- Recherche zur Technologie - Teil 1
Von Annabelle Schofer, Markus Niemann und Volker Bucher, Hochschule Furtwangen, Fachbereich Mechanical and Medical Engineering
Katheter und Führungsdrähte werden in verschiedenen medizinischen Fachbereichen sowohl für diagnostische wie auch für therapeutische Zwecke eingesetzt. Aufgrund der vielen verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten gibt es Form und Aufbau betreffend eine sehr große Variantenvielfalt. Die wichtigste Eigenschaft eines Medizinprodukts, die grundsätzlich vorhanden sein muss, ist die Biokompatibilität. Da es sich bei Kathetern und Führungsdrähten um medizinische Produkte handelt, deren Anwendungsbereich innerhalb des Körpers liegt, müssen Katheter und Führungsdrähte darüber hinaus zahlreichen anwendungsspezifischen Anforderungen gerecht werden. Diese Arbeit beschränkt sich dabei auf den Aspekt der beim Ein- und Ausführen auftretenden Reibung. Wird ein Katheter oder Führungsdraht in ein Hohlorgan eingeführt, entsteht beim Kontakt von Instrument und Gewebe Reibung. Eine zu große Reibung führt im Wesentlichen zu zwei Problemen. Zum einen geht das Gefühl für die exakte Bewegung des Instruments im Körper verloren, wodurch die Behandlung erschwert wird und es gerade bei Behandlungen in engen Gefäßen zu Verletzungen kommen kann. Zum anderen ist eine zu große Reibung für die Patienten schmerzhaft und kann vor allem bei längeren Katheterisierungen zu zusätzlichen Gesundheitsschädigungen führen. Um die Reibung zu reduzieren, werden auf die Katheter und Führungsdrähte spezielle Beschichtungen aufgebracht. Bei den Führungsdrähten kommen in den meisten Fällen hydrophobe Beschichtungen, bei den Kathetern dagegen meist hydrophile Beschichtungen zum Einsatz. Beide Beschichtungsarten erreichen trotz unterschiedlicher Funktionsweisen eine Reduktion der Reibung, wobei durch hydrophile Beschichtungen eine etwas größere Reduktion möglich ist. Jede der beiden Beschichtungsarten ist für einen anderen Anwendungsbereich optimal geeignet, sodass durchaus beide Typen ihre Daseinsberechtigung haben. Generell gibt es zahlreiche verschiedene hydrophile und hydrophobe Beschichtungen, die in ihrer Grundfunktion gleich sind, sich aber in ihren speziellen Eigenschaften unterscheiden. Die Auswahl der richtigen Beschichtung sollte daher immer anwendungsspezifisch getroffen werden.
Research on friction of guide wires and catheters – Part 1
Catheters and guide wires are used for diagnosis and therapy in different medical fields. Because of the different areas of application, there is a wide variety concerning the shape and structure of the device. The most important property of a medical device is the biocompatibility. Each medical device must be biocompatible. Because they are used inside the body, catheters and guide wires have to meet a lot of additional application-specific requirements. This paper only deals with the friction that is noticeable while the device is inserted or withdrew. If this friction is too high, there are two main problems. The first thing is, that the treating person loses the exact feeling for the movement of the device. Especially by using in small vessels these difficult conditions could cause injuries. Secondly, a high friction is uncomfortable and painful for the patient and in the case that the catheter stays inside the body for a longer time, the friction can cause additional health impairments. To reduce the friction, special coatings containing polymers are applied on the device surface. Coatings for guide wires are mostly hydrophobic, coatings for catheters are mostly hydrophilic. Although the operating principle of a hydrophobic coating is different from a hydrophilic coating, both of them reduce the friction, but the reduction reached with a hydrophilic coating is a little bit higher. Because each of them shows optimal results in another application field, both coatings have the right for existence. In general, there are a lot of different possibilities to realise hydrophobic as well as hydrophilic coatings. The fundamental operating principle for friction reducing is equal, but they are different concerning the special properties. The selection of the most suitable coatings should always occur application-specific.
1.1 Zielsetzung
Ziel der vorliegenden Arbeit ist eine ausführliche Recherche über Führungsdrähte und Katheterschläuche mit Hauptaugenmerk auf die Oberflächenbearbeitung zur Reduzierung der beim Ein- und Ausführen entstehenden Reibung. Zunächst soll ein grober Überblick über Katheter und Führungsdrähte gegeben werden. Dazu gehört die Frage, wozu und wie Katheter und Führungsdrähte überhaupt gebraucht sowie aus welchen Materialien und Beschichtungen sie gefertigt werden. Des weiteren wird die genaue Entstehung dieser Reibung näher erklärt und insbesondere werden die derzeit vorhandenen beziehungsweise erforschten Konzepte zur Reibungsverminderung vorgestellt.
1.2 Motivation
Am Beginn der Betrachtungen stellt sich die Frage, weshalb es überhaupt notwendig ist, die Oberfläche von Führungsdrähten und Kathetern zu bearbeiten und die Reibung zu reduzieren.
Jede Katheterisierung ist ein medizinischer Eingriff, bei dem ein Fremdkörper in den menschlichen Organismus eingebracht wird. Eine solche Maßnahme bietet immer ein gewisses Verletzungs- und Komplikationsrisiko. Eine zu hohe Reibung schadet dem umliegenden Gewebe. Gerade im urologischen Bereich, in dem Katheter häufig für längere Zeit im Körper verweilen, kann dies zu erheblichen Beeinträchtigungen und Beschwerden der Patienten führen. Gleichzeitig erschwert sie aber auch ein kontrolliertes und vorsichtiges Einführen des Katheters.
