Umicore Galvanotechnik in Schwäbisch Gmünd erzielt mit einer neuen Edelmetalllegierung von elektrischen Kontaktflächen einen deutlichen Fortschritt bei der Nachhaltigkeit und Sicherheit von elektrischen Geräten – für das neue Schichtsystem wird das Unternehmen mit dem Oberflächenpreis DIE OBERFLÄCHE 2020 ausgezeichnet
Obwohl die meisten mobilen Endgeräte auf deutlich längere Lebenszyklen ausgelegt sind, werden diese oft durch deren nötige Verbindung nach außen nicht erreicht. Korrodierende Ladekontakte und Steckverbinder für kurze Ladezeiten oder den schnellen Datentransfer machen das ansonsten intakte Gerät schlagartig unbrauchbar. Daraus resultierende Reklamationen der Endkunden führen neben Imageschäden zu oft unvorhergesehenen Kosten auf Produzentenseite, welche mittelfristig in einen erhöhten und damit unattraktiveren Produktpreis münden.
Mit RHODUNA® Alloy hat die Umicore Electroplating GmbH einen Rhodium-Ruthenium-Elektrolyt entwickelt, welcher genau hier ansetzt. Die Legierung, welche mittels metallsparender Galvanikverfahren unter Verwendung bewährter Durchlauf-Massenproduktionsanlagen (in der Regel eine galvanische Beschichtung in Bandanlagen) aufgetragen werden kann, verleiht Kontakten eine bisher unerreichte Korrosionsbeständigkeit – ohne dabei Features wie die Schnellladefähigkeit zu beeinflussen.
Vergoldete Kontakte können Erwartungen nicht mehr erfüllen
Die anfangs rasante Entwicklung von Mobiltelefonen, Tablets, kabellosen Kopfhörern oder smarten Fitnessarmbändern verlangsamt sich zunehmend. Leistung, Design und Handhabung sind zwischenzeitlich oft markenübergreifend austauschbar geworden. Dadurch rücken schon marginale Preisunterschiede und die Nachhaltigkeit ins Blickfeld. Wobei der Begriff Nachhaltigkeit für den Konsumenten nicht zwingend mit dem oft damit verbundenen Umweltgedanken einhergeht – vielmehr ist es die Erwartungshaltung an ein langlebiges und jederzeit bedenkenlos einsetzbares Produkt.
Dies ist mit dem bisherigen Standard, vergoldeten Ladekontakten und Steckverbindern, nicht zu erreichen. Insbesondere Wearables werden naturgemäß nicht in einem von der Außenwelt geschützten Umfeld eingesetzt und sind damit galvanischen Korrosionsbedingungen ausgesetzt. Gerade bei Freizeitaktivitäten kommen die Geräte oft zwangsläufig mit chloridhaltigen Flüssigkeiten wie Hautschweiß, Schwimmbad- beziehungsweise Meerwasser oder auch Getränken in Kontakt. Natürlich sind die meisten Geräte zumindest spritzwassergeschützt und erwecken zunächst den Eindruck, keinen Schaden davongetragen zu haben. Die Gefahr besteht aber nicht in der unmittelbaren Funktionsfähigkeit, sondern mittelfristig an den offenliegenden Kontakten: In Verbindung mit chloridhaltigen Lösungen korrodieren vergoldete Kontakte beim Ladevorgang unweigerlich und mit hoher Geschwindigkeit.
Kontakte eines Fitnessarmbands nach dem Ladevorgang; der linke Kontakt, zuvor mit Schweißlösung verunreinigt, zeigt eine deutliche Korrosion der Goldschicht im Vergleich zum rechten, nicht verunreinigten Kontakt. Eine Verunreinigung mit chloridhaltigen Lösungen, wie Schweiß oder Meerwasser, bleibt aber im normalen Gebrauch von mobilen Elektrogeräten nicht aus (Bild: Umicore Galvanotechnik)
Schneller Korrosionstest belegt Überlegenheit der neuen Legierung
In einem elektrochemischen Korrosionstest wird die zu prüfende Oberfläche in einer etwa einprozentigen Kochsalzlösung (250 ml) bei 40 °C mit einer Spannung von 5 V beaufschlagt. Damit wird ein vollständiger Ladezyklus in 30 Sekunden bei mit Schweiß verunreinigten Kontakten simuliert.
Nach bereits zweieinhalb Minuten hat sich die für Kontakte übliche 0,75 µm Goldschicht vollständig aufgelöst und das Nickelsubstrat ist bereits stark korrodiert. Im Gegensatz dazu ist bei der RHODUNA® Alloy Legierung unter polarisiertem Licht bei 20-facher Vergrößerung keine Korrosion auszumachen. Die chemisch nahezu inerte Endschicht weist zudem eine sehr geringe Porosität und das Gesamtsystem damit eine hervorragende Korrosionsbeständigkeit auf, wie Martin Stegmaier (Bereichsleiter Dekorative Anwendungen) die bisher unerreichte Schichtcharakteristik bewertet.
