Automatisierung in der Oberflächentechnik

Oberflächen 11. 10. 2015

– ein wertvoller Beitrag zur Effizienzsteigerung

Die Schmid Group präsentiert die integrierte Oberflächenbehandlung Cyklos

Insbesondere im Automobilbau und in der Elektrotechnik kommen heute über die gesamte Prozesskette der Fertigung automatisierte Produktionseinrichtungen in den unterschiedlichsten Ausführungen zum Einsatz. Dadurch wird in der Regel sowohl die Qualität der Produkte als auch die Effizienz der Herstellungsprozesse deutlich gesteigert. Dies ermöglicht den produzierenden Unternehmen eine hohe Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Markt und den Kunden hochqualitative Produkte zu akzeptablen Preisen und hoher Produktverfügbarkeit. Ein Unternehmen, das hier beispielsweise im Bereich der Elektronik und Elektrotechnik oder der Medizintechnik seit vielen Jahren eine Vorreiterrolle inne hat, ist die Schmid Group mit Stammsitz in Freudenstadt im Schwarzwald. Im Rahmen eines Technologietages hat das Unternehmen vor kurzem sein Anlagenkonzept Cyklos und schwerpunktmäßig dessen Einsatz zur Oberflächenbehandlung von Aluminium sowie zur chemischen Entgratung von Stahl und Zinkdruckguss vorgestellt.

Schmid – bodenständig aber weltweit agierend

Das seit über 150 Jahren bestehende Unternehmen Schmid hat sich von der Eisengießerei zum heutigen Hersteller von Produktionsanlagen entwickelt und viele neue Technologien und deren Wandel zur Großindustrie begleitet. Dafür wurden Produktionslösungen und insbesondere Anlagen zur Großserienfertigung entwickelt. Wichtige Abnehmerkreise waren und sind die Leiterplattentechnik, Photovoltaik, Medizintechnik oder die Verpackungsindustrie, wobei Beschichtungstechnologien meist im Vordergrund standen. Auf dem Technologietag gaben Jürgen Noailles (Geschäftsführer und Vizepräsident Bereich Industrielösungen) einen Einblick in die Unternehmensstruktur und die wichtigsten Geschäftsfelder der heutigen Schmid Group.

Die gesamte Schmid Group beschäftigt heute mehr als 1400 Mitarbeiter an Standorten in Deutschland, der Schweiz, Taiwan, China und den USA. Darüber hinaus besteht eine intensive Zusammenarbeit mit zahlreichen Partnern. Mit den für die hier interessanten Nassprozesse wichtigen Technologien befassen sich Werke beziehungsweise Standorte in Deutschland (Freudenstadt) und China. Die größten Anteile der Produktion kommen der Leiterplattentechnik und der Photovoltaik zu. Des Weiteren wurden die unter dem Markennamen Cyklos angebotenen Anlagen und Verfahren vorgestellt, für die Willi Grözinger als Vertriebsleiter Oberflächentechnik zuständig ist.

Oberflächenbehandlung in die Prozesskette integriert

Die konventionelle Oberflächenbehandlung wird in den meisten Fällen in Produktionsanlagen durchgeführt, die örtlich deutlich von der mechanischen Fertigung oder der Montage getrennt sind, und dabei gewöhnlich von externen Dienstleistern vorgenommen. Dies bedeutet einen zeit- und kostenaufwendigen logistischen Aufwand, aber auch eine Erhöhung der Risiken, um das immer wichtiger werdende Ziel einer konstanten und hohen Produktqualität.

Mit Cyklos wird dagegen eine deutliche Verkürzung des Ablaufs erreicht. Dazu werden die notwendigen Fertigungsschritte in einen automatisierten Ablauf nach Anforderung des Kunden verkettet und mit Steuer- und Regelsystemen so ausgestattet, dass ein manueller Eingriff entfallen kann. Zugleich wird auf eine maximale Packungsdichte der zu bearbeitenden Teile geachtet und die bestmögliche Funktion der Prozesse angestrebt. Schmid bietet die Möglichkeit, die üblichen und notwendigen Reinigungsverfahren der entstehenden Abluft, Abgase und Abwässer in die Cyklos-Anlage zu integrieren oder zumindest die Abfälle zur externen Entsorgung so zu sammeln, dass ein einfacher und gefahrloser Abtransport gewährleistet ist. Ein hoher Aufwand kommt dabei der notwendigen Messtechnik zur Kontrolle der Qualität zu, wobei hier die umfangreiche Erfahrung der Fachleute bei Schmid aus den Bereichen der Leiterplattentechnik, Photovoltaik oder Medizintechnik sehr hilfreich ist.

