Der medizinische Fortschritt wird bestimmt durch zunehmende Miniaturisierung der Medizinprodukte. Absolventinnen und Absolventen, die Mikrotechnologie im Kontext mit Medizintechnik beherrschen, gehören zu gesuchten Fachleuten. Das Mikromedizin Symposium 2015 hat sich im Mai unter dem Motto Intelligente Implantate – Studieren im neuen miniaturisierten Medizintechnik-Zeitalter mit der Praxis der innovativen Neurotechnologie im wissenschaftlichen Kontext auseinandergesetzt. Diese stellt für Therapie und Forschung neue Möglichkeiten bereit. Die aktuellen technischen und medizinischen Entwicklungen der Computerisierung und Biologisierung wurden reflektiert. Das Symposium führte damit eine erfolgreiche Veranstaltungsreihe zu dem Thema innovative Technologien für Lehren und Lernen fort.
Die Veranstalter konnten mehr als 100 Teilnehmer zum Symposium begrüßten, wobei insbesondere Prof. Dr. Bucher das Lob zukam, der die Veranstaltung mit renommierten Vortragenden organisiert hatte. Die gute Lage der Hochschule in einem Kreis von innovativen Unternehmen und Instituten kommt hierbei sowohl der Ausbildung als auch den Studenten während und nach dem Studium sehr entgegen.
Master-Studiengang Mikromedizin
Prof Dr. Volker Bucher stellte im ersten Fachvortrag den Master-Studiengang Mikromedizin der Hochschule vor. Dieser Studiengang ist seit einem Jahr an der Hochschule angesiedelt, wobei das Interesse seitens der Studierenden sowie der Industrie stetig steigt. Der Bereich Mikromedizin befasst sich in erster Linie mit intelligenten Implantaten. Ein Beispiel, das bereits in der Anwendung ist, ist ein Herzschrittmacher, der mittels Katheder eingesetzt wird, oder ein Retinaimplantat. Wie Prof. Bucher betonte, hat die Industrie großen Bedarf an Fachleuten im Bereich der Medizin- beziehungsweise der Mikromedizintechnik. Die gute Resonanz zeigt sich nach Aussage von Prof. Dr. Bucher in einer intensiven Zusammenarbeiten mit der Industrie sowie ersten Promotionen.
Intelligente Implantate
Prof. Dr. Thomas Stieglitz (IMTEK) ging im ersten Beitrag detaillierter auf das Arbeitsgebiet aus Sicht des Forschers ein. Als Visionen der Arbeiten sieht der Vortragende die Möglichkeit, voll funktionsfähige Prothesen, beispielsweise eine Hand, zu entwickeln und einzusetzen, aber auch neuronale Störungen wie Epilepsie zu therapieren.
Diese Ansätze sind in zunehmendem Maße interessant, da sie außerordentlich kostenintensiv sind. Dazu zählen auch Erkrankungen, die zu dauerhaften Schmerzen führen. Der Bedarf kann relativ einfach an den vorhandenen Patientenzahlen abgeschätzt werden, die derzeit bei etwa 350 000 Herzschrittmacher pro Jahr oder Stimulatoren im Gehirn mit etwa 70 000 Euro pro Patient liegen.
Der erste Mensch mit einem Herzschrittmacher erhielt sein Gerät 1958 mit lediglich wenigen Stunden Funktion. An seinem Lebensende hatte er nach etwa 40 Jahren 27 Herzschrittmacher erhalten. Heute ist eine derartige Vorgehensweise nicht mehr akzeptabel. Das heißt, die Geräte müssen vor der ersten Anwendung sehr umfangreich getestet werden. Relevant sind hierzu beispielsweise die Arten der Anbindung an den Körper oder auch die Anzahl der erforderlichen Kanäle für die Ansteuerung oder die Nutzungszeiten und -häufigkeiten. Für Implantate ist es darüber hinaus maßgeblich, dass die herstellenden Unternehmen während der langjährigen Funktion von Implantaten den Service der Unterstützung garantieren können. Dazu ist nach Ansicht des Vortragenden ein langfristiges Konzept der Unternehmen notwendig. Bei Implantaten für das Gehirn ist ein hohes Maß an Lernfähigkeit beziehungsweise Redundanz erforderlich. Eine weitere Forderung ist die Messfähigkeit von Botenstoffen im Körper.
