Die Impedanzspektroskopie ist ein Verfahren, bei dem das Verhalten eines Systems unter Wechselstrombelastung untersucht wird. Jedes zu untersuchende System lässt sich als Kombination von Widerständen, Kapazitäten und Induktivitäten verstehen, welche bestimmten realen Komponenten oder Vorgängen entsprechen. Eine genaue Kenntnis des Systems ermöglicht das Erstellen eines Ersatzschaltbildes. Damit können Veränderungen im elektrischen Verhalten als Veränderungen einzelner Systemkomponenten gedeutet werden. Das Verfahren eignet sich beispielsweise zur Untersuchung von elektrochemischen Systemen, wie einer korrodierenden Metalloberfläche oder passivierenden Schichten. Aufgrund der typischerweise sehr geringen Ströme, die während der Messung fließen, werden die zu untersuchenden Oberflächen praktisch nicht verändert. In speziellen Anwendungsfällen können, frequenzabhängig, relativ lange Messzeiten von mehreren Stunden entstehen, weswegen ein stabiles System Voraussetzung für die Messungen ist. Für die Untersuchungen werden ein Potentiostat, ein Frequenzganganalysator sowie eine Steuer- und Auswertesoftware benötigt.
Impedance Spectroscopy – and Overview from Theory to Application
Impedance spectroscopy is a technique which allows the study of a system subjected to alternating current. Every such system can be characterised in terms of an equivalent circuit, including resistive, capacitive and inductive elements. These can be actual components or features of a system exhibiting a particular type of behaviour. With an exact knowledge of such systems, the equivalent circuit can be constructed. In this way, changes in the system behaviour with changes in the value of the individual components can be predicted. This approach has shown itself especially valuable in the study of electrochemical systems and processes, such as corroding metal surfaces or formation of passive layers. Because the currents involved in such studies are usually extremely small, minimal changes to the nature of the surface will take place. In some applications, frequency -dependent measurement times of several hours are required and in such cases, the system to be studied must be relatively stable. The equipment required includes a potentiostat, a frequency response analyser as well as the associated software to control the equipment and analyse the results.
1 Einleitung
Die Impedanzspektroskopie ist ein zerstörungsfreies elektrisches Messverfahren mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten, das im Bereich der Werkstoffwissenschaften und der Elektrochemie immer wichtiger wird. Es erlaubt, den Zustand von festen Materialien oder elektrochemischen Systemen zu charakterisieren, indem eine Wechselspannung geringer Amplitude und über einen weiten Frequenzbereich an das zu untersuchende System angelegt und der jeweilige elektrische Widerstand, die Impedanz, ermittelt und ausgewertet wird. Auswirkungen auf das System sind dabei im Allgemeinen nicht zu erwarten. Um die gemessenen Daten sinnvoll auswerten und daraus wertvolle Informationen bekommen zu können, ist ein gutes Verständnis des zu untersuchenden Systems und der darin möglichen Vorgänge sowie die Kenntnis der Grundlagen der Impedanzspektroskopie unabdingbar [1, 2].
2 Wechselstromwiderstände
Die Impedanz eines Systems ist sein elektrischer Widerstand, gemessen bei Wechselstrombelastung. Unter dem Begriff System ist hierbei die Gesamtheit eines Messaufbaus zwischen den Anschlüssen des Potentiostaten, also aller Komponenten, an denen die Wechselspannung angelegt wird, zu verstehen. Im Falle der elektrochemischen Impedanzspektroskopie sind das die Elektroden und der Elektrolyt. Der Gesamtwiderstand des Systems setzt sich zusammen aus den Einzelwiderständen der verschiedenen Komponenten des Systems [3].
Elektrische Leiter, wie Metalle oder Elektrolyte, verhalten sich wie ein Ohm’scher
Widerstand. Sein Wert berechnet sich nach dem Ohm’schen Gesetz aus der angelegten Spannung und dem fließenden Strom (Gl. <1>) [4].
R = U / I Gl. <1>
Der Ohm’sche Widerstand ist konstant und unabhängig von der Stromform (Gleichstrom oder Wechselstrom) oder dessen Frequenz. Bei Anliegen einer sinusförmigen Wechselspannung sind Strom und Spannung in Phase, das heißt der zeitliche Verlauf von Spannung und Stromstärke ist identisch (Abb. 1, blaue und rote Kurve) [4].
