Produkte aus Aluminium – korrosionsbeständig und dekorativ ...

Oberflächen 12. 03. 2018

... durch optimal gewählte Oberflächenbehandlung  –  Teil 2

Von Herbert Käszmann, WOTech GbR

Aluminium wird in zahlreichen Produkten aufgrund günstiger technisch-funktioneller und dekorativer Eigenschaften eingesetzt. Dabei werden vor allem die gute Korrosionsbeständigkeit und die hohe Beständigkeit beim dekorativen Erscheinungsbild in den Vordergrund gestellt. Die unterschiedlichen Anforderungen werden mit Hilfe verschiedener Verfahren der Oberflächenbehandlung und einer Beschichtung erfüllt. Die Verfahren unterscheiden sich deutlich in Bezug auf die dafür notwendigen Anlagentechniken, dem manuellen Aufwand für die Bearbeitung sowie den erforderlichen Produktionszeiten. Diese Größen bestimmen die Kosten für die Herstellung, die bei der Wahl des Verfahrens neben den daraus resultierenden Eigenschaften entscheidend sind.

Fortsetzung aus WOMag 1-2/2018

3 Kosten als Kriterium für die Verfahrenswahl

Die Eigenschaften der oberflächenbehandelten und beschichteten Aluminiumsubstrate erfüllen je nach Art der Anwendung die unterschiedlichsten Forderungen. So genügen die passivierten Oberflächen den Anforderungen an die Haftung für nachfolgende organische Beschichtungen oder einem zeitlich begrenzten Korrosionsschutz, während beispielsweise plasmaanodisierte Oberflächen auch unter stärkster Verschleißbeanspruchung keine Beschädigungen aufweisen oder galvanisch beschichtete Aluminiumteile auch Verbindungen durch Löten erlauben sowie sehr gute elektrische Kontakteigenschaften besitzen.

Andererseits spielen natürlich für die Herstellung der unterschiedlichen Oberflächenvarianten die dafür erforderlichen Aufwendungen eine entscheidende Rolle - also die Kosten für die Herstellung der verschiedenen Ausführungen der Oberflächen auf einem Aluminiumteil. Während bei der Beschichtung von organischen Schichtstoffen (Lacke oder Kunststoffbeschichtungen), metallischen Verbindungen (Metalloxide, wie sie beim thermischen Spritzen verwendet werden) und Metallen der Wert der aufgebrachten Stoffe die Kosten nennenswert beeinflussen können, spielt dies bei den Verfahren des Passivierens und des Anodisierens keine Rolle. Bei diesen Verfahren wird das vorhandene Grundmaterial lediglich mit dem Sauerstoff der Luft zum schützenden Aluminium­oxid umgewandelt. Die Kosten werden in diesen Fällen durch die Prozessdauer für die Herstellung der Oberflächen sowie den dafür erforderlichen anlagentechnischen Aufwand bestimmt. Diese wiederum unterscheiden sich für die in Abschnitt 2 des Beitrags (WOMag 1-2/2018) aufgeführten Verfahren, die einen groben Richtwert für die zu erwartenden Kosten liefern. Nachfolgend werden für die beschriebenen Verfahren die jeweiligen kostenrelevanten Größen zusammengestellt.

Prinzipiell ist es für die Auswahl der geeigneten beziehungsweise der erforderlichen Oberflächenbehandlung oder Beschichtung empfehlenswert, die Anforderungen auf die Relevanz für den Anwendungsfall zu bewerten. Beispielsweise sollte beim Einsatz von Aluminium für Außenfassaden sorgfältig geprüft werden, welche der Belastungen im Vordergrund steht: Korrosionsangriff durch maritime Atmosphäre, UV-Belastung durch Sonneneinstrahlung, mechanischer Abrieb durch Partikel in stark bewegter Luft oder beispielsweise Verschmutzung durch Vandalismus. Soweit es sich nicht um gängige Materialien, Materialkombinationen handelt oder deren Einsatzverhalten unter den gegebenen Umweltbedingungen nicht bekannt sind, sollten beispielsweise die Korrosionsbeständigkeit der Werkstoffe unter den Einsatzbedingungen sowie Kombinationen mit anderen Werkstoffen und den angreifenden Medien mittels Korrosionstest geprüft werden. Ebenso empfiehlt sich die Prüfung von organischen Schichten in Kombination mit dem Aluminiumsubstrat und unter den Einsatzbedingungen, zum Beispiel auf Änderung der Haftung, Farbe oder einem chemischen Angriff. Danach richtet sich dann die Auswahl der Verfahren, um ein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erzielen.

