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Nasslackierung

30.07.2018

Nasslacke sind die klassische Form, in der Lacke verarbeitet werden. Hierbei handelt es sich um organische Moleküle in einem Lösemittel, die zur Farbgebung Pigmente enthalten. Als Pigmente fungieren anorganische und organische Feststoffe, die eventuell chemisch modifiziert werden und so als in feiner Verteilung im Lack verteilt zu bleiben. Bewährte und sehr beständige Pigmente sind Metalloxide und Metallsulfide, aber auch das klassische Weißpigment Titandioxid. Auf Grund der schärferen Umweltbestimmungen wurden in den letzten Jahren zahlreiche Metallverbindungen durch organische Farbpigmente ersetzt, wodurch die Lichtechtheit für einigen Farbvarianten bei Lacken gesunken ist, das heißt die Lacke ändern im Laufe der Zeit durch Einwirkung von Licht ihre Farbintensität. Die zweite Hauptkomponente der Nasslacke ist das Lösungsmittel mit dem darin gelösten Lackausgangsstoff. Lösemittel sind organische Lösungsmittel und in zunehmendem Maße auch Wasser mit den entsprechenden wasserlöslichen Lösungsmittel. Die Lackschichtbildung kann durch reines Verdunsten des Lösemittels erfolgen. Vor allem bei großtechnischer Lackierung werden aber System eingesetzt, die durch Energiezufuhr (Wärme, Strahlung) zur Reaktion gebracht werden, beispielsweise mit dem Sauerstoff der Luft oder durch Polymerisation von mehreren Komponenten im Lack (2K-, 3K-Lacke). Im Prinzip dient die Zufuhr von Energie in erster Linie zur Beschleunigung der Aushärtung, da viele Nasslacksysteme auch bei Raumtemperatur aushärten können, allerdings in diesem Fall relativ lange Reaktionszeiten in Anspruch nehmen können. Es gibt aber auch Systeme die erhöhte Temperatur benötigen, um die Aushärtung überhaupt in Gang zu setzen. Industrielle Lacksysteme können bereits innerhalb von wenigen Minuten vollständig ausgehärtet sein, insbesondere bei dünnen Lackschichten. Nasslacke haben generell den Nachteil, dass die Lackverteilung durch Schwerkraft und strukturierte Oberflächen ungleichmäßig ist (Kantenflucht). Sehr gleichmäßige Schichtdicken weisen vor allem rotationssymmetrische und sehr lange Substrate auf, wie endloslackierte Rohre oder Drähte. 

Vor allem in der Automobilindustrie wird Elektrotauchlackierung eingesetzt. Hierbei liegt ein elektrisch leitfähiger, wässriger Lack vor, in den das zu lackierende Teil eingetaucht wird. Die Herstellung des Lackfilms auf dem metallischen Untergrund wird durch einen elektrischen Strom ausgelöst, wobei die Abscheidung des Lackfilms sowohl an der Anode als auch an der Kathode erfolgen kann (anodische oder kathodische Tauchlackierung; es handelt sich allerdings um grundsätzlich unterschiedliche Lacksysteme). Im Falle des kathodischen Lacksystems erfolgt durch die Entwicklung von Wasserstoff an der Kathode eine Erhöhung des pH-Wertes des Lacks, die zur Reaktion der vorhandenen Lackbestandteile führt – eine Art von Ausfällung vor der Kathode. Der gebildete Lackfilm ist zwischen etwa 5 µm und bis zu
30 µm dick und enthält Reste von Lösemittel und Wasser. Beim anodischen Tauchlackierung erfolgt die Filmbildung durch eine Senkung des pH-Werts aufgrund der Sauerstoffentwicklung (in beiden Fällen wird an den Elektroden das vorhandene Wasser durch Elektrolyse zersetzt, wodurch sich jeweils direkt an der Elektrode der pH-Wert der wässrigen Lösung verändert). Die Dicke des Lackfilms wird aufgrund des steigenden elektrischen Widerstandes des gebildeten Lackfilms begrenzt. Der Film wird nach dem Auftragen durch eine Aushärtung bei etwa 180 °C bis 220 °C (je nach Art des Lacks) ausgehärtet, wobei neben einer Vernetzungsreaktion das vorhandene Wasser und Lösemittel aus dem Lackfilm ausgetrieben wird. Elektrotauchlackierungen sind in der Dicke sehr gleichmäßig und werden in der Automobilindustrie mit weiteren Lacksystemen (Nasslack oder Pulverlack) zu dickeren Gesamtlackierungen erweitert. Die Elektrotauchlackierung ist hier die erste Lackierung (Grundlackierung).

Die Elektrotauchlackierung wird bei Fahrzeugkarossen in großem Umfang eingesetzt (Quelle: Dürr)

 

Je nach Geometrie der zu beschichtenden Teile und Art des Lackes sind unterschiedliche Auftragsarten möglich. Für große und ebene Teile oder Drähte und Bänder ist das Tauchverfahren vorteilhaft. Der Lackverlust ist hier gering, da der nasse Lack sehr gut ablaufen kann und direkt in den Lackbehälter zurückgelangt. Teile, die diese Grundvoraussetzungen nicht erfüllen, werden vorwiegend durch Sprühen unter Einsatz von Druck oder Druckluft aufgetragen. In der Großserienlackierung (Automobilbau, Maschinenbau, Luftfahrt) stehen hierfür Lackierroboter zur Verfügung. Um den Lackverlust zu verringern, kommen Elektrostatikeinrichtungen zum Einsatz. Darüber hinaus wird der nicht auf die Oberfläche gelangende Lack (Overspray) über Auswaschvorrichtungen (Wasserwand) entfernt. Teilweise kann der Overspray wieder in den Prozess zurückgeführt werden. Sehr große oder schwer zugängliche Teile, zum Beispiel im Inneren von Schiffen oder an großen Brücken, werden von Hand mittels Pinsel lackiert. