Tagungseröffnung
Die hohe Zahl von 570 Teilnehmern sowie ein reichhaltiges Programm mit 95 Fachvorträgen und einer gut ausgestatteten Ausstellung an Fachunternehmen auf dem Gebiet der Oberflächentechnik machten es dem ZVO-Vorsitzenden Jörg Püttbach leicht, die ZVO-Oberflächentage 2025 mit einem lachenden Auge zu eröffnen. Trotzdem war es nach seiner Meinung auch angebracht, die nach wie vor großen Herausforderungen, vor denen die gesamte Branche steht, anzusprechen: rückläufige Nachfrage aus nahezu allen Bereichen der Abnehmer von Oberflächentechnik, allen voran die Automobilbranche verbunden mit einer umfassenden Herausforderung zu Technologiewandel, hohe Kosten für Energie und Rohstoffe, kaum in den Griff zu bekommender Aufwand zur Bewältigung der Bürokratie und nicht zuletzt ein eklatanter Mangel an Fachkräften.
ZVO-Vorstand Jörg Püttbach eröffnete die Oberflächentage 2025 (Bild: ZVO / Sven Hobbiesiefken)
Dass davon nicht nur die Oberflächentechnik betroffen ist, bestätigte die erste Key-Note-Vortragende, MdB Vanessa Zobel. Die mit 37 Jahren für den Bundestag sehr junge Abgeordnete versicherte den anwesenden Fachleuten, dass ihr Tätigkeitsfeld zu den absolut notwendigen Querschnittstechnologien für die Wirtschaft in Deutschland und Europa zählt. In Vertretung der CDU, deren Mitglied sie ist, versicherte sie, dass die Baustellen der Politik im Parlament bekannt sind: Druck durch sich wandelnde Märkte, schwächelnde
Abnehmer in Fernost, hohe Energiepreise, unsichere Weltlage in Ost und West, überbordende Bürokratie, fehlender Nachwuchs, Schwierigkeiten beim Wandel der Energiegewinnung – unter anderem durch fehlende Speichermöglichkeiten für Strom. Sie versicherte den Anwesenden, dass die Regierung auf allen Ebenen aktiv wird, damit der Standort Deutschland zu alter Stärke zurückfindet.
MdB Vanessa Zobel erläuterte Regierungsaktivitäten (Bild: ZVO / Sven Hobbiesiefken)
Jörg Püttbach sah sich aufgefordert, in seinen folgenden Ausführungen zur Situation der Galvano- und Oberflächentechnik die Worte der MdB Zobel mit einem altbekannten Zitat zu beantworten:Ich hör die Worte, allein der Glaube fehlt mir. Nach Einschätzung des ZVO wird der geplante Motivationsbooster der Regierung nicht ausreichen, die Situation der Wirtschaft merklich zu verbessern. Belastend sind aktuell die zunehmende Zahl an Insolvenzen in allen Wirtschaftsbereichen, die sinkenden Umsätze, steigenden Energie- und Rohstoffkosten oder das Ausbleiben eines allgemeinen Wirtschaftsumschwungs. Insbesondere im Bereich Bürokratie und Sozialkosten ist nach Meinung des ZVO als Wirtschaftsvertretung eine Überprüfung notwendig.
Erfreut zeigte sich der ZVO-Vorstand über die erfolgreichen 25 Jahre der Verbandsarbeit seit Gründung des ZVO e. V., die vor allem durch die Arbeit des Geschäftsführers Christoph Matheis geprägt ist. Dafür sprach er ihm seinen besonderen Dank aus. Ebenso auch allen, die in dieser Zeit ehrenamtlich für den Verband tätig waren. Die gute Arbeit der Geschäftsstelle wird unter anderem durch die aktuellen Erfolge bei der Anerkennung von Chrom(VI) als Zwischenprodukt (Intermediate) durch einen gerichtlichen Entscheid deutlich. Damit wurde auch bewiesen, dass die Stimme des ZVO bei der Politik Gehör findet.