Bei vielen Katheterisierungen ist es von großer Bedeutung, bestimmte Positionen exakt anzusteuern, um die gewünschte Behandlung auch ausführen zu können. Bei der Herzkatheteruntersuchung beispielsweise werden die Katheter in sehr dünne, feine Herzkranzgefäße eingeführt. Bei solch kleinen Gefäßen können bereits minimale Abweichungen von der gewünschten Stelle zum Misserfolg einer Behandlung führen. Eine zu große Reibung kann gegebenenfalls nur ruckartige Bewegungen des Katheters ermöglichen, sodass ein exaktes Ansteuern und schließlich auch Treffen der gewünschten Stelle fast unmöglich wird. Aufgrund einer zu geringen Reibung entsteht jedoch ein Durchrutschen, wodurch der Nutzer des Katheders kein richtiges Gefühl mehr für die Steuerung des Katheters hat.
In vielen medizinischen Bereichen ist die Katheterisierung inzwischen ein sehr häufig verwendetes Standardverfahren. Um diese Eingriffe möglichst zielsicher durchführen zu können und zugleich die Beschwerden und Beeinträchtigungen des Patienten möglichst geringzuhalten, ist es notwendig, die Oberflächen der Katheter und Führungsdrähte so zu bearbeiten, dass die Reibung vermindert wird, gleichzeitig aber die Kontrollierbarkeit erhalten bleibt.
2 Grundlagen
Zum besseren Verständnis der Herausforderungen, die sich im Rahmen der Reibung eines Katheters oder Führungsdrahtes und Methoden zu deren Vermeidung ergeben, werden zunächst die dafür notwendigen Grundlagen vermittelt. Reibung benötigt immer zwei Komponenten. In diesem Fall sind dies der Katheter oder Führungsdraht und der Körper des Patienten. Um die bei einer Katheterisierung auftretende Reibung richtig analysieren zu können, ist es wichtig, den Aufbau, die Beschaffenheit und die Eigenschaften beider Komponenten zu kennen. Im Rahmen einiger allgemeinen Grundlagen über Katheter und Führungsdrähte ist es hilfreich, die Anatomie der Körperbereiche näher zu betrachten, in denen Katheterisierungen durchgeführt werden.
2.1 Anatomie
Die makroskopische Anatomie, also der mit bloßem Auge sichtbare Aufbau des Organismus, ist wichtig, um die Anwendung und die Wege, die ein Katheter im Körper zurücklegen muss, zu verstehen. Die mikroskopische Anatomie spielt für die Wechselwirkung zwischen Instrument und Gewebe eine Rolle.
2.1.1 Makroskopische Anatomie - Niere, Harnwege, Blutgefäße
Zu den ableitenden Harnwegen gehören, wie in Abbildung 1 dargestellt, die Nieren, Harnleiter (Ureter), Harnblase sowie die Harnröhre (Urethra). Die Hauptfunktion der beiden Nieren ist die Produktion des Harns. Abbildung 2 zeigt den Aufbau einer Niere. Sie besteht aus mehreren Nierenlappen, die jeweils aus Nierenmark (innerer Teil) und Nierenrinde (äußerer Teil) bestehen. Das Nierenmark hat eine pyramidenartige Form. Die Spitzen der Pyramiden münden jeweils in einen Nierenkelch. Die Nierenkelche gehen über in das Nierenbecken, dort wird der Urin gesammelt. Das Nierenbecken verjüngt sich und geht am Nierenhilus über in den Harnleiter, der die Verbindung zwischen Niere und Harnblase darstellt.
Abb. 1: Menschliches Harnsystem [73]
Abb. 2: Aufbau Niere [2]
Die beiden Harnleiter sind etwa 25 cm bis 30 cm lange muskuläre Hohlorgane und haben einen Durchmesser von 4 mm bis 7 mm. Die Harnblase ist ein Hohlorgan, das den Urin speichert und in die Abschnitte Blasenspitze, Blasenkörper (größter Teil der Blase), Blasengrund (hinterer unterer Blasenteil) und Blasenhals unterteilt wird. Seitlich mündet jeweils einer der beiden Ureter in die Harnblase. Der Blasenhals stellt eine Verjüngung dar und geht in die Harnröhre über. Die Harnröhre ist der letzte Teil der ableitenden Harnwege. Die weibliche Harnröhre ist etwa 2,5 cm bis 4 cm lang, die männliche hat eine Länge von etwa 17 cm bis 20 cm.
Arterien sind Blutgefäße, die vom Herzen wegführen. Die zentrale Arterie des menschlichen Körpers ist die Aorta. Venen sind Blutgefäße, die zum Herzen hinführen. Die Arterien verzweigen sich in immer kleinere Äste. Die kleinsten Verzweigungen sind die Kapillaren. Dort findet der Stoffaustausch statt. Die Kapillaren sind der Übergang der Arterien in die Venen.
Das menschliche Herz teilt sich auf in eine linke und eine rechte Kammer sowie einen linken und einen rechten Vorhof (Abb. 3). Vorhof und Kammer sind jeweils durch eine Herzklappe (Segelklappen) getrennt, die vertikale Trennung in zwei Hälften erfolgt durch ein Septum. Von der linken Kammer geht die Aorta ab, die durch die Aortenklappe vom Herzen getrennt ist. Von der rechten Kammer geht die Lungenarterie ab, die durch die Pulmonalklappe vom Herzen getrennt ist. In den linken Vorhof münden die vier Lungenvenen, in den rechten Vorhof münden die obere und die untere Hohlvene.
Abb. 3: Aufbau Herz [74]
Der große Blutkreislauf, auch Körperkreislauf genannt, beginnt in der linken Herzkammer. Das sauerstoffreiche Blut wird durch Kontraktion des Herzmuskels in die Aorta gepumpt und über die abzweigenden Arterien in die Kapillaren des gesamten Körpers verteilt. Dort kommt es zum Stoffaustausch. Das sauerstoffarme Blut fließt über die obere und untere Hohlvene zurück in den rechten Vorhof.
