Möglichkeiten der Energie- und Ressourceneffizienz moderner Abluftanlagen

Oberflächen 27. 07. 2015
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Von Patric Hering, AIRTEC MUEKU GmbH, Elsoff

Insbesondere in der Galvanotechnik müssen Anlagenteile geheizt und andere gekühlt werden. Darüber hinaus müssen große Mengen an Abluft behandelt werden. In beiden Fällen treten hohe Energieverluste auf, die den Einsatz von modernen Wärmerückgewinnungssystemen sinnvoll machen. Der Einsatz dieser Technologien verringert den Bedarf an Heizenergie zur Raumheizung bei Zuluftbedarf. Besonders effizient ist die Verdunstungskühlung und Nutzung von dabei zurückgewonnener Energie.

The Scope for Efficient use of Energy in Modern Air-Handling Plant

For Metal Finishing in particular, some parts of the operation require heating while others, require cooling. In addition, large volumes of exhaust air have to be handled. In both cases, significant energy requirements are involved, making a strong case for installation of modern heat exchanger technology. By these means, energy required for space heating and ventilation can be greatly reduced. A case of particular interest is the cooling of evaporation plants and re-use of the energy derived from this.

1 Einleitung

Durch steigende Energiepreise und neue Auflagen kann sich heute kaum mehr ein Unternehmen leisten, nicht über seine Energie- und Ressourceneffizienz nachzudenken und diese zu überprüfen. Auch der Gedanke, ein Green-Image aufzubauen, kann ein Auslöser für den ersten Schritt in die richtige Richtung sein. Gerade die Unternehmen aus der Oberflächentechnik benötigen enorme Energiemengen, um ihre Waren zu veredeln. Die hier eingesetzten Energieverbraucher sind stets mit Verlusten behaftet, wodurch den Betreibern der Anlagen unter Umständen sehr viel Energie verloren geht.

Eine Galvanoanlage ist in der Regel eine Energieschleuder, wie sich an einigen Punkten gut verdeutlichen lässt:

  • die über Gleichrichter eingebrachte Leistung heizt das Aktivbad auf, das dann zur Gewährleistung eines stabilen Prozesses teuer gekühlt werden muss
  • neben der Aktivbadkühlung muss der Gleichrichter natürlich ebenfalls gekühlt werden
  • andere Arbeitspositionen wie galvanische Elektrolyte oder Reinigungsstufen müssen wieder geheizt und auf Temperatur gehalten werden
  • die Abluftanlage saugt die warme Hallenluft ab und bläst diese aus
  • die Zuluftanlage muss die Halle wieder mit Frischluft versorgen, die im Winter natürlich teuer aufgeheizt werden muss
  • in der Abluftanlage wird das Rohgas permanent mit Wasser besprüht, wodurch sich die Abluft mit Feuchte anreichert und der Wäscher damit Wasser verbraucht.

Die meisten Ansätze in dieser Richtung zielen darauf ab, den Einsatz von Energie und Ressourcen, wie zum Beispiel Wasser und Luft, zu minimieren. Doch oftmals bringen solche Ansätze andere Nachteile mit sich. Beispielsweise werden Arbeitspositionen mit beweglichen Deckeln abgedeckt, um Abluftvolumen zu sparen. Dadurch wird das Handling der Anlage komplizierter und die notwendige Investition erhöht.

Dies führt den innovativen Anlagentechniker zu der Frage, ob und wie es möglich ist, die verschiedenen Energieflüsse miteinander zu verknüpfen, verloren geglaubte Energie zurückzugewinnen, somit Verluste zu minimieren und einen Energiekreislauf herzustellen. Durch entsprechende Auslegung und Planung einer Wärmerückgewinnungsanlage (WRG) ist es möglich, dem Kunden Vorlauftemperaturen von bis zu 65 °C aus der Wärmerückgewinnungsanlage zur Verfügung zu stellen. Hierdurch können die Betreiber 80 % der Heizperiode ausschließlich mit der Wärmerückgewinnungsanlage heizen. Der modulare und einfache Aufbau einer derartigen Anlage erlaubt es, weitere Energiequellen einzubinden. Ein weiterer wichtiger Baustein in dem Energiekreislauf bildet die Aktivbad- und/oder Gleichrichterkühlung. Durch Kühlung mit Hilfe der Abluftanlage wird die überschüssige Wärme (Kühlleistung) im Abluftstrom gesammelt, über die Wärmerückgewinnungsanlage zurückgewonnen und dem Betreiber wieder zur Verfügung gestellt, zum Beispiel um die Zuluft aufzuheizen.

