Komplexe Geometrien und hohe Reinheitsanforderungen machen die Endreinigung von Stents zu einer besonders anspruchsvollen Aufgabe in der Medizintechnik. Ein führender Hersteller löst sie bei einem neuen Produkt mit der quattroClean-Schneestrahltechnologie.
Die Leidenschaft, innovative Produkte für die minimalinvasive Behandlung von Gefäßerkrankungen zu entwickeln, zu fertigen und zu vertreiben, hat die Bentley InnoMed GmbH seit der Gründung 2009 zu einem führenden Hersteller in diesem Bereich gemacht. Das Produktportfolio des familiengeführten Unternehmens umfasst fünf Stent- und Stent Graft-Systeme in verschiedenen Matrixgrößen. Eingesetzt werden die Implantate für die intraluminale Behandlung von akuten koronaren Gefäßperforationen und Rupturen bis hin zur medizinischen Versorgung von Aneurysmen oder Perforationen in Becken- und Nierenarterien. Durch ein exklusives Vertriebsnetz ist Bentley inzwischen in mehr als 70 Ländern vertreten, in einigen davon als Marktführer. Entwicklung und Herstellung der Produkte erfolgen ausschließlich am Firmensitz im süddeutschen Hechingen.
Neuentwicklung erfordert angepasste Reinigungslösung
Eine der jüngsten Entwicklungen der engagierten Medizintechniker ist ein neues Stentsystem aus superelastischem Nitinol. Während der Herstellung werden die Nitinolrohre zunächst mit Schneidlasern strukturiert, dann wärmebehandelt und elektropoliert. Nach diesen Prozessen erfolgt die Endreinigung, nach der die Implantate entsprechend der Risikoanalyse von Bentley innen und außen frei von Partikeln und chemischen Verunreinigungen sein müssen. Aufgrund der Produktgröße können wir unsere vorhandene Reinigungsmethode für die neuen Stents nicht einsetzen. Wir haben deshalb nach einem zuverlässigen Reinigungsverfahren gesucht, mit dem die erforderliche Reinheit reproduzierbar hergestellt und der Personalaufwand geringgehalten wird, beschreibt Hansjörg Haller, R & D-Projektleiter bei Bentley, die Anforderungen. Eine Herausforderung für die Reinigung stellen die filigranen Strukturen und die engen Radien der Implantate dar.
Schnee für trockene und rückstandsfreie Endreinigung
Fündig wurde man mit der quattroClean-Schneestrahltechnologie der acp systems AG. Wir haben uns durch Reinigungsversuche im Technikum des Herstellers davon überzeugt, dass wir mit dieser Reinigungslösung die geforderten Ergebnisse stabil erzielen, berichtet Hansjörg Haller. Das umweltgerechte Verfahren nutzt flüssiges, unbegrenzt haltbares und nicht korrosives und nicht brennbares Kohlenstoffdioxid als Reinigungsmedium. Es entsteht als Nebenprodukt bei chemischen Prozessen und der Energiegewinnung aus Biomasse.
Wesentliche Komponente des Reinigungssystems ist eine verschleißfreie Zweistoff-Ringdüse. Durch diese werden die entsprechend für die hohen Anforderungen an die Produktsauberkeit aufbereiteten Medien geleitet. Das Kohlenstoffdioxid entspannt beim Austritt aus der Düse zu feinem Schnee, der von einem separaten, ringförmigen Druckluft-Mantelstrahl gebündelt und auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt wird.
Trifft der -78,5 °C kalte und gut fokussierbare Druckluftstrahl des Kohlenstoffdioxidschnees auf die Oberfläche kommt es zu einer Kombination aus thermischem, mechanischem, Sublimations- und Lösemitteleffekt. Das Zusammenspiel dieser vier Wirkmechanismen entfernt teilchenförmige und filmische Verunreinigungen, wie Partikel, Mikrograte, Staub, Fette und Fingerabdrücke prozesssicher und reproduzierbar. Die Reinigung erfolgt materialschonend, so dass auch empfindliche, filigrane und fein strukturierte Oberflächen behandelt werden können.
