Erhöhung der Druckplattenhaftung im Fused Deposit Modeling (FDM)-Verfahren mittels Plasmabehandlung

Oberflächen 08. 06. 2025

Von Paul Sager, Tobias Landgraff, Sabine Fricke und Arne Bender, Technische Hochschule Lübeck

Die wirtschaftliche Herstellung von Polymerbauteilen durch 3D-Druck erfordert den Einsatz kostengünstiger Materialien wie zum Beispiel Kunststoffen als Druckplatte. Die Behandlung der Druckplatte mittels atmosphärischem Plasma mit marktverfügbaren Techniken ermöglicht eine Aktivierung des Kunststoffes durch die Erzeugung funktioneller Gruppen mit dem Einbau von z.B. Sauerstoff in die Kunststoffoberfläche. Dadurch haftet der aufgedruckte Kunststoff ausreichend und kann nach Fertigstellung des Drucks beschädigungsfrei von der Druckplatte abgelöst werden. Die entsprechende Prozesstechnik kann mit unterschiedlichen Kunststoffkombinationen durchgeführt werden.

Eine Atmosphärendruckplasmabehandlung von preiswerten und leicht verfügbaren Polymerdruckplatten wie Low-Density-Polyethylen (LDPE) ermöglicht eine ausreichende Haftung für einen sicheren Druck von Kunststoffbauteilen. Nach der Fertigstellung des Druckobjekts ist ein gutes Ablösen von der Druckplatte möglich, so dass keine Schäden am fertigen Bauteil entstehen.

Im FDM-3D-Druckprozess wird das ­Bauteil Schicht für Schicht aus geschmolzenem Kunststoff auf einer Druckplatte aufgebaut. Am Ende des Prozesses muss das hergestellte Teil von der Druckplatte entfernt werden. Die Haftung der ersten Schicht an der Druckplatte ist essenziell für die Fertigung eines maßhaltigen Bauteils. Löst sich das Bauteil vor Ende des Prozesses ganz oder teilweise von der Druckplatte, können Fehldrucke und im schlimmsten Fall Schäden am Drucker entstehen. Ist die Haftung an der Druckplatte jedoch zu groß, kann die Druckplatte, oder das Bauteil, beim Ablösen beschädigt werden. Aktuell wird die Druckplatte zur Erhöhung der Haftung erwärmt. Dies soll zusätzlich den Verzug des Bauteils während des Drucks verhindern. Gängige Materialien, die als Druckplatte Verwendung finden, sind Glas oder mit zum Beispiel Polyethylenimin (PEI) beschichtete Metallplatten.

Trotz der erhöhten Druckplattentemperatur ist die Haftung für einige Polymere, wie zum Beispiel Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS), Acrylnitril-Styrol-Acrylat (ASA), Polyamid (PA) und Polycarbonat (PC), oftmals nicht ausreichend, um die nötige Prozesssicherheit zu gewährleisten. Dies gilt besonders für große Bauteile, da diese mit steigender Bauteilgröße einen größeren absoluten Verzug beziehungsweise eine größere Schrumpfung aufweisen. Um die Haftung dieser Polymere weiter zu verbessern, sind beheizte Bauräume sowie der Einsatz von Klebstoffen und Haftvermittlern notwendig.

Durch den ­Einsatz von atmosphärischem Plasma zur Haftverbesserung konnten Muro-Fraguas et al. [1] beim Druck von Polyoxymethylen (POM) auf eine PC-Druckplatte die Plattentemperatur um 30 °C reduzieren können. Zusätzlich wurde der Haftvermittler (Dima­Fix) verwendet. Für das Team der Technischen Hochschule Lübeck galt es, den Ansatz von Muro-Fraguas et al. [1] weiter zu untersuchen und auf eine breitere Auswahl von Polymerdruckplatten anzuwenden. So wurden verschiedene Druckplattenmaterialien mittels atmosphärischen Plasmas behandelt und mit verschiedenen Polymeren mittels FDM-3D-Druck bedruckt und auf Haftung untersucht.

1 Methodik

Für die Versuche wurde die Druckplatte nicht erwärmt. Als Druckplattenmaterialien wurden Polypropylen (PP), LDPE und Polycarbonat (PC) und als Druckpolymere ­Polymilchsäure (PLA), Glykol-Modifiziertes Polyethylenter­ephtalat (PETG) und Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS) verwendet. Für die Durchführung des 3D-Drucks kam ein Ultimaker 2+ des Unternehmens Ultimaker B. V. und zur Plasmabehandlung der PiezoBrush PZ3 der Relyon Plasma GmbH zum Einsatz. Für die Versuche wurde die Druckplatte in vier Felder eingeteilt. Es wurde jeweils ein Testbauteil in ein unbehandeltes Feld, in ein mit DimaFix behandeltes Feld, in ein Feld mit einmaliger Plasmabehandlung und ein Feld mit einmaliger Plasmabehandlung und DimaFix gedruckt. Die Druckplatte wurde vor jedem Druck beziehungsweise vor der Behandlung mit Isopropanol gereinigt. Verwendete wurde eine Test-Geometrie mit bekannter Haftoberfläche und einer Öffnung, um die Probe senkrecht von der Platte abzuziehen. Um einen Verzug der Probe zu verhindern, wurde ein Rand um die jeweilige Probe mitgedruckt (Abb. 1).