In den meisten Fällen ist der elektrische Widerstand jedoch frequenzabhängig; Strom und Spannung sind dann nicht in Phase, das heißt Spannungs- und Stromkurven sind zeitlich gegeneinander versetzt. Ein Kondensator ist hierfür ein typisches Beispiel. Bei Gleichstrom und sehr niedrigen Wechselstromfrequenzen ist dessen Widerstand extrem hoch, so dass kein beziehungsweise ein sehr geringer Strom fließt. Bei höheren Frequenzen wird der Widerstand zunehmend kleiner. Der fließende Strom und die Spannung sind jedoch um 90° phasenversetzt (Abb. 1, blaue und grüne Kurve).
Kondensatoren finden sich in realen Systemen zum Beispiel in Form von nichtleitenden Deckschichten oder Luftspalten. Eine elektrochemische Doppelschicht, die sich an der Grenzfläche eines Metalls zum Elektrolyten ausbildet, stellt ebenfalls einen Kondensator dar.
Genau entgegengesetzt zum Kondensator verhält sich eine Spule (Induktivität): die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung beträgt auch hier 90°, jedoch mit anderem Vorzeichen (Abb. 1, blaue und lila Kurve). Eine Spule hat bei hohen Frequenzen einen extrem hohen Widerstand, während er bei niedrigen Frequenzen und Gleichstrom annähernd Null ist. Induktivitäten treten bei den hier betrachteten technischen Systemen im Allgemeinen nicht auf. Jedoch können (unbeabsichtigte) Kabelschleifen als Induktivität wirken. Dies ist bei der Messanordnung für die Impedanzspektroskopie zu berücksichtigen.
Andere frequenzabhängige Phänomene sind zum Beispiel Diffusionsvorgänge. Diese werden durch eine Warburg-Impedanz dargestellt. Nicht ideales kapazitives Verhalten, verursacht zum Beispiel durch eine poröse oder raue Oberfläche, kann anstelle eines Kondensators durch ein Element mit konstanter Phase beschrieben werden. In Tabelle 1 werden die häufigsten Elemente und ihre jeweiligen Äquivalente in einem zu untersuchenden System beispielhaft aufgelistet [1, 5].
3 Impedanzspektroskopie
Bei der Impedanzspektroskopie wird der gesamte elektrische Widerstand eines zu untersuchenden Systems in einem breiten Frequenzspektrum (im Allgemeinen im Frequenzbereich von MHz bis mHz) gemessen und ausgewertet.
Der elektrische Widerstand ist auch im Wechselstromkreis der Quotient aus Spannung und Stromstärke, jedoch wird er zusätzlich charakterisiert durch den Phasenunterschied zwischen Spannung und Strom. Der Gesamtwiderstand wird als Impedanz (Z) bezeichnet und gemäß Gleichung <2> ermittelt [4]:
Z = U(t) = Û sin(ωt) Gl. <2>
I(t) Î sin (ωt+ φ)
mit:
U(t) bzw. I(t) Zeitlich veränderliche Werte von Spannung bzw. Stromstärke
Û bzw. Î Amplitude der sinusförmigen Wechselspannung bzw. des Wechselstroms
ω=2πf mit f = Frequenz der Wechselspannung / des Wechselstroms
φ Phasenunterschied zwischen Spannung und Strom
In realen Systemen setzt sich die Impedanz Z zusammen aus der Summe der Ohm’schen Widerstände Rgesamt (hier mit Z' gekennzeichnet) und der Summe der frequenzabhängigen Widerstände Z''. Bei Darstellung der Impedanz mit komplexen Zahlen entspricht Z' dem Realteil und Z'' dem Imaginärteil [3, 4]. Der absolute Betrag der Impedanz kann dann durch Gleichung <3> beschrieben werden [6]:
ǀZǀ = √ (Z'2 + Z''2) Gl. <3>
Das Ergebnis der Impedanzspektroskopie wird üblicherweise in zwei Diagrammen dargestellt (Abb. 2):
- im Nyquist-Diagramm ist jeder Datenpunkt die Vektordarstellung eines Impedanzwertes, bestehend aus Imaginärteil (in senkrechter Richtung), Realteil (in waagrechter Richtung) und dem Phasenwinkel φ (links)
- im Bode-Diagramm sind die Phasenverschiebung (hier theta) zwischen Strom und Spannung sowie der Betrag der Impedanz über der Frequenz aufgetragen (rechts) [4, 6].
