Verschleißschutz durch thermische Beschichtungen 

Oberflächen 10. 09. 2014
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Eine vielseitige zukunftsweisende Verfahrenstechnologie

Thermisches Spritzen als modernes Oberflächenverfahren bei der RHV-Technik GmbH + Co. KG in Waiblingen

Die RHV-Technik beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren mit der Oberflächentechnik des thermischen Spritzens und der darauf abgestimmten mechanischen Bearbeitung. Bearbeitet werden Bauteile, die hochpräzise sind und besonderen Anforderungen unterliegen. Die Kunden kommen unter anderem aus der Dichtungs- und Pumpen-technik, dem (Sonder-) Maschinenbau, der Verpackungs-, Lebensmittel-, Pharma- oder der chemischen Industrie. Die Beschichtungen verfügen hierfür über besondere Eigenschaften, wie beispielsweise einem hohen Schutz gegen Verschleiß, Tribooxidation, Erosion, Kavitation, Korrosion, Verzunderung und Thermoschock. Des Weiteren kann ein gutes Gleit- und Notlaufverhalten, eine duktile Oberfläche, eine bestimmte­ Reibungszahl und Oberflächenstruktur, gute Benetzbarkeit oder auch Reflektion/Absorption eingestellt werden. Zum Teil können solche Eigenschaften der Schichten auch in Kombination erzeugt werden.

Die Vorteile des thermischen Spritzens liegen in der fast beliebigen Schichtzusammensetzung, von Keramiken über Karbide/Hartmetalle bis zu metallischen Legierungen. Mit den modernen Verfahren kann die Temperaturbelastung des Grundwerkstoffs während des Beschichtens gering gehalten werden, so dass keine Gefügeveränderung oder Verzug auftritt. Nahezu jeder Grundwerkstoff ist beschichtbar. Hervorzuheben ist zudem die Möglichkeit, die Dicke der Schicht in einem weiteren Bereich einstellen sowie Bauteile partiell beschichten zu können. Die Leistungsfähigkeit der Verfahrenstechnik wird nachfolgend an Anwendungsbereichen aufgezeigt.

Dichtungsindustrie

Durch thermisches Spritzen kann eine breite Palette an Dichtungsarten hergestellt werden. Je nachdem, ob die Dichtung langsam oder schnell läuft, statisch oder dynamisch ist oder die unterschiedlichsten Medien anstehen – es steht ein geeigneter Werkstoff zur Auswahl. Erst durch die ­geeignete Gegenlauffläche wird die Lebensdauer der Dichtung wesentlich verbessert.

So ist beispielsweise für drallfrei geschliffene Dichtflächen bei dynamischen Abdichtungen eine Keramikschicht aus Chromoxid, aufgetragen im Plasma- oder Hochgeschwindigkeitsverfahren, der Werkstoff der ersten Wahl. Das Dichtelement kann in diesem Fall zum Beispiel aus Flourkautschuk sein. Häufige Bauteile, die diese Art von Beschichtung verlangen, sind Wellenschonhülsen, Drehverteiler oder Gleitringträger. Bei Plandichtflächen für rotierende Abdichtungen gelten andere tribologische Gesetze. Hier ist eine Hartmetallbeschichtung, zum Beispiel Wolfram- oder Chromkarbid, mit einer Keramikbeschichtung als Gegenlaufpartner die beste Paarung.

Je nach Einsatzfall muss die Dichtung unterschiedlichste Funktionen ausüben. Die gewünschte Funktion ist dabei ausschlaggebend für den zu wählenden Beschichtungswerkstoff und das maßgebende Beschichtungsverfahren. Da RHV über alle thermischen Spritzverfahren verfügt und Erfahrung mit nahezu allen Spritzwerkstoffen aus über 30 Jahren aufweist, kann die geeignete Dichtung schnell und mit ­hoher Qualität hergestellt werden. Für Dichtungen als Schutz gegen heiße Säuren ist nach Erfahrungen der RHV Aluminiumoxid der richtige Werkstoff. Bei heißen Basen wird die Wahl auf Chromoxid fallen. Dichtungen im Lebensmittelbereich müssen lebensmitteltauglich sein, sodass Werkstoffe auf Chrombasis, wie zum Beispiel Hastelloy oder Chromoxid, zur Auswahl stehen.

