Zum 30. Mal – Neues und Interessantes auf dem Gebiet der Galvano- und Oberflächentechnik

Oberflächen 05. 04. 2025

Das Leipziger Fachseminar, die Gemeinschaftsveranstaltung der DGO-Bezirksgruppen Sachsen und Thüringen, fand in diesem Jahr zum 30sten Mal statt, was durch Grußworte der Stadt Leipzig, der Messegesellschaft Leipzig sowie des Zentralverbands Oberflächentechnik ZVO gewürdigt wurde. Die Veranstaltung fand wie auch in den letzten Jahren großen Zuspruch bei Tagungsteilnehmern und ausstellenden Unternehmen der Branche. Die Vorträge der Tagung ließen die Vielfalt der Oberflächentechnik – von der Herstellung von Schallplatten, medizinischen Gerätschaften, elektrischen Kontaktschichten oder korrosionsbeständigen Oberflächen von Stahlteilen – erkennen. Durch die Tagung führten Prof. Thomas Lampke (TU Chemnitz) und Dr. Olaf Boehnke (Technischer Umweltschutz).

Eröffnung der Tagung und Würdigungen

Prof. Dr. Lampke eröffnete die renommierte und erneut gut besuchte jährliche Tagung im Herzen der Galvanotechnik und begrüßte die 210 Teilnehmer und 42 ausstellenden Unternehmen zum inzwischen 30. Leipziger Fachseminar. Sein Rückblick auf das Jahr 1994, in dem das erste Fachseminar im Mai stattgefunden hat, ließ erkennen, dass viele sehr bemerkenswerte Fakten aus heutiger Sicht dort ihren Anfang genommen haben. Er wies aber auch darauf hin, dass die Arbeit damals etwas einfacher war, auch wenn sich die Industrie im Osten Deutschlands immer noch im Umbruch befand. Heute spielen Herausforderungen wie Energiepreise, Fachkräftemangel oder die Nutzung von KI eine große Rolle. Aber auch Reparaturfähigkeit, Recycling oder sich ändernde Einsatzgebiete für Oberflächentechnik werden in Zukunft genauer ­betrachtet werden.

In ihren Grußworten wies Anja Hähle-Posselt, Stadt Leipzig, Amt für Wirtschaftsförderung, darauf hin, dass seit den 1990er-Jahren eine sehr positive Entwicklung zu verzeichnen ist. Insbesondere spielt die Ansiedlung von wichtigen Industriebereichen mit sehr fortschrittlichen Fertigungsmethoden eine wichtige Rolle. Aktueller Wermutstropfen ist die Schwächung der Automobilindustrie. Aus Sicht der Stadt ist es sinnvoll, in Zukunft die Vielfalt der Industriebereiche mit Ansiedlungen in Leipzig zu unterstützen. Die bereits bestehenden Ansiedlungen, zu denen auch die Oberflächentechnik zählt, sollen durch Unterstützung von Kooperationen und potentiellen Kunden gestärkt werden.

Markus Geisenberg, Geschäftsführung Leipziger Messe, betonte die Besonderheit, dass das Leipziger Fachseminar bereits zum 30sten Mal stattfindet und sich nach wie vor großer Beliebtheit in der Fachwelt der Oberflächentechnik erfreut. Dies lässt darauf schließen, dass die Veranstalter bisher alles richtig gemacht haben. Die Messegesellschaft weist darauf hin, dass die Präsentation der Unternehmen aktuell positiver erscheint, als die wirtschaftliche Lage der Unternehmen vermuten lässt. Als eine der Herausforderungen für die Unternehmen sieht er die zu geringe Produktivität noch deutlich vor dem Fachkräftemangel. Zudem muss dringend daran gearbeitet werden, entwickelte Technologien von Anwendungen in eher kleinem Umfang zu großproduktiven Arbeitsweisen zu führen.

Christoph Matheis, Zentralverband Oberflächentechnik e. V., bestätigt in seinem Grußwort die Herausforderungen der Branche Oberflächentechnik; trotz alledem sei das Interesse an der Veranstaltung, die die größte Tagesveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik DGO ist, groß. Er dankte Marion Regal, Uwe Spielvogel und Dr. Ulrich Vieweger für ihr Engagement in den Gründungsjahren der Tagung und ihr Durchhaltevermögen bis heute.

Christoph Matheis war sehr erfreut darüber, Marion Regal, die seit 1991 Mitglied der DGO ist, die DGO-Ehrenmitgliedschaft verleihen zu dürfen. Mit der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft würdigt die DGO Marion Regals außergewöhnliches Engagement sowie ihre langjährigen und nachhaltigen Verdienste um die DGO, insbesondere auch ihre erfolgreiche und langjährige Arbeit in der DGO-Bezirksgruppe Sachsen.

Christoph Matheis überreicht die DGO-Ehrenmitgliedschaft Marion Regal (Bild: Dr. Meyer / DGO)

 

Des Weiteren wurde Jörg-Andreas Wällnitz für sein jahrelanges Engagement im Komitee des Leipziger Fachseminars geehrt. Der Geehrte dankte für die sehr gute Unterstützung seitens der DGO, ohne die die Realisierung des Leipziger Fachseminars nicht möglich gewesen wäre.

Galvanopreis Leipzig 2025

Thilo von Vopelius erhält den diesjährigen Galvanopreis Leipzig für sein Lebenswerk, insbesondere für die Gründung des deutschen Museums für Galvanotechnik in Leipzig. Motivation für die Gründung des Museums in Leipzig war laut Thilo von Vopelius die Tatsache, dass Leipzig die Wiege der deutschen Galvanotechnik ist. Inzwischen ist das Museum eine feste Institution, um Interessierten und vor allem Jugendlichen die Bedeutung und die Begeisterung für Galvanotechnik zu vermitteln.

Thilo von Vopelius (Mitte) erhält den Galvanopreis Leipzig 2025 aus den Händen von Stefan Kaßner (links) und Dr. Daniel Meyer (Bild: Dr. Meyer/DGO)

 

Fachvorträge

Vinylboom und das lange ­Leben der Schallplatte

Auch wenn für viele, vor allem jüngere Menschen, Schallplatten nicht mehr wirklich präsent sind, gibt es auch nach etwa 150 Jahren den Tonträger aus unterschiedlichen Werkstoffen. Begonnen als Walze aus Wachs und seit Mitte des letzten Jahrhunderts aus unterschiedlichen Kunststoffen hergestellt, war die Schallplatte über viele Jahre das Medium zur Konservierung und Wiedergabe für Musik, wie der Vortragende Gunnar Heuschkel, R.A.N.D. Muzik, Leipzig, in einem Rückblick auf die Anfangstage erläuterte.

Zu den ersten Tonträgern zählen galvanotechnisch hergestellte Zinkvorlagen, die später als Matrize für die Vervielfältigung mit Kunststoff genutzt wurden. Anfänglich handelt es sich dabei um Platten aus Schellack, der schnell aushärtete und eine ­akzeptable Festigkeit aufweist. Um die Kosten zu reduzieren, wurden unterschiedliche Kunststoff­rohlinge mit Schellack überzogen und darin die Tonspur eingebracht. Die ersten Vinylplatten wurden 1939 auf den Markt gebracht, wodurch die Massenverbreitung ins Leben gerufen wurde. Sie konnten beidseitig bespielt werden und zeichneten sich durch eine hohe Verschleißbeständigkeit aus. Zunächst wurde an der Entwicklung der Tonqualität gearbeitet und ab 1960 die Stereoplatte herausgebracht. Weitere Entwicklungen richteten sich auf die Reduzierung des Platten­gewichts durch dünnere Schallplatten mit dem Höhepunkt der Schallplattenindustrie in den 1980er-Jahren.

Besondere Herausforderungen richten sich an die Pressmatrize, die als Vorlage für die eigentliche Kunststoffplatte erforderlich ist. Hergestellt wurden in dieser Zeit etwa 1 Milliarde Platten pro Jahr. Das Ende der klassischen Platten wurden ab 1983 durch die Einführung der CD eingeläutet. Bis 2000 etwa sank die Zahl der Schallplattenhersteller auf vier in Europa. Seit 2010 ist die ­Schallplatte auf der Rückkehr und die Zahl der Schallplat­ten verdoppelt sich seither etwa pro Jahr. Schwierig war es bislang, brauchbare und moderne Schallplattenpressen zu bekommen. Seit 2020 gibt es jedoch wieder Hersteller von hochqualitativen Pressmaschinen, die dazu beigetragen haben, dass 2024 wieder 160 Millionen Schallplatten hergestellt werden konnten.

Als Flaschenhals der Plattenhersteller gilt nach Ansicht des Vortragenden die Galvano­technik, die für die Herstellung des Masterings unumgänglich ist. Als weltweit einziger nennenswerter Hersteller der kupferbeschichteten Rohlinge in akzeptabler Qualität gilt die TZO (Technologie-Zentrum für Oberflächentechnik und Umweltschutz Leipzig GmbH) in Leipzig. Auf eine Metallgrundplatte wird eine Schicht von bis zu 300 µm durch galvanische Abscheidung aufgebracht. Diese Schicht darf keinerlei Fehler wie Poren oder Pickel aufweisen. Pro Matrize lassen sich etwa 1000 Schallplatten erzeugen. Die Matrize ist das Werkzeug für den Pressvorgang unter Verwendung des Kunststoffs Vinyl (PVC). Der eingesetzte Kunststoff ist sehr gute verformbar, wodurch eine gute Qualität der Schallplatte erzielt werden kann. Nach der Umformung zeigt der Kunststoff eine gute Härte. Abgeschlossen wird die Fertigung durch die Verpackung, die automatisiert erfolgt und für eine gute Vermarktung essentiell ist, wie Gunnar Heuschkel zum Schluß seines Vortrags betonte.

Nachhaltigkeitsaspekte bei Versiegelungen

Wie der Vortragende Robert Lassak, MacDermid Enthone Industrial, Solutions, Gütersloh, einleitend betonte, ist der Korrosionsschutz von Stahl durch Zinkbeschichtungen eine der wichtigsten Aufgaben der heutigen galvanotechnischen Industrie. Der gute Korrosionsschutz von Zink und Zinklegierungen wird durch Versiegelungen nochmals deutlich verbessert. Für diese Systeme wird der Aspekt der Nachhaltigkeit in Zukunft verstärkt betrachtet werden, aktuell getrieben durch die Automobilindustrie. Um Nachhaltigkeit werterhöhend zu betreiben, muss die Begrifflichkeit der Nachhaltigkeit kritisch und gründlich analysiert werden. Dies bedeutet zum Beispiel, dass viele nachhaltige Kunststoffprodukte als Konkurrenz zu Nahrungsmitteln bewertet werden müssen. So werden derzeit etwa zwei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für die Herstellung von industriell genutzten Produkten herangezogen.

Mit neuen nachhaltigen Passivierungen lassen sich gute Korrosionsbeständigkeiten erzielen, je nach Ausführung und Art der Passivierung (Bild: MacDermid Enthone)

 

Zu den Produkten, die auf biobasierten Materialien beruhen, zählt Polyurethan, das aus fossilem Diisocyanat und biobasiertem Diol hergestellt werden kann. Um die Nachhaltigkeit bewerten zu können, eignet sich nach Ansicht des Vortragenden der Massenanteil des biobasierten Materials im jeweiligen Produkt, zum Beispiel der Versiegelung. Um deren Nutzen zu prüfen, müssen die Produkte bestimmte Prüfbedingungen durchlaufen. Im Falle der Versiegelung werden Produkte mit unterschiedlichen Anteilen an biobasiertem Material auf deren Korrosionsschutzwirkung oder deren Verarbeitbarkeit hin untersucht. So zeigt sich zum Beispiel eine Farbänderung ab einer bestimmten Temperatur beim Trocknen. Ebenso zeigen sich Unterschiede bei der Betrachtung der Korrosionsbeständigkeit oder des erzeugten Reibwerts. Aus den Untersuchungen des Vortragenden lässt sich erkennen, dass ein Bioanteil von mehr als 60 Prozent die benötigten Eigenschaften bei Gestell- und Trommelverarbeitung liefert.

