem validierten Reinraum der Klasse ISO 7 mit Zonen ISO 6 untergebracht. Die Ausstattung umfasst eine Lösemittel-Kammeranlage, eine Kammeranlage für wasserbasierte Medien sowie eine Mehrbad-Ultraschallreinigungsanlage mit neun Nass- und zwei Trockenstationen. Hier können unter anderem unterschiedliche Ultraschall-Frequenzen, Reinigungschemikalien, PPC, und Passivieren getestet werden. Für die Trocknung stehen ebenfalls verschiedene Möglichkeiten – auch in Kombination – zur Verfügung.
Die in das neue Technologiezentrum integrierten Aufbereitungslösungen für Osmose (RO)-, De-Ionisiertes (DI) und Ultra-Pure-Wasser (UPW) ermöglichen den Einsatz aller in der Feinst- und High Purity-Reinigung verwendeten Wasserqualitäten. Für die Kontrolle der erzielten Reinigungsergebnisse ist das Test Center mit verschiedene Messtechnologien ausgestattet, darunter ein sogenannter Black-Room.
Konstruktion, Verarbeitung und Ausstattung der Anlagen verhindern die Re- und Kreuzkontaminationen und sind für eine Integration in einen Reinraum ausgelegt (Bild: Ecoclean)
Im validierten Reinraum können Reinigungsversuche mit höchsten Sauberkeitsanforderungen durchgeführt werden (Bild: Ecoclean)
Digitalisierung
Mike Fronmüller, Ecoclean, befasst sich mit der Entwicklung der Digitalisierung von Reinigungsanlagen und -prozessen. Hierfür werden unterschiedliche Aspekte in Betracht gezogen, von Monitoring, über Planung, Dokumentation bis hin zur externen Unterstützung des Anwenders durch den Hersteller Ecoclean. Eine der großen Herausforderungen besteht in einer optimalen und funktionalen Verbindung der unterschiedlichen Anlagenkomponenten beziehungsweise Systeme einer Prozessabfolge. Wichtig ist hierbei, dass der Anwender Nutzen aus der Datenverarbeitung ziehen kann. Dieser Nutzen kann in monetären Vorteilen, also der Einsparung von Kosten, oder aber in der Erhöhung der Qualität oder der Reduzierung der Produktionszeiten liegen. Dies macht deutlich, dass jede digitale Lösung anders aussehen kann; es gibt also kaum eine Lösung aus der Schublade, jeder Kunde erhält eine optimal auf ihn zugeschnittene Lösung.
High-Purity Reinigungssysteme im Einsatz
Dr. Michael Flämmich, VACOM Vakuum Komponenten und Messtechnik GmbH, ging in seinen Ausführungen auf den Einsatz der Reinigungssysteme im High-Purity Umfeld ein. Als Anbieter zukunftsorientierter Vakuumtechnik und High-Purity Reinigungsdienstleister erfüllt VACOM mit innovativen Technologien höchste Anforderungen an die Bauteilsauberkeit. Dabei spielt die Reinigung von Bauteilen in Reinraumumgebungen eine immer bedeutendere Rolle.
Mit zunehmenden Reinheitsanforderungen steigt entsprechend der Aufwand für die notwendige Reinigungstechnik stark an. Dadurch erhöhen sich auch die Kosten zur Realisierung der erforderlichen Anlagen- und Verfahrenstechnik. Um die für den jeweiligen Zweck geeignete Reinigungstechnik optimal einzusetzen, ist nach Meinung von Dr. Flämmich ein ganzheitliches Verständnis zur Gestaltung, Planung, Durchführung und Optimierung der Reinigungsprozesse zur Erzeugung und Aufrechterhaltung der geforderten Bauteilsauberkeit unabdingbar. Je nach gewünschter Bauteilsauberkeit verwendet VACOM verschiedene Reinheitsklassen, die das Unternehmen in die sogenannten Purity Classes 1 bis 5 einteilt. Die geringste Klasse entspricht der klassischen Forderung nach Öl- und Fettfreiheit. Die höchste Klasse entspricht den anspruchsvollsten Anforderungen in der Halbleiterindustrie.