3.1 Schleifen und Polieren

Insbesondere für dekorative Anwendungen ist es in der Regel notwendig, Aluminiumsubstraten durch Schleifen und Polieren eine einheitlich glänzende oder dekorativ mattierte Oberfläche zu verschaffen. In zunehmendem Maße werden dafür - vor allem für hohe Losgrößen und geringe Teilegrößen im Bereich von wenigen 10 cm im Durchmesser - automatisierte Technologien eingesetzt, insbesondere die Gleitschleifverfahren in Vibrationsanlagen (Abb. 7) [15]. Je nach Durchsatz verfügen diese Anlagen über eine umfangreiche Automation von der Zuführung über den eigentlichen Schleifvorgang bis hin zum Entladen und Verteilen für die weitere Verarbeitung. Für das automatisierte Schleifen und Polieren der Teile, die gegen Beschädigung bei der Massenbearbeitung geschützt werden müssen, bietet sich das Schleppschleifen an. Hier werden die Teile an einem Werkstückträger fixiert und dann mit hoher Geschwindigkeit durch das Schleif-/Poliermittel bewegt [16-17]. Das Verfahren zeichnet sich durch eine kurze Bearbeitungszeit und damit eine erhöhte Effizienz aus.

Abb. 7: Automatisierte Anlagentechnik für das Gleitschleifen (Bild: Walther Trowal)

 

Abb. 8: Beispiel für das manuelle Schleifen und Polieren (Bild: LKS Kronenberger)

 

Große Teile wie beispielsweise Dachrelings für Fahrzeuge müssen in der Regel ­manuell (Abb. 8) oder unter Einsatz von Robotern geschliffen und poliert werden [13-14]. Solche Teile sind häufig Gussteile, bei denen darauf geachtet werden muss, dass die Gusshaut in einer Dicke von wenigen 10 µm nicht vollständig entfernt wird. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Poren im Werkstoff geöffnet werden und dekorative Teile unbrauchbar machen.

Neben glänzenden oder hochglänzenden Oberflächen sind (strich-)mattierte Oberflächen stark gefragt. Diese werden mit entsprechenden Bürsten (häufig ­Drahtbürsten) durch manuelle Bearbeitung oder den Einsatz von Robotern [13-14] erzeugt. Eine hochqualitative Bearbeitung erfordert eine detaillierte Vorbereitung zur Einstellung der Arbeitsparameter und eine gründliche Überwachung der hergestellten Oberflächen. Ein weiteres Erscheinungsbild ist die Mattierung durch eine Strahlbehandlung - bei Aluminium in der Regel mittels Strahlen mit Glasperlen. Je nach Losgrößen sind manuelle und automatische Bearbeitung gebräuchlich.

Alternativ zur manuellen Bearbeitung (bzw. roboterunterstützten Bearbeitung) besteht die Möglichkeit des elektrochemischen Polierens oder des chemischen Glänzens. Damit können Mikrorauheiten soweit beseitigt werden, dass Glanz oder Hochglanz entstehen. Starke Rauheiten oder unebene Oberflächen lassen sich damit allerding nicht beseitigen.

Die Kosten für die maschinelle Bearbeitung von Teilen richten sich nach den erforderlichen Investitionen für die Anlage, den Losgrößen pro Bearbeitungsgang sowie den erforderlichen Bearbeitungszeiten. Bei Vibrationsanlagen liegen die Zeiten im Bereich von Stunden mit Losgrößen zwischen einigen zehn Teilen (bei größeren Abmessungen und in Abhängigkeit der Größe der Anlage) und einigen 100 Teilen. Beim Schleppschleifen werden im Allgemeinen nur einige wenige Teile zeitgleich bearbeitet, allerdings liegen die Bearbeitungszeiten nach Angaben der Anlagenhersteller im Sekunden bis Minutenbereich (Abb 9).

