Mit Dr. Birgitt Bendiek übernimmt eine ausgewiesene Branchenexpertin und langjährige Führungskraft die Verantwortung für den deutschen Geschäftsbereich der ZINQ Gruppe. Seit über 20 Jahren im Unternehmen tätig, steht die promovierte Metallurgin für fachliches Know-how in der Oberflächentechnik und ein klares Verständnis für Markt- und Kundenanforderungen. Als Geschäftsführerin (Managing Director Deutschland) ist sie seit kurzem für rund 1000 Mitarbeitende an über 20 Standorten verantwortlich. Im Interview spricht sie über ihre Motivation, die neue Rolle zu übernehmen, über die Herausforderungen eines energieintensiven Unternehmens am deutschen Markt – und darüber, wie ZINQ mit einer konsequenten Transformationsstrategie, klarem Markenfokus und echter Kreislaufwirtschaft die Zukunft gestalten will.
Dr. Birgitt Bendiek, Geschäftsführerin für den deutschen Geschäftsbereich von ZINQ (Bild: ZINQ/BjoernBild)
N.N.: Frau Dr. Bendiek, Sie übernehmen den deutschen Geschäftsbereich von ZINQ in einer wirtschaftlich herausfordernden Zeit. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Dr. Birgit Bendiek: Ich sehe die aktuelle Situation als Chance, gemeinsam etwas zu bewegen. Als innovatives Traditionsunternehmen bringen wir das nötige Know-how und den Willen mit, diesen Weg erfolgreich zu gehen. Aber ja, in Deutschland stehen wir in puncto Wettbewerbsfähigkeit vor großen Herausforderungen, übrigens stärker als unsere europäischen Nachbarn. Wir sehen das an unseren europäischen Standorten. Dort sind die Standortbedingungen in allen für uns relevanten Bereichen besser: Marktentwicklung, Energiekosten und Versorgungssicherheit, Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und Regulierungsdichte. Demzufolge ist in Deutschland ein Umdenken notwendig – und genau diesen Wandel treiben wir bei ZINQ mit voller Energie voran – im eigenen Unternehmen und als Impulsgeber für die gesamte Branche. Wir entwickeln unsere Standorte in Deutschland kontinuierlich weiter - diesen ganzheitlichen Prozess im Team zu gestalten und verantwortungsvoll zu führen, sehe ich als meinen zentralen Auftrag.
N.N.: Was bringen Sie für diese Aufgabe mit?
Dr. Birgit Bendiek: Vor allem Erfahrung – und ein tiefes Verständnis für unser Geschäft. Ich springe nicht ins kalte Wasser: Seit rund 20 Jahren bin ich im Unternehmen tätig, darunter auch in operativer Verantwortung. Die enge Verbindung zu unseren Standorten war immer ein wichtiger Teil meiner Arbeit – und ist jetzt der wichtigste Teil meiner neuen Rolle. Ich weiß, dass ich mich auf ein starkes, engagiertes Team verlassen kann – in unseren Werken genauso wie im Management. Dieses Miteinander ist eine zentrale Stärke von ZINQ und ein entscheidender Erfolgsfaktor für das, was wir gemeinsam bewegen wollen.
N.N.: Wie wollen Sie die Marktposition Ihres Unternehmens stärken?
Dr. Birgit Bendiek: Wir setzen auf wertorientiertes Wachstum – nicht nur über Menge, sondern über echte Mehrwerte, die wir als markenführendes Unternehmen verlässlich bieten müssen. Unsere Kunden wissen, dass sie sich auf ZINQ verlassen können: auf unsere Markenoberflächen, unser Leistungsversprechen und unsere Qualität. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit ihnen zusammen, um individuelle Lösungen zu entwickeln – nicht nur für die Oberflächen, sondern auch darüber hinaus. Mit ZINQ 360 bieten wir ein komplettes Angebot von Systemen, Produkten und Dienstleistungen an, die unsere Oberflächenprodukte ergänzen. Von Unterstützung bei Produktdesign und Engineering über Transportieren, Montieren, Fügen, Versiegeln, Verpacken - es gibt mittlerweile unzählige Best Practices. Wo können wir frühzeitig unterstützen? Welche Leistungen bieten echten Mehrwert, wenn das Material unser Werk wieder verlässt? Genau auf diese Fragen entwickeln wir fundierte, praxisnahe Antworten – ganz im Sinne unseres Mottos: Wir tun jederzeit alles für den Erfolg unserer Kunden.