Der kleine Blutkreislauf, auch Lungenkreislauf genannt, schließt, beginnend in der rechten Herzkammer, an den großen Kreislauf an. Das sauerstoffarme Blut wird über die Lungenarterie in die Lungenkapillaren gepumpt und dort wieder mit Sauerstoff angereichert. Das nun wieder sauerstoffreiche Blut wird über die Lungenvenen in den linken Vorhof geleitet.
Die Blutversorgung des Herzens erfolgt über die beiden in Abbildung 4 dargestellten Koronararterien. Dabei handelt es sich um zwei Gefäße, die aus der Aorta entspringen, das Herz kranzartig umgeben und von denen viele kleine Äste abzweigen. Die arteria coronaria dextra (rechte Koronararterie) entspringt aus dem Sinus aortae dexter. Der Hauptstamm der arteria coronaria sinistra (linke Koronararterie) entspringt aus dem Sinus aortae sinistra direkt oberhalb der Aortenklappe. Sie teilt sich unmittelbar danach in zwei Äste. Der Ramus interventricularis anterior verläuft auf der Vorderseite des Herzens kaudal zur Herzspitze. Der Ramus circumflexus verläuft nach dorsal.
Abb. 4: Koronararterien mit Gefäßverschluss und Infarktareal [2]
Kommt es zu atherosklerotischen Veränderungen der Koronargefäße, führt dies zu sogenannten Koronarstenosen (Verengungen der Koronargefäße). Das Vorhandensein solcher Verengungen der Koronargefäße wird als Koronare Herzkrankheit (KHK) bezeichnet. Es kommt zu Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, was sich klinisch als Angina pectoris oder Myokardinfarkt äußern kann.
2.1.2 Mikroskopische Anatomie - Endothel, Gefäßstrukturen
Die Gefäßwand von Arterien und Venen besteht aus drei Schichten: Tunica Intima, Tunica Media, Tunica Externa (Abb. 5). Die Tunica Externa ist eine Bindegewebsschicht und verankert die Blutgefäße in ihrer Umgebung, wogegen die Tunica Media eine Muskelschicht ist. Zur Tunica Intima gehört das Endothel, das Stratum subendotheliale, eine subendotheliale Schicht aus Bindegewebe, und die Membrana elastica interna. Das Endothel kleidet die Innenseite der Gefäße aus, ist also der Teil des Gefäßes, der mit Kathetern und Führungsdrähten in Berührung kommt. Dabei handelt es sich um ein einschichtiges Plattenepithel (Abb. 6), das heißt eine dünne Schicht flacher Epithelzellen. Die einzelnen Endothelzellen sind über Tight Junctions aneinander geheftet. Die Endothelzellen sitzen auf einer Basalmembran (Stratum subendotheliale). Auf der apikalen Seite befindet sich eine Glykokalix, die das Anheften von Blutzellen verhindert.
Abb. 5: Aufbau der Gefäßwand von Arterien und Venen [2]
Abb. 6: Einschichtiges Plattenepithel [67]
Abb. 7: Aufbau der Wand von Harnleiter und Harnröhre [2]
Harnleiter und Harnröhre besitzen den typischen dreischichtigen Aufbau eines muskulären Hohlorgans (Abb. 7). Die tunica adventitia ist die äußerste Schicht und verankert das Hohlorgan in seiner Umgebung. Die Tunica muscularis ist eine Muskelschicht, bestehend aus einer Längs- und einer Ringmuskelschicht. Die Tunica mucosa ist die innerste Schicht und besteht aus einem Epithel und der darunter gelegenen Lamina propria. Die Tela Submucosa ist eine Schicht aus lockerem Bindegewebe zwischen der Tunica mucosa und der Tunica muscularis.
Im Harnleiter sowie im Anfangsbereich der Harnröhre handelt es sich beim Epithel um das sogenannte Urothel. Dieses findet sich auch im Nierenbecken und in der Harnblase. Das Urothel ist ein Übergangsepithel (Abb. 8). Das Übergangsepithel ist ein mehrschichtiges Epithel, das je nach Füllungszustand des Hohlorgans in seiner Höhe variiert. Es besteht aus den Basalzellen, die der Basalmembran aufliegen, den Intermediärzellen sowie den Deckzellen, die als oberste Schicht das Epithel bedecken. Harnleiter und Harnröhre haben bei kontrahierter Muskulatur ein sternförmiges Lumen (Abb. 9).
Abb. 8: Urothel [67]
Abb. 9: Ureter mit sternförmigem Lumen [67]
Blut besteht aus einem zellulären Anteil (etwa 45 %) und dem flüssigen Blutplasma (etwa 55 %). Der Hauptbestandteil des zellulären Anteils sind die Erythrozyten, die roten Blutkörperchen. Ebenfalls zum zellulären Anteil gehören die Leukozyten (weiße Blutkörperchen) und die Thrombozyten (Blutblättchen), diese kommen jedoch in deutlich geringerer Zahl vor. Die Thrombozyten sind an der Blutgerinnung beteiligt und tragen somit zur Entstehung eines Blutgerinnsels bei. Der zelluläre Anteil am Gesamtvolumen wird als Hämatokritwert bezeichnet. Das Plasma ist eine wässrige Elektrolytlösung, die zahlreiche Proteine enthält, zu denen auch die Gerinnungsfaktoren zählen.
Urin besteht im Wesentlichen aus Wasser, Harnstoff, Harnsäure und Elektrolyten. Die Elektrolyte sind im Wesentlichen Salze. Entgegen dem Blut enthält Urin keine zellulären Bestandteile und keine Gerinnungsfaktoren.
