Mikroelektronik – ein Spezialbereich der Oberflächentechnik

Oberflächen 07. 08. 2025

Die Fachgruppe Oberflächen der microTEC Südwest e. V. ist der Einladung des Instituts für Mikroelektronik Stuttgart (IMS Chips) gefolgt und informierte sich am 27. Mai rund um die Entwicklung und Herstellung von mikroelektronischen Bauteilen

Das IMS in Stuttgart

Das Institut für Mikroelektronik Stuttgart (IMS), eine Stiftung des bürgerlichen Rechts, wurde 1983 gegründet und beschäftigt heute 115 Mitarbeitende. Wie Ulrike ­Passlack, IMS Chips, betonte, unterstützt die gute Vernetzung mit den Einrichtungen im Wissen­schaftscampus (Universität, Fraunhofer, Hahn-Schickart) die Arbeiten des Instituts. Als eine der Besonderheiten kann für die Arbeiten ein Reinraumbereich von insgesamt etwa 1200 Quadratmeter genutzt werden. Ausgeführt werden Entwicklungen zu MEMS, Nanostrukturierung, Siliziumphotonik, flexible Elektronik oder integrierte Schaltkreise. Die Finanzierung erfolgt zu 40 Prozent durch die Industrie, 30 Prozent durch das Land Baden-Württemberg und 30 Prozent sind öffentlich finanzierte Projekte.

Wichtige Arbeitsschritte beginnen bei der Vorreinigung der zu bearbeitenden Substra­te. Des Weiteren werden unterschiedliche Belichtungs- und Ätzprozesse durchgeführt sowie Beschichtungen vorwiegend durch Vakuumverfahren. Belichtet wird unter anderem mittels Elektronenstrahlschreiber sowie hochauflösende Belichtungsverfahren für Strukturen bis in den Nanometerbereich. Ergänzt werden die Technologien durch hochauflösende Analysenmethoden. Als Basis für die elektronischen Schaltungen werden Wafer bis zu 300 mm Durchmesser genutzt.

Umfangreiche Arbeiten richten sich auf die Arbeit mit flexiblen Substraten zur Anwendung vor allem in der Medizintechnik. Dafür wird primär eine Polymerfolie (Polyimid) verwendet, die nach Verkapselung auch in lebende Organismen implantiert werden kann. Als Verkapselung eignen sich vor allem ALD-Beschichtungen und insbesondere Parylen als Schutz gegen Feuchtigkeitsdurchtritt. Die Abmessungen entsprechender Chips liegen im Bereich von 30 µm x 30 µm, wobei die Gesamtabmessungen mit den notwendigen Kontaktierungen von Außen bis zu 300 µm x 300 µm reichen. Zu den wichtigen Ergebnissen der Arbeiten zählt unter anderem ein Chip, mit dem die Atmung bei Frühgeborenen überwacht werden kann. In einem weiteren Projekt wurde ein Chip von etwa 1 mm2 hergestellt, der als Kathedersensor die Navigation bei Operationen unterstützt.

IMS Mikro-Nano Produkte

Wilhelm Kühn ist seit kurzem bei IMS als Geschäftsführer tätig und soll die Zusammenarbeit mit Geschäftskunden intensivieren. (Die IMS GmbH agiert als Partnerbereich von IMS Chips.) Im Vordergrund steht hierbei das Mikrostrukturieren, das der Industrie zugänglich gemacht werden soll. Eine bereits gute Zusammenarbeit besteht mit Zeiss, unter anderem für die Fertigung von EUV-Anlagen zur Herstellung von elektronischen Chips der nächsten Generation. Zu den wichtigen Bauteilen dieser EUV-Scanner der neuesten Generation zählen die erforderlichen Spiegel im Gerät. Die außerordentlich hohe Qualität der Spiegel wird durch nm-Strukturierung unter Nutzung computergenerierter Hologramme (CGH) erzeugt. Ein CGH liefert Aussagen über die unerwünschten Geometrieabweichungen eines Spiegels.

Das CGH besteht aus definierten Strukturen mit Höhen von etwa 100 nm und Breiten von wenigen Nanometern. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass jeder Spiegel sein eigenes Hologramm hat, aufgrund dessen er eingestellt wird. Erstellt wird ein CGH unter Verwendung eines Substrats aus poliertem Quarz, das im ersten Schritt mit einer Chromschicht von 100 nm Dicke beschichtet wird. In diese Schicht wird die Mikrostruktur eingebracht. Wichtig ist hierbei eine gute Haftung der Chromschicht auf dem Quarzsubstrat, wozu eine optimale Reinigung der Substratoberfläche unabdingbar ist.

