Hochleistungsoxidschicht durch Anodisation – Der Blick auf ein Galvanikerleben

Oberflächen 07. 03. 2025

Zur ersten Veranstaltung in 2025 konnten der Leiter der DGO-Bezirksgruppe Stuttgart Axel Baus knapp 30 Zuhörer begrüßen, die sich über eine Neuentwicklung zum Anodisieren von Aluminiumbauteilen für den Einsatz in der E-Mobilität interessierten, sowie einem Einblick in die langjährige Tätigkeit eines Lohnbeschichters und dessen Erfahrungen zur Herstellung von Zinkbeschichtungen für den Korrosionsschutz verschaffen möchten.

Einfluss von Stromstärke und Prozesszeit auf die Eigenschaften von Aluminiumoxid auf AL6061

Im Rahmen ihrer Promotionsarbeit befasst sich Lea Breu an der Hochschule Aalen in Zusammenarbeit mit Bosch mit der anodischen Oxidation von Al6061. Zielstellung der damit verbundenen Entwicklungen ist es, die optimalen Arbeitsbedingungen, vor allem Stromstärke und Bearbeitungszeit, für die Anodisation einer Legierung zu ermitteln, die insbesondere für Bauteile in E-Fahrzeugen oder Fahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb Einsatz findet. Aktuell werden solche Teile in Fahrzeugen verbaut, die mit Wasserstoff betrieben werden, z.B. im Bereich der Druckregelungen oder für Ventile. Die Bauteile besitzen unter anderem feinmechanische Bereiche mit hochpräzisen Passungen beziehungsweise Gewinden, die keine zusätzliche Oxidschicht besitzen dürfen. Hierfür muss aktuell eine aufwändige Maskierung zum Beispiel auf die Gewinde aufgebracht werden. Ein weiterer Grund für die Entwicklungen liegt darin, ein optimal dünne Oxidschicht zu erzeugen, die ausreichend Schutz gegen Wasserstoffdurchtritt besitzt.

Eingesetzt wird ein Anodisationsverfahren mit Oxalsäure, das bei 20 °C betrieben wird. Die angestrebten Stromdichten liegen zwischen 0,5 A/dm2 und 15 A/dm2, woraus sich im Falle der hohen Stromdichten Prozesszeiten von unter 2 Minuten ergeben. Für die Untersuchungen wird davon ausgegangen, dass ein dickere Barriereschicht einen besseren Schutz gegen Wasserstoffdurchdringung beziehungsweise gegen Korrosion aufweist. Im Gegensatz zu den klassischen Porenstrukturen, also gleichmäßig verlaufende Poren mit eher größeren Querschnitten, zeigen die in den Versuchen erzeugte Schichten ein ungeordnete Porenstruktur mit geringen Porendurchmessern. Durchgeführte Impedanzmessungen lassen erkennen, dass bei höheren Stromdichten dickere Barriereschichten entstehen, von denen angenommen wird, dass sie eine höhere Korrosionsbeständigkeit besitzen. Unterschiedliche Ladungsmengen zur Erzeugung der Oxidschichten ergeben bei der selben Stromdichte vergleichbare Porendurchmesser und gleiche Dicken der Barriereschicht. Bei der Herstellung von Schichten mit unterschiedlichen Stromdichten führen höhere Durchmesser der Poren auch zu höheren Korrosionsraten. Die Messungen lassen erkennen, dass bei höheren Stromdichten und daraus folgend auch mit kürzeren Prozesszeiten Oxidschichten erzeugt werden, die die benötigten Anforderungen an Korrosionsschutz und als Durchtrittssperre erfüllen.

Aufwändig gestaltet sich die Messung des Wasserstoffdurchtritts durch die Oxidschichten. Die anzuwendende präzise Methode beruht darauf, das eine Seite der zu vermessenden Oxidschicht mit Palladium beschichtet wird. Allerdings wird bei der Beschichtung das vorhandene Oxid angegriffen und dadurch der Durchtritt an Wasserstoff durch die Schicht erhöhter wird. Trotz dieses Nachteils konnte die Messmethode genutzt werden. Hierbei zeigt es sich, dass die Oxidschicht als Barriere gegen den Wasserstoffdurchtritt geeignet ist.