2.2 Katheterschläuche
Grundsätzlich wird unter einem Katheter ein starres oder flexibles Rohr verstanden, das sowohl für diagnostische wie auch für therapeutische Zwecke in Hohlorgane und Körperhöhlen eingeführt werden kann. Durch das Lumen, den inneren Hohlraum des Katheters, können Flüssigkeiten und Instrumente an eine bestimmte zu behandelnde oder zu untersuchende Körperstelle gebracht oder Körperflüssigkeiten aus dem Körper ausgeleitet werden. Katheter werden in sehr vielen verschiedenen medizinischen Bereichen eingesetzt und existieren daher in einer sehr großen Variantenvielfalt. Nachfolgend werden die wichtigsten Anwendungsgebiete von Kathetern, deren genauer Aufbau sowie die verwendeten Materialien dargestellt.
2.2.1 Anwendungen
Grundsätzlich werden zwei Arten der Anwendung unterschieden: Einmalkatheter werden zur einmaligen Untersuchung oder Behandlung in den Körper eingeführt und direkt nach der Entfernung aus dem Körper entsorgt, wogegen Dauerkatheter für den längeren Verbleib im Körper des Patienten vorgesehen sind.
Ein wesentlicher medizinischer Fachbereich, in dem Katheter Anwendung finden, ist die Urologie. Urologische Katheter dienen im therapeutischen Bereich hauptsächlich der Ableitung des Harns aus dem Körper, werden aber auch für diagnostische Zwecke eingesetzt. Es gibt zwei grundlegend verschiedene Arten von urologischen Kathetern.
Die sogenannten Harnleiterschienen (Uretherkatheter) werden direkt in das Nierenbecken eingeführt. Innere Harnleiterschienen liegen mit einem Ende im Nierenbecken, mit dem anderen Ende in der Harnblase und leiten so den Urin vom Nierenbecken in die Harnblase (Abb. 10). Äußere Harnleiterschienen liegen ebenfalls mit einem Ende im Nierenbecken, leiten den Urin aber entweder transurethral oder transkutan direkt aus dem Körper in einen Urinbeutel. Für länger andauernde Katheterisierungen sind innere Harnleiterschienen besser geeignet.
Abb. 10: Innere Harnleiterschiene [75]
Uretherkather werden therapeutisch bei Harnstau im Bereich der Niere oder der Harnleiter eingesetzt. In der Diagnostik werden sie für die retrograde Pyelographie genutzt, der bildlichen Darstellung der Niere.
Die zweite Gruppe bilden die Blasenkatheter, die den Urin aus der Harnblase ableiten und ebenfalls in Therapie und Diagnostik verwendet werden. Transurethrale Katheter werden über die Harnröhre in die Blase eingeführt (Abb. 11). Suprapubische Blasenkatheter werden durch die Bauchdecke in die Blase eingebracht (Abb. 12). Suprapubische Katheter werden fast ausschließlich in der dauerhaften Katheterisierung eingesetzt. Transurethrale Katheter werden sowohl für dauerhafte als auch für einmalige Katheterisierungen eingesetzt.
Abb. 11: Transurethraler Blasenkatheter [76]
Abb. 12: Suprapubischer Blasenkatheter [77]
In der Therapie werden die Blasenkatheter am häufigsten bei Blasenentleerungsstörungen eingesetzt. Die Ursache einer Blasenentleerungsstörung kann im Bereich der Harnblase, der Harnröhre, aber auch im Nervensystem liegen. Ebenfalls zum therapeutischen Bereich gehörend ist die Ableitung des Urins bei bettlägerigen Patienten, bei längeren Operationen sowie die vorübergehende Ableitung nach Verletzungen.
Im diagnostischen Bereich werden transurethrale Blasenkatheter zur Überwachung der Nierenfunktion benutzt. Mit Hilfe des Katheters wird dem Patienten über einen bestimmten Zeitraum Urin entnommen und in Bezug auf Menge und Konzentration untersucht. Weitere diagnostische Verwendungszwecke sind das Erstellen eines Zystogramms, die Messung des Blasendrucks, die Bestimmung der Harnröhrenweite sowie die Restharnkontrolle. Ein Zystogramm ist ein Röntgenbild der Harnblase, das zur Untersuchung von Lage, Größe und Form der Harnblase erstellt wird. Dabei wird über den Katheter ein Kontrastmittel in die Harnblase injiziert, sodass diese auf dem Röntgenbild sichtbar wird.
Eine weitere wichtige Anwendung von Kathetern ist die Herzkatheteruntersuchung in der Kardiologie. Der Herzkatheter wird dabei über eine Arterie oder Vene unter Röntgenkontrolle bis zur gewünschten Stelle im Herzen oder in den Herzkranzgefäßen vorgeschoben. Dieses Verfahren wird hauptsächlich für die Untersuchung und Diagnose von krankhaften Veränderungen des Herzens verwendet. Durch die modernen Katheter kann jedoch gegebenenfalls gleichzeitig eine Behandlung der Krankheit durchgeführt werden.
Grundsätzlich wird zwischen Rechts- und Linksherzkatheteruntersuchung unterschieden. Bei der Rechtsherzkatheterisierung wird der Katheter im Bereich der Ellen- oder Leistenbeuge in eine Vene eingeführt und mit dem Blutstrom in den rechten Vorhof, die rechte Herzkammer und schließlich in die Lungenarterien geführt (Abb. 13). Dabei wird in jedem Abschnitt der jeweilige Druck gemessen. Zusätzlich kann über den Katheter Blut entnommen werden um den Sauerstoffgehalt zu bestimmen sowie eine Messung des Herzzeitvolumens durchgeführt werden. Mit Hilfe dieser Untersuchung können Herzklappendefekte, Durchblutungsstörungen des Herzmuskels sowie Vorhof- und Kammerseptumdefekte diagnostiziert werden.