Abb. 9: Bei Technologien wie dem Schleppschleifen (hier das Verfahren Pulsfinishing von Otec) sind die Teile mittels Werkstückträger fixiert und erreichen kurze Bearbeitungszeiten (Bild: Otec)

 

Bei manuellen Schleifen und Polieren oder der robotergestützten Bearbeitung kommen in der Regel rotierende Bürsten zum Einsatz, bei denen jeweils ein Teil bearbeitet wird. Die Bearbeitungsdauer ist stark von der Teilegröße abhängig und reicht von einigen zehn Sekunden bis zu einigen Minuten. Für geringe Losgrößen oder komplexe Teilegeometrien ist die manuelle Bearbeitung nach wie vor unumgänglich. Allerdings ist hier der Einsatz von geschulten Fachleuten erforderlich.

Für das chemische und elektrochemische Polieren (auch als Glänzen bezeichnet) werden nasschemische Verfahren benötigt, die mit einem Entfettungsvorgang beginnen. Das eigentliche Polieren lässt sich innerhalb weniger Minuten durchführen. Zwischen den Prozessschritten sind gründliches Spülen in Wasser und ein abschließender Trocknungsvorgang erforderlich. Die Kosten richten sich nach der Beladungszahl der Transportgestelle durch eine entsprechende Anlage sowie die Anlagengröße und periphere Ausstattung der Anlage. Als manuelle Tätigkeit trägt das Behängen und Abnehmen der Transport­gestelle zu den Bearbeitungskosten bei.

Diese qualitative Bewertung verdeutlicht, dass die Kosten für das Schleifen und Polieren innerhalb weiter Grenzen variieren. Allerdings erfordern die meisten Arten der nachfolgenden Oberflächenbehandlung oder Beschichtung eine sorgfältige mechanische Vorbearbeitung. Zu nennen ist hier vor allem das Entgraten bei gegossenen Aluminium­teilen.

3.2 Beizen und Passivieren

Das Beizen und Passivieren von Aluminiumteilen ist eine der am häufigsten vorgenommenen Oberflächenbehandlungsverfahren für funktionell eingesetzte Teile. Mit dem Verfahren wird die natürliche Oxidschicht mit allen ihren Fehlstellen entfernt und durch eine gleichmäßige Oxidschicht ersetzt. Je nach Verfahren (früher vor allem das Chromatieren, heute bevorzugt chromfreie Technologien), beispielsweise unter Einsatz von Phosphorsäure, können mikrorauhe Oberflächenfilme erzeugt werden, die als guter Haftvermittler zu Lacken oder Klebstoffen dienen.

Abb. 10: Beispiel für eine Anlage zur nasschemischen Oberflächenbehandlung(Bild: Dr.-Ing. Max Schlötter)

 

Das Beizen und Passivieren wird mit wässrigen Lösungen durchgeführt und greift auf die dafür ausgelegten Verfahren und Anlagen der typischen nasschemischen Prozesse zurück, wie sie in der Galvanotechnik gebräuchlich sind (Abb. 10). Um eine gleichmäßige und das gesamte Teil einbeziehende Beiz- und Passivierbehandlung zu gewährleisten, muss der Prozess mit einer geeigneten Entfettungsbehandlung beginnen. Zwischen den Behandlungsschritten werden die zu behandelnden Teile mit Wasser gespült. Damit ergeben sich mehrstufige Prozesse in etwa folgender Art:

  • Entfettung durch Tauchen in wässrigen Entfettungslösungen (schwachsauer, neutral oder schwach alkalisch), je nach Verschmutzung mit Unterstützung von Ultraschall, bei erhöhten Temperaturen von zum Beispiel 50 °C bis 70 °C
  • Spülen - zwei bis dreistufig - in Wasser
  • Tauchen in verdünnter Säure (Dekapierung) zur vollständigen Entfernung von Resten der Entfettungslösung
  • Beizen in Natronlaugelösung bei erhöhten Temperaturen von zum Beispiel 50 °C bis 70 °C; bei stark siliziumhaltigen Aluminiumlegierungen wird auch in wässrigen Lösungen aus Salpeter- und Flusssäure gebeizt beziehungsweise Lösungen mit weiteren Zusatzstoffen je nach gewünschtem Oberflächeneffekt (matt, glänzend) oder variierender Zusammensetzung der Aluminiumlegierung
  • Spülen - zwei bis dreistufig - in Wasser
  • Passivierung in speziellen wässrigen Lösungen (meist schwach sauer) bei Temperaturen zwischen 25 °C und 50 °C
  • Spülen - zwei bis dreistufig - in Wasser
  • Trocknen