Die Reinigung erfolgt durch entsprechend an die Sauberkeitsanforderung angepasste Nassreinigungslösungen in Reinräumen sowie durch eine anschließende Trockenreinigung (beispielsweise Ausheizen der Bauteile in speziellen Vakuumöfen). Je höher die Reinheitsforderungen, desto wichtiger ist der Einsatz geeigneter Prüfverfahren, beispielsweise Restgasanalysen. Um die Reinigung in einer gewünschten hohen Qualität gewährleisten zu können, ist eine intensive und genaue Prozesskontrolle notwendig und letztendlich ist zu garantieren, dass die Teile beim Transport nicht verschmutzen. Dieser Punkt wird durch den Einsatz geeigneter Verpackungstechnologien erfüllt.
Zur Prüfung der Reinigungsqualität der Bauteile ist ein Black Room mit UV-Lichtquelle integriert (Bild: Ecoclean)
Beeindruckende Ergebnisse durch enorme Anstrengungen
Wie aus den Vorträgen der Fachleute rund um die Entwicklung und Herstellung von Maschinen zur EUV-Lithographie ersichtlich wurde, verlangt der gesamte Prozess enorme Aufwendungen. Das Ergebnis des Ganzen erlaubt die drastische Verkleinerung der Strukturen auf integrierten Schaltkreisen: Statt der üblichen etwa 190 Nanometer Breite können die Abmessungen auf nur noch 13,5 Nanometer verringert werden [1]. Daraus wiederum resultiert, dass pro IC etwa 100 Milliarden Transistoren untergebracht werden können.
Diese extreme Miniaturisierung ist der Grund dafür, dass einerseits die Anforderungen an die verbauten Elemente wie Spiegel und Lichtquellen die Grenzen des bisher möglichen übersteigen, andererseits aber auch die geforderte Reinheit bei der Herstellung aller verbauten Teile im EUV-Belichter neue Grenzen notwendig macht: Es dürfen keinerlei Fremdkörper beziehungsweise Schmutzpartikel mehr vorhanden sein, gleich welchen Durchmessers, da diese bei der Belichtung des Fotolacks der Nanometer-feinen Strukturen Fehlbelichtungen erzeugen würden. Ebenso stören Moleküle von Verbindungen organischer und anorganischer Art, wie sie in unserer Umgebung grundsätzlich vorhanden sind, den Vorgang der Belichtung. Ecoclean hat mit dem neuen Technologiezentrum in Dettingen die Möglichkeiten geschaffen, Reinigungslösungen für diese Aufgabenstellungen unter produktionsnahen Bedingungen zu konzipieren und zu testen.
Diese Summe an hohen Anforderungen bei der Herstellung von EUV-Belichtern lassen auf den ersten Blick vielleicht Zweifel an der Sinnhaftigkeit der gesamten Technologie der IC-Herstellung aufkommen. Andererseits sprechen gute Gründe dafür, den hohen Aufwand in Kauf zu nehmen. So haben die letzten Jahrzehnte gezeigt, dass die moderne Elektronik inzwischen wohl die alleinige Basis für die industrielle Weiterentwicklung darstellt. Vermutlich wird es zudem mit den IC der nächsten Generation möglich sein, hohe Leistungsfähigkeiten der Geräte bei akzeptablem Energieverbrauch zu erzielen. Und schließlich gelingt es der europäischen Industrie endlich wieder einmal, in einem Technologiebereich eine wichtige Führungsrolle zu übernehmen – auch dieser Punkt ist vor allem nach den Erfahrungen der letzten Jahre ein gewichtiges Argument zur Unterstützung der aufgezeigten Entwicklungen. Erfreulich, dass auch eine wichtige Sparte der Oberflächentechnik ihren Anteil dazu beiträgt.
Quellen
[1] Thomas Veitinger: Eine Maschine für die Menscheit; Südwestpresse, 3. Dezember 2022
- www.ecoclean-group.net