Bereits seit vielen Jahren erarbeitet das Fraunhofer IPA gemeinsam mit Trumpf im Lab Flexible Blechfertigung KI-basierte Lösungen für den direkten Einsatz in der dortigen Produktion. Jetzt präsentiert das Team nach Mitteilung des Instituts in einer Veröffentlichungein wichtiges Ergebnis, um die Maschinenparameter für das laserbasierte Schneiden von Blechen automatisiert zu optimieren.
Für eine hohe Produktqualität und Effizienz in der Fertigung ist es entscheidend, dass die Parameter der Produktionsmaschinen passend eingestellt sind. Dies spielt vor allem beim Thema Materialschwankungen oder speziellen Materialgüten eine Rolle. Häufig erfolgt das Einstellen dann noch manuell. Das Wissen ist somit an die Fachkraft und ihre individuelle Expertise gebunden. Manuelle Anpassungen sind zudem zeitintensiv, wodurch schlecht eingestellte Anlagen oft zu lange ineffizient bleiben. Auch sind aufgrund komplexer Produktionsprozesse oftmals nicht alle relevanten Zusammenhänge erkennbar. Diese Faktoren führen zu geringerer Qualität der Schnittkanten, niedriger Produktivität und hohen Produktionskosten.
Automatisiertes Parametrieren durch Transfer Learning
Künstliche Intelligenz (KI) bietet die Möglichkeit, die Parameter von Produktionsmaschinen automatisiert einzustellen und so die Nachteile des manuellen Vorgehens zu überwinden. Hierfür ist dem Forschungsteam des Fraunhofer IPA und von Trumpf ein entscheidender Fortschritt gelungen. Denn möchte man die Maschinenparameter automatisiert einstellen, bedeutete das viel Aufwand: Nötig war bisher ein iterativer Prozess, der die Herstellung eines Objekts und dessen Qualität analysiert und miteinander in Beziehung setzt.
Setzt man hierfür KI ein, reduzieren sich die nötigen Iterationen jedoch merklich. Denn mithilfe von maschinellen Optimierungsalgorithmen können vorhandene Maschinendaten über objektivierte Qualitätsparameter und darauf aufbauend das Transfer Learning genutzt werden. So lassen sich die optimalen Parameter mit einem Minimum an Iterationen ermitteln. Unserem entwickelten KI-Algorithmus gelingt es, Vorwissen aus bereits gesammelten Daten optimal zu nutzen, berichtet Philipp Wagner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IPA. Gleichzeitig schlägt er auch schnell neue Parameterkonfigurationen vor, die die Produktqualität im Vergleich zur manuellen Einstellung deutlich steigern können.
Verbesserungen: Mit den Standardparametern (unten) entsteht ein sehr großer Grat; dieser reduziert sich schrittweise und erreicht nach fünf Iterationen eine ideale Qualität (Bild: Trumpf)
Praktische Validierung in der Blechfertigung
Die erzielten Ergebnisse [1] konnte das Team direkt in der Fertigung von Trumpf validieren. Die Tests erfolgten beim Laserschneiden von Blechen mit einer Laserflachbettmaschine. Es gelang mithilfe der KI-Methode, die Maschinenparameter automatisiert mit wenig Aufwand zu verbessern. So kann Trumpf die Qualität seiner Produkte gerade für abweichende Materialgüten weiter erhöhen und für die Kunden Produktionskosten senken. Zudem vereinfacht sich die Maschinenbedienung. Nicht zuletzt gibt es weniger Ausschuss, was auch auf die Nachhaltigkeitsziele des Unternehmens einzahlt. Und Philipp Leube von Trumpf erklärt: Durch unser neues Produkt kann die Optimierung direkt am Kundenteil erfolgen. Dies erspart die Optimierung an Testteilen, für die Material extra freigehalten oder zusätzlich aufgelegt und anschließend entsorgt werden müsse.
Ein weiterer Vorteil der entwickelten Lösung ist, dass die Schnittkantenqualität auch sehr schnell automatisiert und objektiv beurteilt werden kann. Grundlage hierfür sind lediglich eine schnelle Bildaufnahme und die KI-basierte Auswertung des Bilds. Für die Auswertung können auch Kriterien aus der entsprechenden DIN EN ISO 9013 einbezogen werden.
Weitere Einsatzmöglichkeiten
Die entwickelte Lösung ist nicht nur für das Laserschneiden von Blechen einsetzbar, sondern auch für viele andere Produktionsprozesse mit hohem Variantenreichtum perspektivisch möglich, wie beispielsweise beim Spritzgießen, bei der automatisierten Kabelbaummontage oder bei der Batteriezellenproduktion.
Über das Fraunhofer IPA
Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA ist nach eigenen Angaben mit annähernd 1200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines der größten Institute der Fraunhofer-Gesellschaft. Der gesamte Haushalt beträgt 94 Millionen Euro. Organisatorische und technologische Aufgaben aus der Produktion bilden die Entwicklungs- und Forschungsschwerpunkte in elf Forschungsbereichen. Methoden, Komponenten und Geräte bis hin zu kompletten Maschinen und Anlagen werden von den Forschenden entwickelt, erprobt und umgesetzt. In elf Geschäftsbereichen setzt das Fraunhofer IPA Forschungsergebnisse gemeinsam mit kleinen und großen Unternehmen um. Dabei fokussiert es sich insbesondere auf die Branchen Automotive, Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik und Mikrosystemtechnik, Energie, Medizin- und Biotechnologie sowie Prozessindustrie.
Literatur
[1] Ph. Wagner, T. Nagel, Ph. Leube, M. F. Huber: Sample-Efficient Bayesian Transfer Learning for Online Machine Parameter Optimization; arXiv:2503.15928, https://doi.org/10.48550/arXiv.2503.15928
Kontakt
Christian Jauch, Fraunhofer-IPA,
E-Mail: christian.jauch@ipa.fraunhofer.de
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