4 Auswertung eines Impedanzspektrums
Aus den Diagrammen können die Werte der Widerstände, Kapazitäten und anderer Größen (Tab. 1) des gemessenen Systems abgelesen beziehungsweise mithilfe der entsprechenden Frequenzen berechnet werden. Eine Mess- beziehungsweise Analyse-Software unterstützt dabei. Die Kenntnis dieser Werte erlaubt Rückschlüsse auf gewisse Eigenschaften des zu untersuchenden Systems. Voraussetzung dafür ist, dass, wie in Abschnitt 2 beschrieben, das zu untersuchende System als Kombination einer überschaubaren Anzahl von Einzelelementen (Tab. 1) beschrieben werden kann [3, 4]. Im Folgenden wird das Prinzip anhand eines einfachen Beispiels erläutert.
Taucht ein Metall in einen Elektrolyten, so gehen Metallionen in Lösung, wobei freie Elektronen zurück bleiben. Metallkationen und Elektronen stehen einander an der Grenzfläche gegenüber. Sie bilden die elektrochemische Doppelschicht, auch Helmholtzschicht genannt (Abb. 3).
Die Doppelschicht verhält sich bei Wechselstrom wie ein Kondensator mit der Kapazität Cdl. Parallel dazu wirkt ebenfalls an der Grenzfläche der Widerstand, der einer Elektrodenreaktion, zum Beispiel dem in-Lösung-gehen der Metallionen, entgegensteht; dieser wird als der frequenzunabhängige Widerstand Rp (Polarisationswiderstand oder Durchtrittswiderstand) angegeben. Der elektrische Widerstand des Elektrolyten (sowie der Elektroden und Zuleitungen) liegt in Serie zur R-C-Kombination der Grenzflächenreaktionen und wird hier mit R1 bezeichnet. Für den Fall, dass Diffusionsvorgänge keine wesentliche Rolle spielen, kommen keine weiteren Elemente hinzu. Das System aus einer Metallelektrode, das in einen Elektrolyten eintaucht verhält sich elektrisch wie das Ersatzschaltbild, das aus der Kombination dieser drei Einzelelemente besteht [3-5]. Das Ergebnis der Impedanzspektroskopie eines solchen Systems ist in Abbildung 4 dargestellt.
Direkt aus den Diagrammen können die Gleichstromwiderstände R1 und Rp abgelesen werden. Die Kapazität Cdl kann über die Zeitkonstante (Gl. <4>) berechnet werden:
ωmax = 2π fmax = 1 /(Rp· Cdl) Gl. <4>
mit
Rp Polarisationswiderstand ( = Durchmesser des Halbkreises)
fmax Frequenz im Maximum des Halbkreises
Cdl Kapazität der Doppelschicht
Diese Werte erlauben nun Rückschlüsse auf Eigenschaften des Systems, wie zum Beispiel den Korrosionswiderstand, die Dicke oder die Porosität eines nichtleitenden Films oder das Diffusionsverhalten. Bei komplexeren Systemen und einem komplizierteren Kurvenverlauf lassen sich die Werte der einzelnen Komponenten des Ersatzschaltbildes mithilfe einer Analyse-Software berechnen. Zunächst muss jedoch das Ersatzschaltbild ermittelt werden, indem das System in die Einzelkomponenten aufgegliedert wird und alle darin möglicherweise ablaufenden Reaktionen berücksichtigt werden [3, 4]. Einzelheiten dazu werden im nächsten Abschnitt beschrieben.
5 Einsatzmöglichkeiten
Die Impedanzspektroskopie lässt sich überall dort einsetzen, wo elektrische Widerstände, vor allem frequenzabhängige elektrische Widerstände, charakteristisch für die zu untersuchenden Eigenschaften sind. Nachfolgend einige Bereiche, in denen die Impedanzspektroskopie angewendet wird.
5.1 Korrosionsuntersuchungen
Anstelle von oft tage- oder wochenlang andauernden Korrosionsprüfungen in der Salzsprühkammer oder ähnlichen Prüfanlagen, können mit relativ wenig Aufwand und innerhalb kurzer Zeit mithilfe der Impedanzspektroskopie Aussagen über die Korrosionseigenschaften eines Metalls in dem gewählten Medium bestimmt und mit denen anderer Metalle verglichen werden.
Für ein System ohne Deckschicht gilt das Ersatzschaltbild gemäß Abbildung 3. Aus dem Nyquist-Diagramm kann der Korrosionswiderstand direkt abgelesen werden: ein kleiner Halbkreis bedeutet einen kleinen Korrosionswiderstand (Abb. 4). In Kombination mit anderen elektrochemischen Messungen (Stromdichte-Potential-Messungen, zyklische Voltammetrie) können weitere Korrosionswerte ermittelt werden. Zusammen mit den Steigungen der Tafelgeraden (gewonnen aus Stromdichte-Potential-Kurven) lässt sich der Korrosionsstrom und die Korrosionsrate berechnen. Ein quantitatives Korrosionsverhalten von Praxisbauteilen kann dadurch nicht direkt abgeleitet werden, die elektrochemischen Messungen erlauben jedoch qualitativ vergleichende Aussagen [8, 9].