Im elektrochemischen ASET-Test (Artificial Sweat Electrolysis Test) zeigt sich die Korrosionsbeständigkeit von RHODUNA® Alloy gegenüber dem bisherigen Standard Gold; bereits nach etwas mehr als zwei Minuten ist die Goldschicht aufgelöst und die Nickelschicht ist korrodiert, während die Rhodium-Ruthenium-Legierung stabil bleibt (Bild: Umicore Galvanotechnik)
Nachhaltigkeit bringt Wirtschaftlichkeit
RHODUNA® Alloy ist ein Gewinn für alle Beteiligten. Der Nutzer freut sich über eine längere Lebensdauer und damit Nachhaltigkeit seines mobilen Geräts. Der Produzent gewinnt gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen zahlt die hinzugewonnene Produktverlässlichkeit direkt auf das Imagekonto des Herstellers ein. Zum anderen arbeitet er durch RHODUNA® Alloy in der Gesamtkalkulation deutlich wirtschaftlicher – trotz der um den Faktor vier höheren Investition für die Legierung im Vergleich zur Goldschicht.
Eine nahezu fünffache Härte gegenüber dem bisherigen Standardverfahren mit Gold (rechts) erbringt ein 80-fach besseres Abriebverhalten der Rhodium-Ruthenium-Beschichtung (links) (Bild: Umicore Galvanotechnik)
Während sich der Imagegewinn nur schwer messen lässt und die dadurch vermeintlich höhere Absatzmenge sich erst mittelfristig auswirkt, ist die Ersparnis bei den durch korrodierte Kontakte anfallenden Reklamationen klar und sofort zu beziffern. Kosten für Korrespondenz, Logistik und natürlich für die Reparatur beziehungsweise den Austausch der defekten Geräte entfallen ersatzlos.
Hohe Qualität bietet Entscheidungsgrundlage
Die Angst, einen funktionierenden Prozess umzustellen, nimmt das Vertriebsteam der Umicore gleich beim ersten Gespräch mit der Vorstellung der Onboarding-Roadmap. Vor jeder möglichen Einführung beziehungsweise Umstellung auf RHODUNA® Alloy findet eine ungewöhnlich detaillierte Abfrage der bisherigen Prozessumgebung statt. So wird nach eigenen Angaben erreicht, dass es zu einer reibungslosen Produktivsetzung und damit im schlimmsten Fall nicht zu Produktionsausfällen kommt.
Durch eine Beschichtung der Kontakte mit RHODUNA® Alloy ist das Basismaterial der Kontakte sowohl am Gerät als auch am Stecker geschützt, wodurch der Ladevorgang sicher und der Fortbestand von Funktionalitäten wie schneller Datentransfer gewährleistet bleiben (Bild: Umicore Galvanotechnik)
Aber hier endet der unverbindliche Service des Unternehmens nicht. Uns ist bewusst, dass der Interessent eine vollumfängliche Entscheidungsgrundlage braucht, die weit über eine individuelle Preiskalkulation, Produktmuster und gegebenenfalls Optimierungshinweise für eine optimale Prozesslandschaft hinausgeht. Deshalb gehört auch eine Testproduktion im Umfeld des Kunden für Umicore dazu, beschreibt Markus Legeler (Leiter Vertrieb International) das Onboarding für Kunden. Er fügt hinzu, dass natürlich aufgrund der aktuellen Umstände alle Schritte von der Beratung über das Setup und die Mitarbeiterschulung bis hin zur fortwährenden Produktionsbegleitung auf Wunsch komplett virtuell abgebildet werden könnten.
Auszeichnung mit Oberflächentechnik-Preis 2020
Umicore Electroplating verdient sich mit RHODUNA® Alloy eine Top-Platzierung beim Stuttgarter Oberflächentechnik-Preis DIE OBERFLÄCHE, welcher alle zwei Jahre vom weltweit renommierten Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, Stuttgart, vergeben wird. Dessen Abteilungsleiter für Galvanotechnik Dr.-Ing. Martin Metzner begründet den dritten Platz mit einer simplen Tatsache: Der Umicore ... ist es gelungen ... den komplexen und oft widrigen Einflüssen zu begegnen, denen die Kontakte mobiler Endgeräte ausgesetzt sind. Die Auszeichnung freut Uwe Manz (Leiter Forschung & Entwicklung) ganz besonders aus einem Grund: Natürlich erkenne die Umicore Galvanotechnik am kommerziellen Erfolg, dass die richtigen Produkte für die verschiedenen Märkte entwickelt würden. Aber der Preis bestätigt auch, dass das Unternehmen in den Punkten Innovationsgrad, Nachhaltigkeit, Enabler-Qualitäten und industrielle Machbarkeit - nach welchen Kriterien der Preis vergeben wurde – weiter ganz vorne dabei ist.
Ausgewiesene Fachleute auf dem Gebiet der Edelmetallbeschichtung sind von der Zukunft der neuen Beschichtung überzeugt: Martin Stegmaier (Bereichsleiter Dekorative Anwendungen), Uwe Manz (Leiter Forschung & Entwicklung) und Markus Legeler (Leiter Vertrieb International) (Bild: Umicore Galvanotechnik)
Quellen
[2] https://ep.umicore.com/de/information/zeit-zu-wechseln/
[3] https://www.ipa.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/die-sieger-stehen-fest.html