N.N.: Welche Rolle spielt die Transformation in Ihrer Zukunftsstrategie?
Dr. Birgit Bendiek: Transformation darf nicht rein strategisch gedacht werden. Sie muss umgesetzt werden - unter realen Bedingungen und entsprechenden, vor allem wirtschaftlichen, Restriktionen. Die größte Herausforderung liegt darin, das Ziel einer echten Klimaneutralität mit Wettbewerbsfähigkeit zu verbinden. Uns geht es um eine echte, am Markt erfolgreiche Kreislaufwirtschaft. Für Produkte in zirkulärer Qualität bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes. Um diesen Ansatz umzusetzen, brauchen wir qualifizierte Mitarbeiter und müssen Effizienz und Effektivität im Umgang mit Energie und Material neu denken – und das alles gleichzeitig. Wir glauben, dass dazu eine Strategie mit mehr oder weniger klaren Zielen längst nicht mehr ausreicht. Deswegen haben wir unser Unternehmen auf ein komplett auf Transformation ausgerichtetes, zirkuläres Geschäftsmodell umgestellt, das wir seit über zehn Jahren konsequent vorantreiben: Planet ZINQ. Wir sehen uns als Vorreiter einer zirkulären Oberflächentechnik, in der Prozesse und Produkte nicht nur effizient, sondern auch effektiv gestaltet sind.
N.N.: Können Sie das anhand von Beispielen konkretisieren?
Dr. Birgit Bendiek: Wir reduzieren den Materialeinsatz im Prozess und am Produkt - konsequent und zielgerichtet. Die Entwicklung zirkulärer Produkte ist eine permanente Aufgabenstellung, die wir mit Innovationen und Investitionen hinterlegen. So kommt unsere innovative Oberfläche microZINQ mit 80 Prozent weniger Zink aus als herkömmliche Verzinkungsverfahren – und das bei gleicher Korrosionsschutzwirkung. Mehr noch: microZINQ ist Cradle-to-Cradle zertifiziert und damit nicht nur kreislauffähig und extrem lange haltbar, sondern auch materialgesund und mit einer Rücknahmeselbstverpflichtung hinterlegt. Zusammengefasst lautet die Formel: Das Optimum aus Effizienz und Effektivität ergibt ein Produkt in zirkulärer Qualität. Wir verstehen uns als Treiber zirkulärer Oberflächentechnik, mit dem Ziel, Oberflächenprodukte in Triple-Zero-Qualität zu realisieren; – das heißt: zero carbon, zero waste, zero pollution.
N.N.: Wie sieht es bei Ihnen als energieintensives Unternehmen in puncto Energie aus?
Dr. Birgit Bendiek: Was für den Rohstoffeinsatz gilt, nämlich für mehr Effizienz den Verbrauch zu senken und gleichzeitig die Ökoeffektivität zu erhöhen, gilt natürlich auch für Energie. Mit unserem Low Carbon ZINQ-Programm dekarbonisieren wir unsere Prozesse nicht nur durch mehr Energieeffizienz, sondern wir forcieren auch die Dekarbonisierung unserer Prozesse. Wir analysieren standortspezifisch, welcher CO2-freie Energieträger den lokalen Bedingungen gerecht wird. Denn die Energiefrage ist keine Standardaufgabe – sie verlangt individuelle, durchdachte Lösungen. Das Ziel ist emissionsfreie Prozesswärme. Gleichzeitig arbeiten wir an der Dekarbonisierung innerhalb unserer Prozesskette und setzen auf CO2-reduzierte Vorprodukte. Dabei nehmen wir auch unsere energieintensiven Lieferanten in die Pflicht, ihre Prozesse zu dekarbonsieren.
N.N.: Wie werden denn diese Einsparungen konkret belegt und dokumentiert?
Dr. Birgit Bendiek: Wir weisen den CO2-Fußabdruck, den unsere Oberflächen über ihren gesamten Lebenszyklus hinterlassen, transparent in einer Umweltproduktdeklaration nach EN 15804 aus. Diese sogenannte EPD ist ebenso wie die Cradle-to-Cradle-Zertifizierung ein unabhängig geprüfter Nachweis für die Zirkularität unserer Produkte.
N.N.: Sie sind, im wahren Wortsinn, vom Fach: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ausgerechnet Metallurgie zu studieren?
