Vom 1. bis 3. Juli 2019 trifft sich die Steckverbinderbranche wieder in Würzburg zum 13. Anwenderkongress Steckverbinder. Diskutiert werden unter anderem Single Pair Ethernet, Schirmung, die applikationsgerechte Auswahl von Komponenten sowie das Design-in und neue Beschichtungen.
Für die diesjährige Keynote konnte Arthur Visser (Bishop & Associates) gewonnen werden. Er wird einen Blick auf den Steckverbindermarkt in Europa werfen und aktuelle Entwicklungen analysieren sowie einen Ausblick auf die Trends der nächsten fünf Jahre geben. Ein aktueller Trend in der Verbindungstechnik ist Single Pair Ethernet (SPE).
Single Pair Ethernet
Durch die zunehmende Digitalisierung und Verdrängung etablierter Bussysteme wird Single Pair Ethernet die zukünftige Infrastruktur für das Industrial Internet of Things (IIoT) bilden. Single Pair Ethernet ist eine neue Ethernet-Technologie, welche nur noch ein Adernpaar zur Übertragung von Daten und Power (Power over Dataline, PoDL) benötigt, anstelle von derzeit vier Paaren des aktuellen Gigabit-Ethernets. Auch eine Stromversorgung bis 60 Watt lässt sich über SPE realisieren.
Durch den einfachen Aufbau und die damit verbundene Reduktion von Gewicht, Platzbedarf und Installationsaufwand findet SPE in der Automatisierungstechnik immer mehr Interesse. Weitere Vorteile sind die Realisierung von kompakten I/O-Geräteschnittstellen, eine einfache Installationstechnik sowie eine kostengünstige Verkabelung mit entsprechendem Einsparpotenzial bei der gesamten Netzwerkinfrastruktur. Die Übertragungsraten von 10 MBit/s mit einer Übertragungslänge von 1000 m bis hin zu 1 GBit/s sind für zukünftige Industrieanwendungen im Rahmen von Industrie 4.0 bestens geeignet.
Dem Thema SPE widmen sich auf dem 13. Steckverbinderkongress gleich mehrere Vorträge. Matthias Fritsche, Harting Electronics, erläutert die Standards für SPE-Steckverbinder und die Ausprägung in Produkten für SPE-Geräte und -Verkabelung. Vertreter der Steckverbinderhersteller Phoenix Contact und Weidmüller, des Netzwerkinfrastruktur-Spezialisten Belden und des (Feld)Messtechnikers Fluke Networks legen in einem Gemeinschaftsvortrag dar, wie SPE die künftige Kommunikationstechnologie verändern wird.
Neue Schirmkonzepte
Auch die Schirmung oder allgemein als EMV bezeichnet, stellt einen wichtigen Trend dar: Ungeschirmte Twisted-Pair-Kabel sind insbesondere in der Automobilelektronik aus Kostengründen Standard. Welche Tücken bei der ungeschirmten einpaarigen Datenübertragung hinsichtlich der EMV lauern und warum ungeschirmte Twisted-Pair-Kabel bei Anwendungen von Single Pair Ethernet in der Automatisierungstechnik nicht funktionieren können, legt Dr. Helmut Katzier, Ingenieurbüro Katzier, in seinem Vortrag Elektrische Störungen bei der Verwendung von ungeschirmten Twisted-Pair Kabeln dar. Dem Thema Schirmung widmen sich ebenfalls Tobias Wiemann und Manuel Rüter, Phoenix Contact, in ihrem Vortrag Advanced Shielding Technology, eine neue Dimension der Schirmung.
Applikationsgerechte Auswahl von Steckverbindern
In Zeiten von IoT und Industrie 4.0 sind Steckverbinder und Kabel noch immer notwendig, um industrielle Automatisierungslösungen zu entwickeln und zu betreiben. Dabei ist die Auswahl der richtigen Komponenten schwieriger geworden: Die Hersteller bieten für fast jede erdenkliche Anwendung und Umweltbedingung eine Lösung. An dieser Stelle ist ein Überblick gefordert, den Kai Notté, Bürklin, in seinem Best-Practice-Vortrag zu Steckverbinderlösungen in der Industrieautomatisierung vorstellt. Martin Mänz, Emerson Automation Solutution, befasst sich in seinem Anwendervortrag mit den Lösungsansätzen bei der Kombination von verschiedenen Steckverbindern auf einer Leiterplatte.