Die fließenden Ströme bei der Impedanzspektroskopie sind so schwach, dass durch die Messung an sich keine Korrosion stattfindet. Im Gegensatz zu Stromdichte-Potential-Messungen wird bei der Impedanzspektroskopie die Korrosionsneigung quasi im Ruhezustand ermittelt. Es ist jedoch auch möglich, ein Gleichstrompotential zu überlagern und somit die Korrosionsneigung in anderen Spannungszuständen zu ermitteln [1].
5.2 Nichtleitende Deckschichten auf Metallen
Nichtleitende Deckschichten, wie zum Beispiel Lacke, Oxide oder Chromate, haben bei Gleichstrom einen sehr hohen elektrischen Widerstand und verhalten sich bei Wechselstrom wie ein Kondensator. Im Fall von Poren in der Deckschicht werden, analog zu Abbildung 3, zusätzlich der Widerstand der Lösung in den Poren und die Kapazität der elektrochemischen Doppelschicht gemessen. Das Ersatzschaltbild eines dementsprechenden Systems ist in Abbildung 5, links dargestellt. Im Idealfall zeigt das Nyquist-Diagramm (Abb. 5, Mitte) dann zwei Halbkreise, die getrennt ausgewertet werden können. Mithilfe der Werte für die Einzelkomponenten kann die Deckschicht bezüglich Dicke und Porosität charakterisiert werden [4].
5.3 Sonstiges
Weitere Anwendungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Technikbereichen (unvollständige Liste) für das Verfahren sind:
- Quantifizierung von Ladungsübergang und Massentransport in Redoxsystemen
- Messung der Absorption von Wasser in organischen Schichten
- Messung von dielektrischen Eigenschaften
- Messung von Spalten in Werkstücken (Schichthaftungsfehler, Materialfehler, bauteilspezifische Spalte)
- Entwicklung und Zustandskontrolle bei Batterien und Brennstoffzellen
- Impedanz von Solarzellen
- Mikrobiologie, Biosensoren, Diagnostik von Tumoren, Blutzellenanalyse, Entwicklung von Herzschrittmachern, Lebensmittelkontrolle
- Qualitätskontrolle von Zement oder Beton, Mikrostruktur und Aushärtegrad
6 Anwendungsbeispiel Superkondensatoren
Superkondensatoren sind elektrochemische Energiespeicher, deren Funktionsprinzip einem normalen Kondensator ähnelt. Drei verschiedene Speicherprinzipien werden angewendet. Die einfachste Variante eines Superkondensators besteht aus zwei Elektroden, welche mit einer Aktivmasse beschichtet sind und dadurch eine sehr große Oberfläche besitzen. Zwischen beiden Elektroden befindet sich ein Separator, der einen Kurzschluss verhindert, aber elektrisch durchlässig ist. Ein Elektrolyt zwischen den Elektroden verbindet diese elektrisch. Die Ionen des Elektrolyten sammeln sich beim Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes an der Oberfläche der jeweils entgegengesetzt geladenen Elektrode. Die Ansammlung der Ionen an den beiden Elektroden bildet ein elektrisches Feld, das entgegengesetzt zum äußeren gerichtet ist und die Energie speichert. Die Ansammlung der Ionen bildet die elektrochemische Doppelschicht (Abb. 3). Aufgrund dieses Speicherungsprinzips werden Superkondensatoren auch als Elektrochemische Doppelschicht-Kondensatoren (EDLC) bezeichnet. Abbildung 6 zeigt den schematischen Aufbau eines Superkondensators [10, 11].
Das elektrochemische Verhalten eines Superkondensators wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Zunächst sind dies der Widerstand des Elektrolyten sowie der Leitungswiderstand der Elektroden. Beim Übergang der Ladungsträger vom Elektrolyten in das Elektrodenmaterial und umgekehrt ist ein Polarisationswiderstand zu berücksichtigen. Zusätzlich tritt ein Übergangswiderstand zwischen dem Aktivmaterial und dem eigentlichen Stromleiter der Elektrode, meist einer Metallfolie, auf. Auch die Porengröße des Aktivmaterials beeinflusst das Verhalten eines solchen elektrochemischen Systems.