Der DGO-Vorsitzende Dr. Martin Metzner bestätigte in seinem Grußwort die derzeit schwierige Situation der Industrie, wies aber insbesondere auf den misslichen Umstand bei der Beantragung der so wichtigen Forschungsvorhaben hin. So werden von der Politik zwar Vorhaben mit den entsprechenden Forschungsgeldern angekündigt, allerdings nimmt die Bewilligung der verschiedenen Projekte übermäßig lange Wartezeiten von teilweise deutlich über einem Jahr von Antrag bis Bewilligung in Anspruch. In anderen Ländern liegen häufig nach drei bis fünf Monaten die entsprechenden Zusagen vor. Hier muss die Politik nach Meinung der DGO dringend Verbesserungen in die Wege leiten.
DGO-Vorstand Dr. Martin Metzner (Bild: ZVO / Sven Hobbiesiefken)
Preisverleihungen
Für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Galvano- und Oberflächentechnik verleiht die DGO an Studenten und Auszubildende den DGO-Nachwuchsförderpreis. In diesem Jahr wurde Fabian Pantleon von der Technischen Universität Ilmenau für seine Arbeit zum elektrochemischen Monitoring des Beizvorgangs auf dem Weg zur Digitalisierung galvanotechnischer Prozessschritte ausgezeichnet. Die Urkunde mit einem Scheck über 1000,- Euro wurde durch Dr. Klaus Wojczykowski, Leiter des DGO-
Fachausschusses Forschung, übereicht.
Dr. Wojczykowski (links) überreicht den DGO-Nachwuchsförderpreis an Fabian Pantleon (Bild: ZVO / Sven Hobbiesiefken)
Prof. Dr. Bund (links) und Klaus Decker (rechts) überreichen den Heinz-Leuze-Preis an Prof. Dr. Timo Sörgel, Phillip Scherzl und Michael Kaupp (Bild: ZVO / Sven Hobbiesiefken)
Der Heinz-Leuze-Preis für besonders gelungene Veröffentlichungen in deutschsprachigen Fachmedien ging an das Autorentrio Phillip Scherzl, Michael Kaupp und Prof. Dr. Timo Sörgel von der Hochschule Aalen für den zweiteiligen Aufsatz über Galvanoformung von Aluminiumfolien (erschienen in Galvanotechnik 2/2024 und 3/2024). Überreicht wurde der Preis, bestehend aus Medaille und Preisgeld, durch Prof. Dr. Andreas Bund von der TU Ilmenau.
KeyNote – Adaptability Quotient
Was sich hinter dem sperrigen Titel AQ – Wenn sich das WAS ändert, müssen wir das WIE ändern verbirgt, wurde in sehr unterhaltsamer Art und Weise von Dr. Carl Naughton dargelegt. Dr. Naughton ist unter anderem Hochschuldozent für Arbeits- und Führungspsychologie an der Universität für angewandte Wissenschaften in Frankfurt. Und wie er einleitend zu seiner Person erläuterte, hat er unter anderem auch eine Ausbildung an einer Schauspielschule durchlaufen, was wohl seine besondere Art zu dozieren erleichtert. Er sieht es als seine Aufgabe an, den Menschen Kraft für das Heute zu geben und Lust auf das Morgen zu machen. Dazu animiert er die Ratsuchenden aus allen Bereichen der Industrie und Forschung dazu, eingefahrene Denkweisen zu verlassen und sich den veränderten Bedingungen zu stellen und anzupassen.
Dr. Naughton(Bild: ZVO / S. Hobbiesiefken)
Ein wichtiger Punkt hierbei ist es, zu erkennen, was sich verändert hat. Hierbei hilft zum Beispiel ein situatives Gespür für Veränderungen. Dies kann unter anderem durch Defokusierung erzielt werden. Er empfiehlt den Sokratischen Dialog durch Stellen der Sokratischen Fragen anzuwenden:
- Warum glaubst du das?
- Ist das immer so?
- Gibt es Belege dagegen?
- Gäbe es eine andere Sichtweise?
- Wenn jemand anderes dasselbe denken würde, würdest du zustimmen?
An einigen Beispielen zeigte Dr. Naugthon, wie diese Vorgehensweise umgesetzt werden kann und damit ein motiviertes, positives Denken entfaltet werden kann.
(Bild: ZVO / S. Hobbiesiefken)
Fachvorträge
In den nächsten Ausgaben der WOMag werden die Inhalte der Fachvorträge wiedergegeben.