Optimierung von Stromschienenverbindungen

Die Automobilindustrie hat mit der verstärkten Herstellung von Elektrofahrzeugen erhöhte Anforderungen an die Verbindung von stromführenden Komponenten. Neben den Antriebskomponenten sind davon auch Sensoren betroffen. Grundvoraussetzung für die Erfüllung der Anforderungen an ­Kontakte und leitende Elemente sind die Spezifizierungen durch die Automobilhersteller. Als Beispiel nannte der Vortragende Dessis Stritter, Atotech-MKS, das Beispiel der Verschraubungstypen, bei denen eine Schraube für die Stromleitung entweder mit einbezogen oder ausgeschlossen wird. Eine weitere Unterscheidung richtet sich auf die Art der Verbindung wie Verschraubung oder Verschweißung.

Besondere Anforderungen liegen vor, wenn Aluminiumschienen zum Einsatz kommen, da hier die metallische Beschichtung unabdingbar ist. Die Art der Beschichtung hängt von der Umgebung, den elektrischen Kenngrößen (Strom, Spannung) sowie dem aufgebrachten Druck zwischen den Kontaktpartnern ab. Ein weiteres Kriterium ist die ­Korrosivität der Umgebung, in der die stromführenden Komponenten eingesetzt werden. Als Beschichtung kommt zum Beispiel eine Zinn-Zink-Schicht in Betrachtung. Nachteilig ist die Limitierung durch die die Anwendungstemperatur. Alternativ kann Zink-Nickel als Beschichtung gewählt werden. Als Anwendungsbeispiel führte Stritter die Schraube mit Potentialausgleich an.

Wird die elektrische Leitfähigkeit als wichtiges Kriterium mit einbezogen, so muss die Art der Beschichtung auf Basis der benötigten Strombedingungen ausgewählt werden. Dafür wurde eine entsprechende Prüfmethode aufgebaut und damit eine hohe Anzahl an Kontaktkomponenten vermessen. Verglichen wurden unter anderem eine Zink-Nickel-Beschichtung mit einer Zinklamellenbeschichtung. Wie zu erwarten, schneidet hier Zinklamelle als Beschichtung deutlich schlechter ab als die metallische Zink-Nickel-Schicht. Den geringsten Widerstand zeigt die Zink-Nickel-Schicht mit einer entsprechenden Passivierung. Während die Art des Abscheideelek­trolyten nicht ins Gewicht fällt, unterscheidet sich die Art der Passivierung (z. B. transparent im Vergleich zu Schwarzpassivierung). Als Fazit wies der Vortragende darauf hin, dass keine Beschichtung als die absolute Lösung genannt werden kann, sondern je nach Anforderungen unterschiedliche Varianten in Betracht kommen.

Elektronische Pillen für ­Diagnose und Therapie

Für die Anwendung in der Medizintechnik spielen elektronische Pillen für die Diagnose und Therapie als eine der neuen Entwicklungen eine zunehmend wichtige Rolle; mit deren Entwicklung befasst sich Dr. Andreas Ostmann, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM, Berlin. Als Einsatzbereich für derartige Pillen gilt in erster Linie der Magen-Darm-Trakt. Damit lassen sich beispielsweise die im allgemeinen als weniger angenehm empfundenen Untersuchungen mittels schlauchartigen Einrichtungen vermeiden. Die elektronischen Pillen wurden erstmals 2001 zur Anwendung gebracht. Die ersten Pillen waren dafür ausgelegt, auf der Reise durch den Körper Aufnahmen zu erzeugen und die Bilddaten nach außen zu senden. Neben Kameras sind die Pillen mit Beleuchtungseinrichtungen und der notwendigen Stromversorgung ausgestattet.