Alle chemischen Prozesse erfordern Zeiten von einigen Minuten. Je nach Art der zu behandelnden Teile kommen Behandlungen auf Gestellen (sogenannte Einzelteilbearbeitung) oder in Trommeln / Körben (sogenannte Schüttgutbearbeitung) in Betracht. Für die Behandlung auf Gestellen ist es notwendig, die Teile einzeln aufzuhängen und nach der Bearbeitung wieder abzunehmen (Abb. 11). Dadurch fällt hierfür ein relativ hoher Aufwand durch manuelle Arbeit an. Deutlich kostengünstiger ist die Bearbeitung als Schüttgut, die in der Regel bei kleinen Teilen (Hülsen, Nieten) möglich ist. Ebenfalls kostengünstig ist die Behandlung von Aluminiumband oder Aluminiumblech, wenn dieses im Endlosverfahren, zum Beispiel direkt nach einem Walzprozess, bearbeitet werden kann. Dies wird beispielsweise für Reflexionsbleche für Leuchtkörper in breitem Umfang angewandt.

Abb. 11: Teile zur nasschemischen Behandlung werden meist manuell auf Transportgestellen auf- und abgehängt (Bild: Holzapfel Group)

 

An Stelle der Tauchbehandlung (wie oben aufgeführt) bietet die Spritzbehandlung eine kostengünstigere Variante für größere ­Teile. Diese ist beispielsweise bei der Lackierung von Aluminiumteilen anzutreffen, soweit die Teile im Ausgangszustand eine geringe Verschmutzung aufweisen und eine ­günstige Geometrie besitzen; günstig ist in diesem Zusammenhang eine Geometrie, die ein leichtes Ablaufen der Behandlungslösungen (Beizlösung, Spülwasser) ermöglicht, wie bei Blechen ohne nennenswerte Vertiefungen.

Für das Beizen und Passivieren entstehen Kosten durch manuelle Tätigkeiten wie Aufhängen und Abnehmen auf Gestelle für den Transport durch den Behandlungsprozess. Des Weiteren stellt die jeweilige Anlagentechnik mit Behältern, Transporteinrichtung, Luftreinhaltung, Wasseraufbereitung und Abwasserentsorgung sowie Heizung für die Behandlungsmedien sowie die Trocknung der Teile einen Kostenfaktor dar. Die Prozesse sind relativ robust und zeichnen sich durch einen eher geringen Wartungsaufwand aus.

3.3 Anodisieren

Das Anodisieren von Aluminiumteilen erfolgt in Anlagen zur nasschemischen Oberflächenbehandlung. Entsprechende Anlagen enthalten die in Abschnitt 3.2 genannten Prozessstufen für die Vorbehandlung durch Entfetten und Beizen. Anschließend wird in sauren Lösungen durch Aufbringen eines anodischen Stroms (umgekehrte Polarisierung wie bei der galvanischen Metallabscheidung) mit Stromdichten zwischen etwa 0,1 A/dm2 und etwa 3 A/dm2 [4, 5, 9] eine definierte Schicht aus einer Mischung von Aluminiumoxid (mit eingelagerten Wasser- beziehungsweise Hydroxidanteilen) aufgebracht. Die angewandte Stromdichte richtet sich nach der zu beschichtenden Legierung, der verwendeten Säurelösung sowie dem späteren Einsatzfall. In Tabelle 1 sind die ungefähren Behandlungsdauern in Abhängigkeit von der Stromdichte und für unterschiedliche Anwendungen zusammengestellt.