Um die Leistungsfähigkeit der bisher gefertigten Cyklos-Anlagen aufzeigen zu können, wurden für den Technology Day Oberflächentechnik die Spezialisten der Schmid Group von zwei Gastredner aus dem Bereich der Chemie- und Verfahrensentwicklung unterstützt, die sich detaillierter mit der Oberflächenbehandlung von Aluminiumwerkstoffen befassen. Sie stellten im Rahmen der Veranstaltung ihre Produkte für die Anwendung in den Cyclos-Anlagen vor.

     

Schematischer Aufbau einer Anlage mit wichtigen Elementen und Blick in eine reale Anlage

 

Elektropolieren von Aluminium

Elektropolieren ist ein Verfahren zur Oberflächenbearbeitung in leitfähigen, wässrigen Lösungen, das bevorzugt bei Edelstählen, Aluminium, Titan oder Kupfer zum Einsatz kommt. Dabei wird das zu bearbeitende Metall in die Lösung getaucht und ein elektrischer Gleichstrom zwischen Metall und einer zweiten Elektrode geleitet. Das als Anode (Pluspol) geschaltete Metallteil löst sich dabei auf. Durch Auswahl eines geeigneten Elektrolyten (z.B. auf Basis von Phosphorsäure) und einer meist hohen Stromdichte werden bevorzugt Spitzen der Metalloberfläche aufgelöst und so eine starke Einebnung erzielt. Die Einebnung äußert sich als deutliche Erhöhung des Oberflächenglanzes.

Den Ausführungen von Mohamed Kilouli, Poligrat GmbH, zufolge wird das Elektropolieren sowohl für die Erzeugung von dekorativen Oberflächen für Schmuck und Zierteile (z.B. Möbelbeschlägen) eingesetzt als auch für funktionelle Anforderungen. Hier sind vor allem Teile im Bereich der Medizintechnik oder der Lebensmittelverarbeitung zu nennen. Durch die starke Reduzierung der Oberflächenrauheit wird die Anhaftung von Keimen drastisch reduziert und die Möglichkeit zur rückstandsfreien Reinigung stark verbessert - beides Anforderungen, die für Oberflächen bei medizinischen Gerätschaften oder Anlagen und Einrichtungen der Lebensmittelindustrie unabdingbar sind. Als besondere Vorzüge des Verfahrens sind das Vermeiden von mechanischen Deformationen oder der Abbau von Oberflächenspannungen zu nennen. Der Prozess selbst erfordert lediglich wenige Minuten Bearbeitungszeit und trägt nur wenige Mikrometer des Grundmaterials ab, so dass sich die Geometrie des Teils nicht ändert. Darüber hinaus lässt sich bei entsprechender Beladung der Kontaktgestelle eine mehr oder weniger große Zahl an Teilen (in Abhängigkeit der Teilegeometrie) gleichzeitig behandeln und so eine hohe Wirtschaftlichkeit des Verfahrens erreichen. Bei mechanisch hochbelasteten Teilen werden durch das Elektropolieren Mikrorisse in der Oberfläche beseitigt und damit die Dauerstandsfestigkeit stark verbessert. Die Gefahr der Wasserstoffversprödung ist aufgrund der anodischen Bearbeitungstechnik nicht gegeben, so dass auch hochfeste Werkstoffe bearbeitet werden können.

Für den Chemie- und Verfahrenshersteller ergibt sich die Aufgabe, die eingesetzten Elektrolyte sowie die Strombedingungen anzupassen. Hier verfügt Poligrat als Pionier über einen großen Erfahrungsschatz, so dass auch Anpassungen an neue Anforderungen schnell umgesetzt werden können. Daneben werden auch spezielle Aufnahmen für die Bearbeitung hergestellt, wie beispielsweise die Polibox.

Anodisches Oxidieren von Aluminium in der Praxis

Aluminium zählt neben Stahl zu den wichtigsten Metallen im Fahrzeugbau und der Architektur. Des Weiteren ist es aufgrund der Möglichkeit zur Farbgebung für dekorative Elemente bei Haushaltsartikeln, Elektrogeräten oder Modeaccessoires begehrt. Eckart Jacob von der Metachem GmbH stellte den Verfahrensablauf beim Anodisieren von Aluminium mit Schwerpunkt auf dekorative Oberflächen vor. Eingangs wies er darauf hin, dass die Unterscheidung zwischen der Normalqualität und der dekorativen Qualität erhebliche Unterschiede im Ablauf der oberflächentechnischen Fertigung bedeutet; während bei der Normalqualität sichtbare Oberflächenfehler nach dem Anodisieren zulässig sind, ist dies bei der dekorativen Qualität nicht oder nur in Ausnahmefällen gegeben.