Abb. 13: Einführen eines Rechtsherzkatheters [78]
Abb. 14: Einführen eines Linksherzkatheters [79]
Die Linksherzkatheteruntersuchung ermöglicht die Untersuchung der linken Herzkammer sowie die Messung des dort herrschenden Drucks. Der Katheter wird dabei im Bereich der Leiste in eine Arterie eingeführt und gegen den Blutstrom über die Hauptschlagader in die linke Herzkammer vorgeschoben (Abb. 14).
Die häufigste Anwendung der Linksherzkatheteruntersuchung ist die Koronarangiographie, die bildliche Darstellung der Koronargefäße zur Erkennung von Verengungen dieser Gefäße. Das Vorhandensein solcher Verengungen bezeichnet man als Koronare Herzkrankheit (KHK). Eine solche Erkrankung kann mit Hilfe von speziellen Kathetern direkt im Anschluss an die Herzkatheteruntersuchung behandelt werden. Der Katheter wird, wie in Abbildung 15 zu sehen ist, über die Hauptschlagader bis zur Abzweigung der Koronargefäße vorgeschoben. Über diesen Katheter wird ein Kontrastmittel in die Herzkranzgefäße injiziert, sodass diese auf einem Röntgenbild sichtbar werden.
Abb. 15: Einführen eines Führungsdrahts in ein Koronargefäß [2]
Wird dabei eine krankhafte Verengung diagnostiziert, kann diese direkt im Anschluss mit einem Ballonkatheter behandelt werden. Dieser Katheter, der an seiner Spitze einen kleinen, aufblasbaren Ballon trägt, wird dann bis zur verengten Stelle in den Koronargefäßen vorgeschoben. Durch das Aufblasen des Ballons wird die Verengung aufgeweitet. Sollte diese Maßnahme nicht ausreichen, um das Gefäß längerfristig offenzuhalten, wird über den Ballon ein Stent aufgefädelt, der sich nach Aufblasen des Ballons in der Gefäßwand verankert und so das Gefäß über einen längeren Zeitraum offen hält.
Für sehr viele Behandlungen, vor allem aber in der Notfallmedizin, ist es nötig, Medikamente oder Infusionen intravenös zu verabreichen, das heißt über eine Vene in den Blutkreislauf einzuführen. Dafür werden Venenkatheter (zentrale und periphere) benutzt.
Periphere Venenkatheter, auch als Venenverweilkanülen bezeichnet, sind sehr kleine und kurze Katheter, die im Bereich der Ellenbeuge, des Handrückens oder des Unterarms in eine periphere Vene eingeführt werden. Periphere Venenkatheter können über längere Zeit in der Vene verbleiben und dienen so der mehrfachen Gabe von Medikamenten oder Infusionen und werden meist bei Krankenhausaufenthalten verwendet.
Zentrale Venenkatheter werden dagegen in eine größere Körpervene eingeführt und dienen dem Langzeitgebrauch. Sie werden bei Patienten verwendet, die über einen wesentlich längeren Zeitraum regelmäßig venös Medikamente oder Infusionen bekommen müssen, um eine ständige erneute Punktion der peripheren Venen zu vermeiden. Eine spezielle Art des zentralen Venenkatheters ist der Portkatheter. Dieser wird im Bereich des Brustkorbs unter dem Schlüsselbein in einer ambulanten Operation fest implantiert (Abb. 16).
Abb. 16: Lage eines Portkatheters [80]
2.2.2 Form und Aufbau
Katheter für die zahlreichen unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten in verschiedenen Körperbereichen weisen unterschiedliche anatomische Strukturen auf. Somit ist für jeden Katheter gemäß seiner Anwendung eine spezielle Form notwendig, was eine allgemeine Beschreibung erschwert.
Grundsätzlich bestehen Katheter aus einem, meist flexiblen, dünnen Schlauch, der im Inneren einen Hohlraum besitzt. Der Außendurchmesser dieses Schlauchs hängt von der jeweiligen Anwendung ab. Die Größe dieses Durchmessers wird in der Einheit Charriere (Ch.) angegeben (1 Ch. = 0.33 mm). Der innere Hohlraum eines Katheters wird Lumen genannt und besitzt zwei grundlegende Arten der Ausführung. Der Monolumenkatheter (Abb. 17) ist die einfachste Art und besitzt nur ein einziges Lumen, also nur einen Hohlraum im Inneren. Beim Mehrlumenkatheter (Abb. 18) verlaufen im Inneren des Katheterschlauchs mehrere Kanäle parallel. Damit können verschiedene Flüssigkeiten oder Instrumente zeitgleich an die selbe Stelle geschoben werden.
Abb. 17: Monolumiger zentraler Venenkatheter [81]
Abb. 18: Mehrlumenkatheter [82]
Das Ende des Katheters, das außerhalb des Körpers bleibt, ist meist offen und trägt eine Art Kupplungsstück, sodass Spritzen zur Flüssigkeitseinführung oder andere Instrumente an den Katheter angeschlossen werden können.
Der vorderen Teil des Katheters, die sogenannte Spitze, wird an die entsprechende Körperstelle vorgeschoben. Für die unterschiedlichen Anwendungsgebiete sind verschiedene Arten von Spitzen verfügbar (Abb. 19). Bei den Kathetern wird zwischen solchen mit gerader und gebogener Spitze unterschieden, sowie die sogenannten Pigtail-Katheter. Bei dieser Bauart sind eines oder beide Enden leicht spiralförmig aufgerollt und sollen so ein Verrutschen verhindern.
