Bessere Haftungseigenschaften von Kunststoffen durch kombinierte Mikro- und Nanostrukturen

Oberflächen 07. 04. 2024
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Mit einem patentierten Verfahren zur Mikro-Nano-Strukturierung hat das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale) nach eigenen Angaben signifikante Verbesserungen der Haftungs­eigenschaften von Polymeren erzielt. Auch für die Benetzbarkeit, optische Reflexion, Hydrophobie sowie die Recyclingfähigkeit bringt das Verfahren, bei dem strukturierte Oberflächen mittels Heißprägen oder Spritzguss erzeugt werden, erhebliche Vorteile.

Wenn ein Gecko die Wände hochklettert, gelingt das durch die große Kontaktfläche der hierarchischen und fibrillären Strukturen seiner Füße mit dem Untergrund. Einen ähnli­chen Ansatz hat das Fraunhofer IMWS für die Oberflächen von Polymeren umgesetzt. Diese werden durch Heißprägen in eine hierarchische Struktur gebracht, wobei Prägewerkzeuge aus Aluminiumoxid eingesetzt werden, die zuvor mit einem Laser und durch ein selbst­organisierendes elektrochemisches Verfahren mikro- und nanostrukturiert wurden.

Das Verfahren eignet sich für die Strukturierung von unterschiedlichen Kunststoffen wie thermoplastische Elastomere (TPE), thermoplastische Polyurethane (TPU), Polycarbonat (PC), Polymethylmethacrylat (PMMA), Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE). Die Prägewerkzeuge aus Aluminiumoxid lassen sich einfach in bestehende ­Produktionsverfahren der Kunststoffverarbeitung integrieren. Das Abformen erfolgt bei hohen Temperaturen und niedrigem Druck. Nach dem ­Auskühlen unter Belastung erfolgt die Entformung durch Abziehen des Polymermaterials vom Prägewerkzeug.

Rasterelektronenmikroskop-Darstellung der hierarchischen Struktur in einer Polycarbonat-Oberfläche (© Fraunhofer IMWS)

 

Um den Prozess zu optimieren, wurden vom Team des Fraunhofer IMWS die passenden Verarbeitungstemperaturen auf Basis der durch Differenzialkalorimetrie (DSC) erhaltenen Glasübergangs- und Schmelztemperaturen ermittelt. Die Mikro-/Nanostruktur der Prägewerkzeuge und die damit ­erzeugte Inversstruktur der Polymeroberfläche mit feinsten Nanofilamenten wurde mit Rasterelektronenmikroskopie (SEM) untersucht. Auf nassen Oberflächen (Keramik, Glas, Metall) konnte mit der Gecko-Methode laut Fraunhofer IMWS eine Erhöhung der Haftkraft um bis zu 85,4 Prozent erreicht werden.

Die Oberflächenstrukturen lassen sich durch entsprechend gefertigte Werkzeuge individuell und zielgerichtet anpassen, was eine große Bandbreite an Anwendungsmöglichkeiten eröffnet. Naheliegend sind neue Lösungen für die Verpackungsindustrie zur Verbesserung der Haftung von Klebern und Druckfarben auf Folien, ebenso wie neue Ansätze, mit denen sich das Beschlagen von Kunststoffoberflächen verhindern lässt, etwa in der optischen Industrie.

Ein großer Vorteil ist nach den Worten von Dr.-Ing. Andrea Friedmann, Gruppenleiterin Biofunktionale Materialien für Medizin und Umwelt am Fraunhofer IMWS, auch, dass wir unterschiedliche Oberflächenstrukturen und damit neue Materialeigenschaften erzielen können, ohne zusätzliche Elemente wie Additive oder Beschichtungen einzubringen. So könnten die Werkstoffe sortenrein bleiben, was das spätere Recycling erheblich vereinfache. Auch langwierige und ­kostspielige Zulassungsverfahren würden vermieden, weil die Mikro-Nano-Strukturierung auf bereits zugelassenen und chemisch nicht veränderten Materialien erfolge. So könnten Unternehmen viel Zeit und hohe Kosten bei der Einführung verbesserter Produkte sparen.

Kontakt

Dr.-Ing. Andrea Friedmann, Fraunhofer IMWS,
E-Mail: andrea.friedmann@imws.fraunhofer.de

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