Walther Trowal: Perfekte Oberfläche für additiv gefertigte Teile

Oberflächen 08. 09. 2020
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Mechanische Oberflächenbearbeitung mit Gleitschleifen

Speziell für die Oberflächenbearbeitung in der Additiven Fertigung hat Walther Trowal die AM Post Process Maschinen der Baureihe AM entwickelt. Erste Erfahrungen bei Pilotanwendern zeigen, dass das Gleitschleifen in nur einem Prozessschritt Oberflächen erzeugt, die hohe Anforderungen erfüllen.

Die meisten additiv hergestellten Teile müssen feingeschliffen oder poliert werden, denn – bedingt durch das Auftragen des Materials in Schichten – entsteht ein Staircasing-Effekt. Hinzu kommt, dass die so hergestellten Bauteile generell eine gewisse Oberflächenrauheit aufweisen. Zudem müssen Markierungen von Stützstrukturen und angebackene Pulverreste entfernt werden, bevor die Teile weiter bearbeitet oder verwendet werden können. Hier hat sich das Gleitschleifen als ideale Methode der Oberflächenbearbeitung herauskristallisiert, denn die Schleifkörper, welche die Bauteile umfließen, behandeln die Oberfläche schonend, gleichmäßig und reproduzierbar; außerdem erreichen sie auch das Innere der Bauteile und Hinterschneidungen.

Die Multivibratoren der Baureihe AM wurden speziell für die Oberflächenbearbeitung additiv gefertigter Werkstücke entwickelt (Bild: Walther Trowal)

 

Ein additiv gefertigter Kardanrahmen vor (links) und nach dem Trowalisieren (Bild: Walther Trowal)

 

Der AM-Post-Prozess

Die neuen Multivibratoren der Baureihe AM nehmen je nach Größe des ­Arbeitsbehälters bis zu 100 kleinere Teile oder einzelne bis zu einer Größe von etwa 900 x 500 mm auf. Die Werkstücke werden auf einer Träger­platte eingespannt, die dann am Boden des Arbeitsbehälters elektromagnetisch oder mechanisch fixiert wird. Die Schleifkörper werden eingefüllt, das Behandlungsmittel wird während des Bearbeitungsprozesses kontinuierlich zugegeben. Drei Unwuchtmotoren versetzen den Behälter in Vibration. Dabei gleiten die Schleifkörper um die Werkstücke herum und glätten so die Oberfläche. Die Bewegungen der Motoren überlagern sich so, dass eine homogene Oberfläche der Werkstücke entsteht, während die Kanten geschont werden. Nach einer vorher empirisch ermittelten Zeit ist der Prozess beendet und die fertigen Werkstücke werden entnommen.

Mehrere Hersteller von Komponenten für den Bau von Automobilen und Flugzeugen sowie in der Medizintechnik setzen bereits Multivibratoren der Baureihe AM ein. Mit ihnen reduzieren sie die verfahrensbedingte Rauheit Ra von etwa 2 µm bis 80 µm auf Werte in einer Größenordnung von 0,025 µm.

Maximilian Beien, Verkaufsleiter bei Walther Trowal, sieht die additive Fertigung und das Gleitschleifen als Einheit: Die additive Fertigung und das Gleitschleifen gehören fast schon zwingend zusammen, denn die meisten additiv hergestellten Teile brauchen exzellente Oberflächen, um ihre Funktion zu erfüllen. Turbinenschaufeln beispielsweise müssten mit minimalen Reibungsverlusten umströmt werden. Auch Bauteile mit hohen Anforderungen an Härte und Festigkeit profitieren Beien zufolge durch die beim Gleitschleifen entstehende gleichmäßige Verfestigung der Oberfläche. Und speziell bei bionischen Formen, die für diese Teile typisch seien, punkte das Gleitschleifen in besonders hohem Maße.

