Gedruckte Schaltungen schützen Sensoren

Werkstoffe 06. 06. 2021
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Elektronische Sensoren können vielen Anwendungen in der Industrie, etwa im Automobilbau, zugutekommen. Doch sie müssen vor Angriffen und Verfälschungen geschützt sein. Das neue Verbundvorhaben sensIC zielt darauf, gedruckte Elektronik und Siliziumkomponenten direkt in Produkte zu integrieren, um Sensoren abzusichern. Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickeln Forschende dafür eine zentrale Komponente: gedruckte Sicherheitsschaltungen mit speziellen hardwarebasierten Funktionen, sogenannte Physical Unclonable Functions (PUFs). Das Bundesforschungsministerium fördert sensIC mit insgesamt 2,9 Millionen Euro. Die Industriepartner investieren weitere 1,35 Millionen Euro in das Projekt.

In elektrisch angetriebenen Fahrzeugen überwachen sie die Temperatur der Batterien, um deren Lebensdauer und Leistung zu optimieren, in Anlagen der chemischen und pharmazeutischen Industrie beobachten sie den Betriebszustand passiver Bauteile, um Fehler sofort festzustellen: Elektronische Sensoren können in vielen Anwendungen Kosten senken, die Zuverlässigkeit verbessern und neue Funktionen ermöglichen. Besonders wichtig ist ihr Einsatz, wenn Stoffe wie Trinkwasser oder Nahrungsmittel, Öl oder Gas durch Rohrleitungen befördert werden und eine vertrauenswürdige Liefer- und ­Verteilkette gewährleistet sein muss. Sensoren können dabei helfen, Manipulationen sofort zu entdecken.

Doch gerade Sensoren, die physikalische Zustände in Datenströme umwandeln, stellen selbst exponierte Ziele für Angriffe und Verfälschungen dar. Wie lassen sich Sensoren und Sensordaten wirksam schützen? Nach den Worten von Prof. Jasmin Aghassi-Hagmann basiert Informationssicherheit in diesen Anwendungen zurzeit vor allem auf Software-Algorithmen. Aber keine Software sei perfekt. Daher müssen wir auch über die Hardware für Sicherheit sorgen, erklärt die Leiterin der Forschungsgruppe Low ­Power Electronics with Advanced Materials am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT. Additive Verfahren, die Schicht für Schicht zwei- und dreidimensionale Bauteile erzeugen, eigneten sich dafür besonders gut. Mithilfe solcher Bauteile können wir Sicherheitsfunktionen nachträglich einbauen, ohne das Design dafür an den Hersteller abgeben zu müssen, so Aghassi-Hagmann.

Das neue Verbundvorhaben Eindeutige Identifizierbarkeit für vertrauenswürdige Hybrid-Sensorelektronik mit Hilfe additiver Fertigung – senslC kombiniert additiv gefertigte, das heißt gedruckte Elektronik mit Siliziumkomponenten und integriert sie sicher ­direkt in Produkte. Als konkrete Anwendung des Projekts werden hybrid integrierte Sensorschaltungen in Schläuche eingebaut, wie sie für verschiedene Automotive- und Industrieanwendungen erforderlich sind. Das von Benecke-Kaliko, einem Tochterunternehmen von Continental, koordinierte Vorhaben verbindet Materialwissenschaft und Cyber­security. Am INT entwickeln und fertigen Forschende um Prof. Jasmin Aghassi-Hagmann dafür eine zentrale Komponente: gedruckte Sicherheitsschaltungen mit sogenannten Physical Unclonable Functions (PUFs).

Digitaler Fingerabdruck ermöglicht Identifikation und Verschlüsselung

Bei PUFs handelt es sich um hardwarebasierte Funktionen, die aufgrund von kleinsten Schwankungen im Produktionsprozess entstehen. So kommt es in der gedruckten Elektronik durch die grobe Druckauflösung sowie die verwendeten Materialien und Tinten zu Variationen. Eine PUF wertet diese Schwankungen aus und erzeugt daraus ein individuelles Signal, das sozusagen als digitaler Fingerabdruck fungiert und eine eindeutige Identifikation des Bauteils oder die sichere Verschlüsselung von Informationen ­ermöglicht.

In einer kürzlich in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlichten Arbeit haben die Forschungsgruppen um Prof. ­Mehdi Tahoori, Prof. Horst Hahn und Prof. Jasmin Aghassi am KIT gemeinsam mit der Gruppe von Prof. Axel Sikora an der ­Hochschule Offenburg eine auf Metalloxid-­Dünnschicht-Bauteilen basierende hybride PUF vorgestellt, die gedruckte Elektronik und Siliziumtechnologie kombiniert. Diese PUF eignet sich dafür, im Internet der Dinge, in dem Menschen mit Maschinen sowie Maschinen miteinander kommunizieren, Geräte abzusichern und Daten zu schützen.

Das Projekt sensIC ergänzt für Anwendungen in Industrie und Automotive die PUFs als elektronische Identifizierungsmerkmale um optische Identifizierungsmerkmale, entwickelt von der Firma Polysecure: Eingebettete Fluoreszenzpartikel bilden prozessbedingt zufällige und daher nicht kopierbare Muster. Diese Partikelmuster werden während des Produktionsprozesses registriert und erlauben die eindeutige Identifizierung des Bauteils sowie einen zusätzlichen Tamperschutz gegen Hardwaremanipulationen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das am 1. Mai 2021 gestartete, auf drei Jahre angelegte Projekt sensIC im Rahmenprogramm Mikroelektronik aus Deutschland – Innovationstreiber der Digitalisierung mit 2,9 Millionen Euro bei einem Projektgesamtvolumen von 4,25 Millionen Euro. Als Koordinator fungiert Benecke-Kaliko, ein Continental-Tochterunternehmen. Neben dem Institut für Nanotechnologie des KIT sind als weitere Partner Cyient, Polysecure, das Leibniz-Institut für Neue Materialien, die Hochschule Offenburg, ContiTech MGW und als assoziierter Partner Elmos Semiconductor an dem Projekt beteiligt.or

Originalpublikation (Open Access):

A. Scholz, L. Zimmermann, U. Gengenbach, L. Koker, Z. Chen, H. Hahn, A. Sikora, M. B. Tahoori, J. Aghassi-Hagmann: Hybrid low-voltage physical unclonable function based on inkjet-printed metal-oxide transistors; Nature Communications, Nature Research, 2020, DOI: 10.1038/s41467-020-19324-5, https://www.nature.com/articles/s41467-020-19324-5

Text zum Titelbild: PUF-Kern für die eindeutige Identifikation eines Bauteils oder die sichere Verschlüsselung von Informationen (© Alexander Scholz, HS Offenburg u. KIT)

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