Nahinfrarotspektroskopie

Oberflächen 10. 06. 2016

– Die Evolution im Prozessmonitoring der Elektrotauchlackierung

Von Sabrina Luckow-Markgraf, Deutsche Metrohm Prozessanalytik GmbH & Co. KG, Filderstadt

Die Elektrotauchlackierung zählt zu den effektivsten Lackierverfahren mit bestmöglicher Abdeckung des Substrats. Zur Aufrecht­erhaltung der guten Prozessparameter ist die Einhaltung der Lackzusammensetzung in engen Grenzen entscheidend. Mittels optimierter Prozesseinrichtungen auf Basis der Nahinfrarotspektroskopie bietet sich die Möglichkeit zum vollautomatischen und hochgenauen Prozessmonitoring, das bei den bestehenden Hochleistungsverfahren zur Beschichtung von Automobilen, Weißwaren, Anlagen oder Maschinen Grundvoraussetzung ist.

Near-Infrared Spectroscopy – Its Evolution in Process Monitoring of Electrocoat Painting

Electrocoat painting is one of the most effective of all painting processes, not least in ensuring that all areas of complex structures are uniformly coated. A key issue in maintaining such processes is ensuring that the paint composition is tightly maintained within narrow limits. Using optimally installed instrumentation based on near-infrared spectroscopy, fully automated and highly accurate control of this parameter can be achieved, as is the case in high-performance plants used for painting automobile bodies, domestic white appliances, equipment or machinery.

Beschichtete Oberflächen, die durch das Verfahren der Elektrotauchlackierung entstanden sind, begegnen uns täglich; angefangen von Heizkörpern, Büromöbeln und Geldautomaten bis hin zu Maschinenteilen, Landmaschinen und Autoteilen. Eins haben alle Komponenten gemeinsam: Sie müssen sehr hohen Qualitätsanforderungen genügen. Hohe Korrosions- und Temperaturbeständigkeit, gleichmäßiges Aussehen der Oberfläche, Beständigkeit gegen physikalische Einwirkung (z. B. Schlagfestigkeit), Chemikalien oder UV-Strahlung sind wichtige Anforderungen je nach Einsatzgebiet der Produkte.

Diese Anforderungen erfüllt das elektrochemische Lackierverfahren, bei dem die Bauteile (z. B. komplette Karosserien) in eine elektrisch leitfähige Lackdispersion auf Wasserbasis getaucht werden und sich ein geschlossener gleichmäßiger Lackfilm auch bei äußerst komplexen Geometrien bildet. Aufgrund des guten Umgriffverhaltens des Verfahrens lassen sich auch Hohlkörper beschichten.

Der Lack besteht zu etwa 80 % aus Wasser; weitere Bestandteile sind organische Lösemittel, Pigmente, Säuren und Additive (z. B. Bindemittel), die der Oberfläche des Bauteils die gewünschten Eigenschaften verleihen. Nur die richtige Zusammensetzung der Lacklösung und bestimmte Eigenschaften des Lacks ermöglichen den Vorgang der Elektrotauchlackierung (ETL) und erlauben einen einwandfreien Schichtaufbau am Bauteil.

NIRS zur Qualitätssicherung

Die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) wird überall dort eingesetzt, wo Prozessbäder kontinuierlich überwacht werden, um die geforderten Qualitäten von Zwischen- und Endprodukten sicherzustellen. Das Verfahren ist aufgrund der einfachen Handhabung in der chemischen Industrie langjährig vertreten und in modernen Anlagen nicht mehr wegzudenken.

Der Vorteil dieser Prozessanalysenmesstechnik liegt in der Analyse der Lackzusammensetzung in Echtzeit, das heißt Analysenergebnisse liegen in Sekundenschnelle vor. Gerade für die Zusammensetzung der Elektrotauchlacke ist die Methode ideal geeignet, da hier vor allem die Wirtschaftlichkeit der Lacke an erster Stelle steht und ein Umkippen des Bades absolut vermieden werden muss. Der Kostendruck auf die Anlagenhersteller und -betreiber ist enorm hoch: Es müssen immer modernere Anlagen konzipiert und Beschichtungsverfahren entwickelt werden, um maximalen Durchsatz bei gleichzeitig höchster Qualitäts­anforderung, beispielsweise gerade im Auto­mobilbereich zu erzielen.

