Effiziente und nachhaltige Vorbehandlung vor der Lackierung| WOTech Technical Media

Effiziente und nachhaltige Vorbehandlung vor der Lackierung

Bei der Entfettung mit Produkten auf Basis nachwachsender Rohstoffe werden im Vergleich zu herkömmlichen Entfettern vergleichbare Ergebnisse erzielt / Bildquelle: NABU-Oberflächentechnik

 

Ob Produkte aus Metall oder Kunststoffen – die Vorbehandlung ist die Grundlage für eine qualitativ hochwertige Lackierung. Die Industrie arbeitet daher sowohl auf der Material- als auch auf der Anlagenseite an Lösungen, die bei optimierter Qualität eine höhere Wirtschaftlichkeit und verbesserte Nachhaltigkeit bieten. Jedes zu beschichtende Produkt erfordert üblicherweise eine auf Material und Anwendung abgestimmte Vorbehandlung. Dabei steht natürlich maximale Prozesssicherheit im Fokus. Denn die Vorbehandlung hat entscheidenden Einfluss auf die funktionalen und optischen Eigenschaften der lackierten oder beschichteten Oberfläche. Gleichzeitig geht es im globalen Wettbewerb darum, die Vorbehandlung und Reinigung immer effizienter und nachhaltiger durchzuführen.

Umweltfreundlichere Eisenphosphatierung – Um metallischen Oberflächen einen effektiven Korrosionsschutz und eine optimale Lackhaftung mit auf den Weg zu geben, werden sie in zahlreichen Branchen während der Vorbehandlung konventionell eisenphosphatiert. Dies erfolgt durch Spritzen, Tauchen oder als manuelle Hochdruckapplikation üblicherweise bei Arbeitstemperaturen zwischen 40 °C und 60 °C, wobei die Entfettung und Phosphatierung in einem Schritt durchgeführt werden kann. Neuere Entwicklungen entfalten ihre Wirkung bereits ab einer Temperatur von 30 °C bis 35 °C. Darüber hinaus stehen inzwischen auch einkomponentige, fluoridfreie Eisenphosphatierungen zur Verfügung, die sowohl bei Spritz- als auch Tauchanwendungen einsetzbar sind. Sie bieten neben ökonomischen auch ökologische Vorteile.

Multimetallfähige, nanokeramische Vorbehandlung ohne Schlamm – Um die Qualität einer Eisenphosphatierung hinsichtlich Korrosionsschutz und Lackhaftung zu übertreffen, kommen für Teile hochwertiger Industriegüter, beispielsweise im Fahrzeug-, Baumaschinen- und Landmaschinenbau, Zinkphosphatierungen zum Einsatz. Trotz der kontinuierlichen Optimierung des Verfahrens sind wesentliche Nachteile geblieben. Dazu zählen die enthaltenen Schwermetalle, die aufwendige Prozessführung und der hohe Schlammanfall.

Der Trend geht daher zu so genannten nanokeramischen Vorbehandlungsverfahren, die sich einfach in bestehende Anlagentechnik implementieren lässt. Diese multimetallfähige Alternative zur klassischen Eisen- und Zinkphosphatierung bietet verfahrenstechnische, ökonomische und ökologische Vorteile. Die Produkte, die durch Spritzen, Tauchen und in der Bandbeschichtung eingesetzt werden können, sind frei von Schwermetallen, was den Aufwand und die Kosten für die Abwasserbehandlung, Entsorgung, Anlagenreinigung und -wartung deutlich reduziert. Außerdem lassen sich mit der Nanokeramik mit nur einer Einstellung der Behandlungslösung Konversionsschichten auf Stahl, Aluminium und Zink erzeugen, deren Korrosionsschutz mit dem einer Zinkphosphatierung vergleichbar ist beziehungsweise diesen noch übertrifft. Die ausgebildeten Schichten sind ausgesprochen dünn und weisen eine sehr große Oberfläche auf. Daraus resultiert eine im Vergleich zur Zinkphosphatierung optimierte Lackhaftung. Bei Stahl hat die ursprünglich graue Oberfläche nach der Vorbehandlung ein goldfarbenes über blaues bis hellviolettes Aussehen. Sie entsteht, da sich durch leichtes Anbeizen des Stahls der pH-Wert verschiebt und eine Abscheidung von Keramik auf der Oberfläche mit Schichtdicken im Nanobereich stattfindet. Die Vorbehandlungsmaterialien enthalten keine Nanopartikel.