Abb. 19: Katheter mit gerader und gebogener Spitze, Pigtail-Katheter [83]
Eine in verschiedenen Anwendungsgebieten oft verwendete spezielle Katheterart ist der Ballonkatheter. Auf der Spitze des Katheters befindet sich ein kleiner Ballon, der über einen eigenen Kanal im Katheter aufgeblasen wird und verschiedene Aufgaben erfüllen kann.
Die zu den Blasenkathedern gehörenden transurethralen Einmalkatheter (Abb. 20) sind in der Regel Monolumenkatheter. Sie dienen lediglich der einmaligen Ableitung des Urins, sodass ein Lumen für den abfließenden Urin ausreichend ist. Transurethrale Einmalkatheter gibt es in verschiedenen Längen: 30 cm bis 45 cm für Männer, 15 cm bis 30 cm für Frauen und 20 cm bis 30 cm für Kinder und Jugendliche. Am distalen Ende befindet sich ein Konnektor, an den gegebenenfalls ein Urinbeutel angeschlossen werden kann.
Transurethrale Dauerkatheter (Abb. 21) sind in der Regel Ballonkatheter. Der Ballon wird, nachdem er in der Harnblase angekommen ist, aufgeblasen und verhindert so ein Ausrutschen des Katheters. Diese gibt es als 2-Wege- beziehungsweise 3-Wege-Katheter, sogenannte Spülkatheter. Bei den 2-Wege-Kathetern gibt es ein Lumen für den Abfluss des Urins und ein Lumen für das Aufblasen des Ballons. Am distalen Ende befindet sich ein Konnektor für den Anschluss des Urinbeutels und ein Ventil für das Aufblasen des Ballons. Beim 3-Wege-Katheter ist ein zusätzliches Lumen vorhanden, das zum Einbringen von Spüllösungen benutzt wird.
Suprapubische Dauerkatheter stehen als 1-Weg-Katheter zur Verfügung, die über eine Naht an der Bauchdecke fixiert werden und eher für den kurzeitigen Einsatz um eine Operation herum geeignet sind. Für längere Einsätze werden 2-Wege-Ballonkatheter oder Pigtailkatheter verwendet, die eine Befestigung durch eine Naht nicht benötigen.
Jeder der eben beschriebenen Katheter ist mit verschiedenen Spitzen erhältlich. Die bei Blasenkathetern am häufigsten verwendeten Spitzenformen sind der Abbildung 22 zusammengestellt.
Für die inneren Harnleiterschienen werden sogenannte Doppel-J-Katheter verwendet, die an beiden Enden, also sowohl im Nierenbecken als auch in der Harnblase eine Pigtail-Spitze haben. Sie sind beim Erwachsenen etwa 26 cm bis 34 cm lang mit Durchmessern zwischen 6 Ch und 8 Ch. Einige Modelle verfügen über einen Rückholfaden am distalen Ende. Für äußere Harnleiterschienen werden sogenannte MJ-Katheter verwendet, die nur an dem Ende, das im Nierenbecken liegt, aufrollbar sind. Um ein Herausrutschen zu vermeiden, werden sie entweder über Annähen oder bei transurethraler Anwendung an einem Blasenkatheter fixiert.
Das grundlegende Modell der Herzkatheder für die Rechtsherzkatheteruntersuchung ist der Swan-Ganz-Katheter, der 1970 von Wiliam Ganz und Harold Jeremy Swan entwickelt wurde. Inzwischen gibt es modifizierte, weiterentwickelte Modelle dieses Katheters. Soll bei der Untersuchung das Herzzeitvolumen gemessen werden und wird dies mit der Thermodilutionsmethode gemacht, so wird meist ein vierlumiger Ballonkatheter verwendet (Abb. 23 und 24). Ein Lumen dient dem Aufblasen des Ballons, der ein Herausrutschen des Katheters verhindern soll. Am distalen Ende befindet sich im Abstand von 4 cm ein Thermistor, der über ein weiteres Lumen über einen eigenen Anschluss verfügt. Der Katheter hat eine distale und eine etwa 30 cm vom distalen Ende entfernte proximale Austrittsöffnung mit jeweils eigenem Anschluss. Die distale Öffnung dient der Druckregistrierung und Druckentnahme, die proximale Öffnung dient der Injektion einer für die Thermodilution notwendigen Indikatorlösung. Mit Hilfe des Thermistors und der Indikatorlösung kann eine Temperaturverdünnungskurve aufgezeichnet und so das Herzzeitvolumen bestimmt werden.
Wird das Herzzeitvolumen nach einer anderen Methode (Fick) bestimmt, genügt ein zweilumiger Ballonkatheter. Dieser besitzt nur eine distale Öffnung zur Blutentnahme und zur Messung des Druckes.
Ein peripherer Venenkatheter (Abb. 25) besteht aus einer Stahl-Kanüle, auch Mandrin genannt, und einem diese Kanüle umgebenden Katheter. Die Kanüle kann innerhalb des Katheters bewegt werden. Nach der Punktion der Vene durch die Stahlkanüle, wird diese etwas zurückgezogen und der Katheter über diese Kanüle weiter in das Gefäß eingeführt. Schließlich wird die Kanüle komplett aus dem Katheter entfernt. Am Ende des Katheters befindet sich ein Einspritzventil.
Eine spezielle Art des zentralen Venenkatheters (Abb. 26), der Portkatheter, besteht aus zwei Teilen, dem Port und dem eigentlichen Katheter. Der Port ist eine kleine Kammer aus Kunststoff, die mit einer Silikonmembran verschlossen ist. An den Port ist der eigentliche Katheter angeschlossen. Das gesamte System wird komplett in den Körper implantiert. Der Katheterschlauch wird dabei in die entsprechende Vene gelegt, der Port in einer Hauttasche im Bereich des Brustkorps festgenäht.
