Mikro-Energiesammler für das Internet der Dinge

Oberflächen 06. 03. 2019
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Fraunhofer IWS Dresden druckt mit Polymer-Tinte elektronische Schichten

Dünne organische Schichten können Maschinen und Geräten neue Funktionen verleihen. Zum Beispiel ermöglichen sie winzig kleine Energierückgewinner. Die sollen in Zukunft auf Rohren oder anderen Oberflächen angebracht werden, um bisher vergeudete Abwärme in Strom umzuwandeln. Experten vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS Dresden verwenden dafür Tinte auf der Basis von leitfähigen Polymeren.

Die IWS-Ingenieure haben dafür ein neues Verfahren entwickelt: Kleine Moleküle werden zu Polymeren zusammengesetzt, die negative Ladungsträger (Elektronen) transportieren können. Der Clou besteht darin, dass sich dieses Polymer anders als vergleich­bare Polymere im flüssigen Zustand befindet. Damit drucken beziehungsweise sprühen sie sehr dünne und glatte organische Funktionsschichten auf Oberflächen. Die Forscher wollen so thermoelektrische Generatoren konstruieren, die zum Beispiel Sensoren an schwer zugänglichen Stellen mit Energie versorgen, an denen ein Batteriewechsel nicht sinnvoll, nicht möglich oder sehr teuer ist, berichtet Lukas Stepien, der gemeinsam mit Dr. Roman Tkachov im Fraunhofer IWS Dresden dieses Entwicklungsprojekt betreut. Speziell sei an warme Rohre gedacht, die nicht heißer als 100 °C werden – bisher ist dies die Obergrenze für die untersuchten Polymere. Diese Technologie wäre laut Lukas Stepien aber auch nützlich im Internet der Dinge: Sensoren und andere elektronische Bauelemente könnten mit thermoelektrischen Generatoren ihren elektrischen Energiebedarf selbst ­decken. Eine Stromversorgung von außen wäre dann nicht mehr notwendig.

Thermoelektrische Generatoren ­kranken bisher an niedriger Ausbeute

Thermoelektrische Generatoren sind als Konzept zwar schon seit Jahren bekannt. Allerdings ist ihr Wirkungsgrad für einen massenhaften Einsatz noch immer viel zu gering: Sie wandeln im Schnitt nur sechs Prozent der empfangenen Wärmeenergie in elektrischen Strom um. Dass sich diese Technik bislang nicht durchsetzen konnte, lag nach den Worten von Stepien vielleicht auch an den zu hohen Erwartungen der Industrie. Heutige thermoelektrische Generatoren auf Basis von Polymeren liefern ihm zufolge ­leider meist nur ein paar Milli-Watt. Gelänge es indes, diese Ausbeute deutlich zu steigern, könnte dies weitreichende Folgen für die deutschen Energiebilanzen haben: Autohersteller beispielsweise träumen seit langem davon, ihre Motoren mit solchen thermoelektrischen Generatoren zu beschichten, um die bisher mühsam weggekühlte Abwärme der Antriebsmaschinen elektrisch wiederzuverwerten. Der Kraftstoffverbrauch von ­Autos ließe sich so um bis zu ein Zehntel senken, geht aus Schätzungen hervor. Allerdings sind die dafür bisher ausgetesteten Lösungen wenig effektiv.

Fraunhofer-Polymere ­vertragen auch Luftkontakt

Mit der Polymertechnologie aus dem Fraunhofer IWS könnte sich dies in Zukunft ändern. Einen wichtigen Schritt haben Roman Tkachov und Lukas Stepien bereits getan: Sie haben einen Weg gefunden, um Polymere vom sogenannten n-Leitungstyp (dabei steht n für negative Ladungsträger) zu verflüssigen, um sie dann weiter zu verarbeiten. Ein wichtiger Punkt dabei: Ihre Polymerschichten bleiben auch danach unter Alltagsbedingungen vergleichsweise stabil. Das ist nicht selbstverständlich. Denn solche langen organischen Moleküle neigten dazu, zu altern und ihre besonderen Eigenschaften zu verlieren, wenn sie mit Luft in Kontakt kommen.

Um ihre Tinten auf der Basis von ­leitfähigen Polymeren zu erzeugen, haben Dr. Roman Tkachov und Lukas Stepien einen mehrstufigen Prozess erarbeitet. Dabei ­verändern sie die kurzen Bausteine für Polymere, die sogenannten Monomere, zunächst auf chemi­schem Weg. Dann werden sie in einer Flüssigkeit gelöst. Wenn sich die Polymere zusammengefügt haben, kann das flüssige Material verarbeitet werden: durch Druck-, Sprüh- oder andere Verfahren.

Im Grundsatz waren diese Polymere nach Aussage von Lukas Stepien zwar auch bisher schon druckbar. Aber solange sie fest seien, sei dafür eine Dispersion, also eine Partikelmischung, notwendig. Demgegenüber erlauben die gelösten Polymere qualitativ sehr hochwertige glatte Schichtaufbauten, die – abhängig vom Prozess – nur ein Zehntel bis zehn Mikrometer (Tausendstel Millimeter) dick sind. Dies wiederum erlaubt kompaktere und effektivere Bauelemente als die bisher verwendeten Polymere. Perspektivisch sehen die Forscher nach den Worten von Dr. Roman Tkachov auch großes Potenzial für die Konstruktion von organischen Transistoren und Solarzellen. Bis dahin sei aber noch einige Forschungsarbeit zu leisten. Als nächstes konzentrieren sich die Ingenieure zunächst darauf, die elektrische Leitfähigkeit ihrer Polymere weiter zu erhöhen. Außerdem wollen sie erste Prototypen thermoelektrischer Generatoren aus ihren neuen Materialien herstellen. Und natürlich werden wir daran arbeiten müssen, den Wirkungsgrad dieser Generatoren weiter zu erhöhen, sagt Dr. Roman Tkachov.

  • www.iws.fraunhofer.de

Dr. Roman Tkachov begutachtet an einem Dispensdrucker im Fraunhofer IWS Dresden eine Folie, die er mit zwei verschiedenen leitenden Polymeren bedruckt hat. PEDOT:PSS ist ein Polymer mit positiven Ladungsträgern (p-leitend), während Poly(Kx[Ni-itto]) negative Ladungsträger transportiert (n-leitend). Dies zeigt auch: Die Polymere des IWS lassen sich mit Standardtechniken wie Druckern oder Rotationsbeschichtung verarbeiten (Bild: ©Fraunhofer IWS Dresden)

 

Die Ingenieure haben eine Glasplatte durch Rotationsbeschichtung (Spin Coating) mit einer besonders glatten und leitfähigen Polymerschicht aus Poly(Kx[Ni-itto]) überzogen. Daneben steht ein Probenfläschchen der Polymerlösung (Bild: ©Fraunhofer IWS Dresden)

Text zum Titelbild: Ein Dispensdrucker beschichtet Folien mit dem leitfähigen und flüssigen Polymer Poly(Kx[Ni-itto]) (Bild: ©Fraunhofer IWS Dresden)

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