Der verfahrenstechnische Vorteil ergibt sich einerseits durch den einer Zinkphosphatierung gegenüber einfacheren Prozessablauf mit idealerweise fünf Zonen aus alkalischem Entfetten, zweimaligem Spülen (einmal mit entionisiertem Wasser), Erzeugen der nanokeramischen Konversionsschicht bei pH 4 bis pH 6 in üblicherweise 30 s bis 120 s bei Raumtemperatur sowie dem abschließenden Spülen mit ionisiertem Wasser. Die Konzentration des pH-Werts im Nanokeramikbad kann manuell oder automatisch überwacht und nachdosiert werden. Der Kontrollaufwand verringert sich. Durch eine Kaskadenführung des Prozesswassers, ausgehend von der letzten Spüle bis zur alkalischen Entfettung lässt sich der Verbrauch an Frischwasser, Chemikalien und Energie sowie der Abwasseranfall reduzieren. Darüber hinaus ist kein Phosphatschlamm mehr zu entsorgen.

Wie bei einer Eisenphosphatierung lassen sich auch nanokeramische Verfahren als Einbadsysteme mit gleichzeitiger Entfettung und Vorbehandlung realisieren beziehungsweise bestehende Anlagen entsprechend umstellen.

Entfetten und Beizen mit nachwachsenden Rohstoffen – Für die Vorbehandlung von Bauteilen aus Stahl, Eisen und Aluminium wurden inzwischen auch Produkte auf Basis nachwachsender Rohstoffe entwickelt. So lassen sich aus beispielsweise Stärke und Glukosesirup nichtionische Tenside aus der Familie der Alkylpolyglycoside oder amphotere Tenside, zum Beispiel auf Basis von Betainen oder Sultainen herstellen. Sie finden sich in einem pulverförmigen, mild-alkalischen und boratfreien Reiniger. Zuckerrübenabfall dient unter anderem als Rohstoff bei der Herstellung von umweltverträglichen und ungiftigen Beizen für Aluminium, Stahl und Eisen.

Schnee für Sauberkeit – Die Vorbehandlung von Teilen aus Kunststoffen und faserverstärkten Kunststoffen erfolgt klassischerweise durch ein mit wässrigen Medien arbeitendes Powerwashsystem mit nachgeschaltetem Haftwassertrockner. Diese kosten-, platz- und energieintensive Variante wird jedoch immer häufiger durch alternative Verfahren wie die CO2-Schneestrahlreinigung oder Plasmaverfahren ersetzt.

Die CO2-Schneestrahlreinigung hat sich bei zahlreichen Anwendungen beispielsweise in der Automobil- und Zulieferindustrie etabliert. Dies liegt einerseits an den Einsparungen von bis zu 50 % bei den Investitions-, bis zu 20 % bei den Betriebskosten und bis zu 80 % bei der erforderlichen Fläche. Da der ungiftige und nicht brennbare Schnee aus recyceltem, flüssigem Kohlenstoffdioxid erzeugt wird, zählt diese Art des Strahlens zu den umweltgerechten Verfahren. Es lassen sich damit sowohl partikuläre als auch filmische Verunreinigungen materialschonend von Produkten aus unterschiedlichen Kunststoffen und Composites entfernen.

Das flüssige Kohlenstoffdioxid wird durch eine Düse entspannt und mit Druckluft auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt. Die Reinigungswirkung basiert auf einer Kombination mechanischer, thermischer und chemischer Eigenschaften, durch die der Kohlenstoffdioxidschnee Verunreinigungen trocken und rückstandsfrei entfernt – und das auch aus sehr filigranen Bauräumen. Die gute Inlinefähigkeit und der geringe Platzbedarf des Verfahrens ermöglichen die direkte Kopplung der Reinigung mit dem Lackierprozess, so dass eine erneute Kontamination des Bauteils beispielsweise durch Transport oder Lagerung ausgeschlossen werden kann. Ein weiteres Plus des trockenen Verfahrens ist eine erhöhte Designfreiheit für die Bauteilkonstruktion, da beispielsweise schöpfende Geometrien keine Medienverschleppung in den Lackierprozess mehr verursachen können.