Eine Produktion von Implantaten erfordert in der Regel die Akzeptanz langer Entwicklungszeiten vor der eigentlichen Herstellung, das bedeutet eine ausreichende finanzielle Unterstützung. Am Beispiel eines Hirnimplantats machte der Vortragende den Umfang der Arbeiten deutlich. Hierfür wurde als Ansatz eine Technik unter Verwendung von Lasern zur Strukturierung gewählt. Damit lassen sich zwar keine sehr kleinen Strukturen erzeugen, was allerdings auch nicht immer zwingend notwendig ist. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein Implantat auf Basis von Silikon im Säugergehirn akzeptiert wird. Im nächsten Schritt wird daran gearbeitet, drahtlose Signalübertragung zu verwenden. Hierbei zeigte es sich, dass entsprechende Arrays nicht zu flexibel sein dürfen, um eine Operation zu überstehen. Eine weitere Forderung ist eine hohe Dichtheit gegen Wasser, Salze und Gase, um dem Materialangriff zu widerstehen. Derartige Implantate werden an Tiermodellen getestet.
Bei einem weiteren Beispiel eines Implantats wurden Elektroden auf den Träger aus Polyimid aufgebracht. Diese wiederum werden als nervenstimulierende Elektroden eingesetzt. Eine daraus hergestellte Prothese ist in der Lage, Phantomschmerz zu verringern und die Funktion des Greifens mit Fühlen zu erzeugen. Hierfür müssen die einzelnen Sensorleitungen mit Nerven beziehungsweise Muskeln verbunden werden, wobei zu akzeptieren ist, dass nicht alle Kontakte die gewünschten Funktionen aufweisen. Erste Studien belegen trotz der nach wie vor bestehenden Schwierigkeiten eine sehr hohe Lernfähigkeit beim Einsatz der Prothese.
Neben der Aufgabenstellung der Prothetik sollen Mikroimplantate auch dazu herangezogen werden, Medikamente beispielsweise zur Blutdrucksenkung zu ersetzen. Als Ansatz wird unter anderem eine manschettenförmige Elektrode um ein Faserbündel gewählt. Damit lassen sich aus den gemessenen Signalen die notwendigen Signalanteile (z. B. der Herzschlag) herausfiltern. Diese Signale eignen sich dazu, den Blutdruck gezielt zu ändern. Derzeit werden hierfür passende Modellkörper ausgewählt und klinische Tests vorbereitet.
Entwicklungen am NMI
Das Naturwissenschaftliche und Medizinische Institut an der Universität Tübinngen (NMI) führt umfangreiche medizintechnische Entwicklungen durch. Dr. Alfred Stett stellte entsprechende Arbeiten auf dem Gebiet der aktiven medizinischen Implantate vor, die nach derzeitiger Situation ein hohes Wachstumspotenzial aufweisen. Insbesondere sind dies Ohrimplantate, Neurostimulatoren, Herzimplantate sowie Medikamentendosiersysteme. Sehr positiv ist nach Ansicht des Vortragenden die gute Situation bezüglich der Unternehmen, Institute und Einrichtungen in Süddeutschland.
Seitens des NMI wird daran gearbeitet, Implantate sicher zu kapseln oder mit der notwendigen Energie zu versorgen beziehungsweise Signale an den Körper abzugeben. Dazu muss die Integrationsdichte beispielsweise durch die Entwicklung angepasster Schaltungen mit einem geringen Energieverbrauch erhöht werden. Des Weiteren sind die Biokompatibilität und die Biostabilität zu berücksichtigen. Eine große Herausforderung besteht in der Einhaltung der langen Nutzungsdauern von vielen Jahren. Große Hoffnungen werden sowohl beim Auslesen von Daten als auch beim Zuführen von Energie auf induktive Technologien gerichtet. Dabei nehmen derzeit noch die Antennen den größten Bereich ein, sodass hier neue Technologien benötigt werden. Ein weiteres Thema betrifft die Zahl der verfügbaren Mikroelektroden, die beim Retinaimplantat derzeit die höchste Dichte erreicht.