Aus dieser Unterscheidung ergeben sich bereits bei der Auswahl des Grundwerkstoffes (Zusammensetzung der Legierung) sowie den verwendbaren Verfahren und Chemikalien für den Prozess deutliche Unterschiede. Der übliche Ablauf der Behandlung besteht aus Entfettung, Beizen oder Glänzen, Anodisation sowie als Abschluss ein Einfärben und/oder Verdichten der anodischen Oxidschicht. Nach Möglichkeit erfolgt der gesamte Bearbeitungsprozess auf geeigneten Gestellen, die einen sicheren Übergang von teilweise 150 A pro 1 cm2 Kontaktfläche und mehr zuverlässig gewährleisten.

Durch das Entfetten werden vor allem Stoffe aus der vorhergehenden mechanischen Umformung des Aluminiums entfernt. Die hierfür eingesetzten Schmierstoffe, Ziehöle oder Polierpasten sind in der Regel zusätzlich mit Staub oder Spänen verunreinigt. Zur Entfettung werden je nach Prozess und Legierung saure, alkalische, emulgierende oder demulgierende Entfettungslösungen (heute fast ausschließlich auf Wasserbasis) eingesetzt.

Die entfettete Oberfläche wird im nächsten Schritt gebeizt, um das vorhandene natürliche Aluminiumoxid zu entfernen. Hierbei ist die Beizlösung im besonderen auf die Zusammensetzung des Grundwerkstoffes sowie auf den zu erhaltenden Glanzgrad abzustimmen. Unterschieden wird zwischen sauren (geringer Einsatz) und alkalischen Beizen und je nach Werkstoffgruppe zwischen den sogenannten E0-Beizen und den E6-Beizen. Den E0-Beizen kommt die Aufgabenstellung des An- oder Abbeizens zu, was einem stärkeren Abtrag der Aluminiumoberfläche entspricht. Dekorative Effekte wie seidenmatter oder matter Glanz werden durch die Verwendung von E6-Beizen erreicht. Ziele beim Einsatz solcher Beizen sind einerseits das Erzielen hoher Standzeiten bei möglichst energieeffizienten Rahmenbedingungen. Darüber hinaus besteht im Produktionsprozess die Anforderung, einen möglichst gleichbleibenden Glanzgrad zu garantieren, was bei einer chemischen Bearbeitung nur durch Konstanz aller relevanter Arbeitsparameter (Konzentration, Temperatur, Umwälzung, ...) garantiert werden kann.

Noch entscheidender als beim Beizen ist das Grundmaterial bei der Erzeugung von glänzenden Oberflächen durch chemisches oder elektrolytisches Glänzen. Spiegelglanz wird nach Aussage von Eckart Jacob nur bei speziellen Aluminiumlegierungen mit unter 0,3 % an Legierungselementen erreicht. Der hohe Glanz entsteht durch Abtrag von Mikrorauheiten (Spitzen und Kanten) bei einem Gesamtabtrag von unter 15 µm. Dafür werden Lösungen auf Basis einer Mischung aus Phosphorsäure und Schwefelsäure mit weiteren Zusätzen (je nach Glanzgrad) verwendet.

Nach dem Elektropolieren und vor dem anodischen Oxidieren wird das Werkstück in einer anorganischen Säure, typischerweise in verdünnter Schwefelsäure getaucht - das sogenannte Dekapieren - um Rückstände aus den vorhergehenden Arbeitsschritten zu entfernen. Dabei wird die Metalloberfläche nicht mehr verändert, sondern es werden möglicherweise noch auf der Oberfläche vorhandene Rückstände der Beizen entfernt. Beim anodischen Oxidieren wird das Aluminiumteil in einer Lösung auf Basis von Schwefelsäure als Anode (Pluspol) geschaltet und durch die Erzeugung von Sauerstoff an der Metalloberfläche Aluminiumoxid erzeugt. Die Oxidschicht besteht bei Verwendung von Schwefelsäure aus einer geschlossenen, dünnen (< 1 µm) Sperrschicht und einer porösen, 20 µm bis 40 µm dicken Deckschicht. Die Bearbeitungsdauer ist von der gewünschten Schichtdicke und der Legierung abhängig und liegt bei etwa 20 µm bis 30 µm pro Stunde.

Insbesondere für dekorative Elemente wird die Tatsache genutzt, dass in die Porenstruktur der Aluminiumoxidschicht Farbstoffe eingelagert werden können. Unterschieden wird zwischen Farbstoffen auf Metallbasis und organischen Farbstoffen. Erstere bieten zwar ein eingeschränktes Farbspektrum, sind aber sehr licht- und uv-beständig. Mit den organischen Farbstoffen sind dagegen nahezu alle Farbtöne herstellbar. Eine besonders attraktive Farbvariante ist ein Grauton, der dem Aluminium das Erscheinungsbild von mattiertem Edelstahl verleiht. Verwendet wird dieses Verfahren insbesondere für Schreibgeräte oder Einrichtungsgegenstände. Eine weitere, sehr interessante Farbvariante ist eine helle Goldfarbe, die für kostengünstigen Schmuck oder Möbelbeschläge gefragt ist.

Zum Abschluss der Oberflächenbehandlung wird die poröse Oxidschicht verschlossen; damit werden die Farbpartikel fest in die Schicht eingebettet. Zudem erhöht sich durch das als Sealen oder Verdichten bezeichnete Verfahren die Abrieb- und Verschleißbeständigkeit der Oberfläche. An Stelle des üblichen Heißwasserverdichtens bei Temperaturen von knapp unter 100 °C stehen heute auch Verfahren zum Verdichten bei 28 °C bis 32 °C zur Verfügung, die zu einer deutlichen Energieeinsparung beitragen.

     

Polierte, anodisierte Aluminiumteile in den Ausführungen seidenmatt und Hochglanz (oben) und Aluminiumschmuck (links unten) und Aluminiumbeschläge(rechts unten), jeweils gefärbt mit dem System Mineral Gold (Quelle: Metachem)

 

Cyklos – Name für Fortschritt in der Produktion

So vielfältig wie die Möglichkeiten zur Herstellung bestimmter Oberflächenausführungen sind, glänzend, matt, farbig, verschleißfest, so unterschiedlich müssen moderne Anlagen auf die jeweiligen Bedürfnisse des Anwenders eingehen. Auf Basis dieser für Schmid seit langem geltenden Arbeitsweise sind die Anlagen modular aufgebaut, verfügen aber trotzdem über den maximal möglichen Automatisierungsgrad.

Die Cyklos-Anlagen sind weitgehend geschlossen aufgebaut und mit Durchlaufeinrichtungen ausgestattet. Für die Bearbeitung von großen Stückzahlen können darüber hinaus Bestückungsroboter für das Be- und Entladen eingesetzt werden. Durch das Rotationsprinzip von Cyklos, bei dem sich bis zu vier Werkstückträger (sogenannte Trays) mit einer hohen Anzahl an Werkstücken (Anzahl abhängig von Geometrie und Größe der Werkstücke) gleichzeitig im Prozessbecken befinden, kommt es zu einer besonders gleichmäßigen Oxidschichtbildung. Weiterhin stellt das Rotationssystem sicher, dass alle Bauteile den exakt gleichen Prozess durchlaufen. Durch einen Transportarm werden die Werkstückträger in nachfolgende Becken geschoben.

Die vollständige Einhausung der Anlagen - bei der Schmid Group seit längerem eine übliche Technologie - und die Ausstattung mit hocheffizienten Abluft- und Abwasseraufbereitungen erlaubt es, die Anlagen in eine mechanische Fertigung, zum Beispiel zum Fräsen oder Stanzen von Rohmaterialen, zu integrieren. Damit lassen sich Transportwege deutlich reduzieren. Somit kann die Akzeptanz der Oberflächenbehandlung innerhalb der Prozesskette und die Wirtschaftlichkeit der Bearbeitung gesteigert werden. Cyklos ist auch ohne Abluft- und Abwasseraufbereitung verfügbar und ideal in Eloxalanstalten und deren Abwasser- und Abluftsysteme integrierbar.

Cyklos in Praxis

Die Schmid Group bietet in Freudenstadt nicht nur geballtes Know-how über die unterschiedlichen Fertigungsverfahren, sondern auch Technologie zum Anfassen. Im Werk stehen Anlagen in verschiedener Ausführung zur Verfügung, an denen die moderne und hochqualitative Ausstattung für den Interessenten anschaulich wird. Zugleich besteht die Möglichkeit, damit Bearbeitungsversuche durchzuführen oder Ausführungsvarianten während der Konzeption einer speziellen Kundenanlage zu testen. Auch dies trägt zum Bild eines modernen und innovativen Anlagenbauers bei und unterstreicht den hohen Stellenwert unter den globalen Marktbegleitern im Bereich der Anlagenlieferanten für die Oberflächentechnik.

 

Text zum Titelbild: Cyklos-Anlage zur Oberflächenbehandlung beispielsweise von Aluminiumteilen

 

Die Demonstration des Aufbaus und der Funktionen bot den Besuchern des Technologietages ausgiebige Möglichkeiten zur Diskussion

Anlage zum Anodisieren in Gesamtansicht

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