NIRS XDS Prozessanalysator

Die NIRS XDS-Prozessanalysatoren von Metrohm ermöglichen ein kontinuierliches Monitoring der Zusammensetzung des Elektrotauchlacks direkt in den Lackierstraßen und somit eine vorausschauende Prozessführung. Kommt es zu Abweichungen im Analysenergebnis, kann über die Kommunikation mit dem Prozessleitsystem zeitnah die Nachdosierung einzelner Komponenten erfolgen. Eine Nachdosierung auf Verdacht wird durch das zuverlässige Monitoring der Ergebnisse vermieden. Ist der Zielwert erreicht, kann die Nachdosierung gestoppt werden und der Lack arbeitet weiterhin
innerhalb der Spezifikation.

Es liegt nahe, dass die NIRS die ideale Methode ist, um zeitintensive Laboranalysen, die oft nur einmal täglich stichprobenartig erfolgen, zu ergänzen. Die Informationsausbeute ist hierbei viel höher und der Eintrag möglicher Fehlerquellen durch das Entfallen der Probenahme und Laboranalyse wird vermieden. Sollte am Ende der Prozesskette ein Bauteil doch einmal Qualitätsmängel aufweisen, kann schnell ausgeschlossen werden, dass der Schritt der Tauchlackierung dafür verantwortlich ist, da durch die lückenlose Überwachung sichere Ergebnisse aufgezeigt werden. Die Ursachenfindung kann mit dem Einsatz des NIRS XDS Prozess­analysators beschleunigt werden, da ein tatsächlicher Konzentrationsverlauf der Parameter vorhanden ist.

 

Informationsgewinn aus der NIRS-Analyse

Neben der Anforderung an die Qualität der einzelnen Bauteile spielen das Einsparpotenzial und auch der Umweltschutz eine wichtige Rolle. Die Elektrotauchlackierung ist an sich bereits ein günstiges Verfahren, dennoch finden sich immer wieder neue Herausforderungen, beispielsweise in der Reduzierung des Einsatzes von Lösemitteln. Der Einsatz der NIRS XDS-Prozessanalysatoren hilft, Prozessbäder noch näher an die Grenzen von 1 % bis 2 % organischer Lösemittel (volatile organic compounds = VOC) zu betreiben und somit das bereits umweltfreundliche Verfahren noch mehr Richtung Lösemittelfreiheit zu optimieren.

Ein großer Vorteil von NIRS ist die sehr einfache Handhabung. Bei den NIRS XDS-Prozessanalysatoren handelt es sich um Spektrometer, die über Lichtwellenleiter und einer Sonde (dem eigentlichen Messwertaufnehmer) mit dem Prozesslack verbunden sind. Licht einer Wolfram-Halogenlampe, optimiert für den spektralen NIR-Bereich, tritt in Wechselwirkung mit der Lackprobe, wodurch die Lackmoleküle angeregt und in Schwingung versetzt werden. Die Absorption der Lichtenergie durch die Anregung ergibt ein Spektrum im nah­infraroten Wellenlängenbereich (800 nm bis 2500 nm) aus. Bei NIRS werden die Kombinationsschwingungen und Obertöne der Schwingungen ausgewertet.

Auf molekularer Ebene erfolgt vor allem eine Anregung der funktionellen Gruppen organischer Moleküle, das heißt vor allem der C-H-, O-H-, N-H- und S-H-Bindungen. Über einen Detektor werden die Spektren (Extinktionen in Abhängigkeit der Wellenlänge) erstellt und ausgewertet. Die Messung der Probe durch das Spektrometer erfolgt ohne ihre Bearbeitung oder Veränderung. Eine Probenvorbereitung oder ein Einsatz weiterer Chemikalien entfällt damit vollständig. Erfasst wird immer der Prozesszustand der gesamten Probenmatrix.

