Recycling von Feuerfestmaterialien

Werkstoffe 08. 10. 2023
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Im europäischen Forschungsprojekt ReSoURCE arbeiten nach Mitteilung des Fraunhofer ILT Expertinnen und Experten aus neun unterschiedlichen Unternehmen und Instituten zusammen, um gemeinsam nachhaltige Lösungen für das Recycling von Feuerfestmaterialien zu entwickeln. Die deutschen Projektpartner liefern vor allem Laser-Know-how.

Feuerfestmaterialien halten hohen Temperaturen jenseits von 1500 °C stand. Sie sind unverzichtbar für Industrieöfen, mit denen zum Beispiel Glas oder Keramik, Leichtmetalle und Stähle produziert werden. Die Einsatzdauer für feuerfeste Produkte reicht von wenigen Tagen bis zu vielen Jahren – abhängig von den Materialien, der Temperatur im Prozessgefäß und anderen Betriebsparametern. So fallen weltweit jährlich etwa 32 Millionen Tonnen gebrauchte Feuerfestmaterialien an, von denen nur ein Bruchteil recycelt wird.

Gebrauchte Feuerfestmaterialien werden mit Lasermessungen erkannt und CO2-sparend wiederverwendet (© Fraunhofer ILT, Aachen)

 

Die Herstellung von feuerfesten Werkstoffen aus Primärrohstoffen verursacht erhebliche Mengen CO2, vor allem, weil den anor­ganischen, nichtmetallischen Materialien Kohlendioxid entzogen werden muss. Zudem werden die Rohstoffe zum großen Teil nach Europa importiert. Darin sind auch kritische Rohstoffe mit risikobehafteten Lieferketten enthalten. Genug Gründe, genutzte Feuerfestmaterialien wieder aufzubereiten und einer Kreislaufwirtschaft zuzuführen, denn es gibt derzeit keine nennenswerten Alternativen zu diesen Rohstoffen.

Automatische ­Sortieranlage mit Hilfe von Lasertechnik

Feuerfestprodukte werden exakt an die Anforderungen der Kundinnen und Kunden angepasst, erklärt ReSoURCE-Projektkoordinator Alexander Leitner von RHI Magnesita. Die optimale Zusammensetzung der hochtemperaturbeständigen Materialien hängt vom geplanten Anwendungszweck ab, von den Herstellungsprozessen und den chemischen Eigenschaften der Medien. Das bedeutet, dass unsere Produkte sehr unterschiedliche Zusammensetzungen haben, so Leitner. Vor dem Recyceln müssten sie daher möglichst genau voneinander getrennt werden.

Im Zentrum des Projekts steht daher eine automatische Sortieranlage für gebrauchte Feuerfestmaterialien. Eine Lasereinheit soll die Inhaltsstoffe des gebrauchten ­Materials auf einem Förderband berührungslos bestimmen. Die Lasertechnik kommt vom mittelständischen Unternehmen Laser Analytical Systems & Automation GmbH (LSA) aus Aachen, einem Spin-off des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT. Das Fraunhofer ILT ist ein Pionier in der Erschließung neuartiger Anwendungen für die Laserspektroskopie, unter anderem zur sortenreinen Trennung im werkstofflichen Recycling mit Laser-induced Breakdown Spectroscopy (LIBS).

Wir haben am Fraunhofer ILT bereits eine Inline-Messtechnik entwickelt, die eine Direktanalyse von Metallschrotten auf einem Förderband durchführt und die Zusammensetzung jedes Schrottstücks erkennt, erläutert Dr. Cord Fricke-Begemann, Leiter Materialanalytik am ILT. Mit dieser Multielementanalyse erkennen die Forschenden nach Aussage von Fricke-Begemann eine große Anzahl von Legierungen. Die Erkenntnisse übertragen die Fraunhofer-Forschenden ihm zufolge nun auf die Feuerfest­materialien.

Datenanalyse mit künstlicher Intelligenz

Die LSA Laser Analytical Systems & Automation GmbH hat sich auf die Entwicklung und Produktion echtzeitfähiger Laseranalysesysteme für Industrieanwendungen spezialisiert. Die Systeme nutzen gepulste Laserstrahlung, um berührungslos über Abstände von bis zu einem Meter chemische Informationen in Bruchteilen einer Sekunde zu gewinnen. Unsere Laseranalysesysteme sind unmittelbar an den Verarbeitungslinien im Einsatz – wir bringen die Messtechnik zum Produkt und nicht das Produkt zum Labor, sagt Dr. Joachim Makowe, Geschäftsführer der LSA. Per Lichtblitz messen wir am bewegten Produkt dessen chemische Zusammensetzung. Unser Tempo ist die Lichtgeschwindigkeit.