Die Widerstände und die Kapazität in diesem Energiespeicher verändern ihre Werte in Abhängigkeit der Frequenz der äußeren Spannung. Diese Veränderung resultiert aus der Überlagerung von Diffusionsvorgängen mit den vom elektrischen Wechselfeld verursachten Ionenbewegungen. Als Konsequenz ist bei hohen Frequenzen nur ein Teil der Oberfläche des Aktivmaterials für die Ionen und damit für eine Energiespeicherung zugänglich. Unterhalb einer Grenzfrequenz, die auch Kniefrequenz genannt wird, sind die Effekte des Wechselfeldes nur noch schwach ausgeprägt und die gesamte Oberfläche des Aktivmaterials steht für die Adsorption von Ionen zur Verfügung.
Am Fraunhofer IPA wurden Versuche mit dem Ziel durchgeführt, den Übergangswiderstand zwischen der Aktivmasse (Kohlenstoffmaterial) und dem eigentlichen Leiter, dem Stromkollektor aus Nickelmaterial, zu verringern. Bei realen Superkondensatoren ist ein möglichst geringer Innenwiderstand vorteilhaft, denn je geringer dieser ist, desto größere Ströme können fließen. Die Vorbehandlung des eingesetzten Stromkollektors aus Nickel besteht in einer Tauchbehandlung in verschiedenen Medien, unter anderem in Essigsäure. Das Nickelsubstrat wurde beispielsweise 2 s oder 5 s in 30 %ige Essigsäure getaucht, danach gespült, abgeblasen und mit einer Kohlenstoffpaste bestrichen. Die beschichteten Proben wurden dann bei 80 °C für 30 min im Ofen getrocknet, kalandriert und in Testzellen der EL-Cells eingebaut, in denen sie dann vermessen werden konnten. Der Unterschied bei diesen Versuchen bestand also in der Veränderung der Oberfläche des Nickelsubstrates und damit der Grenzschicht und des Übergangswiderstandes zwischen Nickel und Aktivmaterial, welcher mit Hilfe der Impedanzspektroskopie gemessen werden sollte.
Für die Auswertung der aufgenommenen Impedanzkurven ist es jedoch erforderlich, das Ersatzschaltbild des Systems zu kennen. Für einen Superkondensator wird in [10] das Schaltbild gemäß Abbildung 7 vorgeschlagen. Der kapazitive Widerstand der Doppelschichten an beiden Elektroden wird durch den Kondensator Cdl dargestellt, die Ohm’schen Widerstände von Elektroden und Elektrolyt durch den Widerstand R1 und der Polarisations- oder Durchtrittswiderstand sowie der Übergangswiderstand an den Grenzflächen mit dem Widerstand Rp+Rü. Mithilfe des Warburg-Elements werden die frequenzabhängigen Diffusionsvorgänge beschrieben.
Das Impedanzspektrum dieser Schaltung lässt sich mithilfe der Auswerte-Software simulieren (Abb. 8). Damit ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, wie ein Diagramm grundsätzlich aussehen müsste. Der linke Schnittpunkt der Kurve im Nyquist-Diagramm mit der x-Achse stellt den Widerstand R1 dar, der Halbkreis entsteht (analog zum System gemäß der Beschreibung in Abschnitt 4) durch die Parallelschaltung von Doppelschichtkapazität und Polarisationswiderstand. Der Knick im rechten Ast der Kurve stellt die sogenannte Kniefrequenz dar, unterhalb derer die Diffusionsvorgänge durch ein Wechselfeld nicht mehr behindert werden und somit die maximale Energiespeicherung durch maximale Adsorption von Ionen an den Elektroden erreicht wird.
In Abbildung 9 sind reale Messdaten von Superkondensatoren dargestellt, deren Elektroden aus einem Nickelsubstrat zur Vorbehandlung in Essigsäure getaucht wurden, wodurch die Oxid- oder Grenzschicht des Nickelsubstrates aktiviert wird. Auf Grund von Schwankungen im Aufbau der Zellen sind die Ohm’schen Widerstände R1 der beiden Zellen nicht gleich, was sich in unterschiedlichen Schnittpunkten der beiden Kurven mit der Z'-Achse zeigt. Die Summe der internen Widerstände (Polarisations- und Übergangswiderstände) sind jeweils im Schnittpunkt der Tangente an den Kurventeil rechts unterhalb der Kniefrequenz mit der Z'-Achse abzüglich des R1-Wertes ablesbar. Auch ohne Berechnung der einzelnen Widerstandswerte ist offensichtlich, dass das Tauchen mit einer Dauer von 5 s einen niedrigeren Übergangswiderstand ergibt als das Tauchen mit einer Dauer von 2 s. Hiermit wird auch deutlich, wie empfindlich die Impedanzspektroskopie schon für sehr kleine Veränderungen eines elektrochemischen Systems ist, wie gut aber auch die Kenntnis über dieses System sein muss, um die Änderungen in den Kurven richtig interpretieren zu können.