Der Aufbau der Pille des Projekts EndoTrace zeigt die verschiedenen notwendigen Bestandteile eines derartigen Analysesystems (Bild: Dr. Ostmann)

 

Die Abmessungen einer typischen Pille liegen bei etwa 11 mm Durchmesser und annähernd 30 mm Länge. Geräte für die Untersuchung des Darms wandern lediglich auf natürliche Weise durch den Körper, während diejenigen für die Magenuntersuchung aktiv gesteuert werden müssen. Für die Steuerung wird auf Magnetismus zurückgegriffen. Mit einer Neuentwicklung können im Magen Blutanteile gemessen werden. Für therapeutische Zwecke war bereits vor einigen Jahren eine Pille verfügbar, die gezielt Medikamente im Körper freisetzen konnte; die Technik wurde jedoch nicht weiter angeboten.

Die Herausforderung besteht aus technischer Sicht darin, alle notwendigen ­Komponenten in sehr geringer Größe mit entsprechender Lebensdauer herzustellen. Im ­einfachsten Fall werden alle Komponenten auf eine Leiterplatte aufgebracht und mit Kunstharz umgossen. Hierfür lassen sich die in der Leiterplattentechnik gängigen Verfahren einsetzen. Anwendung fand die Technologie in einer Pille zur Untersuchung des Dünndarms. Die neueste Variante erzeugt die Bilder im Körper nicht mehr zeitgesteuert, sondern abhängig von der Position beziehungsweise der Bewegung im Darm. Durch modularen Aufbau kann die Aufgabenstellung der Pille einfach variiert werden.

Eine weitere Entwicklung ist eine Pille für die Magenuntersuchung. Diese wird mittels Magnetfeld gesteuert und liefert neben Bildern auch Signale bei Auftreten von Kräften bei Bewegungshemmungen. Zum Einsatz kommen hier flexible Leiterplatten, die im gefalteten Zustand in die Pille eingebracht werden. Schließlich stellte der Vortragende die ePille vor, die für den Einsatz in der klinischen Studie zur Abgabe von Medizinvarianten genutzt werden soll. Mit dieser würden sich beispielsweise teure Medikamente gezielt in Abhängigkeit von bestimmten körperlichen Zuständen freigesetzen lassen. Dies Pille enthält neben den Mess- und elektronischen Versorgungseinheiten auch Mikropumpen und Medikamentenreservoirs.

Analytik in der Galvano- und Oberflächentechnik

Dr. Elke Spahn, Gravitech GmbH, Rodgau, und Dr. Markus Guttmann, Karlsruher Institut für Technologie KIT, Karlsruhe, stellten ihr Vorgehen zur Einführung der Verfahrenstechnik der einfachen Titration in der Galvanotechnik vor. Dr. Guttmann betreibt am Institut für Mikrostrukturtechnik IMT am KIT Abscheidungen von Metallen zur Herstellung von vor allem galvanoplastischen Teilen. Dr. Elke Spahn befasst sich in ihrem Unternehmen mit der Einrichtung und Schulung von Analysesystemen vor allem für die Galvanotechnik. Wie sie betonte, handelt es sich bei der Titration im Grunde genommen um eine Massenbestimmung, wobei die Bestimmung im Grammbereich liegt. Genutzt werden bei der Titration die Mengen an zugesetzten Reagenzien – in der Praxis in Form der Volumenangaben – und damit genau genommen unterschiedliche Massen. Im Gegensatz dazu arbeiten alle anderen Verfahren aufgrund der notwendigen Verdünnung im Milligrammbereich und darunter.

