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Neuartige Materialien weisen Wasser nahezu vollständig ab
Bei porösem Substrat mit geringem Wasserkontaktwinkel nimmt die Oberfläche Flüssigkeit auf (links), wogegen das neue Material einen großen Wasserkontaktwinkel aufweist und somit nahezu völlig wasserabweisend ist (Bild: KIT)
Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Indian Institute of Technology Guwahati (IITG) haben ein Oberflächenmaterial entwickelt, das Wasser fast vollständig abweist. Mit einem völlig neuen Verfahren veränderten sie metallorganische Gerüstverbindungen (MOFs) – künstlich designte Materialien mit neuen Eigenschaften – mithilfe von Kohlenwasserstoffketten. Die so entstandenen superhydrophoben, also hochgradig wasserabweisenden Eigenschaften sind für den Einsatz als selbstreinigende Oberflächen interessant, die robust gegenüber Umwelteinflüssen sein müssen, beispielsweise bei Automobilen oder in der Architektur. Die Studie wurde im Fachmagazin Materials Horizons veröffentlicht. (DOI: 10.1039/D4MH00899E)
MOFs (engl. für Metal-Organic Frameworks) bestehen aus Metallen, die durch Verbindungsstreben aus organischen Molekülen zu Netzwerken mit leeren Poren verbunden sind, ähnlich wie bei einem Schwamm. Ihre Volumeneigenschaften – könnten etwa zwei Gramm dieses Materials entfaltet werden, würde diese die Fläche eines Fußballfeldes abdecken – machen sie interessant für Anwendungsbereiche wie die Gasspeicherung, Kohlenstoffdioxidabscheidung oder neue Technologien im Bereich Medizin.
Doch auch die Außenflächen dieser kristallinen Materialien bieten einzigartige Möglichkeiten, die sich das Forschungsteam nun mit einer neuen Idee zunutze machte: Es verankerte Kohlenwasserstoffketten auf dünnen MOF-Filmen. Dabei wurde ein Wasserkontaktwinkel von mehr als 160° beobachtet - je größer der Winkel, den die Oberfläche eines Wassertropfens mit einem Substrat bildet, desto wasserabweisender ist das Material. Nach Aussage von Professor Christof Wöll vom Institut für Funktionelle Grenzflächen des KIT erzeugt die neue Methode superhydrophobe Oberflächen mit Kontaktwinkeln, die deutlich höher sind als die anderer glatter Oberflächen und Beschichtungen. Zwar wurden die Benetzungseigenschaften von MOF-Pulverpartikeln erforscht, aber die Verwendung homogener MOF-Dünnschichten für diesen Zweck ist ein bahnbrechendes Konzept, so Prof. Wöll weiter.
Nächste Generation von superhydrophoben Materialien
Diese Ergebnisse schreibt das Team der bürstenartigen Anordnung (engl.: polymer brushes) der Kohlenwasserstoffketten auf den MOFs zu. Diese können nach der Verankerung auf den MOF-Materialien besonders gut knäuelartige Strukturen bilden – ein Zustand der Unordnung, den die Wissenschaft als Zustand hoher Entropie bezeichnet und der für die wasserabweisenden Eigenschaften wesentlich ist. Auf anderen Materialien konnte diesen Zustand für verankerte Kohlenwasserstoffketten nicht beobachtet werden, so die Forschenden. Bemerkenswerterweise erhöhte sich der Wasserkontaktwinkel auch nicht durch eine Perfluorierung der Kohlenwasserstoffketten, also durch ein Ersetzen der Wasserstoffatome durch Fluor. Bei Materialien wie Teflon führt Perfluorierung zu besonders wasserabweisenden Eigenschaften. Bei dem neu entwickelten Material habe sie den Wasserkontaktwinkel aber sogar deutlich verringert, so das Team. Weitere Analysen in Computersimulationen haben den Aussagen der Forscher zufolge bestätigt, dass die perfluorierten Moleküle – anders als die Kohlenwasserstoffketten - nicht den energetisch günstigen Zustand hoher Entropie annehmen können.
Darüber hinaus variierte das Forschungsteam die Oberflächenrauheit ihrer SAM@SURMOF-Systeme im Nanometerbereich. Dadurch gelang es, die Haftung weiter zu reduzieren. Wassertropfen beginnen dann schon bei extrem kleinen Neigungswinkeln abzurollen, die wasserabweisenden beziehungsweise selbstreinigenden Eigenschaften werden nochmals deutlich erhöht.
Unsere Arbeit bietet auch eine umfassende theoretische Analyse, die unerwartete experimentelle Verhaltensweisen mit dem Zustand hoher Entropie der an MOF-Filme angehefteten Moleküle verknüpft, wie Professor Uttam Manna von der Abteilung für Chemie des IITG erläutert. Diese Studie wird die Gestaltung und Produktion der nächsten Generation von Materialien mit optimalen hydrophoben Eigenschaften verändern.
Originalpublikation
Evgenia Bogdanova, Modan Liu, Patrick Hodapp, Angana Borbora, Wolfgang Wenzel, Stefan Bräse, André Jung, Zheqin Dong, Pavel Levkin, Uttam Manna, Tawheed Hashem und Christof Wöll: Functionalization of Monolithic MOF Thin Films with Hydrocarbon Chains to Achieve Superhydrophobic Surfaces with Tunable Water Adhesion Strength, Royal Society of Chemistry, Materials Horizons 2024, DOI: 10.1039/D4MH00899E
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