 

Das Anodisieren kann wird in der Regel mittels Gestelltechnik vorgenommen, da die Ströme sicher auf das jeweilige zu anodisierende Aluminiumbauteil sicher übertragen werden müssen. Die erforderliche manuelle Be- und Entstückung der Gestelle hat einen erheblichen Anteil an den Bearbeitungskosten. Eine Ausnahme davon stellt das Band­anodisieren dar, das meist bereits bei der Erzeugung des Aluminiumbands im Walzwerk als letzter Prozessschritt angesiedelt ist. Eine Anodisieranlage muss zwingend über eine Stromsteuerung zur Einstellung des notwendigen Anodisierstroms verfügen und für Spannungen bis etwa 100 V (meist Gleichstrom und für einige Verfahrensvarianten auch mit pulsierendem bzw. Wechselstrom) ausgelegt sein, das heißt, über geeignete Sicherheitseinrichtungen verfügen.

Bei der Herstellung von rein funktionellen Hartanodisationsschichten muss das Verfahren so ausgelegt sein, dass das Volumen der Poren so gering wie möglich wird. Da die Poren in der Regel durch eine chemische Rücklösung der Oxidschicht im sauren Anodisiermedium entstehen, führt eine Senkung der Elektrolyttemperatur zu einer Reduzierung des Porendurchmessers (entspricht einer Reduzierung des Porenvolumens). Das sogenannte Hartanodisieren wird aus diesem Grunde klassischerweise bei Elektrolyttemperaturen zwischen 0 °C und etwa 10 °C durchgeführt. Die dafür erforderliche intensive Kühlung erhöht den Energieverbrauch beim Anodisieren deutlich und ergibt somit deutlich höhere Herstellkosten als das Herstellen von Oxidschichten bei Elektrolyttemperaturen zwischen 20 °C und bis zu 50 °C. Im Übrigen erfordert diese Art der Anodisation kaum Heizleistung, da der umgesetzte Strom aufgrund des vorhandenen Ohmschen Widerstands der Elektrolyte ein Aufheizen bewirkt.

Neuere Untersuchungen [18] zeigen allerdings, dass funktionelle Hartanodisationsschichten in gewissen Grenzen auch bei höheren Elektrolyttemperaturen erzeugt werden können. Dazu eignen sich eine stärkere Umwälzung des Elektrolyten und eine angepasste Stromführung. Im Ergebnis lassen sich somit etwa 30 % bis 40 % Energie einsparen.

3.4 Anodisieren und Färben

Für dekorative Zwecke lässt sich eine Aluminiumoxidschicht einfärben, in dem in die beim Anodisieren entstandenen Poren Pigmente oder (heute eher weniger gebräuchlich) Metallverbindungen eingelagert werden. In diesem Fall werden Schichten mit größeren Poren bevorzugt und Schichtdicken zwischen 5 µm und etwa 15 µm. In der Regel wird der Prozessablauf gemäß Abschnitt 3.2 und 3.3 herangezogen und um einen weiteren Tauchvorgang in einer pigmenthaltigen wässrigen Lösung erweitert. Einige Färbeverfahren werden unter Einsatz von elektrischem Strom durchgeführt, um beispielsweise elektrochemische Reaktionen zur Bildung von farbigen Metallverbindungen zu er­zeugen.

Die Dauer des Färbevorgangs hängt von der vorhandenen Oxidschichtdicke ab und beträgt etwa 5 min bis 15 min. Sehr entscheidend für die Langzeitbeständigkeit der gefärbten Oxidschicht ist ein abschließender Prozessschritt des Imprägnierens und/oder Verdichtens. Das Verdichten erfolgt in der Regel in Wasser bei Temperaturen oberhalb von 85 °C und erfordert Prozesszeiten von bis zu 30 min. Dieser Vorgang zeichnet sich durch hohe Energiekosten aus. Aus diesem Grund wurden Verfahren entwickelt, die bei niedrigen Temperaturen arbeiten, allerdings dann unter Einsatz unterschiedlicher Chemikalien (z. B. von Fluoriden) erfolgen, wodurch die Abwasserbehandlung aufwendig (und damit kostenintensiver) wird.

Bei der Auswahl eines Färbeverfahrens spielt vor allem die Lichtbeständigkeit eine wichtige Rolle, insbesondere für den Einsatz im Architekturbereich bei ­Außenanwendungen. Hier empfiehlt sich im Hinblick auf die Gewährleistung eine sorgfältige Abschätzung der erzielbaren Beständigkeiten im Vergleich zum Einsatz von organischen Beschichtungen auf Aluminium. Des Weiteren werden auch Verfahren zum partiellen Anodisieren angeboten, die sich durch eine ausgezeichnete Kantenschärfe auszeichnen. Damit können auf Aluminiumsubstraten Bilder oder Kennzeichnungen in ausgefallener Optik (Abb. 12), ausgezeichneter Gebrauchsbeständigkeit und metallischem Charakter aufgebracht werden [23].