Abb. 1: Abzug eines PLA-Bauteils mittels Kofferwaage von einer Druckplatte aus LDPE

 

Die erforderliche Kraft für das Abziehen der Probe von der Platte wurde mit Hilfe einer Kofferwaage der Travel Blue GmbH gemessen. Beim Abziehen wurde mit einer konstanten Krafterhöhung bis zum Ablösen der Probe gezogen. Die Waage zeigt dann jeweils die maximale Kraft mittels Hold-Funktion an. Pro Materialkombination und Oberflächenbehandlung erfolgten jeweils drei Versuche. Durch die bekannte Haftoberfläche kann die Kraft in eine Spannung umgerechnet werden. Bei den besonders relevanten Haftfestigkeiten um 25 kPa lag der Fehler unter 5 kPa.

2 Ergebnisse und Diskussion

In Tabelle 1 sind alle ermittelten Abzugsdaten zusammengestellt.

 

Eine Haftfestigkeit von 0 kPa bedeutet, dass der Druck entweder fehlgeschlagen ist oder das Bauteil nur auf der Druckplatte aufliegt, jedoch nicht messbar haftet. Eine optimale Haftung, bei der das Bauteil im Druck sicher haftet, sich aber noch zerstörungsfrei lösen lässt, herrscht bei Haftfestigkeiten zwischen 20 kPa und 35 kPa (Abb. 2).

Abb. 2: Im Vordergrund ist eine Probe mit guter Haftung zu sehen, und im Hintergrund ein fehlgeschlagener Druck mangels Haftung

 

Die Polymere PLA und ABS haften nach einmaliger Plasmabehandlung optimal auf der Druckplatte aus LDPE und die ­gedruckten Bauteile lassen sich gut ablösen. Auch das Polymer PETG kann nach der Plasmabehandlung auf LDPE gedruckt werden. Eine Druckplatte aus PP erwies sich für einen Druck als ungeeignet. Die unbehandelte PC-Druckplatte zeigt bereits eine zu starke Haftung, so dass ein unbeschädigtes Ablösen der gedruckten Bauteile nicht möglich ist.

PC besitzt eine Keto­gruppe und ist ­polar. PLA und PETG sind ebenfalls polar und weisen Ketogruppen auf, was die Haftung auf PC begünstigt. ABS besitzt eine Nitrilgruppe, welche ebenfalls polar ist und die starke Haftung erklärt. LDPE ist unpolar und durch den Einbau von funktionellen Gruppen in die Oberfläche kann eine Polarität erzeugt werden. Eine Atmosphärendruckplasmabehandlung ermöglicht einen Einbau von beispielsweise Sauerstoff in die Oberfläche solcher funktioneller Gruppen. Es zeigte sich, dass eine einmalige Oberflächenbehandlung der Druckplatte bei kleinen Leistungen bereits ausreichend ist, um eine ausreichend polare Oberfläche für ein Bedrucken mit polaren Polymeren zu erzeugen.

3 Fazit und Ausblick

Die durchgeführten Untersuchungen ­lassen erkennen, dass für preiswertes und leicht verfügbares LDPE als Druckgrundplatte eine reine Atmosphärendruckplasmabehandlung ausreichen würde, um auf der dann aktivierten Oberfläche PLA, ABS und auch PETG bei Raumtemperatur drucken zu können.

Eine einmalige Plasmabehandlung mit dem weniger leistungsstarken PiezoBrush PZ3 bewirkt eine Funktionalisierung der LDPE-
Oberfläche. Die Haftfestigkeit ist ausreichend hoch für den Druck und ein zerstörungsfreies Ablösen des Bauteiles ist möglich.

Untersuchungen an weiteren Druckpolyme­ren, wie zum Beispiel ­Polyetheretherketon (PEEK), Polyphenylensulfon (PPSU), Poly­ethylenimin (PEI) und Acrylnitril-Styrol-Acry­lat (ASA), und geeigneten Druckgrundplatten sollen folgen. Ebenso soll eine Ablöseeinrichtung ähnlich einer Zugprüfmaschine verwendet werden, um mögliche Zuggeschwindigkeitsunterschiede bei den Messungen auszuschließen. Zusätzlich sind mikroskopische Untersuchungen geplant.

Literatur

[1] I. Muro-Fraguas, E. Sainz-García, A. Pernía-Espinoza, und F. Alba-Elías: Atmospheric pressure air plasma treatment to improve the 3D printing of polyoxymethylene, Plasma Process. Polym., Bd. 16, Nr. 7, Seite e1900020, Juli 2019; doi: 10.1002/ppap.201900020

Die Autoren

Dr. Arne Bender ist Professor an der TH Lübeck im Fachbereich Maschinenbau und Wirtschaft und seit Jahren auf dem Gebiet der Oberflächentechnik tätig.

Dipl.-Ing (FH) Sabine Fricke (M.Sc) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin, Paul Sager (M.Sc) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Tobias Langraff (B.Sc) Maschinenbaustudent im Master an der TH Lübeck

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