Lea Breu und Joachim Ramisch bei ihren Vorträgen auf der ersten Sitzung 2025 der DGO-BG in Stuttgart (Bild: A. Baus)

 

Ein Leben für die Galvanotechnik

Seit etwa 50 Jahre ist Joachim Ramisch als Lohnbeschichter tätig, um insbesondere Stahlwerkstoffe durch Abscheidung von Zink gegen Korrosion zu schützen. Dabei hat er nach seiner Aussage alle Herausforderungen eines Lohnbestriebs durchlaufen. Die Unternehmensgründung basierte auf sehr wenig fachlicher Kompetenz, aber großem Engagement und in einer Zeit des Wachstums der galvanischen Metallabscheidung. In kurzen Zeitabständen entstand so aus einfachsten Verhältnissen als Handwerksbetrieb ein industriell arbeitende Lohngalvanik in Nördlingen. Vor mehr als 30 Jahren kam so ein Stamm von mehr als 30 Mitarbeitern zustande, mit dem damit verbundenen Zwang, hohe Umsätze zu erzielen. Zu den Kunden, die erheblich zum Wachstum beigetragen haben, zählt die Schraubenindustrie. Allerdings hat Joachim Ramisch hier die Erfahrung gemacht, dass zwar der Umsatz, aber nicht der Gewinn steigt. Hinzu kommt, dass er davon überzeugt ist, dass das Legieren von Zink nicht den von den Vertreibern versprochenen Mehrwert bringt. Damit war für ihn klar, bei der klassischen Abscheidung von reinen Zinkschichten als einziges Schichtangebot zu verbleiben. Grundsätzlich verstärkte sich bei ihm die Überzeugung, dass das allgemein angestrebte stetige Wirtschaftswachstum kein tragfähiges Zukunftsmodell ist. Auch die entstandene Kreislaufwirtschaft hat ihn nicht überzeugt, da es nicht gelingt, ohne Abfall auszukommen - so seine Erfahrung.

Als einer der ungünstigsten Entwicklungen sieht Joachim Ramisch den ausufernden 3-Schicht-Betrieb, da dieser die Gesundheit der betroffenen Mitarbeiter beeinträchtigt und eine hohe Gefahr von Qualitätseinbußen beinhaltet. Ein erheblicher Nachteil für seine Geschäftstätigkeit hat sich der Wegfall von ganzen Industriebereichen, wie der Schraubenindustrie, erwiesen. In seinem Fall führte das Abwandern der Schraubenindustrie zur deutlichen Verschlechterung der Auftragslage. Auch die Automobilindustrie ist nach Ansicht von Joachim Ramisch kein Kundenkreis für eine typische Lohngalvanik seiner Arbeitsweise.

Aus dieser Erkenntnis heraus hat sich Riesmetall auf die Kundenbedürfnisse des Umlands fokussiert. Um dies zu erreichen, hat Riesmetall auf alle Techniken im Betrieb verzichtet, die nur für den 3-Schichtbetrieb notwendig sind. Mit der daraus folgenden Reduzierung von Anlagen und Einrichtungen sind auch alle Verbindlichkeiten gegenüber den Finanzinstituten entfallen. Als weitere Philosophie gilt für ihn, die Geräte so lang wie möglich zu nutzen, indem zum Beispiel Fahrzeuge oder Geräte so oft und so intensiv wie möglich repariert werden. Damit dies möglich ist, müssen entsprechende Fachleute verfügbar sein, was sich zunehmend als Herausforderung gestaltet.

Um beispielsweise Ionenaustauscher zu ersetzen, erzielt die Riesmetall mit 4fach-Kaskaden-Spülen die erforderlichen sehr geringen Verschleppungen und geringste Abwassermengen. Eine weitere Einsparung ergibt sich durch die Nutzung eines sehr großen Elektrolytvolumens, realisiert durch geeignete Lagerbehälter. Damit kann das Analysieren entfallen, da sich die Konzentration der wichtigen Bestandteile durch die geringe Abscheidemengen nicht ändern, ebenso kann die Kühlung des Elektrolyten entfallen.

Joachim Ramisch ist sich bewußt, dass seine Arbeitsweise kaum auf den Großteil der in Deutschland aktiven Lohngalvaniken übertragbar ist. Dies ist insbesondere auf seine besonderen Ansprüche an die Arbeitsweise zurückzuführen. Es ist ihm aber wichtig zu zeigen, dass Entwicklungen stets kritisch zu bewerten sind und Alternativen - insbesondere im Hinblick auf eine nachhaltige Arbeitsweise - vorhanden sind und durchaus drastisch von den derzeit propagierten technischen Entwicklungen abweichen können.

Die Leitung der DGO-Bezirksgruppe bedankt sich bei den Referenten für die interessanten Einblicke in neue Entwicklungen und die kurzweilige Präsentation von alternativen Arbeitsweisen der hochinteressanten Galvano- und Oberflächentechnik und bei den zahlreichen Besuchern für ihr Interesse.

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