Neben der Reinigung beeinflusst das Ansputtern der Chromschicht die Qualität der Haftung. Geprüft wird dies beispielsweise mit Bond- und Zugprüfungen, Kontaktwinkelmessungen oder mittels Ritztest. Für die Reinigung selbst wird unter anderem auf Plasmatechnologien zurückgegriffen. Schließlich werden der Einfluss der Temperatur bei der Beschichtung oder die Reinheit der eingesetzten Beschichtungsmaterialien als Einflussgröße in Betracht gezogen. Bei den durchgeführten Untersuchungen konnte gezeigt werden, das die Parameter des Sputterprozesses eine deutliche Auswirkung auf die Haftung der Schichten haben.

Reinigung für höchste Qualitätsanforderungen

In einem weiteren Vortrag erläuterte Ralf Emberger, Geschäftsführer der Sonosys Ultraschallsysteme, Reinigungsverfahren für die Mikroelektronik. Ein Arbeitsgebiet der Sonosys ist die Reinigung von Wafern für die Herstellung von Halbleiterbauelementen. Die Herausforderungen wachsen mit Reduzierung der Strukturgrößen bei Chips. Derzeit wird in der Nassreinigung das Entfernen von Partikeln unter 100 nm gefordert, wobei vor allem auf das Vermeiden von Strukturschäden durch den Reinigungsprozess Wert gelegt wird. Zu berücksichtigen ist, dass durch das Implodieren der Kavitationsblase – eine der wichtigsten Teilprozesse beim Einsatz von Schall für das Reinigen - Schäden an Nanostrukturen entstehen können. Verhindert werden kann das durch die Erhöhung der Schallfrequenz, da damit die Kavitationsblasen kleiner werden. Weitere Einflussgrößen sind die Temperatur, Chemikalienart und der Gasgehalt der Reinigungslösung.

Die für diesen Zweck entwickelten Megaschallschwinger werden zur entsprechenden Reinigung am Boden der Reinigungsbecken angebracht und der Schall durchwandert die senkrecht angeordneten Wafer. Die abgereinigten Partikel wandern zur Oberfläche des Reinigungsmediums und werden über einen seitlich befindlichen Überlauf abgeführt und ausgetragen. Vorteil dieses Systems ist, dass es sich um eine statische Anordnung handelt. Umsetzbar ist diese Schallreinigung auch mit Schalldüsen, mit denen der Schall auf einen Punkt konzentriert werden kann. Dieser konzentrierte Punkt wird zum Beispiel kreisförmig über ein Substrat geführt und reinigt dabei das Substrat. Die selbe Methode kann für geringen oder hohen Durchsatz an Wafern genutzt werden. Durch die breite Variation an Schwingertypen findet Megaschall in vielen Anwendungen erfolgreichen Einsatz. Ergänzt wird das Angebot durch Schallsensoren, mit denen sich die Schallgeber je nach Anwendung optimal einstellen lassen.

Beispiel für die Reinigungswirkung der modernen Megaschalltechnologie (Bild: R. Emberger)

 

Rundgang durch das Institut

Die Teilnehmer der Sitzung der Fachgruppe Oberflächen hatte die Möglichkeit, sich einen Eindruck von den Einrichtungen und Räumlichkeiten des Instituts unter fachkundiger Führung zu verschaffen. Damit können weitreichende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchgeführt sowie Kleinserien für den kommerziellen Einsatz auf dem Gebiet der modernen Mikroelektronik hergestellt werden.

Die stellvertretende Geschäftsführerin der microTec Südwest, Dr. Christine Neuy, und der Fachgruppensprecher Prof. Dr. Volker Bucher bedankten sich bei den Gastgebern der Sitzung und den Vortragenden für den vermittelten interessanten Stoff sowie bei den Teilnehmern für ihr Interesse und ihre Mitarbeit in der Fachgruppe.

Text zum Titelbild: Teilnehmende der Fachgruppensitzung bei der IMS Chips in Stuttgart(Bild: microTEC)

Relevante Unternehmen

Video(s) zum Thema

Werbepartner

Links zu diesem Artikel

Aus- und Weiterbildung

Top