Abb. 12: Aluminiumoxidschichten mit hochdekorativen Effekten (Bild: Holzapfel Group)

 

3.5 Organische Beschichtung

Aluminium mit stark dekorativem Charakter für Anwendung in den Bereichen Architektur, Anlagen/Geräte oder Fahrzeugbau wird sehr häufig mit einer organischen Beschichtung versehen. Dadurch erweitert sich das farbliche Spektrum der Aluminiumteile erheblich und zugleich bleiben das geringe Teilegewicht und die gute Korrosionsbeständigkeit als Vorteile bestehen.

Ein wichtiges Kriterium für die Beschichtung von Metallen mit organischen Schichten ist die erzielbare Haftung zwischen den beiden Werkstoffen. Die poröse Aluminiumoxidschicht, wie sie bei der Anodisation erzeugt wird, ermöglicht ein Eindringen des flüssigen Lacks sowohl bei Anwendung von Nass- als auch von Pulverlacken. Dies führt zu sehr guter Verankerung zwischen den beiden Werkstoffen. Hierfür werden je nach Anforderung an die Korrosionsbeständigkeit des ­Systems aus Aluminiumgrundwerkstoff und organischer Beschichtungen Oxidschichtdicken zwischen etwa 5 µm und etwa 20 µm sowie Lackschichtdicken zwischen etwa 40 µm und 100 µm aufgetragen. Derartig beschichtete Aluminiumelemente kommen auch für Anforderungen unter höchsten Umweltbelastungen, wie beispielsweise bei Gebäuden in Küstennähe der Korrosivitätskategorie C5, zum Einsatz [19].

Zur Reduzierung der Herstellkosten verzichten Beschichtungsunternehmen auf das Anodisieren vor der Beschichtung mit organischen Stoffen. Stattdessen erfolgt die Beschichtung auf Aluminium mit Passivierungsschichten – früher vorwiegend durch Chromatieren. Hierbei handelt es sich um einen einfachen Tauch- oder Spritzprozess, oftmals in Form von kombinierten Beiz-Entfettungsverfahren und einer Passivierung. Derartige Passivierungen ergeben aufgrund der mikrorauen Struktur eine ausreichend gute Haftung der Lackierung.

Bei den Lackierungen wird heute überwiegend die Pulverlackierung eingesetzt. Vorteile sind ein geringerer Lackverlust, da der anfallende Overspray wieder in den Prozess zurückgeführt werden kann. Zudem enthalten diese Lacke keine Lösemittel, wodurch auf eine Entsorgung des Lösemittels verzichtet werden kann. Nasslacke zeichnen sich durch eine hohe Beständigkeit aus und werden nach wie vor für ­hochbeanspruchte Oberflächen eingesetzt. Zudem sind die Einbrenntemperaturen niedriger, woraus sich ein geringerer Energieverbrauch für das Aushärten der Beschichtung ergibt. Bei beiden Verfahren werden die Lacke häufig in einem Beschichtungsvorgang und unter Einsatz von automatisierten Beschichtungsanlagen aufgebracht. Komplexe Teile sowie kleine Losgrößen werden dagegen manuell beschichtet. Die Kosten für die organische Beschichtung sind vor allem in der notwendigen technischen Einrichtung und der erforderlichen Bearbeitungszeit begründet; in der Regel werden die Teile mit Taktzeiten von einigen Minuten in steter Folge einzeln beschichtet. Darüber erfordern die chemische Vorbehandlung und die Lackierung zwei unterschiedliche Arten von Transportsystemen durch die unterschiedlich gearteten Prozesse - daraus ergibt sich häufig die Notwendigkeit, die Teile zwischen den Prozessen auf unterschiedliche Transportgestelle zu hängen, also ein erhöhter manueller Aufwand.

