Zur Beurteilung der Verträglichkeit von Implantaten mit dem menschlichen Körper haben Forschende des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS ein Testsystem entwickelt, das die biologische Untersuchung von Implantatmaterialien auf eine neue Stufe hebt. Mit dem patentierten ClicKit-Well werden Materialien vergleichbar getestet, indem identische Testoberflächen geschaffen werden. Zudem sind multiple Tests auf einem Prüfkörper möglich. Das spart Material und ermöglicht effizientere Analysen der Implantatverträglichkeit.
Die Verträglichkeit von Implantaten hängt wesentlich vom eingesetzten Material ab. Daher werden Implantatmaterialien in einer künstlichen Laborumgebung, die dem lebenden Organismus nachempfunden ist, umfassend geprüft. Für diese In-vitro-Tests stellen die Materialhersteller Prüfkörper zur Verfügung, die sich entsprechend ihrer Herstellungsverfahren in Größe und Form stark unterscheiden. Testet man diese Prüfkörper in einer herkömmlichen Zellkulturplatte, lassen sich die Ergebnisse nicht direkt quantitativ vergleichen, da verschieden große Bereiche des jeweiligen Prüfkörpers mit Testflüssigkeit benetzt werden.
Neuartiges modulares Testszenario für Implantatmaterialien
Mit dem am Fraunhofer IKTS entwickelten Testsystem ClicKit-Well werden auf den Materialprüfkörpern definierte Bereiche geschaffen, die mit der Testflüssigkeit, zum Beispiel Blut- oder anderen Körperzellen, in Kontakt kommen. Diese Testflächen werden erzeugt, indem eine flexible, durchlochte Silikonmatte auf die Oberseite des zu testenden Materials gepresst und fluiddicht fixiert wird. Dieser sogenannte Well-Aufsatz ist einer Standardzellkulturplatte nachempfunden erläutert Dr. Juliane Spohn, Leiterin der Gruppe Biologische Materialanalytik am Fraunhofer IKTS. In die Wells wird Testflüssigkeit eingebracht und so die Wechselwirkung mit dem Materialprüfkörper untersucht. Da die so realisierten Testflächen immer gleich groß sind, können diese direkt quantitativ verglichen werden. So sind genauere Ergebnisse möglich.
Je nach Größe des Materialprüfkörpers, können verschiedene Tests gleichzeitig an einem Prüfkörper durchgeführt werden. So lassen sich im Vergleich zu etablierten Systemen bis zu 75 Prozent Material und Kosten sparen. Steriles Arbeiten ist dank eines Deckels, der auf das geschlossene System aufgesetzt wird, möglich. Das Testsystem ist modular konzipiert und in den gängigen Zellkulturformaten 96-Well, 48-Well und 24-Well konstruiert.
Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten
Das Testsystem kann Juliane Spohn zufolge überall da eingesetzt werden, wo die Wirkung eines Materials beziehungsweise einer Materialoberfläche auf angrenzende Bereiche von Interesse ist. Das betreffe insbesondere die Wechselwirkung mit biologischen Materialien, Zellen, Geweben und auf molekularer Ebene mit Proteinen. Entsprechend sei das Testsystem vor allem für Forschungsinstitute und Prüflabore relevant. Gemeinsam mit Anwendern möchten wir ClicKit-Well weiterentwickeln und für weitere Medizinprodukte und Einsatzgebiete adaptieren, so Spohn.
Interessante Anwendungen eröffnen sich auch im Hinblick auf die Herausforderungen durch die aktuelle Corona-Pandemie. Einsatzszenarien des Testsystems wären beispielsweise Untersuchungen von neuartigen antiviralen Oberflächen.


Text zum Titelbild: Das In-vitro-Testsystem ClicKit-Well (DE 10 2018 221 415.8, 12/18) ermöglicht standardisierte Tests direkt am Implantatmaterial mit reproduzierbaren Ergebnissen (© Fraunhofer IKTS)