2.2.3 Material und Beschichtungen
An alle für medizinische Produkte verwendete Materialien wird die Anforderung der Biokompatibilität gestellt. Unter Biokompatibilität wird die Verträglichkeit zwischen einem technischen und einem biologischen System verstanden [70]. Demzufolge darf das Material das Gewebe, mit dem es in Kontakt tritt, nicht beschädigen und generell keinen negativen Einfluss auf den Organismus haben. Die Biokompatibilität wird dabei in mehrere Stufen unterteilt [70]:
- Inkompatibel: Freisetzung von Substanzen in toxischen Konzentrationen, die zu gesundheitsschädlichen Reaktionen des Körpers führt
- Biotolerant: Produkte können mehrere Monate und bis zu mehrere Jahre im Körper verweilen, es findet keine Veränderung oder Zersetzung des Materials statt, es kann zu geringfügigen unerwünschten Gewebereaktionen kommen, das Material hat aber keine gesundheitsgefährdende toxische Wirkung auf das Gewebe
- Bioinert: Es kommt zu keiner chemischen oder biologischen Wechselwirkung zwischen Material und Gewebe, es werden keine toxischen Substanzen freigesetzt, sodass es zu keiner Gewebeschädigung kommt. Der Körper bildet um bioinerte Implantate eine Bindegewebskapsel
- Bioaktiv: Material geht aktive, positive Interaktionen mit dem umliegenden Gewebe ein.
Die für einen Werkstoff notwendige Stufe der Biokompatibilität wird durch die jeweilige Anwendung bestimmt. Darüber hinaus müssen bei der Wahl des richtigen Werkstoffs weitere anwendungsspezifische Anforderungen berücksichtigt werden. Generell können solche biokompatiblen Werkstoffe aus verschiedenen Materialien wie Metall, Keramik, Glas oder Polymeren bestehen.
In Bezug auf die mechanischen Eigenschaften muss das Kathetermaterial flexibel und biegsam sein, um durch schmale und nicht immer gerade verlaufende Körperhöhlen, wie die Harnröhre oder die Blutgefäße, geführt werden zu können. Gleichzeitig muss es aber mechanisch stabil genug sein, um der Zug- und Druckbelastung beim Ein- und Ausführen standhalten zu können.
Um die mechanischen Eigenschaften zu erfüllen, werden für die Herstellung von Katheterschläuchen in der Regel als Grundmaterial biokompatible Polymere verwendet. Polymere sind langkettige oder vernetzte Makromoleküle, die aus einzelnen Grundbausteinen, den Monomeren aufgebaut sind [66]. Dabei stehen verschiedene mögliche Polymere zur Auswahl, die sich in ihren Grundbausteinen und somit in ihren Eigenschaften unterscheiden. Aber auch Polymere aus gleichen Grundbausteinen können sich in ihren mechanischen Eigenschaften unterscheiden. Einige Faktoren, die zu diesen Unterschieden beitragen, sind zum Beispiel der Polymerisationsgrad, der die molekulare Masse beeinflusst oder die Stärke der Verzweigung der Polymerketten. Je stärker ein Polymer verzweigt ist, desto geringer wird seine Dichte (High Density- und Low Density-Kunststoffe). Die Dichte hat wiederum Einfluss auf den Kristallisationsgrad des Polymers.
Nachfolgend sind die für die hier vorgenommene Betrachtungen die wichtigsten Eigenschaften der verschiedenen Kunststoffe zusammengestellt:
- Polyvinylchlorid (PVC) ist ein kettenförmiges Polymer bestehend aus dem Grundbaustein Vinylchlorid, das durch Polymerisation aus dem Monomer Vinylchlorid hergestellt wird (Abb. 27). Das thermoplastisches Polymer ist in reiner Form hart und fest mit einer Zugfestigkeit von 50 N/mm2 bis 60 N/mm2; es ist mechanisch sehr stabil und sehr steif. In der Medizin wird Weich-PVC mit einer Zugfestigkeit von 10 N/mm2bis 15 N/mm2 eingesetzt, da es die für einen Katheter notwendige Flexibilität aufweist. Auf Grund der Verwendung von Weichmachern (vor allem Dioctylphthalat) ist PVC für Dauerkatheter weniger geeignet, um eine zu starke Abgabe der Weichmacher in den Blutstrom zu verhindern. PVC ist recht günstig und gut zu verarbeiten. Daher findet es hauptsächlich bei der Herstellung von Einmalkathetern Anwendung. PVC hat auf Grund der Weichmacher eine hydrophobe Oberfläche [70].
- Polyurethan ist ein thermoplastisches Polymer, dessen Grundbausteine die sogenannte Urethangruppe besitzen. Diese entsteht durch die Verbindung eines Polyalkohols (auch Polyether oder Polyester) und eines Polyisocyanats (Abb. 28). Die Eigenschaften des Polyurethans sind stark von den verwendeten Grundstoffen abhängig. Polyurethane aus Polyestern haben eine hohe Zugfestigkeit, eignen sich jedoch für medizinische Anwendungen nicht, da sie sehr empfindlich gegenüber Hydrolyse sind. Die in der Medizintechnik verwendeten Polyurethane basieren alle auf einem Polyether. Sie verwenden Diphenylmethan-diisocyanat (Abb. 29) als Isocyanatkomponente und Polytetramethylenetherglykol (Abb. 30) als Polyether. Durch eine spezielle Herstellmethode kann die übliche Anfälligkeit für Spannungsrisskorrosionen verringert werden. Ihre Reißfestigkeit liegt mit etwa 30 N/mm2 bis 45 N/mm2 deutlich über der des PVCs. Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass sie ohne Weichmacher hergestellt werden können [70].