3.6 Plasmaanodisieren

Das Plasmaanodisieren (auch als plasma­elektrolytische Anodisation (PEA oder PEO) bezeichnet) ist ein relativ neues Verfahren. Hierbei wird dem Anodisierstrom ein zusätzliches Strom-Spannungs-Signal mit Spannungen von mehr als 100 V hinzugefügt beziehungsweise überlagert. Dies führt zur Entstehung von kurzzeitigen lokalen Entladungen mit der Bildung von Plasmazonen. Die Plasmazonen auf der Oberfläche des entstandenen Aluminiumoxids weisen hohe Temperaturen auf, die wiederum das Oxid anschmelzen. Dadurch wird ein sehr dichtes (porenfreies) und (vermutlich) wasserfreies Oxid erzeugt [20-22].

Das Verfahren erfordert eine Vorbehandlung des Aluminiumsubstrats wie in Abschnitt 3.2 und 3.3 angegeben. Für das Anodisieren werden besondere elektrische Einrichtungen, entsprechende Steuerungen des Verfahrens sowie geeignete Sicherheitseinrichtungen benötigt, die über die Anlagentechnik des konventionellen Anodisierens hinausgehen. Allerdings zeichnen sich die hergestellten Schichten nach Angaben der Hersteller (z. B. ELB Zerrer GmbH) durch eine außergewöhnliche Härte, Korrosionsbeständigkeit, Porenfreiheit, Biokompatibilität und Duktilität aus [20, 22]. Sie übersteigen demzufolge die Eigenschaften der bisher herstellbaren Aluminiumoxidschichten deutlich.

3.7 Galvanisches Metallisieren

Die Einsatzmöglichkeiten von Aluminiumteilen werden durch das Aufbringen von Metallschichten nochmals erweitert. Metallische Schichten bieten sehr hohe Verschleißbeständigkeit (Chromschicht), beste Korrosionsbeständigkeit (Nickel-Chrom, chemisch abgeschiedenes Nickel), gute elektrische Kontaktfähigkeit (Silber, Hartgold), Löt- (Zinn) und Bondbarkeit (Silber, Gold) oder auch hohe Wertigkeit (Gold, Platin).

Ausgangspunkt der nasschemischen Beschichtung ist die gründliche Reinigung und Entfernung der natürlichen Oxidschicht, entsprechend der in Abschnitt 3.2 und 3.3 angegebenen Prozessfolge. Nach dem Beizen werden in mehreren Schritten metallische Haft- und Deckschichten aufgebracht. Häufig werden die folgenden Verfahrensvarianten eingesetzt [9, 24]:

  • Zinkatbeize; Kombination aus Beizbehandlung in saurer Lösung zur Entfernung der dünnen natürlichen Aluminiumoxidschicht und gleichzeitiger Kontaktabscheidung einer sehr dünnen Zinkschicht; dieser Prozess wird in der Regel wiederholt, um eine zuverlässig geschlossene Zinkschicht zu erhalten
  • Kupferabscheidung aus einem cyanidischen Elektrolyten; mit diesem Verfahren wird eine vollständige Belegung der Aluminiumoberfläche erzielt, ohne das Aluminium durch den Elektrolyten anzugreifen; in der Regel werden Schichten zwischen etwa 15 µm und bis zu 30 µm abgeschieden, die ein höchstzuverlässige Abdeckung des gesamten Aluminiumsubstrats garantieren
  • Nickelabscheidung zur Erzeugung einer glänzenden Oberfläche; in der Regel werden unterschiedliche Nickelverfahren eingesetzt, die auch eine mechanische Bearbeitung durch Polieren, Strahlen oder Mattieren zulassen
  • Deckschicht aus Chrom, Zinn, Silber, Gold oder anderen Edelmetallen, mit der die endgültig gewünschte Eigenschaft eingestellt wird

Aus der Prozessfolge wird ersichtlich, dass es sich um einen relativ aufwendigen Beschichtungsprozess mit zahlreichen unterschiedlichen Einzelverfahren handelt. Diese erfordern umfangreiche anlagentechnische Einrichtungen sowie relativ hohe Prozess­zeiten und können damit zu relativ hohen Herstellkosten führen. Ganz besonders zu empfehlen ist vor einer Entscheidung über den Aufbau einer Beschichtung die Abklärung der tatsächlich auftretenden Belastungen im Einsatzfall. Da das Aluminiumsubstrat elektrochemisch betrachtet die schlechteste Korrosionsbeständigkeit besitzt, können bei entsprechend korrosiver Belastung insbesondere bei ungenügenden Schichtdicken drastische Korrosionsschäden auftreten (Abb. 13) [24].