Verwendung von gebrauchten feuerfesten Materialien in Prozent; durch die Kombination neuester Analysetechnik mit modernster Software wollen die Forschungspartner den potenziellen Recyclinganteil erhöhen (© RHI Magnesita/Fraunhofer ILT, Aachen)

 

Die Firma InnoLas Laser GmbH aus Krailling in Deutschland entwickelt im Verbundprojekt die Laserstrahlquelle, die spezielle Pulsgruppen emittiert, um nicht-repräsentative Oberflächenschichten auf den gebrauchten Feuer­feststeinen schnell zu ­durchdringen. Erst damit ist es möglich, das darunter liegende Material zu analysieren. Die Laserquelle für das ReSoURCE-Projekt wird laut Dorian-David Percheron von Innolas Laser gezielt für LIBS entwickelt. Fragen und Herausforderungen, die dabei entstehen, werden wir in enger Zusammenarbeit mit LSA und Fraunhofer ILT bearbeiten, erklärt Percheron.

LSA integriert die optische Messtechnik mit der Materialhandhabung zu einem industrie­tauglichen Gesamtsystem. Das Fraunhofer ILT wertet die Daten des LIBS-Systems aus. Dafür werden die gemessenen Spektren mit den chemischen Informationen mit weiteren optischen Sensordaten kombiniert und mit Hilfe künstlicher Intelligenz analysiert. So ermittelt das System die genaue Zusammensetzung der Feuerfestprodukte und sortiert die einzelnen gebrauchten Feuerfeststeine in verschiedene Materialklassen.

Die Forschungspartner gehen davon aus, durch die Projektergebnisse die Grundlage dafür zu schaffen, den möglichen Recycling­anteil der Branche von bislang 7 % bis 30 % auf 90 % steigern zu können. Vermutlich könne man damit die europäischen CO2-Emissionen um bis zu 800 000 Tonnen pro Jahr reduzieren. Das sei ein wunderbares Beispiel, wie Technik und Innovationen und ein Gemeinschaftsprojekt im Kampf gegen den Klimawandel helfen können.

Im Projekt ReSoURCE kooperieren Fachleute von neun unterschied­lichen europäischen Unternehmen und Instituten; gemeinsam widmen sie sich der Entwicklung von nachhaltigen Recyclinglösungen für feuer­feste Materialien (© RHI Magnesita)

 

Das Projekt ReSoURCE

Das Projektziel von ReSoURCE (­Refractory Sorting Using Revolutionizing Classification Equipment) ist die Entwicklung eines effizienten, sensorbasierten Systems zur Sortierung von feuerfesten Abfällen und zum Umgang mit kleinkörnigen Feuerfestsubstanzen. Wenn das Projekt erfolgreich ist, wird es die Konstruktion einer automatisierten Sortier­anlage ermöglichen, die das Recycling von feuerfestem Ausbruchmaterial von ­derzeit sieben bis 30 % (plus 10 % Downcycling) auf insgesamt 90 % steigern wird. Bei global jährlich etwa 32 Millionen  Tonnen erzeugten Feuerfestmaterialien ist der ökologische und gesellschaftliche Nutzen beträchtlich.

Das Projekt wird von der European ­Health and Digital Executive Agency (HaDEA) im Rahmenprogramm Horizon Europe unter der Förderungsnummer 101058310 gefördert. Das Gesamtbudget beträgt 8,5 Millionen Euro. Sechs Millionen Euro werden von der EU finanziert, eine Million Euro vom ­Vereinigten Königreich. Die Projektlaufzeit ist von Juni 2022 bis November 2025. Das Konsortium besteht aus neun Mitgliedern, vier aus der Forschung und fünf Partner aus der Industrie. Die Partner kommen aus Österreich, England, Deutschland, Irland und Norwegen. Das Projekt wird von RHI Magnesita geleitet. Weitere am Projekt beteiligte Partner sind LSA GmbH (D), das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT (D), SINTEF AS (NOR), die Montanuniversität Leoben (AT), Innolas Laser GmbH (D), NEO Norsk Elektro Optikk AS (NOR), CPI Centre for Process Innovation Ltd (UK) und Crowd­helix Ltd (IRE).

Kontakt

Dr. rer. nat. Cord Fricke-Begemann, Leiter der Gruppe Materialanalytik,
E-Mail: cord.fricke-begemann@ilt.fraunhofer.de

Text zum Titelbild: Sichtbares Streulicht vom 532 nm-Laserausgang eines Lasers im Labor der InnoLas Laser GmbH in Krailling (© InnoLas Laser GmbH)

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