Zwei Schichten für mehr Effizienz: Tandemsolarzellen auf Perovskit-Basis können Sonnenlicht besser einfangen als herkömmliche Solarzellen aus Silizium. Im Labor konnten sich die leichten und flexiblen Zellen bereits beweisen – jetzt arbeiten Empa-Forschende daran, sie zu skalieren und alltagstauglich zu machen, berichtet die Empa.
Dachziegel waren gestern: Heute sieht man auf immer mehr Schweizer Dächern große schwarzblaue Rechtecke, die Sonnenlicht in Strom umwandeln. Die schwarzblaue Farbe kommt von Siliziumkristallen, denn auf diesem Halbleitermaterial basiert die Mehrheit der heute erhältlichen Solarzellen. Doch Silizium ist nicht die einzige Möglichkeit, Solarzellen herzustellen, und möglicherweise auch nicht die beste.
Photovoltaikzellen auf Siliziumbasis sind mittlerweile so weit entwickelt, dass sie an die Grenzen ihrer Effizienz stoßen. Zwar ließen sich noch ein paar wenige Prozentpunkte mehr herausholen, aber die theoretische Obergrenze für den Wirkungsgrad einer Silizium-Einfachzelle liegt bei 33 Prozent. Praktisch ist sie etwas tiefer, da beim Bau und Betrieb der Zellen unweigerlich kleine Energieverluste anfallen.
Der Grund für diese begrenzte Effizienz ist auf die Materialeigenschaften des Siliziums zurückzuführen. Die sogenannte Bandlücke des Materials bewirkt, dass nur Photonen mit einer bestimmten Energie zu Strom umgewandelt werden können. Ist die Energie des Photons zu hoch, kann es von der Solarzelle nicht vollständig verwertet werden.
Die Perovskit-Solarzellen aus zwei Schichten können höhere Ausbeuten erreichen als herkömmliche Solarzellen aus Silizium (Bild: Empa)
Zwei Schichten sind besser als eine
Solarzellen aus anderen Materialien bieten eine Möglichkeit, diese Einschränkung zu umgehen, weiß Empa-Forscher Fan Fu. Der Gruppenleiter im Labor für Dünnfilme und Photovoltaik forscht an hocheffizienten Solarzellen aus Perovskit. Eine Perovskit-Einfachzelle allein erreicht zwar noch keinen höheren Wirkungsgrad, denn auch Perovskit hat als Halbleiter eine begrenzte Bandlücke. Die wahre Stärke des innovativen Materials zeigt sich darin, dass sich diese Bandlücke – anders als bei Silizium – steuern lässt, indem man die Zusammensetzung des Perovskitmaterials variiert.
Verarbeitet man zwei Perovskite mit unterschiedlichen Bandlücken zu Dünnschicht-Solarzellen und stapelt sie aufeinander, erhält man eine sogenannte Tandemsolarzelle. Eine Perovskitschicht fängt die Photonen mit hoher Energie, die andere diejenigen mit niedriger Energie. Somit lassen sich theoretisch Wirkungsgrade von bis zu 45 Prozent erzielen – deutlich mehr als die 33 Prozent bei Einfachzellen. Alternativ lässt sich auch eine Perovskit-mit einer Siliziumschicht zu einer hocheffizienten Tandemzelle verarbeiten.
Zurzeit forschen Fu und sein Team jedoch vor allem an reinen Perovskit-Tandemzellen, unter anderem im Rahmen des EU-Forschungsprojekts SuPerTandem, an dem insgesamt 15 führende europäische Forschungsinstitutionen und Unternehmen beteiligt sind. Ziel des Projekts: flexible Perovskit-Tandem-Module mit einem Wirkungsgrad von über 30 Prozent zu entwickeln, die sich zudem mit skalierbaren und kostengünstigen Verfahren produzieren lassen. Denn das ist eine weitere Stärke der Perovskit-Solarzellen: Für Silizium-Solarzellen braucht es in der Regel hochreine Silizium-Monokristalle, die bei hoher Temperatur hergestellt werden, erklärt Fu. Perovskit-Dünnschichten könnten dagegen gedruckt, verdampft oder aus der Lösung abgeschieden werden, mit einem entsprechend niedrigen CO2-Fussabdruck. Kleine Defekte, die dabei entstehen, beeinträchtigen laut Fan Fu ihre optoelektronischen Eigenschaften nur wenig.
Der potenzielle Nutzen von Projekten wie SuPerTandem ist enorm, denn je höher der Wirkungsgrad, desto günstiger wird unter dem Strich die Solaranlage. Die Zelle selbst mache weniger als 20 Prozent der Kosten für eine PV-Anlage aus, sagt Fu. Die restlichen 80 Prozent entfielen auf die Verkabelung, die Wechselrichter, die Steuerung und natürlich den Arbeitsaufwand für die Installation. Steigert man die Effizienz der einzelnen Zellen, reicht für dieselbe Stromproduktion eine kleinere – und somit günstigere – PV-Anlage. Auch können Dünnschichtzellen aus Perovskit auf leichten flexiblen Folien hergestellt werden, anstatt auf schweren, starren Glasplatten wie Siliziumzellen. Dadurch lassen sie sich auch an mehr Orten einsetzen, etwa auf Autodächern oder auf Bauwerken mit geringer Tragkraft.
Vom Labor aufs Dach
Dieses große Potenzial von Perovskit-Solarzellen gilt es nun auszuschöpfen. Neben SuPerTandem arbeitet Fan Fus Team auch in zwei Schweizer Projekten daran. In einem vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten Projekt arbeitet das Empa-Team daran, die grundlegenden Eigenschaften und Herausforderungen der Perovskit-Solarzellen besser zu verstehen, die zu ihrer Effizienz und Stabilität beitragen. Und in einem Projekt mit dem schweizerischen Bundesamt für Energie (BFE) setzen sie ihr bereits vorhandenes Wissen gleich in die Praxis um, indem sie die an der Empa entwickelten Tandemzellen skalieren.
Was es noch braucht, damit sich zu den schwarzblauen Vierecken auf dem Dach bald einmal rötliche Perovskit-Folien gesellen? Zunächst müssen wir die Perovskit-Zellen von den heutigen Prototypen von wenigen Zentimetern Größe auf Industriegrößen skalieren, sagt Fan Fu. Auch gilt es, die noch etwas empfindlichen Zellen wirksam vor Witterungseinflüssen zu schützen. Der Empa-Forscher ist optimistisch, dass beides in den nächsten fünf bis zehn Jahren gelingen wird. Wir machen gute Fortschritte, und es besteht ein großes Interesse aus der Industrie, sagt der Wissenschaftler. Die Forschung beschäftige sich erst seit knapp 15 Jahren mit Perovskit-Solarzellen. An Siliziumzellen werde immerhin schon seit fast 70 Jahren geforscht. Anna Ettlin
- www.empa.ch