     

 

Abb. 13: Massive Korrosion eines galvanisch beschichteten Aluminiumsubstrats infolge ungünstiger Wahl der Dicken der aufgebrachten Metallschichten; Aufnahme im metallographischen Querschliff mit Lichtmikroskop (links) und mit REM (rechts)

 

3.8 Verfahren im Vergleich

Die Kosten für die unterschiedlichen Arten der Oberflächen hängen erwartungsgemäß von den Arbeitsweisen, anlagentechnischen und personellen Ausstattungen sowie den eingesetzten Verfahrensvarianten ab. Daher lassen sich Zahlenwerte für die Herstellung kaum sinnvoll angeben. Allerdings kann eine qualitative Darstellung beziehungsweise ein qualitativer Vergleich der unterschiedlichen Verfahren zu einer groben Einschätzung der Kosten für die verschiedenen Arten der Oberflächenbehandlung verhelfen. Dies soll Abbildung 14 vermitteln.

Abb. 14: Vergleich des Aufwands für die unterschiedlichen Oberflächenbehandlungen von Aluminiumteilen

 

4 Zusammenfassung

Aluminium findet in zunehmendem Maße Anwendung aufgrund des geringen Gewichts, der guten Verarbeitbarkeit, einer hohen Verfügbarkeit oder auch der guten Langzeitbeständigkeit. Für einen optimalen Einsatz ist es erforderlich, die meist nach mechanischen Aspekten gewählte Legierung mit einer sorgfältig gewählten Oberflächenbehandlung auf die unterschiedlichen Anforderungen im Gebrauch vorzubereiten. Dabei muss zwischen vorwiegend funktionellen und vorwiegend dekorativen Aspekten unterschieden werden. Für nahezu jeden Anwendungsfall empfiehlt sich eine chemische Behandlung durch Beizen und Passivieren, die der Oberfläche ein gute chemische Beständigkeit verleiht. Für hohe mechanische Belastungen wird die Aluminiumoxidschicht elektrochemisch auf Dicken zwischen einigen 10 µm und bis zu 250 µm verstärkt. Zur Herstellung von dekorativen oder dekorativ-funktionellen Oberflächen stehen farbige und farblose Oxidschichten, organische Beschichtungen mit Oxidschichten als Haftvermittler, galvanisch abgeschiedene Metallschichten oder auch Keramikschichten - hergestellt mittels Plasmaanodisieren - als derzeit beständigste Oberflächen zur Auswahl. Je nach Oberflächenausführung bestehen deutliche Unterschiede beim Aufwand für die Herstellung und damit auch bei den dafür notwendigen Kosten.

 

Literatur

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[12] N.N.: Rieger auf neuestem Stand der ISO/TS-Zertifizierung; WOMag 11/2017; www.womag-online.de

[13] N.N.: Dekorteile für Luxusautos; WOMag 10/2015; www.womag-online.de

[14] N.N.: Aluminium als Trendwerkstoff fordert hohe Bearbeitungskompetenz; WOMag 8/2014; www.womag-online.de

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[17] N.N.: Voll integriert in die Automobilfertigung; WOMag 4/2017; www.womag-online.de

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[19] N.N.: Internationale Qualitätsrichtlinien für Beschichtung von Bauteilen aus Aluminium, Stahl und feuerverzinktem Stahl; GSB AL 631, Mai 2015

[20] Basiswissen Oberflächentechnik, Ausgabe 2016; Seite 58ff

[21] R. Flüge: Funktionelle Aluminiumoberflächen in der Praxis; WOMag 9/2016; www.womag-online.de

[22] R. Flüge: Nanoleichtmetallkeramik - Innovative Oberflächentechnologie; WOMag 4/2014; www.
womag-online.de

[23] M. Kolb: Partielles Eloxieren; WOMag 6/2015; www.womag-online.de

[24] Ch. Schade, H. Käszmann: Edelmetallschicht auf Aluminium - dekorative und funktionelle Aufgaben; WOMag 2/2014; www.womag-online.de

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