7 Anwendungsbeispiel Biofilme
Ein Anwendungsbeispiel für die Impedanzspektroskopie aus dem Bereich der Mikrobiologie ist die Detektion von Biofilmen. Biofilme sind Agglomerate von Bakterienkolonien, umgeben von einer Matrix aus Polysacchariden, die sich im Laufe der Zeit an Oberflächen, welche sich in wässrigen Medien befinden, ausbilden. Eine einzelne Zelle besteht vereinfacht ausgedrückt aus einer Membran, gefüllt mit Zellflüssigkeit. Die Membran kann als elektrisch isolierende Doppelschicht beschrieben und durch einen Kondensator dargestellt werden. Ein zusammenhängender Biofilm auf einer Metallelektrode stellt daher eine mehr oder weniger isolierende Schicht dar, die zusammen mit dem Medium, das ebenfalls Bakterienzellen enthält, als Kombination von Ohm’schen Widerständen und Kondensatoren gedacht und folglich prinzipiell mittels Impedanzspektroskopie gemessen werden kann [12-15].
Im Rahmen eines fraunhoferinternen Projekts sollte eine Impedanzspektroskopie-Methode entwickelt werden, die das Entstehen eines Biofilms in wasserführenden Systemen detektiert. Messungen in zeitlichen Abständen zeigen zwar Änderungen der Impedanzkurven und Widerstandswerte, die auf das Entstehen eines Biofilms hinweisen können. Die Schwierigkeit bei der Auswertung besteht jedoch darin, dass ein exaktes Ersatzschaltbild nicht erstellt werden kann, solange die Natur des Biofilms und die Vorgänge bei der Biofilmbildung nicht genau bekannt sind. Außerdem muss die Messanordnung (Größe der Elektroden und deren Abstand) so gewählt werden, dass die Impedanzänderungen, die sich durch die Biofilmentwicklung ergeben, groß sind gegenüber dem Widerstand der Elektroden und der Lösung (in der Regel Wasser).
Zu Beginn des Projekts wurde der Biofilm mit einem einzigen Bakterienstamm (Pseudomonas fluorescens) in Reaktoren mit einem Volumen von 1 Liter Lösung und Elektroden aus poliertem Edelstahl mit den Maßen 5 cm x 7,5 cm und einem Abstand von 5 cm gezüchtet. Für ein schnelleres Wachstum wurde ein Nährmedium verwendet. Impedanzmessungen in einem Frequenzbereich von 100 kHz bis 20 mHz wurden in einem Zeitraum von 1 bis 2 Wochen täglich durchgeführt. Der Vergleich der Impedanzkurven ergab jedoch nur geringe Unterschiede (Abb. 10). Die Auswertung der Kurven mit einem vereinfachten Ersatzschaltbild nach Abbildung 11, oben zeigt in der Regel ein starkes Ansteigen der Kapazität CPE nach 1 bis 2 Tagen und schwächeres Ansteigen in den folgenden Tagen (Abb. 11, unten).
Das Absinken des berechneten Wertes für den Widerstand R1 ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass die Nährstoffe in der Lösung verbraucht wurden und die Anzahl der Bakterien zunahm. Der Anstieg der Kapazität CPE kann als Indiz gewertet werden, dass der Biofilm nach etwa 20 Stunden zu wachsen beginnt und das Wachstum im Verlaufe der Zeit (nach ca. 50 Stunden) nachlässt.
Die Auswertung muss durch geeignete biologische oder mikroskopische Untersuchungen ergänzt werden, die den tatsächlichen Zusammenhang zwischen der Veränderung der Impedanzwerte und dem Wachstum des Biofilms zeigt. Außerdem sollte die Messanordnung, wie oben erwähnt, so verändert werden, dass die Impedanzänderungen aufgrund des Biofilms groß sind gegenüber dem Widerstand der Lösung. In dem Fall könnte ein Biofilmwachstum eventuell bereits an den Impedanzspektren erkannt werden, ohne ein Ersatzschaltbild auswerten zu müssen, zumal dieses nur vereinfacht ist.