Ablauf der gravimetrischen Titration (Bild: Gravitech)

 

Ausgefeilte und gut anwendbare Analytik wird in Zukunft immer wichtiger, weil immer weniger hochqualifizierte Fachleute in den Produktionsbereichen vorhanden sind. Dazu sind einige Anforderungen bei der Titration zu berücksichtigen: korrekte Probenahme, korrekte Wahl der Methode, korrekte Wahl der Konzentrationsbereiche. Des Weiteren muss sich der Ausführende bewusst sein, welche Störgrößen die Durchführung und das Ergebnis beeinflussen. Der Vorteil des Bezugs der Analysendurchführung auf die Masse hat den Vorteil, dass Temperatureffekte bei der Massenbestimmung im Gegensatz zur Volumenmessung nicht auftreten. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde das Verfahren zur gravimetrischen Titration moderner Ausprägung entwickelt. Diese Methode hilft dabei, die Analyse schneller und kostengünstiger ausführen zu können, wie die Vortragenden am Beispiel der Analyse eines cyanidischen Elektrolyten zeigten. Das Verfahren ist kostengünstig aufgrund geringerer Verbräuche an Maßlösungen und einer deutlichen Zeiteinsparung zur Durchführung der Analyse.

Effektiver Brandschutz in der Galvanotechnik

Einen sehr interessanten Einblick in das Thema Brandschutz in galvanischen Betrieben bot Jörg Zimmermann aus der Sicht eines Galvanikbetreibers. Sein Unternehmen Gazima GmbH bietet am Standort Grünhain-Beierfeld die Beschichtung von Metallen mit Kupfer, Nickel, Chrom, Zink und Zink-Nickel an. Darüber hinaus ist Zimmermann ABC-Fachberater in Erzgebirgskreis und damit bestens geeignet, beide Seiten des Brandschutzes zu kennen. Wie er einführend mitteilte, weisen die mehr als 1500 galvanischen Betriebe in Deutschland ein hohes Gefahrenpotenzial durch die Gefahr eines Brandes auf, was sich in bis zu 80 Bränden pro Jahr beziehungsweise bis zu 15 Großschäden durch Feuer mit Schadenssummen von mehr als 500 000 Euro widerspiegelt.

Das Gefahrenpotenzial beruht auf ­mehreren Faktoren. Quellen für entstehende Brände werden vor allem der Notwendigkeit zur Heizung der Prozesslösungen sowie der Übertragung von großen Strömen zugeschrieben. Darüber hinaus liegen mit der in der Regel großen Anzahl an Kunststoffbehältern und Rohrleitungen große Mengen an brennbaren Stoffen vor. Durch die notwendigen Absaugeinrichtungen wird im Fall der Brandentstehung Luft bereitgestellt und durch die Strömung der Brandverstärkung Vorschub geleistet. Nicht zu vernachlässigen ist zudem der Vorbehalt der Feuerwehren gegen die vorhandenen Chemikalien und oftmals einer eingeschränkten Kenntnis über deren Wirkung im Brandfall sowie dem Verhalten der zahlreichen Stromquellen beim Löschvorgang, verbunden mit der Sorge um Umweltschäden. Dies gilt unter anderem auch für die Bildung von Schadstoffen und aggressiven Verbindungen beim Verbrennen der vorhandenen Kunststoffe.

In der Galvanik eingesetzte Kunststoffe besitzen einen sehr hohen Brennwert, woraus sich die zerstörerische Wirkung eines Anlagenbrandes ableiten lässt (Bild: J. Zimmermann)

 

Nach Überzeugung des Vortragenden müssen Galvanikunternehmen zum Schutz vor großen Schäden auf jeden Fall eine intensive Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr pflegen. Dazu zählen die Erarbeitung von Lageplänen für die Wehr sowie die Absprache von Vorgehensweisen im Brandfall, die genaue Vermittlung der Räumlichkeiten im Galvanikbetrieb mit Offenlegung der vorhandenen Chemikalien und deren Gefährlichkeit. Des Weiteren ist darzulegen, wie die Ströme an eventuellem Löschwasser im Betrieb sind und welche Kenngrößen die Rückhalteeinrichtungen aufweisen.

Für den Betrieb und die Einrichtung empfiehlt Zimmermann den Blick insbesondere auf die Heizeinrichtungen und die Stromkontaktierungen zu legen. Hilfreich sind beispielsweise Füllstandssicherungen, Wärmebildkameras oder Thermostreifen, regelmäßige Überprüfungen bei Motoren oder ­Abluftanlagen, regelmäßige Anlagenwartung nach den Vorgaben der Instandhaltung sowie Einrichtungen zur Brandfrüherkennung und zur Löschung. Alles sollte durch versicherungskonforme Dokumentation erfasst werden.

