Formgedächtniskunststoffe

Im Modell einer Fensterjalousie werden die Temperatur-Gedächtnis Polymer-Aktuatoren zum temperaturabhängigen Öffnen und Schließen der Lamellen genutzt. Der Temperaturbereich, in dem sich die Lamellen der Jalousie bewegen, ist programmierbar. Diese Fähigkeit wird als Temperaturgedächtnis bezeichnet / Bildquelle: HZG
Teltower Biomaterialforscher haben Kunststoffe entwickelt, die bei einer wählbaren Temperaturschwankung immer wieder in ihrer Form hin- und herwechseln. Das von seinen Schöpfern als Polymer-Aktuatoren bezeichnete Material überwindet damit eine entscheidende Beschränkung ähnlicher Werkstoffe. Bisher konnten Polymere mit temperaturgesteuertem Formgedächtnis nur ein einziges Mal von einer Form in die andere umschalten. Die Polymer-Aktuatoren wurden jetzt in der Online-Ausgabe der renommierten Zeitschrift PNAS Helmholtz-Zentrum Geesthacht vorgestellt.
Modell einer Wärmekraftmaschine: Ein Antriebselement (1) aus dem Temperatur-Gedächtnis Polymer entfaltet sich beim Abkühlen und bewegt dabei eine Zahnstange, die wiederum eine Drehscheibe vorantreibt. Beim Erwärmen zieht sich das Antriebselement wieder zusammen und bewegt dabei die Zahnstange zurück. Die Zahnstange wird mittels eines zweiten Elements (2) aus dem reversiblen Temperatur-Gedächtnis Polymer in der Vorwärtsbewegung gegen das Zahnrad gedrückt, in der Rückwärtsbewegung findet eine Entlastung statt / Bildquelle: HZG
Das neue Material bedeutet den Durchbruch zu vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten – von automatischen Jalousien ohne Strom bis hin zu neuartigen Wärmekraftmaschinen. Die Aktuatoren können viele hundert Mal die Form ändern, sobald die Umgebungstemperatur bestimmte Schwellenwerte über- und wieder unterschreitet, so Prof. Andreas Lendlein, Leiter des Instituts für Biomaterialforschung. Sowohl die Schwellenwerte als auch die Art der Formänderung sind durch die Programmierung der Kunststoffe relativ frei wählbar. Prof. Lendlein kann sich deshalb unterschiedlichste Anwendungen mit dem neuen Material vorstellen. Tilman Sauter, der in Teltow als Doktorand arbeitet, nennt ein alltagsnahes Beispiel: Man könnte an Sonnen-Jalousien denken, die keine externe Stromversorgung benötigen und dennoch in der Lage sind, die Verdunkelung eines Raumes nur über ihre Erwärmung zu steuern. Eine weitere Anwendung wäre eine Wärme-Kraft Maschine, in der die Aktuatoren die Basis für ein Antriebselement bilden. In einem Experiment demonstrieren die Teltower Wissenschaftler das Funktionsprinzip der Maschine, in der sich bei Erwärmung ein Kunststoff entfaltet und damit eine Antriebseinheit bewegt. Beim Abkühlen wird der Ursprungszustand wieder eingenommen. Über das Temperaturgedächtnis lässt sich die Rotationsgeschwindigkeit der Antriebseinheit steuern.
Die aktivbeweglichen Polymere sind auf molekularer Ebene aus Strukturelementen aufgebaut, die über einen sehr breiten Temperaturbereich ihre Beweglichkeit ändern. Um die Aktivität auf Nanoebene in makroskopische Bewegung umzuwandeln, werden diese Strukturelemente zu einem Teil einem internen Gerüst zugeordnet, welches die Bewegungsgeometrie festlegt und der Bewegung eine Orientierung verleiht. Der Anteil zwischen Bewegungselementen und formgebenden Elementen kann dabei variiert werden, worüber die Bewegung gesteuert werden kann.
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