Heutzutage erfüllt die Abluftanlage nicht mehr nur gesetzliche Auflagen, sondern ermöglicht dem Betreiber die Einsparung von Betriebskosten und kann zudem viele nützliche Funktionen übernehmen.

2 Wärmerückgewinnung

Einer der größten Energieverbraucher ist die Zuluftanlage. 80 % bis 90 % des Abluftvolumens sollten der Halle als Zuluft wieder zugeführt werden, um die Leistung der Abluftanlage, aber auch die Einhaltung der Arbeitsplatzkonzentrationen, zu gewährleisten. Dies lässt sich an einer vereinfachten Betrachtung deutlich belegen.

Wenn eine Abluftanlage mit einem Volumenstrom von 30 000 m3/h zugrunde gelegt wird, könnten daraus etwa 240 kW Wärme effektiv zurückgewonnen werden. Die korrespondierende Zuluftanlage dazu hat eine Leistung von 27 000 m3/h. Um die Außenluft im Winter von -7 °C auf 18 °C zu erwärmen, werden 246 kW Heizleistung benötigt. Dies bedeutet, dass mehr als 80 % der Heizperiode nur und ausschließlich mit der Wärmerückgewinnungsanlage die Zuluft geheizt werden kann. Dies könnte eine echte Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen bedeuten.

Je nach Kundenbedarf und Wärmenutzung kann das Wärmerückgewinnungssystem in verschiedenen Varianten und deren Kombination aufgebaut werden. Das klassische KVS System kann zusätzlich mit Wärmepumpen ergänzt werden, um das Temperaturniveau und somit die Zuluftheizung zu optimieren. Gerade in den Übergangszeiten Frühjahr und Herbst, wenn es außen zwischen 10 °C bis 15 °C warm ist, kann das sinnvoll sein.

Durch den konstanten und stetigen Abluftstrom (Wärmequelle) ist ein sehr effektiver Betrieb der Wärmpumpe zu realisieren.

Neben dem Vorteil der rückgewonnenen Wärme wird der Frischwasserverbrauch des Nasswäschers durch die Wärmerückgewinnungsanlage reduziert. Durch Kondensation des verdunsteten Waschwassers im Wärmetauscher werden etwa 40 % bis 50 % dieser Verdunstungsverluste dem Nasswäscher wieder zugeführt. Im oben angeführten Beispiel mit 30 000 m3/h können durch die Wärmerückgewinnungsanlage etwa 220 l/h Wasser aus der Abluft zurückgewonnen und dem Wäscher wieder zugeführt werden. Durch den modularen Aufbau der Wärmerückgewinnungsanlage (Abb. 1) ist es möglich, weitere Energiequellen in das Konzept einzubinden.

Abb. 1: Wärmerückgewinnungsanlage mit 240 kW Wärmeleistung bei 50 000 m3/h Abluftvolumen

 

3 Möglichkeiten der Kühlung

Eine weitere wichtige Funktion, die von der Abluftanlage übernommen werden kann, ist die Prozesskühlung. Neben der Zuluftaufheizung stellt die Prozesskühlung einen weiteren großen Anteil am Energieverbrauch einer Oberflächenbeschichtung dar. Klassische Rückkühlmaschinen verbrauchen 25 % bis 30 % der Kühlleistung an elektrischer Leistung. Je nach Kühlbedarf oder installierter Gleichrichterleistung sind hier leicht 100 kW bis 200 kW erreicht.

Unterschieden werden zwei Arten der Kühlung: zum einen die direkte Elektrolytkühlung, zum Beispiel bei Einsatz eines Chrom(VI)elektrolyten, zum anderen die ­indirekte, entkoppelte Kühlung. Beide Arten bedienen sich der Verdunstungskühlung in der Abluftanlage.

Wie in Abschnitt 2 bereits kurz erwähnt, verbraucht die Abluftanlage stetig Wasser. Da der Abluftstrom bei einem Nasswäscher ständig besprüht wird, reichert sich die Abluft mit der maximal möglichen Feuchte an. Die Feuchte (Wasser) verdunstet aus dem Waschwasser in die Abluft. Dieser Effekt ist unter dem Begriff des Verdunstungsverlusts im Wäscher bekannt. Wie bei der Wärmerückgewinnung wird die Verdunstungsenergie des Wassers genutzt, allerdings in umgekehrter Richtung im Vergleich zur Wärmerückgewinnung. Die Energie die zum Verdunsten des Wassers in Luft nötig ist, wird dem Wasser oder auch dem Elektrolyten direkt entzogen, wodurch ein Kühleffekt entsteht.

Interessant hierbei ist, dass sehr große Kühlleistungen mit sehr kleinen elektrischen Leistungen erreicht werden können. Da eine Verdunstung in der Abluftanlage sowieso stattfindet, ob diese genutzt wird oder nicht, ist im Prinzip nur eine Pumpe als elektrischer Verbraucher nötig, um die Kühlleistung nutzbar zu machen.

Bei der direkten Kühlung mittels eines ­atmosphärischen Verdunstungskühlers hat der Betreiber zusätzlich den Vorteil, dass verschlepptes Spülwasser verdunstet und dem Elektrolyten entzogen wird. Hierbei wird der Elektrolyt direkt in den Luftstrom versprüht und der Prozesslösung gekühlt wieder zugeführt. Dieses Prinzip findet bei der Chromkühlung häufig Anwendung (Abb. 2 und 3). Die entkoppelte, indirekte Kühlung wird häufig zur Gleichrichterkühlung benutzt. Es können aber auch Elektrolyte mittels Wärmetauscher darüber ­gekühlt werden.

Abb. 2: Atmosphärischer Verdunstungskühler für Chrom(VI)elektrolyt in PVDF

Abb. 3: Einfaches Fließschema einer atmosphärischen Verdunstungskühlung

 

4 Der Energiekreislauf

Mithilfe der beschriebenen Verfahren ist es möglich, einen echten Energiekreislauf aufzubauen. Sämtliche Energieverluste und -überschüsse werden bei geschickter Kombination in der Abluft gesammelt und dann über die Wärmerückgewinnungsanlage ­effizient zurückgewonnen und wieder nutzbar gemacht.

Wird nur die Nutzung zur Zuluftheizung betrachtet, so heizt der Betreiber einer Galvanikanlage seine Halle mit Abfallenergie. Dies ist im Grunde genommen ein echter Beitrag zur Einsparung von Kohlenstoffdioxid (CO2) und stärkt das oft angestrebte Green-Image der Unternehmen.

5 Weitere Möglichkeiten und Ausblick

Die hier aufgeführten Möglichkeiten und Anwendungsfälle stellen nur eine kleine Auswahl dar und sollen zum Um- und Nachdenken anregen. Es wird auf die jeweilige Kundensituation individuell eingegangen und gemeinsam werden Ansätze erarbeitet, in denen weiteres Einsparpotential steckt. Dies kann zum Beispiel die Einbindung eines Wärmeofens oder Kompressors in die Wärmerückgewinnung sein, aber auch die Verknüpfung von Prozessen, um Verlustenergien nutzbar zu machen.

Darüber hinaus bieten sich in der Oberflächentechnik ebenso wie in anderen Industriebereichen zahlreiche weitere Ideen und Ansätze zur Verbesserung des Umweltschutzes und der Wirtschaftlichkeit.

  • Einsparung der Ressource Wasser mit dem abwasserfreien und trocken betriebenen System Nebelabscheider, zum Beispiel für chromhaltige Abluft im Bereich der Chromabscheidung. Durch die trockene Abscheidung des Elektrolyten, kann dieser dem Prozess wieder zugeführt werden. Elektrolytverluste über Aerosolaustragung über die Abluft können minimiert werden. Durch den modularen Aufbau der Reinigungsstufen sind die Reingaswerte einstellbar und gewährleisten auch in Zukunft die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte.
  • Nachschaltung einer Hochtemperaturstufe hinter der Wärmerückgewinnungsanlage. Dadurch sind Vorlauftemperaturen von 95 °C aus der Wärmerückgewinnungsanlage möglich, wodurch sich völlig neue Möglichkeiten ergeben, beispielsweise durch die Beheizung von bei hohen Temperaturen betriebenen Arbeitslösungen.

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