Die patentierte Technologie mit Zweistoff-Ringdüse für den Kohlenstoffdioxid- und den Druckluft-Mantelstrahl sorgt für eine konstante und gleichbleibende Reinigungsleistung – auch im automatisierten Betrieb (Bild: acp)
Vollautomatisierter, reinraumgerechter Reinigungsprozess
Für die vollautomatisierte Reinigung der Stents konzipierte acp ein auf Standardmodulen basierendes, reinraumgerechtes Reinigungssystem. Die Anpassung sämtlicher Prozessparameter wie Anzahl und Auslegung der Düsen, Volumenströme für Druckluft und Kohlendioxid, Strahlbereich und -zeit sowie der Bewegungsablauf während der Reinigung erfolgte durch acp auf Basis des gemeinsam mit Bentley erstellten Pflichtenhefts. Das Reinigungsmodul dient gleichzeitig als Schleuse zwischen Sauber- und Reinraum.
Die in den Sauberraum integrierte Reinigungsanlage dient auch als Schleuse zum Reinraum, in dem die Stents in die Katheter integriert und für die Sterilisation verpackt werden (Bild: acp)
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Das Reinigungsmodul und der Roboter sind entsprechend der Reinheitsklasse reinraumgerecht ausgeführt (Bild: acp) | Der Roboter positioniert die gereinigten Stents in einem Tray auf der Reinraumseite des Reinigungsmoduls; das Tray wird für die abschließende Katheterintegration und Sterilisation im Reinraum manuell entnommen (Bild: acp) |
Während der Reinigung rotiert der Stent und wird in der Prozesskammer auf- und ab bewegt. In die Kammer ist eine leistungsfähige Absaugung integriert, die abgelöste Verunreinigungen und das sublimierte Kohlenstoffdioxid zuverlässig entfernt und Rekontaminationen verhindert (Bild: acp)
Die Zuführung der Stents in das Reinigungsmodul erfolgt von der Sauberraumseite mit Trays. Diese sind mit jeweils 30 produktspezifischen Werkstückträgern bestückt. Ein für den Einsatz im Reinraum ausgelegter Roboter entnimmt jeweils einen Stent an einer speziellen Haltevorrichtung des Werkstückträgers und führt diesen in die trichterförmige Prozesskammer. Dort strahlen zwei diametral positionierte und nach unten ausgerichtete Düsen auf das rotierende Implantat, während es vom Handlingsystem nach unten und wieder zurück bewegt wird.
Durch die leistungsfähige Absaugung werden die abgelösten und durch die aerodynamische Kraft der Druckluft von der Bauteiloberfläche abgeführten Verunreinigungen kontinuierlich aus der Prozesskammer entfernt. Da das kristalline Kohlenstoffdioxid während der Reinigung vollständig in den gasförmigen Zustand übergeht, sind die Implantate sofort trocken. Die rückstandfreie Reinigung ist ebenfalls ein Vorteil. Dadurch besteht nicht die Gefahr, dass sich danach noch irgendeine Schicht auf den Oberflächen befindet, so der Projektleiter.
Nach dem Reinigungsprozess platziert der Roboter das Implantat auf einem auf der Reinraumseite bereitgestellten Tray. Sobald dieses komplett befüllt ist, wird es manuell in den Reinraum transportiert, wo der Stent in den Katheter integriert und die Sterilverpackung durchgeführt werden.
Kontinuierliche Überwachung der Reinigungsparameter
Für eine gleichbleibend hohe Prozessqualität wird die Strahlkonsistenz jeder Düse – einer der wesentlichen Parameter für ein gleichbleibend gutes Reinigungsergebnis – kontinuierlich mit einem Sensorsystem überwacht. Darüber hinaus erfolgt eine Überwachung der Düsen hinsichtlich Kohlenstoffdioxid- und Druckluftzufuhr sowie Strahldauer. Die ermittelten Werte werden automatisch gespeichert und können an ein übergeordnetes System zur Erfassung aller Produktionsdaten übergeben werden. Diese Datentransparenz leistet einen wichtigen Beitrag zur Validierung, Dokumentation und Rückverfolgbarkeit der Reinigung. Wir haben hier gemeinsam mit acp eine Reinigungslösung erarbeitet, die unsere Anforderungen reproduzierbar erfüllt und einfach zu bedienen ist, fasst Hansjörg Haller zusammen.Doris Schulz
Kontakt:
acp systems AG, Karl-Heinz Menauer
E-Mail: karl-heinz.menauer@acp-systems.com
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