Dichtungen sind häufig extremen Belastungen ausgesetzt, insbesondere, wenn hohe Drücke anstehen. In diesen Fällen ist darauf zu achten, dass der Traganteil ausreichend hoch ist. Durch das branchenübergreifende Know-how konnte RHV eine spezielle Chrom­oxidbeschichtung im Hochgeschwindigkeitsverfahren entwickeln, die einen ausgesprochen hohen Traganteil aufweist. In diesem Fall ist die anschließende mechanische Nachbearbeitung ausgesprochen wichtig für den Erfolg der Dichtung. Meist ist in diesen Einsatzgebieten Hochpräzision gefordert, wie zum Beispiel eine sehr enge Tolerierung oder eine Oberflächengüte von kleiner Rz 1.

Nicht nur Neuteile können beschichtet werden, auch eingelaufene Dichtungen können wieder aufbereitet und instandgesetzt werden. Da die komplette mechanische Vor- und Fertigbearbeitung bei RKV erfolgt und Reparaturfälle für das Unternehmen zum Tagesgeschäft gehören, lassen sich Dichtungen kosten- und vor allem zeitsparend wieder instandsetzen.

Ein weiterer Dichtungsfall sind die reinen Metallabdichtungen. Hier kommen alle Weichbeschichtungen zum Tragen, wie zum Beispiel Stahl-, Weißmetall- oder Bronzebeschichtungen. Bei Lineardichtungssystemen, wie beispielsweise Hydraulikstangen oder Kolben, sind gute gleitfähige Oberflächen notwendig, die mittels Chromkarbidschichten erzeugt werden können. Wichtig ist hier das anschließende Schleifen und ­Polieren.

Thermisch gespritzte Schichten haben eine charakteristische Mikroporosität, die dazu führt, dass ein aufgebrachter Schmierfilm unter Belastung als Film erhalten bleibt. Im Falle von Wellen oder Kolben ist durch das kleinere Drehmoment beim Anfahren weniger Kraft notwendig. Darüber hinaus tritt bei thermisch gespritzten Schichten in der Regel eine gleichmäßige Abnutzung der Lauffläche auf, das heißt, es findet kein Abplatzen einer Schicht mit den daraufhin massiven Abrasionserscheinungen statt. Dadurch ist ein Instandsetzen von Bau­teilen deutlich einfacher.

Chemieindustrie

Die Standzeiten von Anlagen sind – gerade­ in der chemischen Industrie – ein zentrales Effizienzthema. Thermisch gespritzte Schichten sind in der Chemieindustrie auf vielfältigste Art und Weise zu finden. Dabei kann in der Regel von zwei verschiedenen Einsatzbereichen ausgegangen werden. Entweder sind es Bauteile, die aus einem günstigeren, nicht korrosionsbeständigen Grundwerkstoff gefertigt und an der Stelle, an der der korrosive Angriff stattfindet, mit einer thermischen korrosionsbeständigen Spritzschicht geschützt werden. Oder es sind Bauteile, die aus einem korrosionsbeständigen, aber dafür weichen Grundwerkstoff sind und einen zusätzlichen Verschleißangriff mit einer thermisch gespritzten Schicht lösen.

So kommen zum Beispiel die häufig im Dichtungsbereich eingesetzten Flansche aus 1.4571 an der Innenbohrung mit einem korrosiven Medium in Berührung. Eine thermische Beschichtung mit Hastelloy sorgt hier für eine Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit. Hastelloy ist zudem drehend bearbeitbar, sodass Maßtoleranzen fertigungstechnisch erreicht werden können.

Pumpen oder Rotore können unterschied­liche Medien fördern, wie beispielsweise aggressiven Klärschlamm, Beton, Säuren oder Basen, Arzneimittel oder Nahrungsmittel. Häufig kommt neben dem Korrosionsangriff noch eine abrasive Belastung dazu. Eingeschmolzene und damit porenfreie, dichte Spritzschichten auf Nickel­basis bieten gegenüber beiden Angriffen einen idealen Schutz und verbessern damit erheblich die Standzeit. Unter etwas weniger korrosiven Bedingungen kommt eine Chromkarbidbeschichtung zum Einsatz, die auch gleichzeitig den Stator schont.

Kolben oder Pumpenplunger, die ein Medium verdichten, sind häufig in chemischen Produktionsprozessen erhöhter Korrosion und zusätzlichem Verschleiß ausgesetzt. Durch eine keramische Beschichtung, zum Beispiel mit Chromoxid, wird beste chemische Beständigkeit bei gleichzeitiger Standzeiterhöhung erreicht.