Im zweiten Teil des Vortrags ging Dr.-Ing. Rene von Metzen näher auf die intelligenten Implantate ein, so wie sie von der Arbeitsgruppe des Vortragenden gesehen werden. Intelligente Implante beinhalten ihm zufolge Sensoren und Aktoren, wodurch Messwerte aufgenommen und interpretiert und daraus Aktionen ausgelöst werden, um therapeutische Funktionen zu erzielen. Forderungen an die Implantate sind vor allem Biokompatibilität und Biostabilität, geringe Abmessungen, autarkes Arbeiten und lange Funktionsdauern bei hoher Zuverlässigkeit. Darüber hinaus sollen Implantate möglichst unauffällig sein, um eine hohe Akzeptanz beim Patienten zu garantieren. Schließlich müssen die Kosten für Implantate möglichst gering sein im Vergleich zu vorhandenen Systemen.
Als etabliert gelten Systeme, die in ein hermetisches Gehäuse untergebracht sind. Dabei ist stets eine Miniaturisierung anzustreben. Derzeit werden Systeme durch die Batterie dominiert. Neue hermetische Gehäuse verfügen über eine relativ hohe Zahl an Durchführungen. Alternativ dazu wird an flexiblen Gehäusen gearbeitet, die sich beispielsweise für Antennen eignen. Je nach vorgesehener Nutzungsdauer müssen unterschiedliche Verkapselungsarten vorgesehen werden.
Bei aktiven Implantaten stellt die Zuführung der benötigten Energie eine der größten Herausforderungen dar. Neben induktiver Zuführung wird auch die Eignung von Brennstoffzellen untersucht. Für die Langzeitfunktion spielen Immunreaktionen oder Einwachsen von Zellen eine wesentliche Rolle. Beim Einwachsen ist zu berücksichtigen, dass dies einen Signalverlust bewirken kann, da beispielsweise die chemischen Systeme vorhandene Sensoren später erreichen.
Neurochipforschung am NMI
Den Bereich der Neurochipforschung am NMI stellte Günther Zeck vor. In diesem Bereich wird vor allem an Softwarelösungen zur Steuerung der Signale geforscht. Dabei wies er darauf hin, dass in den letzten 50 Jahren trotz verbesserter Messmethoden die Zuordnung der gemessenen Signale zu daraus folgenden Reaktionen unverändert gering geblieben ist. Allerdings wurde festgestellt, dass die Dichte der Ableitelektroden höher sein sollte, als die Zahl der Zellen, um verwendbare Aussagen zu erhalten. Erreicht wurden in CMOS-Techniken Bausteine mit 4225 Elektroden zur Detektion und 1024 Elektroden zur Stimulation. Im Gegensatz zur Aufzeichnung der einzelnen Spannungsverläufe erfolgt heute ein Übergang zu Spannungskarten, wobei für jede einzelne Zelle die Spannung farbcodiert dargestellt wird. Solche Spannungskarten werden zu unterschiedlichen Zeiten erzeugt und damit zeitliche Verläufe dargestellt. Mit den Messungen lassen sich Veränderungen in der Signalleitung erfassen und so auf Defekte rückschließen. Die gemessenen Verläufe erlauben im umgekehrten Fall die Möglichkeit, durch entsprechende Stimulationen bestimmte Körperreaktionen zu erzeugen. Entsprechende Untersuchungen werden verwendet, um zum Beispiel Retinaimplantate zu einer Funktion zu verhelfen.