Im Falle einer erfolgreichen Entwicklung einer Methode zur Bestimmung des Auftretens eines Biofilms, ist die Anwendung in verschiedenen Bereichen denkbar, in denen eine gute, keimfreie Wasserqualität wichtig ist.
8 Apparativer Aufwand und Messanordnung
Für Impedanzmessungen werden ein Potentiostat und ein Frequenzganganalysator (oder ein Gerät, das beides vereinigt) benötigt, die über einen Computer durch die Messsoftware gesteuert werden. Das zu untersuchende System wird zwischen die beiden Anschlüsse des Potentiostaten geschaltet. Bei elektrochemischen Systemen wird üblicherweise zusätzlich eine Referenzelektrode verwendet, welche die angelegte Spannung kontrolliert (Abb. 12) [3]. Abbildung 13 zeigt den Messaufbau, der beim Fraunhofer IPA für Vorversuche verwendet wurde.
An das zu messende System wird eine Wechselspannung kleiner Amplitude (üblich sind z.B. 10 mV) angelegt. Die Antwort des Systems ist ein Wechselstrom gleicher Frequenz mit einem bestimmten Phasenunterschied, welcher von dem Frequenzanalysator ermittelt wird. Nacheinander werden auf diese Weise mehrere Datenpunkte im gewählten Frequenzspektrum ermittelt und in den Diagrammen (Bode- und Nyquist-Diagramm) aufgezeichnet. Bei empfindlichen Systemen (vor allem bei sehr kleinen Impedanzen) empfiehlt es sich, die Messungen in einem Faraday’schen Käfig durchzuführen, um Störeinflüsse von anderen elektrischen oder magnetischen Feldern oder Telekommunikations- oder Rundfunkstrahlung auszuschalten [3].
9 Grenzen der Impedanzspektroskopie
Impedanzmessungen sind nur geeignet, um Unterschiede verschiedener Zuständen eines Systems oder von verschiedenen Systemen aufzuzeigen. Werden Messungen eines Systems bei verschiedenen Bedingungen oder zu verschiedenen Zeitpunkten verglichen, so können sich Unterschiede der Impedanz zeigen. Diese Impedanzunterschiede kennzeichnen Veränderungen einer bestimmten Eigenschaft (zum Beispiel Korrosionsneigung oder Veränderung der Doppelschicht) des Systems. Durch eine einzelne Messung ist keine Aussage möglich und in jedem Fall muss das Ersatzschaltbild bekannt sein. Eine Schwierigkeit dabei ist, dass ein bestimmter Kurvenverlauf mit mehreren Ersatzschaltbildern erklärt werden kann. Die Richtigkeit des Ersatzschaltbildes muss daher überprüft werden, indem einzelne Komponenten gezielte verändert werden und somit der Zusammenhang mit dem entsprechenden Widerstand bestätigt werden kann.
Impedanzmessungen sind im Allgemeinen sehr genau und gut reproduzierbar. Das heißt aber auch, dass geringe Abweichungen der Messbedingungen bereits zu einer erkennbaren Abweichung im Impedanzspektrum führen, was bei eigenen Messungen festgestellt wurde. Solche ungewollten Abweichungen der Messbedingungen können zum Beispiel Temperaturschwankungen sein oder bereits minimale geometrische Änderungen (Elektrodenabstand, -fläche). Wenn die Impedanz, welche die zu untersuchende Eigenschaft repräsentiert, sehr klein ist, sollte beispielsweise darauf geachtet werden, dass die Kabelverbindungen kurz und die Kontakte gut sind, da sonst auch diese das Ergebnis beeinflussen können.
Generell ist darauf zu achtet, dass die Widerstände, welche die zu untersuchenden Eigenschaften repräsentieren, groß sind gegenüber Widerständen, die nicht von Bedeutung sind, damit Änderungen besser oder überhaupt in dem verwendeten Frequenzbereich erkannt werden können. Das heißt zum Beispiel, dass der Widerstand einer Lösung klein gehalten werden muss (Erhöhung der Leitfähigkeit der Lösung oder Verringerung des Abstands zwischen den Elektroden), wenn die Vorgänge an den Elektroden untersucht werden sollen.
Je niedriger die Frequenz, desto länger dauert die Messung. Die Messzeit in Sekunden für einen einzelnen Messpunkt ist der Kehrwert der Frequenz (bei 1 mHz dauert die Messung 1000 s). Dadurch kann die Aufnahme eines Spektrums bis in den mHz-Bereich mehrere Stunden dauern. Dies ist vor allem dann zu berücksichtigen, wenn das System nicht stabil ist (z.B. Korrosionssystem). Denn ein stabiles System ist Voraussetzung dafür, das Impedanzspektrum korrekt auswerten zu können. Das System muss mindestens für die Dauer einer Messung stabil sein [4, 5].