Des Weiteren empfehlen sich die Durchführung von Risikobewertungen, die Schulung der Mitarbeiter, Ernennung von Brandschutzbeauftragten oder die Einweisung von Fremdunternehmen, soweit diese im Betrieb tätig sind. Bei vorhandene Brandmeldeanlagen ist darauf zu achten, dass beispielsweise Prozessgase oder Salzablagerungen zu Fehlalarmen führen können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Stromausfälle oder hohe Konzentrationen von Salzsäure oder Wasserstoff ebenfalls Fehler auslösen können. Schließlich wies der Vortragende auf die Fachempfehlung 6-500-903 des Landesfeuerwehrverbandes Sachsen e. V hin, die sich mit Einsätzen in Galvanikbetrieben befasst und die Besonderheiten von Betrieben mit Galvanotechnik vertieft.

Maximierung der ­Energieeffizienz durch Wärmerückgewinnung

Im letzten Fachvortrag der Tagung befasste sich Johannes Flore, Calorplast, Krefeld, mit Wärmerückgewinnung als Maßnahme im Rahmen des Energieeffizienzgesetzes. Das Thema der Wärmerückgewinnung ist für die Galvanotechnik besonders relevant, da durch die Beheizung der Prozesslösungen und durch den notwendigen Luftaustausch in den Fertigungsstätten erhebliche Wärmemengen umgesetzt und im ungünstigen Fall an die Umgebung abgegeben werden. Nach seiner Aussage haben Unternehmen mit etwa 70 bis 100 Mitarbeitenden einen jährlichen Energieverbrauch von 5 GWh bis 10 GWh. Damit fallen sie unter die gesetzliche Meldepflicht Abwärme, die für Abwärme von mehr als 2,55 GW pro Jahr besteht. Die Meldepflicht bestand erstmals zum 1. Januar 2025 und ist im Folgenden jeweils zum 31. März des Jahres zu erfüllen. Im Rahmen der Meldung müssen Angaben zur jährlichen Wärmemenge und zur maximalen thermischen Leistung, zu den Möglichkeiten zur Regulierung der Temperatur oder zum durchschnitt­lichen Temperaturniveau getätigt werden.

Die Unternehmen sind angehalten, Abwärme nach dem Stand der Technik zu vermeiden beziehungsweise auf einen technisch unvermeidbaren Anteil zu reduzieren. Dabei beziehen sich die Maßnahmen nicht nur auf die einzelnen Fertigungsanlagen, sondern auf den gesamten Betrieb – so die Gesetzeslage. Daraus ergibt sich die Option, die Abwärme zum Beispiel aus den Luftströmungen unter Einsatz von Systemen der Wärmerückgewinnung für die Heizung der Prozessmedien zu nutzen. Ebenso wird die in Gleichrichtern erzeugte Wärme in das Rückgewinnungssystem einbezogen. Durch die Verwendung geeigneter Wärmepumpen kann die Temperatur auf ein höheres Niveau gehoben werden und damit die Heizeffizienz für die Prozesse verbessert werden. Daraus ergeben sich für Betriebe deutliche Einsparungen, beispielsweise in Höhe von 50 % bis 70 % der rückführbaren Wärmemengen. Demzufolge werden relativ kurze Amortisations­zeiten für entsprechende Investitionen in die notwendige Anlagentechniken erzielt.

Fazit

Die 30ste Ausgabe des Leipziger Fachseminars mit seinen interessanten Fachvorträgen zeigte die Vielfalt der Oberflächentechnik, die nahezu jeden Lebensbereich betrifft. Darüber hinaus bot die Veranstaltung Teilnehmenden und Ausstellern Gelegenheit zum gegenseitigen Erfahrungs- und Informationsaustausch.

       
      

 

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