Neuroflexarray
Prof. Dr. Jürgen Giehl, Hochschule Mannheim, stellte ein zusammen mit Prof. Bucher durchgeführtes Projekt zur Entwicklung eines flexiblen Neuroarrays vor. Hierzu werden an der Hochschule Mannheim Technologien aus dem Maschinenbau, der Informatik und der Elektrotechnik für die Spezialitäten der Medizintechnik genutzt. Schwerpunkte liegen in Mannheim in der Minimalinvasivmedizin, der Sensorik und bioelektrischen Signalen, bildgebenden Verfahren sowie der medizinischen Signalverarbeitung. Als Besonderheit der medizintechnischen Signalelemente gilt, dass sie nicht in den sonst üblichen großen Stückzahlen gefertigt werden. Neue Projekte befassen sich mit organischer Elektronik, innerhalb deren unter anderem auch Tintenstrahltechnologien zum Einsatz kommen.
Beim Neuroflexarray handelt es sich um ein großflächiges hochauflösendes Elektrodenarray für neuronale Anwendungen. Hierbei werden die eingehenden Signale verstärkt und einer weiteren Anwendung zugänglich gemacht. Die Chips selber sollten auf längere Sicht eine Größe im Bereich weniger Quadratzentimeter nicht übersteigen. Sie bestehen aus flexiblen Substraten auf Siliziumbasis. Die Arrays sollen dazu dienen, Nervenerkrankungen im Gehirn (z. B. Epilepsie) genauer zu lokalisieren, als dies mit den bisher üblichen bildgebenden Verfahren möglich ist. Auf der angestrebten Fläche von einigen Quadratzentimetern soll die Elektrodenzahlen zwischen 1000 und 10 000 liegen. Hergestellt werden die flexiblen Arrays, indem nach dem Aufbau der Schaltung der Ausgangschip gedünnt und in ein flexibles Polyimid eingebettet wird. Auf dem vollkommen in Polyimid verkapselten Chip lassen sich unterschiedliche Arten von Schaltungen realisieren, die in weiten Grenzen variierbar sind und zum Teil mit sehr komplexen Stimulationen ausgestattet werden können.
Detektion von Neurotransmittern
Dr. Boris Hofmann stellte die elektrochemische Detektion von Neurotransmittern vor. Anwendung findet die Technologie im Zusammenhang mit der Stimulation durch Elektroden im Gehirn, beispielsweise zur Bekämpfung von Parkinson oder Schizophrenie. Um eine Rückkopplung zu ermöglichen, ist die Messung von Neurotransmittern erwünscht. Erste Anwendungen erfolgen durch das US-System WINCS, die allerdings nur während der Operation möglich sind.
Ein Problem ist die Größe der Elektroden, die im Moment noch deutlich zu hoch ist. Ein neues Verfahren ist das Redox Cycling, bei dem mit perforierten zweischichtigen Elektroden gearbeitet wird. Diese haben den Vorteil, dass sehr kurze Distanzen zwischen Anode und Kathode vorliegen und damit bei kleinen Ladungsmengen sehr schnell Messungen durchgeführt werden können.
Signatur epileptischer Netzwerke
Ulrich Egert befasste sich mit den Messungen von Neurosignalen bei Epilepsie. Dabei führte er aus, dass Epilepsie nur bedingt medikamentös behandelt und mit fortschreitender Dauer nur noch durch Operation gemildert werden kann. Speziell untersucht der Vortragende den Zustand des Gehirns außerhalb von epileptischen Anfällen und die Ursachen für den Wechsel aus dem Zustand anfalllos zu anfällig. Dazu werden an Tiergehirnen die Zustände der Nerven in den verschiedenen Zustandsformen untersucht.
Der Vortragende setzt sich als Ziel, aus den Signalen vor dem Anfall Änderungen zu erkennen. Erste Ergebnisse lassen Unterschiede aus den Signalen herauslesen, ohne jedoch den Grund für die Änderungen zu erkennen. Zur weiteren Analyse werden Elektroden verwendet, um die Signale zwischen geschädigten und gesunden Hirnarealen zu vergleichen. Ein Merkmal zur Klärung der Ursache wird im Rhythmus der sogenannten Thetaphasen gesehen, die sich zwischen gesund und krank erkennbar unterscheiden. Daraus kann ein Netzwerksystem ermittelt werden, das deutliche Unterschiede beim Wechsel von Anregung zu Hemmung aufweist.
