Österreichs erstes universitäres H2-Elektrolyse-Testzentrum im Megawattbereich eröffnet

Werkstoffe 08. 06. 2025
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Mit einer Bundesförderung von zehn Millionen Euro stärkt die TU Graz ihre Wasserstoff-Infrastruktur. Das neue Elek­trolyse-Testzentrum und zahlreiche Prüfstanderweiterungen festigen die Spitzenstellung der Steiermark in der Wasserstoffforschung.

Neue Maßstäbe für grüne ­Wasserstofftechnologie

Das neue Wasserstoff-Elektrolyse-Testzentrum am TU Graz-Campus Inffeldgasse ist eine in Österreich einzigartige Infrastruktur für die Entwicklung und Erprobung von Wasserstofftechnologien im industriellen Maßstab. Auf einem 250 Quadratmeter großen Testfeld werden Elektrolyseure mit einer Gesamtleistung von 1,6 bis 2,5 Megawatt stehen. Eine eigene Trafostation gewährleistet eine stabile Stromversorgung und ermöglicht es der Forschung, unterschiedlichste Versorgungsszenarien abzubilden. Dies ist insbesondere relevant, wenn im Vollbetrieb bis zu 50 Kilogramm grüner Wasserstoff pro Stunde erzeugt werden. Über eine Pipeline wird der erzeugte Wasserstoff bei einem Druck von 80 bar zu einem 18 Meter hohen Speichertank mit einem Fassungsvermögen von 190 Kilogramm (48 m3) geleitet. Von dort aus fließt er über eine 315 Meter lange unterirdische Leitung zu mehreren Instituten am Campus Inffeldgasse, wo er nun rund um die Uhr für Forschungsarbeiten zur Verfügung steht. Die Forschenden nutzen den grünen Wasserstoff, um an neuen und ­erweiterten Prüfständen die nächste Generation von Großmotoren, Turbinen, Wasserstoffbrennern und Brennstoffzellen-Stacks realitätsnahen Tests zu unterziehen.

Horst Bischof, Rektor der TU Graz, freut sich über dieses Zukunftsinvestment: Mit dieser hochmodernen Forschungsinfrastruktur schaffen wir die Voraussetzungen, um unsere Position als führende Wasserstoff-Universität Österreichs von internationalem Ruf weiter zu stärken. Die TU Graz nehme damit eine Schlüsselrolle in der Umsetzung der österreichischen Wasserstoffstrategie ein. Getreu unserem Motto „Forschung mit Impact“ wollen wir Hand in Hand mit Industrie, Wissenschaft und Wirtschaft die nächste Generation klimafreundlicher Energietechnologien entwickeln.

Im Sommer 2022 stellte die Bundesregierung 17 Millionen Euro für den Ausbau der Wasserstoff-Forschungsinfrastruktur in der Steiermark bereit: Sieben Millionen für die Montanuniversität Leoben, zehn Millionen für die TU Graz. Davon flossen nun 4,5 Millionen Euro direkt in das neue H2-Elektrolyse-
Testzentrum, weitere 5,5 Millionen Euro verteilen sich auf einen neuen Prüfstand für Brennstoffzellenstacks, Erweiterungen der Prüfstände für Hochtemperaturbrenner, eine Gasmischstation, Kompressoren sowie Analyse-, Mess- und Sicherheitstechnik. Am Wasserstoff-Campus Inffeldgasse forschen bereits rund 250 Wissenschafter und Wissenschaftlerinnen im Research Center for Green Hydrogen and Fuel Technologies. Vier TU Graz-Institute und drei COMET-Zentren decken im Research Center das gesamte Innovationsspektrum ab, von der Grundlagenforschung über die Wasserstofferzeugung, Speicherung und Verteilung bis hin zur Nutzung in Fahrzeugen, Kraftwerken und industriellen Anwendungen.

Stack-Prüfstand für Brennstoffzellen und Elektrolyseure am Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme der TU Graz (Bild: Wolf/TU Graz)

 

Nach Aussage von Elmar Pichl, Hochschulsektionschef im Bundesministerium für ­Frauen, Wissenschaft und Forschung (BMFWF), ist grüner Wasserstoff einer der zentralen Energieträger, damit es gelingt, die Zukunft nachhaltig zu gestalten. Mit dem neuen Elektrolysetestfeld an der TU Graz werde nun eine hochmoderne Infrastruktur geschaffen, die es ermögliche, Wasserstoff unter realitätsnahen Bedingungen zu erzeugen. Noch sei das aufwändig und sehr teuer, aber mit dem aktuellen Ausbau könne daran gearbeitet werden, das Verfahren effizienter und damit kostengünstiger zu gestalten. Damit setzen wir einen entscheidenden Schritt in der Wasserstoffforschung, um unser gemeinsames Ziel, die Klimaneutralität Österreichs bis 2040, zu erreichen.

Steiermark: Europas Wasserstoff-Innovation-Hub

Mit den komplementären Schwerpunkten der Montanuniversität Leoben, gebündelt im HY-CARE – Hydrogen and Carbon Research Center Austria, und den zahlreichen Wasserstoffunternehmen vor Ort zählt die Steiermark zu den führenden Wasserstoffregionen Europas.