Alternative Oberflächen
Ein weiterer Fokus liegt dieses Jahr auf neuen Schichtsystemen. Als Kontaktmaterialien werden schon seit langem Gold- und Palladium-Schichten als technische Oberflächen eingesetzt. Bedingt durch die steigenden Edelmetallpreise rücken zunehmend Schichten aus Silber und Silberlegierungen als Ersatz in den Fokus.
Der Vortrag von Robert Ziebart, Umicore, stellt Silber-Palladium-Schichten vor und deren Eigenschaften als alternative Oberfläche zu etablierten Oberflächen mittels Hartgold und Palladium-Nickel mit Flashgold. Speziell unter dem Aspekt der Langzeitstabilität stellt die Legierung eine Alternative in EoL-Automotive-Anwendungen dar. Die Silber-Palladium-Legierung eröffnet neue Optionen in Design und Anwendung für bestehende Steckkontaktanwendungen als auch Chancen in weiteren Industriezweigen, wie zum Beispiel bei Hochstromanwendungen, wie sie bereits in der nächsten Generation der E-Mobilität gefordert wird.
Markus Hörburger, Atotech, stellt in seinem Referat über chrom(VI)freie Silberpassivierungen organische und metallische Systeme gegenüber. Auch hier erfordert der hohe Goldpreis Alternativen. Silber wird immer attraktiver, da es neben dem Kostenvorteil sehr gute elektrische Eigenschaften besitzt und zudem für Hochleistungskontaktsysteme eingesetzt werden kann. Allerdings neigt Silber in bestimmten korrosiven Medien, wie zum Beispiel in sulfidischer Umgebung, zur Ausbildung von schwerlöslichen Sulfidschichten. Um diese zu vermeiden, muss passiviert werden. Bis zum Verbot waren chorm(VI)haltige Lösungen Stand der Technik. Im Vortrag wird neben den aktuell verfügbaren organischen Passivierungen eine neu entwickelte metallische Passivierung vorgestellt, die bei vergleichbaren Eigenschaften eine umweltfreundliche Alternative zu chrom(VI)haltigen Lösungen darstellt.
Abschließend widmet sich Wolfgang Schmitt, Doduco Solutions, in seiner Präsentation FiT-Richtlinie: Filmische Verunreinigungen beherrschen dem Thema Sauberkeit von Bauteileoberflächen nach Vor-, Zwischen- und Endreinigungsschritten. Grundlage bildet die Richtlinie des Fachverbands industrielle Teilereinigung e. V. (FiT). Schmitt stellt die Richtlinie vor und gibt weiterführende Handlungsempfehlungen zu sauberkeitsgerechtem Umgang mit Bauteilen, zu reinigungsgerechter Bauteilgestaltung sowie zur Handhabung von Proben für oberflächenanalytische Untersuchungen.
Auf dem 13. Anwenderkongress Steckverbinder im Würzburger VCC diskutieren Experten diese Entwicklungen und geben Antworten auf wichtige Fragen und weitere Trends. Anwender, das heißt, Entwickler von elektronischen Systemen, Steckverbinderhersteller und Konstrukteure, Mitarbeiter aus der Qualitätssicherung und dem technischen Management, finden einen fundierten Überblick zu aktuellen Aspekten bei der Auswahl, beim Einsatz und Design-in von Steckverbindern.
Basisseminare
Besonders für Einsteiger, aber auch für Fachleute, die ihr Wissen auffrischen wollen, sind die halbtägigen Basisseminare am Nachmittag des ersten Veranstaltungstages gedacht. Etabliert sind die Seminare
- Steckverbinder – Wichtige Kennwerte und Begriffe, Dr. Helmut Katzier, Ingenieurbüro Katzier
- Grundlagen zur Kontaktphysik, Dr. Helge Schmidt, TE Connectivity
- Das Steckverbindarium – Praktische Hinweise für die Geräteentwicklung und den Einsatz von Steckverbindern, Herbert Endres, Connector Consultants und
- Oberflächenbeschichtung von Kontaktwerkstoffen, Thomas Frey, IMO.
Neu in diesem Jahr ist das Basisseminar zu Kupferwerkstoffen: Kupferwerkstoffe für Steckverbinder und ihre technischen Oberflächen, das Stephan Groß, Wieland Werke, halten wird.
- www.steckverbinderkongress.de