Das Verfahren eignet sich für alle Materialien, aus denen additiv gefertigte Teile bestehen: für hochfeste, schwer zerspanbare ­Metalle wie Titan sowie für Nickel-Basis- oder Kobalt-Chromlegierungen, außerdem für Buntmetalle oder Kunststoffe – Werkstoffe, mit deren Bearbeitung Walther Trowal jahrzehntelange Erfahrung hat. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, dass die von Walther Trowal entwickelten Schleifkörper und Verfahrensmittel für viele Werkstoffe, sicherheitsrelevante Komponenten und Prozesse bereits zugelassen sind.

Beien ist überzeugt von der Wirtschaftlichkeit des Trowalisierens bei der additiven Fertigung: Im Gegensatz zu elektrochemischen Verfahren bearbeiten wir Glätte und Glanz der Oberfläche in einem einzigen Prozess­schritt. Das Gleitschleifen bringe es auch mit sich, dass die Maschinen sehr kompakt seien und wenig Platz beanspruchten. Das Ergebnis ist nach den Worten von Beien eine optimale Oberflächenqualität mit kurzer Bearbeitungsdauer und hoher Wirtschaftlichkeit sowohl bei den Investitions- als auch bei den Betriebskosten.

Bewährte Technik für ein ­innovatives Verfahren

Eine manuelle Bearbeitung ist bei vielen additiv gefertigten Teilen ausgeschlossen, denn topologie-optimierte Werkstücke mit komplexen, oft bionischen, Formen weisen häufig schwer zugängliche Innenkonturen auf. Bei der Herstellung von sicherheitsrelevanten Komponenten für Luftfahrzeuge zum Beispiel sind die Anforderungen an Sicherheit und Reproduzierbarkeit der Prozesse so hoch, dass sie mit manueller Bearbeitung nicht erfüllt werden können. Das gilt umso mehr, weil die additive Fertigung längst in der Serienfertigung angekommen ist und die Stückzahlen beständig steigen.

Christoph Cruse, Vertriebsleiter bei Walther Trowal, freut sich, die Hersteller in Bezug auf die Oberflächenbearbeitung zu entlasten. Im Markt der additiven Fertigung ist ihm ­zufolge zurzeit Vieles in Bewegung, der Produktions­prozess an sich müsse für viele ­Werkstücke noch weiter optimiert werden. Deshalb würden es viele Anwender sehr schätzen, wenn sie für den nachgelagerten Prozess der Oberflächenbearbeitung nicht auch noch zusätzliche Entwicklungsarbeit leisten müssten, sondern sich auf das bewährte Verfahren Trowalisieren verlassen könnten.

Die Werkstücke werden auf einer Metallplatte befestigt, die durch einen Elektromagneten im Arbeitsbehälter fixiert wird (l.); große Werkstücke werden mit Hilfe eines Elektromagneten direkt auf dem Boden des Arbeitsbehälters eingespannt (r.) (Bild: Walther Trowal)

 

Drei Unwuchtmotoren versetzen den Arbeitsbehälter in eine sich überlagernde Bewegung (Bild: Walther Trowal)

 

Die für Werkstücke optimalen Prozessparameter ermitteln die Techniker und Ingenieure von Walther Trowal gemeinsam mit den Anwendern durch Tests im firmeneigenen Versuchszentrum. Dazu zählt die Auswahl der geeigneten Schleif- oder Polierkörper und der Behandlungsmittel. Die werkstückspezifischen Prozessparameter werden in der SPS der Maschinen gespeichert und können jederzeit abgerufen werden.

Nach Aussage von Michael Becker, Leiter des Versuchszentrums von Walther Trowal, erleichtert und verkürzt das einstufige Verfahren die Arbeit im Vergleich mit anderen bereits deutlich. Noch weiter könne der Prozess optimiert werden, wenn die Oberflächenbehandlung bereits bei der Parametrierung der 3D-Druckmaschine berücksichtigt werde. Dies gilt Becker zufolge zum Beispiel für die Einstellung der Schichtdicke sowie für die Fokussierung und Vorschubgeschwindigkeit des Lasers. Dabei unterstütze Trowal seine Kunden gerne.