Arzneimittel oder Farbstoffe sind zu Beginn des Produktionsprozesses in der Regel breiförmig. Durch die entsprechende chemische Zusammensetzung des zu fördernden Mediums ist die korrosive oder abrasive Beanspruchung auf das Druckfüllrohr, die Pumpengehäuse oder Zellenradschleusen unterschiedlich stark ausgeprägt. Oft liegen auch Mischformen der unterschiedlichen Angriffsformen eines tribologischen Systems vor. So wird der Brei im Laufe der Verarbeitung zunehmend entwässert, bis am Ende ein pulverförmiger Zustand erreicht wird. Durch die Veränderung des Aggregatszustandes des Mediums ändern sich auch die Beanspruchungen und Anforderungen an das Bauteil beziehungsweise an die funktionale Oberfläche. Durch thermische Spritzschichten können diese unterschiedlichen Anforderungen mit einer Schicht gelöst werden.

Selbst wenn das zu fördernde Medium an sich keine korrosiven Eigenschaften hat, so kann es doch sein, dass der anschließende Reinigungsprozess eine besondere Beanspruchung für das Bauteil darstellt. Auch hier kann durch verschiedenste Beschichtungswerkstoffe, wie beispielsweise Hastelloy, Chromkarbid oder eine Chromoxid- oder Aluminium-Titandioxid-Keramik, die Beständigkeit gegenüber Säuren und Basen erhöht werden. Die thermisch aufgespritzten Werkstoffe halten Temperaturen bis zu 900 °C oder Drücken bis 300 bar stand, ­unabhängig vom Aggregatszustand des Mediums. Bei Einwirkung von Gasen werden allerdings entweder eingeschmolzene und damit weitestgehend gasdichte Schichten empfohlen. Darüber hinaus eignen sich im Kaltgasverfahren aufgetragene Schichten mit einer sehr geringen Porosität.

Reparaturen und Instandhaltung

Fertigungsstillstand durch defekte Maschinenbauteile, wie etwa Reibverschweißungen oder eingelaufene Wellen (Lager- oder Dichtsitze) sind heute kaum mehr zu akzeptieren. Trotzdem verursachen Reibung und Verschleiß Kosten von etwa zwei Prozent des Bruttosozialprodukts. In der Regel ist ein Neu- oder Ersatzteil nicht so schnell zu beschaffen, wie der Termindruck zur Fertigstellung der Produktionsreihe es zulässt. In diesem Fall ist das thermische Spritzen das Mittel der Wahl, was auch durch jährliche Zuwachsraten von acht bis zehn Prozent in den letzten Jahren bestätigt wird.

In Zusammenarbeit mit dem Beschichter lässt sich eine Reparatur, abhängig von Größe, Geometrie und Gewicht des zu reparierenden Bauteils, meist innerhalb von wenigen Tagen, zum Teil sogar innerhalb von wenigen Stunden, durchführen. Es können im Sonderfall, dank transportabler Spritzgeräte, Reparaturen vor Ort durchgeführt werden.

Von großem Vorteil beim thermischen Spritzen ist die große Flexibilität des Verfahrens. So können Schichtdicken von etwa 50 µm bis zu mehreren Millimetern realisiert werden. Eine Limitierung durch den Grundwerkstoff ist sehr gering; es können sogar Schichten auf Kunststoffen, Kohle­faserverbundwerkstoffen oder auf anderen Grundwerkstoffen aufgebracht werden. Dabei kann die Beschichtung nicht nur dem Grundmaterial angepasst werden, sondern dessen Eigenschaften bei weitem über­treffen.

Bauteile, die in der Herstellung sehr teuer sind, weil viele Fertigungsprozessschritte notwendig sind oder ein kostenintensiver Grundwerkstoff verwendet wurde, eignen sich ganz besonders für die Reparatur. Hier ist es in der Regel günstiger, eine thermische Spritzschicht aufzutragen, als das Bauteil komplett neu zu fertigen. Des Weiteren lassen sich die erforderlichen Schichtdicken in sehr kurzer Zeit aufbringen. Zumal es in Zeiten der Rohstoffknappheit schwierig sein kann, den Grundwerkstoff des zu reparierenden Bauteils schnell und kostengünstig zu beschaffen.

Durch das thermische Spritzen ist es möglich, das Grundbauteil und seine Eigenschaften beizubehalten und lediglich den verschlissenen Bereich zu regenerieren. Oft ist dabei die Beschichtung von höherer Qualität als der Grundwerkstoff, was die Einsatzfähigkeit des Bauteils erhöht. Da bei Reparaturen mittels thermischen Spritzens kaum Wärme in das Bauteil eingebracht wird, ist auch bei fertig bearbeiteten Bauteilen die Gefahr des Verzugs extrem gering.

 
 

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