10 Schlussfolgerung
Die Impedanzspektroskopie ist eine gute Möglichkeit, mit relativ geringem Aufwand den Zustand in Systemen aus vielerlei Bereichen vergleichend zu bestimmen. Voraussetzung für eine sinnvolle Auswertung ist jedoch ein gutes Verständnis des Systems und eine gründliche Planung der Messanordnung.
Das Beispiel der Superkondensatoren zeigt, dass geringe Veränderungen eines Systems zu deutlichen Veränderungen im Impedanzspektrum führen. Es wird aber auch deutlich, dass das System gut bekannt sein muss und die Vorgänge und Reaktionen darin verstanden werden müssen, um die Spektren richtig, das heißt physikalisch fundiert im Hinblick auf eine Systemverbesserung, interpretieren zu können.
Je nach Art des zu charakterisierenden Systems sind für die Entwicklung einer Methode mittels Impedanzspektroskopie weitere Messungen mit anderen Verfahren notwendig, was im Beispiel der Biofilme gezeigt wurde.
Literatur
[1] D. U. Sauer: Impedanzspektroskopie – Eine Methode, viele Anwendungen; Technische Mitteilungen 99(2006)1/2, S. 7-11; ISSN 0040-1439
[2] J. R. Macdonald: Preface; in: Impedance Spectroscopy - Emphasizing Solid Materials and Systems. Wiley, New York (1987); S. vii-viii, ISBN 0471-83122-0
[3] D. Ende, K.-M. Mangold: Impedanzspektroskopie; Chemie in unserer Zeit 27(1993)3, S. 134-140; ISSN 0009-2851
[4] Gamry Instruments: Basics of Electrochemical Impedance Spectroscopy, Application Note. Warminster, UK, 08.06.2015; Verfügbar: http://www.gamry.com/application-notes/EIS/basics-of-electrochemical-impedance-spectroscopy/. Zugriff: 30.07.2015
[5] T. Frelink: Electrochemical Impedance Spectroscopy (EIS) – Basic Principles, Experimental Set-up, Data Analysis and Equivalent circuit models; Technische Mitteilungen 99(2006)1/2, S. 177-183; ISSN 0040-1439
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[7] Scribner Associates, Inc 2010. ZView®, Impedance / Gain Phase Graphing and Analysis Software, Southern Pines, USA
[8] D. D. Macdonald, M. C. H. McKubre: Chapter 4.3: Corrosion in Materials; in: Macdonald, J. R. Impedance Spectroscopy - Emphasizing Solid Materials and Systems, Wiley, New York (1987), S. 260-316, ISBN 0471-83122-0
[9] U. Rammelt, G. Reinhard: Anwendung der elektrochemischen Impedanzspektroskopie (EIS) zur Beurteilung der Lochkorrosion und ihrer Inhibition; Werkstoffe und Korrosion 41(1990) S. 391-395; ISSN 0043-2822
[10] P.-L. Taberna, P. Simon: Kapitel 3 - Electrochemical Techniques; in: F. Béguin, E. Frackowiak: Supercapacitors; Wiley-VCH-Verlag (2011), S. 111-130; ISBN 978-3-527-32883-3
[11] Wikipedia; Superkondensator; 14.07.2015; Verfügbar: https://de.wikipedia.org/wiki/Superkondensator; Zugriff: 29.07.2015
[12] K. Taeyoung, et.al.: Influence of attached bacteria and biofilm on double-layer capacitance during biofilm monitoring by electrochemical impedance spectroscopy; Water Research 45 (2011), S. 4615-4622
[13] B. Hadar, et.al.: An electrochemical impedance model for integrated bacterial biofilms; Electrochimica Acta 56 (2011), S. 7780-7786
[14] nanoAnalytics GmbH: Measuring the Impedance of Cell Layers (part II); Verfügbar: http://www.nanoanalytics.com/en/hardwareproducts/cellzscope/howitworks/chapter03/index.php; Zugriff: 29.07.2015
[15] H. Bluhm, et.al.: Aufschluss und Abtötung biologischer Zellen mit Hilfe stark gepulster elektrischer Felder; Nachrichten Forschungszentrum Karlsruhe 35(2003)3, S. 105-110
DOI:10.7395/2015/Knoblauch1