Obwohl die additive Fertigung längst in der Serienfertigung angekommen ist, ist für die Weiterentwicklung des Verfahrens auf wissenschaftlicher Ebene enormes Potenzial vorhanden. Um damit auch für die Oberflächenbehandlung weiterhin Vorreiter zu sein, arbeitet Walther Trowal eng mit dem Direct Manufacturing Research Center (DMRC) der Universität Paderborn zusammen. Damit ­beide Projektpartner in enger Zusammenarbeit Studien durchführen können, ist dort eine AM-2-Maschine installiert.

a) Ein additiv gefertigtes Blisk-Segment vor (l.) und nach dem Trowalisieren; b) eine additiv gefertigte Düse vor (l.) und nach dem Schleifen (Mitte) sowie nach dem Polieren; c) ein additiv gefertigter Clip vor (l.) und nach dem Trowalisieren; d) ein additiv gefertigtes Luftleitblech vor (l.) und nach dem Trowalisieren; e) ein additiv gefertigtes Ohr-Einpasselement vor (l.) und nach dem Trowalisieren (Mitte) sowie nach dem Polieren(Bilder: Walther Trowal)

 

Über Walther Trowal

Walther Trowal entwickelt und produziert seit 1931 Verfahrenslösungen für die Bearbeitung von Oberflächen. Ausgehend von der Gleitschleiftechnik – der Begriff Trowalisieren ist abgeleitet von Trommel Walther – hat Walther Trowal das Angebotsspektrum kontinuierlich erweitert. So entstand eine Vielfalt von Anlagen und Maschinen für das Gleitschleifen und Strahlen sowie für das Beschichten von Massenkleinteilen. Mit der Erfindung neuer Verfahren, wie zum Beispiel dem Schleppschleifen, oder Verfahren für die Bearbeitung von additiv gefertigten Teilen hat das Unternehmen immer wieder seine hohe Innovationsfähigkeit unter Beweis gestellt. Walther Trowal realisiert vollständige Systemlösungen, die sich nahtlos in verkettete Produktionsabläufe der Kunden integrieren. Das umfasst die gesamte, an die spezifischen Anforderungen der ­Werkstücke angepasste Verfahrenstechnik, bei der sich Maschinen und Verfahrensmittel perfekt ergänzen. Da jedes Werkstück und jeder Produktionsablauf spezielle Anforderungen an die Prozesstechnik stellen, erarbeiten die erfahrenen Experten der Versuchsabteilung gemeinsam mit den Kunden die jeweils optimale Verfahrenstechnik. Walther Trowal zählt zu den Herstellern, die sowohl die Maschinen als auch alle Verfahrensmittel für die Gleitschleiftechnik selber entwickeln und herstellen – zum einen die ­Schleifkörper aus Kunststoff oder Keramik, zum ­anderen die Compounds. Das Produktspektrum umfasst auch die Peripherieeinrichtungen für das Handling der Werkstücke wie Hebe- und Kippgeräte, Förderbänder oder Rollengänge, außerdem für die Gleitschleifanlagen Trockner und Anlagen zur Aufbereitung des Prozesswassers. Mit Austauschprogrammen für Verschleißteile, bei denen sich beispielsweise Arbeitsbehälter in einem beständigen Kreislauf bewegen, schont Walther Trowal wertvolle Ressourcen und leistet einen Beitrag zur Nachhaltigkeit in der industriellen Produktion. Der schnelle Support und der weltweite Reparatur- und Wartungs­service sichern die hohe Verfügbarkeit der Anlagen. Das Unternehmen beliefert Kunden in unterschiedlichsten Branchen in aller Welt, so beispielsweise in der Automobil- und Flugzeugindustrie, der Medizintechnik und der Windenergieindustrie.

Kontakt:

Maximilian Beien, Walther Trowal GmbH & Co. KG
E-Mail: m.beien@walther-trowal.de

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