Intelligente Zerspanung für die fertigende Industrie

Werkstoffe 06. 03. 2025
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Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen als Projektkoordinator sowie den Unternehmen gemineers, Innoclamp und Kaitos arbeitet das Kölner RWTH-Startup dataMatters an der intelligenten Zerspanung. Ziel ist es, durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) die hohen Qualitätsanforderungen in der zerspanenden Industrie besser und kostengünstiger zu erfüllen. Während sich die breite Öffentlichkeit auf generative KI stürzt, um Texte und Bilder zu erzeugen, legt dataMatters-Gründer Dr. Daniel Trauth in seinem Projekt Real World AI den Fokus auf die Verbindung der KI mit der realen Welt, von der Smart Factory über Smart Buildings bis hin zur Smart City.

Die Zerspanung, bei dem Werkstoff durch Drehen, Bohren, Fräsen oder Schleifen in die gewünschte Form und Größe gebracht wird, bildet in vielen Industriezweigen eine wesentliche Grundlage der Fertigungstechnik, von der Automobilproduktion bis zur Herstellung medizinischer Instrumente. Fehler im Zerspanungsprozess können schwerwiegende Folgen haben, die von Produktausfällen bis hin zu Sicherheitsproblemen reichen. Strenge Qualitätskontrollen sind daher unerlässlich, aber auch zeitaufwändig und teuer. Die auto­matisierte Überwachung und Analyse von Produktionsprozessen mittels KI kann nach Überzeugung von Dr. Daniel Trauth Prüfzeiten und Kostenaufwand für die Qualitätssicherung erheblich reduzieren und die Genauigkeit der Qualitätsbewertung verbessern.

Die intelligente Zerspanung ist Teil des Forschungsprojekts FL.IN.NRW – Federated Learning für dezentrales KI-Modelltraining zur Qualitätssicherung von Zerspanungsprozessen –, das von der Europäischen Union und dem Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen des EFRE/JTF-Programms NRW 2021-2027 gefördert wird (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung EFRE und Fonds für den gerechten Übergang, Just Transition Fund JTF). Das Projekt läuft bis 2027.

Im Forschungsprojekt wird gemeinsam mit den Partnern eine Lernplattform zum dezen­tralen Training von prädiktiven KI-­Modellen entwickelt. Als ersten Anwendungsfall untersucht das Projektteam den ­komplexen Prozess der Zerspanung: Die Vielzahl an Werkzeug- und Prozessparametern in der Zerspanung ist eine Herausforderung für die Qualitätskontrolle, die sich meist nur durch zeitaufwändige manuelle Prüfungen der Bauteile bewältigen lässt.

Indem die Modelle mit Prozessdaten direkt aus der Produktionsmaschine trainieren werden, kann die KI Qualitätsprobleme während der Zerspanung erkennen: Abweichungen im gewünschten Bauteilprofil aufgrund von Werkzeugverschleiß werden durch Schwankungen in der Spindellast und im Spanndruck erkannt. Das KI-Modell detektiert dieses Werkzeugverhalten sofort als Maßabweichung außerhalb festgelegter Toleranzen. Dadurch können zeitaufwändige Qualitätskontrollen bedarfsgerecht durchgeführt und erheblich reduziert werden, was die Qualitätssicherung und Herstellung effizienter macht.

Datenschutzrisiken und ­Kostennachteile bei Nutzung zentraler Cloud-Dienste

Bislang setzen Unternehmen bei der Entwicklung ihrer KI-gestützten Qualitätskontrolle auf zentrale Cloud-Dienste, um teure Anfangsinvestitionen für eine lokale digitale Infrastruktur zu vermeiden. Die große Menge an Produktionsdaten, die in der Cloud gespeichert werden, befinden sich jedoch außerhalb der unternehmenseigenen Kontrolle und sind daher größeren Datenschutz- und Datensicherheitsrisiken ausgesetzt. Zudem können die fortlaufenden, serviceabhängigen Gebühren von Cloud-Diensten langfristig zu einem Kostennachteil für die Unternehmen werden.

Dezentrales KI-Training für mehr ­Kosteneffizienz und Datenhoheit

Das maschinelle Lernverfahren des Federated Learning ermöglicht es kleinen und mittleren Unternehmen, die Vorteile von KI für ihre Qualitätskontrolle zu nutzen und gleichzeitig den Datenschutz und die Datensicherheit von ihren sensiblen Produktionsdaten zu ­gewährleisten:

Die Daten verbleiben sicher auf lokalen Servern, während sie für das dezentrale, kollaborative Training von noch leistungsstärkeren KI-Modellen verwendet werden können. Über mehrere Unternehmensstandorte hinweg wird das KI-Modell in einem Netzwerk lokaler Geräte und Unternehmensserver trainiert, ohne dass die Fertigungsdaten die lokalen Datenbanken verlassen. Nur die Modellparameter werden an einen zentralen Server gesendet, wo sie aggregiert und zu einem globalen Modell zusammengeführt werden, so dass die Datenhoheit bei den Unternehmen verbleibt.

Wie Dr. Daniel Trauth betont, umfasst Real World AI drei Komponenten: die Datenerfassung mittels Sensorik, die Sammlung der Infor­mationen in einem geschützten Datenraum und die anschließende Auswertung durch beziehungsweise das Training von KI-Algorithmen. Das Unternehmen dataMatters, Köln, kümmert sich bei Projekten in der Regel um die Erfassung und stellt die benötigten technisch abgesicherten und rechtssicheren Datenräume bereit. Der Kunde kann dann entscheiden, ob er die KI-Auswertung in den Datenräumen der dataMatters oder auf seinen eigenen Servern vornehmen will.

Datails zum Forschungsprojekt FL.IN.NRW finden Interessierte unter

Die dataMatters GmbH ist auf die Nutzung Künstlicher Intelligenz in der Realwirtschaft spezialisiert. Ihre Einsatzgebiete sind vor allem Smart City, Smart Factory, Industrie 4.0, Smart Building, IoT, Maschinen- und Anlagenbau, Gesundheits­wesen oder zum Beispiel Agrarwirtschaft. Dabei werden über Sensoren Daten aus dem realen Betrieb erfasst, in Datenräumen gesammelt und dort mittels KI-Software analysiert beziehungsweise an KI-Systeme der Unternehmenskunden zur Weiterverarbeitung übergeben. Anhand der Ergebnisse lässt sich der ­Betrieb effizienter, nachhaltiger und wirtschaftlicher führen. Anwendungsbeispiele finden sich in Frühwarnsystemen für Anomalien wie zum Beispiel Extremwetter, Maschinenverschleiß oder Rohrbruch, Heizungs-/Beleuchtungsautomatisierung in Gebäuden oder CO2-Footprint-Erfassung anhand realer Daten. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Daniel Trauth hat dataMatters aus der RWTH Aachen ausgegründet und zu einem internationalen Player an der Schnittstelle zwischen Realwirtschaft und KI geführt.

Text zum Titelbild: Dr. Daniel Trauth, Geschäftsführer dataMatters GmbH (Bild: dataMatters GmbH)

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