Reinigen und aktivieren in einem Schritt – Bei der Plasmareinigung handelt es sich ebenfalls um ein trockenes Verfahren. Es wird dabei zwischen Niederdruck- und atmosphärischen Plasmen unterschieden. Bei einem Niederdruckplasma erfolgt die Behandlung in geschlossenen Kammern unter Vakuum. Dies ermöglicht, Werkstücke mit komplizierter Geometrie als Schüttgut oder Einzelteile zu reinigen. Außerdem ist der Einsatz unterschiedlichster Prozessgase möglich, da die Behandlung im evakuierten, geschlossenen Raum stattfindet. Unter Umgebungsdruck funktionieren die direkte und indirekte Coronaentladung (dielektrische Barrierenentladung). Bei der ersten Variante trifft die Entladung (Plasma) direkt auf das Werkstück. Beim indirekten Atmosphärendruckplasma, bei dem mit so genannten Plasmaköpfen (Düsen) gearbeitet wird, erfolgt die Entladung am Plasmakopf und wird mit Druckluft auf die zu bearbeitende Oberfläche geleitet. Durch die einfachere Anlagentechnik ohne Vakuumkomponenten sind die Investitionskosten geringer und Atmosphärendruckplasmaanlagen lassen sich einfacher in automatisierte Fertigungslinien einbinden.

Mit Plasmen können vor allem dünne organische Kontaminationen effektiv entfernt werden. Für die Reinigung vor Lackierprozessen kommt in erster Linie Luft als Prozessgas zum Einsatz, wobei die Abtragraten mit zunehmender Sauerstoffkonzentration zunehmen.

Während der Plasmabehandlung erfolgt eine gleichzeitige Reinigung und Aktivierung der Oberfläche. Diese Doppelfunktion basiert auf den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Verfahrens. Sowohl im Niederdruck- als auch im Atmosphärendruckplasma werden organische Verschmutzungen in kurze, flüchtige Ketten zerstört und durch die chemische Reaktion mit dem Sauerstoff bis hin zu Wasser und Kohlendioxid oxidiert. Gleichzeitig reagieren freie Ionen und Elektronen mit der Oberfläche und bilden so polare Gruppen. Dies führt dazu, dass die Oberflächenspannung auf einen für den nachfolgenden Lackierprozess optimalen Wert gebracht wird. So lassen sich durch eine Plasmabehandlung Oberflächenspannungen größer 72 mN/m erreichen. Die Oberfläche wird also sehr gut benetzbar, was bei der Beschichtung schwer lackierbarer Kunststoffe für einen optimalen Lackverlauf sorgt und dazu beiträgt, Ausschuss zu reduzieren.            D. Schulz

PaintExpo – internationale Leitmesse für industrielle Lackiertechnik

Die PaintExpo deckt die gesamte Prozesskette der Lackiertechnik ab und bietet einen umfassenden Überblick über die neuesten Entwicklungen von der Vorbehandlung bis zur Qualitätskontrolle für das Nasslackieren, Pulverbeschichten und Coil Coating. Das Ausstellungsspektrum beinhaltet Anlagen- und Applikationstechnik, Lacke, Trocknungs- und Vernetzungssysteme, Transportsysteme, Automatisierungslösungen und Lackierroboter, Vorbehandlung, Test- und Messtechnik, Qualitätskontrolle, Umwelt- und Filtrationstechnik, Zubehör, Verbrauchsmaterialien, Dienstleistungen, Entlacken und Fachliteratur. An der internationalen Leitmesse für industrielle Lackiertechnik nehmen nahezu alle führenden Anbieter teil. Das umfassende und repräsentative Angebot ermöglicht die gezielte und detaillierte Information sowie den direkten Vergleich unterschiedlicher Systeme und Verfahren an einem Ort. Die PaintExpo findet vom 8. bis 11. April 2014 auf dem Messegelände Karlsruhe, Deutschland, statt.

www.paintexpo.de

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