Um den Prozess soweit aufzuklären, dass Therapie möglich wird, werden zum einen Netzwerkarrays benötigt und zum anderen Simulationen und die Erstellung neuer Modelle. Ansätze zur Hilfe werden in der Verwendung von niederfrequenten Stimulationssystemen gesehen.
Medikamentendosierung
Mit der Medikamentendosierung befasste sich Simon Herrlich. Ein von ihm vorgestelltes System für Forschungsarbeiten wird intrazelebral an Versuchstieren eingesetzt. Die Abgabe der Stoffe erfolgt über Mikrosonden, bei denen über Mikrokugeln durch Erhitzen Flüssigkeit über eine Strecke befördert wird. Dieses System wird so weiterentwickelt, dass es zukünftig ohne Anschlusskabel arbeiten kann.
Ein zweites System arbeitet intraoral, bei dem das Abgabesystem in einen Zahn eingesetzt wird, wobei nur Zahnersatzteile als Abgabesystem verwendet werden. Dort kann der Wirkstoff relativ effektiv abgegeben beziehungsweise vom Körper aufgenommen werden. Vorgesehen ist eine Anwendung bei Parkinson, wobei die Abgabe von Medikamenten sowohl chargenförmig als auch konstant denkbar ist. Der Mundraum ist als Abgabeort prädestiniert, da Medikamente über die Backenschleimhaut direkt in die Blutbahn übergehen können. Dazu muss überprüft werden, wie gut ein Medikament von der Schleimhaut aufgenommen wird. Die Abgabe des Wirkstoffs erfolgt ohne elektrische Einrichtungen rein durch den vorhandenen Speichel als Aufnahmemedium und über eine semipermeable Membran. Darüber hinaus ist in das System ein RFID integriert, das über ein Lesegerät ausgelesen werden kann.
Technische Medizin – MasterOnline
Prof. Dr. Stefan Schumann stellte das System MasterOnline für technische Medizin vor. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Ärzte sehr viel Messtechnik betreiben, ohne dass die Messtechnik Inhalt des medizinischen Studiums ist. Ähnlich ist die Situation bei Geräten wie einem Herzschrittmacher mit seinen zahlreichen Funktionen und Einstellmöglichkeiten oder auch der erforderlichen Dokumentation, die kaum in Zusammenarbeit mit den Ärzten erfolgt. Ärzte müssen also verstärkt in Bereichen wie Messtechnik und Signalverarbeitung, Programmierung oder Dokumentationstechnik geschult werden, also ingenieurwissenschaftliche Grundlagen erlernen. Nur damit ist die sichere Anwendung von medizinischen Geräten garantiert. Erfüllt werden diese Forderungen in einem neuen Studiengang der Uni Freiburg.
Neurale Elektronik
Prof. Dr. Ortmanns gab einen Einblick in die Elektronik für die Medizintechnik mit einer rasanten Wanderung durch die Entwicklung vom ersten Herzschrittmacher zu modernen Geräten, die Intelligenz besitzen, das bedeutet nach den Worten des Vortragenden, sich den Anforderungen des Nutzers anpassen. Die an den Elektrotechniker gestellten Herausforderungen aus der Medizin demonstrierte er am Beispiel eines Retinaimplantats. An diesem Beispiel war besonders beeindruckend erkennbar, welche umfangreichen Aufgaben aus der Vielfalt des lebenden Körpers bezüglich der auftretenden Spannungen, Ströme, Kurvenverläufe oder den verfügbaren Platzverhältnissen entstehen – und das in der Regel zu geringsten Kosten.