Dr. Birgit Bendiek: Schon während meiner Schulzeit hatte ich den Wunsch, etwas Technisches zu machen – auch wenn es an meinem Mädchengymnasium kaum entsprechende Angebote gab. Metalle haben mich von Anfang an fasziniert, und die Vielfalt des Hüttenwesens, so nannte man das damals noch, hat mein Interesse endgültig geweckt. Den entscheidenden Impuls gab schließlich mein Doktorvater: In meiner Promotion habe ich mich mit der Wiederverwendung von Reststoffen beschäftigt, konkret mit Kupfer. Dabei wurde mir klar, dass Recycling weit mehr ist als ein Randthema und dass bestehende Verfahren weiterentwickelt werden müssen. Bei ZINQ hatte ich die Chance, mein theoretisches Wissen in der Praxis anzuwenden. Ich habe immer wieder herausfordernde und spannende Aufgaben gefunden, die mich motiviert haben und das ist auch der Grund, warum ich dem Unternehmen bis heute treu geblieben bin.
N.N.: Ein Zeichen für gelungene Personalentwicklung: Welche Schwerpunkte möchten Sie künftig in diesem Bereich setzen?
Dr. Birgit Bendiek: Eine meiner zentralen Aufgaben wird es sein, den bevorstehenden Generationswechsel im Unternehmen aktiv zu gestalten. Dabei geht es vor allem darum, unser Unternehmen noch sichtbarer auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu positionieren und gezielt qualifizierte Fachkräfte anzusprechen. Mit unserer Arbeitgebermarke Mach Dein ZINQ sind wir hier bereits auf einem sehr guten Weg. Unter diesem Dach bündeln wir sämtliche Maßnahmen zur Fachkräftebindung und zur Fachkräftegewinnung. Im Rahmen unserer Arbeitgebermarke habe ich mich - wie alle unsere Führungskräfte - dazu verpflichtet, jedem Mitarbeiter eine Perspektive zu geben. Nah an den Menschen zu sein, ist einer der Erfolgsfaktoren für die Marke ZINQ. Das spiegelt sich in der Bindung zum Unternehmen wider: 20 Jahre Betriebszugehörigkeit und mehr sind bei uns keine Seltenheit und das Unternehmen ist sehr durchlässig - ehemalige Auszubildende sind heute Werkleiter oder auch Finanzchef. Besonders über unseren eigenen Ausbildungsgang im gewerblichen Bereich und duale Studiengänge möchten wir junge Menschen für ZINQ begeistern und ihnen die Vielfalt unserer Karrierewege aufzeigen.
Zur Person
Dr. Birgitt Bendiek promovierte 1998 am Institut für Metallurgische Prozesstechnik und Metallrecycling der RWTH Aachen und startete ihre Berufskarriere anschließend bei einem internationalen Zinkproduzenten. Vom Zink wechselte sie 2005 zu ZINQ. Sie ist Mitglied im DIN Ausschuss NA 0862-01-75 AA Schmelztauchüberzüge und im Arbeitskreis ISO/TC 107/SC4 Hot dip coatings. Zudem engagiert sie sich in diversen Gremien der Industrie, die sich mit Innovation und Nachhaltigkeit befassen (unter anderem beim Zentralverband Oberflächentechnik e. V. und In4Climate NRW).
Über die ZINQ Gruppe
Seit 1889 ist ZINQ auf Oberflächentechnik spezialisiert und heute einer der Marktführer in Europa im Bereich Korrosionsschutz auf Stahl durch Zink. Das Familienunternehmen entwickelt und appliziert nachhaltige Oberflächen, die Stahlprodukten eine lange, wartungsfreie Lebensdauer von bis zu 100 Jahren ermöglichen. Jedes Jahr die an über 50 Standorten in Deutschland, Belgien, Niederlande, Frankreich und Polen aufgebrachten Schichten mehr als 550 000 Tonnen Stahl vor Korrosion.
Das Tochterunternehmen ZINQ Technologie vergibt Lizenzen für innovative und nachhaltige Oberflächentechnologien, die von 40 Mitarbeitern im größten Forschungs- und Entwicklungszentrum der Branche entwickelt werden. Als Klimaschutzunternehmen ist ZINQ Pionier der zirkulären Transformation: mit materialgesunden Low-Carbon-Prozessen und -Produkten, geschlossenen Stoffkreisläufen und Cradle to Cradle®-Oberflächen. Das zirkuläre Geschäftsmodell Planet ZINQ definiert den Weg zu echter Klimaneutralität im Sinne der EU-ESPR durch Produkte in Triple-Zero Qualität (zero carbon, zero waste, zero pollution).
- www.zinq.com


(Bild: Elias Keilhauer)