– Verhalten von CFK während Flügen exakt nachgewiesen
Über das Verhalten von kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) während eines Flugs ist bislang wenig bekannt. Fraunhofer-Forscher haben bei der Clean Sky-Forschungsinitiative mithilfe eines auf Lichtwellenleitern basierenden Messaufbaus exakt nachgewiesen, wie stark sich CFK-Teile während des Fliegens verformen. Als Testflugzeug diente ein Mittelstreckenmodell für etwa 70 Passagiere. Für die Flüge wurde ein etwa fünf Mal drei Meter langes CFK-Bauteil eingesetzt. Dieser Bereich ist einer der am stärksten belasteten Bauteile beim Flug.
Das für den Test gewählte Flugzeug wurde nicht nur durch das CFK-Teil modifiziert, sondern auch die Innenausstattung angepasst. Die Verkleidung der Innenwände sowie die Sitzreihen fehlen: stattdessen Kabel, Sensoren, am Boden fest verschraubte Messgeräte. Der Rumpf des Fliegers besteht nicht wie üblich aus Aluminium. Ein Bauteil aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) bildet die obere Außenhaut – vom Cockpit bis zu den Tragflächen. Leicht und dennoch stabil. Das Material der Zukunft. Dass es den Belastungen des Testflugs standhält, ist sicher. Aber wie weit wird es sich bei unterschiedlichen Flugmanövern verformen? Exakte Werte liegen bislang nicht vor.
Bis auf den Nanometer genau
CFK-Strukturen verhalten sich nach den Worten von Conchin Contell Asins, Wissenschaftlerin am Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt, während eines Flugs anders als Aluminium. Wie genau, hat sie zusammen mit ihrem Kollegen Oliver Schwarzhaupt mit einem speziellen Messaufbau bei Testflügen herausgefunden. Optische Messfasern detektierten mithilfe der Lichtwellenleiter-Technologie schon minimale Verformungen. Das ist ihren Aussagen zufolge mit herkömmlichen metallischen Dehnungsmessstreifen nicht möglich. Diese basieren auf Änderungen ihres elektrischen Widerstands durch Verformung, sind aber weniger fein auflösend.
Ziel der Messflüge war es, robuste Daten zu erhalten, die mit den theoretischen Berechnungen über das Flugverhalten von CFK verglichen werden können. Die realen Daten benötigen Flugzeugbauer, um Bauteile exakt so zu bauen, dass sie den im jeweiligen Flugzeugmodell auftretenden Belastungen standhalten. Das gelingt bisher nur näherungsweise. Deshalb integrieren Flugzeugbauer CFK sicherheitshalber überdimensioniert in neue Modelle.
Die Testflüge haben gezeigt, dass der Messaufbau der Frauhofer-Forscher funktioniert: Sie konnten jedem einzelnen Flugmanöver eine eindeutige CFK-Verformung zuordnen. Die Werte waren laut Schwarzhaupt so exakt, dass es auch möglich gewesen wäre, von den Dehnungssignalen auf das Flugprofil zu schließen. Außerdem ist es mit diesem System möglich, die Struktur während des Flugs auf ihren Zustand hin zu überwachen. Ändert sich das im Verformungsverhalten, kann das auf Schäden hindeuten. Mit einer solchen Strukturüberwachung könnten Bauteile nach Feststellung von Contell Asins deutlich länger im Einsatz belassen werden.
Das Team von Wissenschaftlern aus Darmstadt installierte bei dem Testflug die komplette Messhardware im Flugzeug und wertete die Daten aus. Der Flugzeughersteller analysiert die Ergebnisse in JTI Clean Sky – Green Regional Aircraft Plattform des 7. Rahmenprogramms, einer Forschungsinitiative der Europäischen Kommission und der europäischen Luftfahrtindustrie. Das Ziel der Arbeiten ist es, noch leichtere CFK-Bauteile zu bauen und die Einsatzzeiten der Bauteile zu verlängern. Schwarzhaupt: Wer unnötiges Material einspart, benötigt auch weniger Treibstoff.
Am stärksten belastetes Bauteil getestet
Bei dem für den Testflugzeug eingesetzten Mittelstreckenmodell für etwa 70 Passagiere ist das eingesetzte CFK-Teil mit das am stärksten belastete Bauteil beim Flug. Die optischen Messfasern legten die Forscher an der zum Flugzeuginnenraum gewandten Seite an. Die dünnen, länglichen Glasfasern eignen sich laut Contell Asins gut, um auch sehr schwache Veränderungen von größeren Bauteilen anzuzeigen.
Eine optisch-elektrische Auswerteeinheit nahm die Signale der Messfasern auf. Die Blackbox lieferte zusätzliche Informationen zu Flughöhe, Fluggeschwindigkeit oder Flugmanövern. Die beide Datenpools – Dehnungsmessung und Flugdaten – wurden mithilfe einer speziellen Software korreliert. Um die Dehnungssensoren an den richtigen Stellen anzubringen, mussten die Forscher wissen, wo Belastungen üblicherweise bei Flugmanövern auftreten. Hier konnten die Forscher ihr Know-how zum Verhalten von CFK einbringen: Die Stellen mit den höchsten Belastungen wurden zuvor berechnet und die Messstellen dort angebracht. Bei CFK-Strukturen in Flugzeugen tragen vor allem die angebrachten Versteifungselemente die Last. Diese befinden sich auf der Innenseite der Außenhaut in Längs- und Umfangsrichtung zum Rumpf.
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Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, Anke Zeidler-Finsel
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