Präzise Mikrobearbeitung mit Elektronenstrahl

Die Mikrobearbeitung, das heißt das präzise Schneiden, Abtragen, Fügen und Modifizieren mit Strukturgrößen im Mikrometermaßstab, spielt eine wichtige Rolle in Bereichen wie der Photovoltaik, der Medizintechnik oder im Maschinenbau. Beispielsweise werden Stents in der Medizintechnik im Mikrometermaßstab geschnitten, waferbasierte Solarzellen strukturiert und kontaktiert oder empfindliche Sensoren geschweißt. Ein gängiges Werkzeug für diese Bearbeitungsprozesse ist der Laser. Weniger bekannt und genutzt ist bislang hingegen das Werkzeug »Elektronenstrahl«. Aufgrund seiner besonderen physikalischen Eigenschaften eignet sich der Elektronenstrahl sehr gut für Aufgabenstellungen in der Mikrobearbeitung und eröffnet hier neuartige Anwendungsmöglichkeiten. Im Vergleich zum Laser bietet er gerade für die Strukturierung optisch transparenter Schichten sowie tiefer liegender oder dicker Schichten ein großes Potential.
Elektronenstrahlbearbeitungsmaschine mit max. 60 kV Beschleunigungsspannung und 2 kW Strahlleistung / Bildquelle: Focus GmbH
Seit vielen Jahren hat sich der Elektronenstrahl in der industriellen Fertigung als Werkzeug beispielsweise zum Schweißen, Schmelzen und Verdampfen von Metallen oder für die Materialanalyse etabliert. Im Projekt EMICPRO führen die FOCUS electronics GmbH und das Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP nun Grundlagenuntersuchungen durch, um das Potential des Elektronenstrahls für Mikrobearbeitungsprozesse für die Mikrosystemtechnik sowie die Oberflächen- und Dünnschichttechnik weiter zu erschließen.
Elektronen können mit einem Strahldurchmesser von 1 bis 100 μm kostengünstig und mit hoher Produktivität in Inline-Verfahren Oberflächen bearbeiten. Ein großer Vorteil des Elektronenstrahls ist, dass verschiedene Prozesse wie Strukturieren, Kontaktieren oder ähnliches mit einer einzelnen hochproduktiven Strahlquelle nur durch Änderung der Betriebsparameter möglich sind. Dies kann die Handhabung während des Prozessierens stark vereinfachen und Kosten einsparen, da nur noch eine Strahlquelle notwendig ist. Vorteilhaft ist zudem, dass Elektronenstrahlen eine große Eindringtiefe in das Werkstück besitzen, was damit eine präzise Bearbeitung von tiefer liegenden oder dicken Schichten ermöglicht. So können hochenergetische Elektronen bei Energien im Bereich um 50 keV bis zu mehreren zehn Mikrometern tief in Festkörper eindringen. Durch den gezielten Energieeintrag in das Volumen der zu bearbeitenden Schicht kann so die thermische Beeinflussung des Grundmaterials minimiert werden.
Das Verfahren kommt dabei ohne mechanische Ablenksysteme und ohne verschmutzungsanfällige optische Linsen oder Spiegel aus. Die nahezu trägheitsfreie elektromagnetische Ablenkbarkeit des Elektronenstrahls ermöglicht eine hohe Schreibgeschwindigkeit und somit die gewünschte Produktivität sowie eine gute Prozessreproduzierbarkeit. Im Projekt EMICPRO ist geplant, eine Elektronenstrahlmikrobearbeitungsstation in eine Vakuum-in-line-Beschichtungsanlage zu integrieren und neue Strahlquellenkonzepte und ihre Steuerung zu untersuchen. Das Projekt zielt zudem auf die Entwicklung einer Elektronenstrahlquelle für die Mikrobearbeitung ab. Diese Quelle soll eine hohe Strahl-Brillanz (d. h. geringe Abbildungsfehler) bei gleichzeitiger hoher Leistungsdichte, großem Ablenkwinkel (± 35°) und hoher Ablenkfrequenz (100 kHz Großsignal) aufweisen. Außerdem soll die Quelle eine hohe Standzeit und Langzeitstabilität besonders in Feinvakuum-Prozessen besitzen.
In einem EFRE-geförderten sächsischen Verbund-Projekt (Förderkennzeichen: 100084883) starten Fraunhofer FEP und FOCUS electronics GmbH Grundlagenentwicklungen, um die Vorteile der Elektronenstrahlbearbeitung auch für großflächige Mikrostrukturierungsaufgaben und Randschichtbehandlungen industriell breiter nutzbar zu machen.
www.fep.fraunhofer.de
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