Rahmenbedingungen und Einsatzmöglichkeiten

Da NIRS eine Sekundärmethode ist, ergibt sich das Analysenergebnis durch den Abgleich der NIR-Spektren mit einer Referenzanalytik (z. B. Titration, Destillation, GC). Aus Referenzanalysenwerten und NIR-Spektren wird vorab ein Kalibriermodell erstellt und für die kontinuierliche und automatisierte Prozesskontrolle hinterlegt.

Dabei spielt es keine Rolle, ob ein oder verschiedene Parameter gleichzeitig erfasst werden sollen. Da der NIRS XDS-Prozessanalysator immer die gesamte Matrix erfasst, sind über den Einsatz der multivarianten Datenanalyse gezielt mehre Analysenparameter gleichzeitig zugänglich. Für die ETL-Anlagen bedeutet dies eine zeit­nahe Analyse von mehreren Parametern gleichzeitig mithilfe der eingesetzten Prozessanalysentechnik.

Qualitätsbestimmende chemische Parameter wie Lösemittelkonzentration, Aminzahl, Additiv- beziehungsweise Bindemittelkonzentration lassen sich ebenso gut mit nur einer Messung erreichen wie auch einige physikalische Komponenten.

Ein wichtiger Parameter bei Lacken für den Einsatz in der ETL-Anlage ist das wasserlösliche Bindemittel, mit dem das Pigment bei Anlegen des Gleichspannungsfelds zwischen Lackierobjekt und Gegenelektrode abgeschieden wird. Der qualitätsbestimmende Parameter ist der Festkörperanteil aus der Pigmentpaste, der ebenfalls durch das NIRS XDS-Prozesssystem ermittelt wird.

Der NIRS XDS-Prozessanalysator ermöglicht nicht nur das Monitoring von mehreren Parametern in einer Messung, sondern die gleichzeitige Überwachung von bis zu neun Prozessströmen gleichzeitig. Möglich ist beispielsweise auch die Integration von Prozesssonden an verschiedenen Messstellen in einem Lackbehälter, um beispielsweise die Homogenität der Durchmischung zu überwachen (Schutz vor Pigmentsedimentation) oder um gleichzeitig neben dem eigentlichen Elektrotauchlack zusätzlich die Lösemittelbeschaffenheit in der Ultrafiltrationseinheit zu kontrollieren.

Während sich Elektroden in dem Prozesslack befinden und das zu beschichtende Bauteil selbst entweder als Anode oder Kathode fungiert, wird eine Lackierung anderer Elemente, wie zum Beispiel der Prozesssonde, vermieden. Die Reinigung des Prozessfensters aufgrund von elektrostatischer Anlagerung von Pigmenten lässt sich einfach durch Clean-in-Process (CIP)-Armaturen vollautomatisiert durchführen, sodass kein Eingreifen in den Prozess nötig ist.

Wie auch die konventionellen Prozessanalysatoren von Metrohm, zeichnet sich der NIRS XDS-Prozessanalysator vor allem durch seine Robustheit aus. Außerdem ist dieses System sehr wartungsarm, da das System ganz auf Probenvorbereitung und den Einsatz von Chemikalien verzichtet. Die Sonden lassen sich einfach in bestehende oder neue Anlagen integrieren und werden auf die Ansprüche der Umgebung und Probenmatrix zugeschnitten.

Die NIRS XDS-Prozessanalysatoren unterstützen die modernsten Lackierstraßen und helfen, Lackierprozesse noch einen Schritt weiter zu bringen in Richtung höchster Qualitätsansprüche.

Kontakt:

Sabrina Luckow-Markgraf, Produktspezialistin Spektroskopie PA
Deutsche Metrohm Prozessanalytik GmbH & Co. KG

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