Wasserstofftechnologien sind wesentlich, um die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben und damit die grüne Transformation erfolgreich zu meistern, sagt Wirtschafts- und Forschungslandesrat Willibald Ehrenhöfer. Die Steiermark sei bei der Erforschung dieser Technologien bereits sehr erfolgreich und deshalb auch Teil des ersten europäischen Wasserstoff-Valleys für Industrieanwendungen. Mit dem neuen Testzen­trum an der TU Graz stärken wir unsere führende Position in diesem Zukunftsfeld weiter und erhöhen die internationale Sichtbarkeit.

Die enge Koordination der Forschungsziele der beiden steirischen TU Austria-Universitäten trage wesentlich zur Förderung der Wasserstoff-Forschung in Österreich bei, so Helmut Antrekowitsch, Vizerektor für Forschung und Nachhaltigkeit der Montanuniversität Leoben. Das Forschungszentrum für Wasserstoff und Kohlenstoff in Leoben beschäftigt sich ihm zufolge dabei intensiv mit der Entwicklung fortschrittlicher Verfahrenstechnologien, um große Mengen Wasserstoff für die Industrie bereitzustellen. Gleichzeitig werde der gesamte Wertschöpfungskreislauf von Wasserstoff und Kohlenstoff erforscht. Dies ergänzt sich ausgezeichnet mit den Aktivitäten der TU Graz, wodurch ein über die Grenzen Österreichs hinaus exzellenter Forschungsverbund ermöglicht wird.

Viktor Hacker (Sprecher des Research Centers for Green Hydrogen and Fuel Technologies), Helmut Antrekowitsch (Vizerektor für Forschung der Montanuniversität Leoben), Horst Bischof (Rektor der TU Graz), Willibald Ehrenhöfer (Wirtschafts- und Forschungslandesrat), Elmar Pichl (Hochschulsektionschef im BMFWF), Alexander Trattner (Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme und CEO des HyCentA) (v.l.n.r.) (Bild: Wolf – TU Graz)

 

Ideale Bedingungen für ­Langzeittests von Elektrolyseanlagen

Das neue Elektrolysetestzentrum bietet ideale Bedingungen für Langzeittests, beschleunigte Alterungstests sowie die Analyse von Degradationsverhalten und Systemzuverlässigkeit verschiedenster Elektrolyseanlagen und -technologien, sagt Alexander Trattner vom Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme der TU Graz und CEO des COMET-Kompetenzzentrums HyCentA. Eine direkte Kopplung des industrienahen Betriebs an hochpräzise Gas- und Wasser­analysesysteme gewährleistet die Bewertung der Wasserstoffqualität gemäß internationalen Standards – sowohl mit als auch ohne integrierte Aufreinigungssysteme. So ließen sich Anforderungen für die Serienproduktion zukünftiger Elektrolysesysteme präzise definieren, sagt Alexander Trattner.

Integriertes ­Forschungsökosystem: Produzieren, Speichern, Nutzen

Die neue Infrastruktur ermöglicht erstmals ein vollständig integriertes Forschungsöko­system für Wasserstofftechnologien an der TU Graz. Damit eröffnen sich neue wissenschaftliche Möglichkeiten für Langzeit- und Belastungstests sowie für Systemanalysen unter praxisnahen Bedingungen, sagt Viktor Hacker, Leiter des Instituts für Chemische Verfahrenstechnik und Umwelttechnik und Sprecher des Research Centers for Green Hydrogen and Fuel Technologies. Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal des Standorts Graz sei die enge wissenschaftliche Vernetzung über alle Skalen hinweg – von der materialwissenschaftlichen Grundlagenforschung über Tests im Labormaßstab bis hin zur vorindustriellen Anwendung im Megawattbereich.

In Graz entsteht so ein europaweit einzig­artiges Modell für die Entwicklung und Erprobung zukünftiger Energiesysteme. So soll etwa mit Hilfe eines neuen Prüfstands für Brennstoffzellenstacks deren Effizienz und Lebensdauer wesentlich erhöht und der Einsatz seltener Metalle wie Platin reduziert werden. Die neue Infrastruktur erlaubt dabei Tests unter extremen klimatischen Bedingungen sowie bei hohen Neigungswinkeln, wie sie bei Anwendungen in der Schiff- und Luftfahrt auftreten. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt auf der Optimierung von kombinierten Elektrolyse-Brennstoffzellen-
Geräten, die flexibel Wasserstoff erzeugen oder Strom generieren.

Weitere Hauptabnehmer des grünen Wasserstoffs sind die erweiterten Prüfstände für industrielle Hochtemperaturbrenner am Institut für Wärmetechnik: Forschende mischen hier Wasserstoff mit Erdgas und ermitteln die damit verbundenen Auswirkungen auf die Gaszufuhr, das Abgassystem und die Brennerbelastung. In einem Leistungsbereich von bis zu 1,2 MW werden dabei verschiedene Gasmischungen bei Abgastemperaturen von 800 bis 1500 °C untersucht.Philipp Jarke

Kontakt

Alexander Trattner, Ass.Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn., TU Graz,
E-Mail: trattner@tugraz.at

Viktor Hacker, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn., TU Graz,
E-Mail: viktor.hacker@tugraz.at

Text zum Titelbild: Prüfstand für wasserstofffähige Großmotoren am Large Engines Competence Center LEC am Campus Inffeldgasse der TU Graz (Bild: Wolf/TU Graz)

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