- Silikone (Polysiloxane) sind synthetische Polymere mit Siloxanen als Grundbausteinen. Die einzelnen Siloxaneinheiten eines Polysiloxans werden jeweils durch Verknüpfung von Silizium- und Sauerstoffatomen verbunden und ergeben so das entsprechende Polymer Polysiloxan. Polysiloxane weisen eine sehr hohe Biokompatibilität auf und zeigen bei Menschen kaum unerwünschte Körperreaktionen. Sie sind unempfindlich gegenüber enzymatischem Abbau und daher sehr langlebig. Silikonkatheter ermöglichen einen größeren Innendurchmesser und sind aufgrund der sehr glatten Oberfläche wenig anfällig für Inkrustationen. Sie werden in der Urologie für Dauerkatheter verwendet. Es handelt sich bei Silikonen um Duroplaste, das heißt sie können nach einmaligem Aushärten nicht wieder verformt werden und können so auch bei großer Hitze sterilisiert werden. Allerdings ist ihre Zugfestigkeit mit 3,8 N/mm2 bis 9,5 N/mm2 deutlich geringer, als die der anderen Kunststoffe und die Herstellkosten liegen deutlich über den der anderen aufgeführten Kunststoffe. Ein Siloxan ist zum Beispiel das Dimethylsiloxan mit dem daraus hergestellten Polydimethylsiloxan [70] (Abb. 31). Aufgrund der unpolaren Methylgruppen, welche die polare Silizium-Sauerstoff-Kette umgeben, weist das Polydimethylsiloxan hydrophobe Eigenschaften auf. Für medizinische Anwendungen werden aus mehreren solcher Polydimethylsiloxan-Molekülen dreidimensionale Netzwerke geschaffen, indem mit Hilfe von Katalysatoren Verbindungen zwischen benachbarten Ketten herbeigeführt werden. Zusätzlich werden amorphe Kieselsäuren untrennbar in die Netzwerke eingebaut. Diese sollen die Klebrigkeit reduzieren und die mechanische Festigkeit erhöhen.
- Latex ist ein natürlich vorkommender Rohstoff. Latex-Katheter sind sehr weich und bieten den Patienten daher einen hohen Tragecomfort. Aufgrund der enthaltenen Proteine reagieren jedoch manche Menschen allergisch auf Latex-Katheter. Des Weiteren haben sie eine eher raue Oberfläche und sind daher sehr anfällig für Inkrustationen. Sie werden in der Urologie für die kurzzeitige Harnableitung bei einer maximalen Liegezeit von fünf Tagen verwendet. Silikonisierte Latexkatheter ermöglichen eine Liegezeit von bis zu sieben Tagen.
- Ein für Katheter sehr gern verwendetes Material ist das unter dem Markennamen PEBAX® verfügbare Polyetherblockamid. Dabei handelt es sich um ein geradliniges, kettenförmiges Blockcopolymer, das als Bestandteile Polyamid-Segmente und Polyether-Segmente enthält und zu den thermoplastischen Elastomeren gehört. Es ist flexibel und gleichzeitig reiß- und biegefest. Die genaue Härte des Materials hängt vom Verhältnis zwischen Polyamid und Polyether ab. Daher lassen sich durch Variieren der Zusammensetzung verschiedene Härte- oder Flexibilitätsstufen verwirklichen, wodurch das Material gerade für Katheter sehr gut geeignet ist.
Da speziell an die Oberfläche von Medizinprodukten weitere anwendungsspezifische Anforderungen gestellt werden, kommen bei den verwendeten Materialien entsprechende Oberflächenmodifikationen zum Einsatz. Dabei werden geeignete Beschichtungen auf die Oberfläche aufgetragen, wobei eine Beschichtung die verschiedenen Anforderungen unterschiedlich gut erfüllt.
Ein Katheter ist für den Organismus immer ein Fremdkörper und bietet somit, gerade bei längerfristigen Katheterisierungen im urologischen Bereich, die Gefahr einer Infektion. Antibiotikabeschichtungen sollen das Infektionsrisiko senken. Dafür verwendete Wirkstoffe sind zum Beispiel Chlorhexidin und Silbersulfadiazin.
Bei urologischen Kathetern kann es durch Ablagerungen von Urinbestandteilen zu einer sogenannten Inkrustation kommen. Dabei handelt es sich um die Ablagerung von Kristallen an Gewebe oder an Festkörpern. Bei urologischen Kathetern besteht die Gefahr, dass sich Bestandteile des Urins am Katheter ablagern. Inkrustationen am Katheter können diesen verstopfen und für den Patienten Unannehmlichkeiten verursachen.
Vor allem bei Herz- und Venenkathetern, die in ständigem Kontakt mit Blut sind, ist es wichtig, dass sie über eine hämokompatible (blutverträgliche), antithrombogene Oberfläche verfügen. Ein antithrombogene Oberfläche verhindert die Adhäsion von Thrombozyten und reduziert somit die Gefahr der Bildung von Blutgerinnseln am Katheter.
- wird fortgesetzt
Literatur
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[32] H. Lapp: Das Herzkatheterbuch: Diagnostische und interventionelle Kathetertechniken; 4th ed. s.l., Georg Thieme Verlag KG, 2014
[66] S. L. Vögele: Untersuchung zur Drehstabilität von Materialien zur minimal invasiven Therapie: Dissertation; 2017
[67] U. Welsch, T. Deller und W. Kummer: Lehrbuch Histologie; 4th ed., München, Elsevier Urban & Fischer, 2014
[70] E. Wintermantel und S.-W. Ha: Medizintechnik: Life Science Engineering // Life Science Engineering; Interdisziplinarität, Biokompatibilität, Technologien, Implantate, Diagnostik, Werkstoffe, Zertifizierung, Business; 5th ed
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[78] https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/22/Blausen_0196_Catheter_Right Heart_
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