Am Fraunhofer IPA entsteht eine Lern- und Forschungsanlage für Industrie 4.0-Ansätze in der Galvanotechnik. Die beteiligten Wissenschaftler untersuchen und verwirklichen sowohl für die Elektrolytführung als auch den Anlagenbetrieb Ansätze zur Datenanalyse (Smart Data, Big Data) für eine vorausschauende Wartung oder eine optimale Prozessführung.
Die Digitalisierung bietet für die Galvanotechnik großes Potenzial, beispielsweise in der Prozessoptimierung, bei der Verwaltung von Auftragsprozessen oder bei der Mitarbeiterunterstützung [1]. Dies ist natürlich auch mit Kosten verbunden, doch im Gegenzug können durch die Umsetzung von Industrie 4.0-Anwendungen die Wettbewerbsposition verbessert, eine individuellere und flexiblere Fertigung sowie innovative Geschäftsmodelle ermöglicht werden [2]. In der Galvanotechnik mit ihren überwiegend kleinen mittelständischen Unternehmen ist die Umstellung auf Industrie 4.0 neben dem Tagesgeschäft eine große Herausforderung, auch weil noch keine durchgängigen Lösungen vorhanden sind [3].
Projekt SmARtPlaS für Industrie 4.0-Anwendungen
Im Rahmen des Projekts SmARtPlaS werden in einem Konsortium aus Industrieunternehmen und Forschungseinrichtungen neuartige Industrie 4.0-Anwendungen entwickelt. Nachdem in einem Vorprojekt [4, 5] die technische Machbarkeit eines digitalen Zwillings gezeigt wurde, sollen dieser und weitere Ansätze nun vertieft und in intelligente Dienstleistungen überführt werden. Dabei liegt der Schwerpunkt auf praxisnahen und umsetzbaren Lösungen mit Mehrwert für den Anwender. Ziel sind modulare Lösungen für den optimierten Betrieb und die Wartung von Galvanikanlagen, auch unter Nutzung von Virtual-Reality- oder Augmented-Reality-Technologien.
Lernanlage als Testplattform und Demonstrator
Das Teilprojekt am Fraunhofer IPA hat das Ziel, Konzepte für die vorausschauende Wartung zu definieren, zu entwickeln und deren Umsetzung in einer Lern- und Forschungsgalvanikanlage als Cyberphysisches System zu validieren. Die Datenerfassung der Prozess- und Anlagenparameter wird zur Erarbeitung von Smart-Data- oder Big-Data-Ansätzen für einen optimierten Anlagenbetrieb verwendet. Die Definition der Eingriffsgrenzen in Zusammenspiel mit den entwickelten Algorithmen, zum Beispiel für eine vorausschauende Elektrolytwartung über eine Stoffbilanzierung, ermöglichen zukünftig eine gegenüber dem heutigen Stand optimal ausgelegte Elektrolyt- und Anlagenführung zur prozesssicheren galvanischen Beschichtung. Dies wiederum führt zu einer besseren Anlagenverfügbarkeit bei verbesserter Prozessstabilität und Qualität. Durch die Einbindung der Industriepartner wird gewährleistet, dass die Projektergebnisse auf die Bedarfe der Branche abgestimmt sind.
Die Forschungsanlage soll, soweit möglich, alle Aspekte einer Galvanikanlage im Kontext von Industrie 4.0 abbilden – sowohl für Gestell- als auch Trommeltechnik. Sie ist im Projekt und darüber hinaus als Plattform zur Datenerfassung und Validierung verschiedenster Prozess- und Anlagenparameter in Forschungs- und Industrieprojekten konzipiert, um Prozesse und Abläufe im Unternehmen effizienter, mit einer verbesserten Qualität und einem gesteigerten Output zu ermöglichen.
Literatur
[1] U. Sievers: Von Industrie 4.0 zu Galvanik 4.1 - Potenzial und praktische Umsetzung des Konzepts der „Industrie 4.0“ in der Galvanotechnik; WOMag (2018), Nr. 11, 1–2
[2] Deutsche Messe AG: Industrie 4.0 verändert auch die Galvanik; JOT Journal für Oberflächentechnik 58 (2018), S2, S. 20–21
[3] Deutsche Messe AG: Aller Anfang ist schwer; JOT Journal für Oberflächentechnik 59 (2019), Nr. 3, S. 70–71
[4] A. Leiden, S. Thiede, C. Herrmann: Von der Industrie 4.0 zu Galvanik 4.1 – Cyber-physische Produktionssysteme für die Galvanoprozesskette; WOMag (2018), Nr. 12, Internetadresse: https://www.wotech-technical-media.de/womag/ausgabe/2018/12/28_leiden_gt4_12j2018/28_leiden_gt4_12j2018.php
[5] S. Kölle, C. Mock, K. Schmid et al.: Von der Industrie 4.0 zu Galvanik 4.1 - Elektrolytführung neu gedacht; WOMag (2019), Nr. 4, Internetadresse: www.womag-online.de