Die wasserstoffinduzierte Spannungsrisskorrosion kann zum plötzlichen Zerbrechen von Schrauben, Federn oder Querlenkern führen – die Folgen bei Fahrzeugen und Maschinen wären verheerend.
Sie ist ein Phänomen, das aus scheinbar ungeklärten Ursachen eintritt: Die wasserstoffinduzierte Spannungsrisskorrosion führt besonders bei hochfesten Bauteilen zum plötzlichen Versagen. Neben Verbindungselementen können dadurch auch Konstruktionsteile schlagartig zerbrechen. Das führt bei komplexen Anlagen, Agrarmaschinen, Autos oder Trucks zu Ausfällen, Störungen aber auch Unfällen.
Zusammenspiel verschiedener Ursachen
Die Gefahr der Wasserstoffversprödung betrifft nur hochfeste Stähle ab Festigkeiten von 1000 N/mm2 und sie entsteht durch Wasserstoffatome, die in den Stahl eindiffundieren. Ermöglicht wird dies zum Beispiel durch Gefügefehler, Einschlüsse, Verunreinigungen oder mechanische Spannungen bei der Stahlerzeugung. Weitere Einflussgrößen ergeben sich dann bei der Fertigung von Bauteilen aus Stahl durch Maßnahmen wie Umformung, Verfestigung oder Wärmebehandlung. Den dritten Einflussfaktor stellt die Beschichtung des Bauteils. Bei Beiz- beziehungsweise Reinigungsvorgängen und dem galvanischen Beschichten von ferritischen Stahlteilen kann während der Abscheidung von Metall in der Prozesslösung atomarer Wasserstoff entstehen, der in die Stahloberfläche eindiffundieren kann. Meist ist es das kritische Zusammenwirken von verschiedenen Einflussgrößen, welches schließlich zum Versagen eines Bauteils führt, ohne dass eine Vorschädigung bemerkt werden konnte.
Ein schleichender Prozess
Der atomare Wasserstoff wandert im Stahl zu den Korngrenzen und zu Fehlstellen – wie beispielsweise äußere und innere Kerben, Stanzkanten oder Grate. Er reichert sich dort an und schwächt dabei den Metallverbund bis ein mikroskopisch feiner Riss entsteht. Dadurch entspannt sich zwar diese Zone; an der Rissspitze entstehen jedoch neue Spannungskonzentrationen, an denen sich wieder atomarer Wasserstoff ansammeln kann und die dann geschwächt werden und reißen. In letzter Konsequenz kann der Restquerschnitt die äußere Zugbelastung nicht mehr tragen und es kann zu einem verzögerten Sprödbruch kommen (Abb. 1 und 2).
Abb. 1: REM-Aufnahme eines Wasserstoffrisses transkristallin 10 µm (Foto: GSI SLV Duisburg)
Abb. 2: REM-Aufnahme eines Wasserstoffrisses interkristallin 10 µm (Foto: GSI SLV Duisburg)
Die DIN 50969-1 beschreibt, wie sich die Einflussgrößen der wasserstoffinduzierten Spannungsrisskorrosion durch die konstruktive Auslegung des Bauteils, durch werkstofftechnische und fertigungstechnische Maßnahmen und durch die Verminderung von Zugeigenspannungen reduzieren lassen. Auch bei der Beschichtung kann die Wasserstoffaufnahme durch entsprechende Prozessführung minimiert werden – zum Beispiel, indem bei der Vorbehandlung nicht gebeizt, sondern gestrahlt oder alkalisch entfettet wird. Auch lässt sich der Wasserstoff durch Tempern wieder effundieren (austreiben). Dies hängt jedoch von der Struktur der galvanischen Schicht ab und ist zeit- und damit kostenaufwändig.
Zinklamelle als entspannte Lösung
Eine relevante Alternative stellt deshalb der Einsatz eines Beschichtungssystems dar, in dessen Prozess gar kein Wasserstoff entsteht und damit angeboten wird. Die nicht-elektrolytisch applizierte Zinklamellenbeschichtung ist hier eine gute Wahl bei der Herausforderung, ein hochfestes Stahlbauteil sicher vor Korrosion zu schützen. Dabei handelt es sich um einen Lack mit einem hohen Anteil an kleinen Zinklamellen, der Bauteile verschiedener Art primär vor Korrosion schützt. Durch die Opferwirkung des unedleren Zinks beziehungsweise der Zinklegierung wird ein höchst kathodischer Korrosionsschutz und aktiver Schutz vor Umwelteinflüssen erzeugt.
Zinklamellenüberzüge enthalten meist eine Kombination aus Zink- und Aluminiumlamellen (gem. DIN EN ISO 10683 oder DIN EN 13858), die durch eine anorganische Matrix verbunden sind. Dabei werden im Regelfall Schutzschichten im Schichtdickenbereich zwischen 8 µm und 12 µm aufgebracht, die sehr hohe Korrosionsstandzeiten in allen gängigen Korrosionsprüfverfahren ermöglichen. Lamellenartig angeordnetes Zink, verbunden durch eine Bindermatrix, vernetzt sich dabei auf dem Bauteil. Dies kann schon bei Raumtemperatur geschehen; die meisten Produkte werden jedoch für gewöhnlich bei Temperaturen von 180 °C bis 220 °C eingebrannt. Aufgrund dieser hohen Performance zum Schutz vor Korrosion, wird dieses Verfahren bei einer großen Zahl der Verbindungselemente in Automobilen eingesetzt. Je nach Bauteilgeometrie haben sich innerhalb des weltweiten Beschichternetzwerks unterschiedliche Applikationsformen, wie zum Beispiel das Tauch-Schleuder-Verfahren für Federn und Schrauben, aber auch die Spritz—applikation für größere Bauteile etabliert. Diese wettbewerbsfähige Variante zur Aufbringung einer effektiven Beschichtung ist eine kostengünstige Alternative, die gleichzeitig alle geforderten technischen Anforderungen gegen Wasserstoffversprödung erfüllt. Nachdem das Verfahren bereits seit rund zwei Jahrzenten in der Automobilindustrie im Einsatz ist, wird es nun auch vermehrt in der Windkraft-, Bau- und Agrarindustrie verwendet.
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