Sehen mit intelligenten Implantaten
Zum Abschluss der Veranstaltung stellte Dr. Walter-G. Wrobel Retinaimplantate vor. Dazu werden auf elektrischem Wege Phosphene angeregt und Lichteffekte erzeugt, die blinden Menschen ein Sehvermögen geben. Er stellte den Weg der letzten 100 Jahre zur Entwicklung eines Implantats vor, wobei zum Teil noch vor 30 Jahren ein entsprechendes Element für nicht realisierbar galt. Anfängliche Überlegungen gingen dahin, dass viele Krankheiten durch den Ausfall der Zapfen verursacht werden, während die Vorverarbeitung der Zelle weiterhin in Takt ist. Neuere Erkenntnisse führten dazu, dass bei bestimmten Ausfallerscheinungen des Sehsystems die Verarbeitung der entstehenden elektrischen Signale im Auge durch künstliche Systeme möglich ist, wodurch der Weg für ein machbares Implantat geebnet wurde.
Dr. Wrobel
Die Vorteile eines solchen Implantats liegen darin, dass der Einbau einfach ist und der Chip sich mit dem Auge mitbewegt. Die Präzision wird durch die Dichte und Empfindlichkeit der künstlichen Rezeptoren gegeben und liegt in der Präzision bei etwa 20 % des natürlichen Sehvermögens. Ein erster Chip besaß 1500 Pixel bei einer aktiven Fläche von 3 x 3 mm2 und einem Gesichtsfeld von etwa 10° (10° ist ein Gesichtsfeld, das einem Patienten das selbsttätige Bewegen ermöglicht). Die elektrischen Pulse liegen hierbei zwischen 0,5 V und 2,0 V und 0 Hz bis 20 Hz. Auch wenn die Anregung der Retina vollkommen anders erfolgt, als bei der optischen Reizung, gelingt es doch, mit Übung etwas zu erkennen.
Fazit
Die Veranstaltung in Villingen-Schwenningen bot ein ausgezeichnetes Bild der hohen Anforderungen an moderne Medizintechnik. Sie zeigte aber auch, dass hier nur noch durch umfassende interdisziplinäre Arbeit Fortschritte zu erzielen sind, insbesondere, weil das notwendige Spezialwissen sehr vieler Fachbereiche kaum im Rahmen eines einzigen Studiengangs vermittelbar ist. Der Studiengang der Hochschule Furtwangen richtet deshalb seinen Blick auf die Ausbildung von Fachleuten, die zwischen den unterschiedlichen Spezialdisziplinen als Vermittler und Koordinator auftreten und so die geforderten innovativen Verbindungen herstellen. Als Ergebnis daraus sind in den nächsten Jahren deutliche Fortschritte bei den Unternehmen zu erwarten, die sich vor allem im süddeutschen Raum angesiedelt und etabliert haben.
Studieren auf höchstem Niveau kann für die Hochschule Furtwangen wörtlich genommen werden: die HFU ist nicht nur die höchst gelegene Hochschule in Deutschland, sie zählt auch nach Einschätzung ihrer Studierenden und der Wirtschaft in Rankings zu den Top-Bildungseinrichtungen in Deutschland. Mit zehn Fakultäten und 40 akkreditierten Studiengängen an den drei Standorten Furtwangen, Villingen-Schwenningen sowie Tuttlingen ist die HFU mit ihrem vielfältigen Studienangebot die führende Hochschule im Südwesten. Modernste Labore, eine zeitgemäße IT-Infrastruktur und eine der besten Wissenschaftsbibliotheken Deutschlands sind Teil der hervorragenden Ausstattung.
Masterstudiengang Mikromedizin
Demografische Entwicklung, die Behandlung von altersbedingten und chronischen Leiden sowie neurologischen Erkrankungen wie Parkinson stellen die Medizin vor zentrale Herausforderungen. Es müssen neue Ansätze in der medizinischen Versorgung gefunden werden. Implantate und andere medizintechnische Behandlungsformen nehmen dabei eine zukunftsweisende Rolle ein. Das innovative Master Studium eröffnet vertiefte Kenntnisse und Fähigkeiten in den Bereichen Mikromedizin, Mikrotechnologie, Biomedizin und biokompatible Werkstoffe mit Fokus in den Bereichen der Implantate und Smart Systems. Das Programm vermittelt die wissenschaftlich fundierte Antwort im Hinblick auf die Zukunftstrends moderne Medizin, Miniaturisierung, Computerisierung und Biologisierung in Medizintechnik und Gesundheitsprävention.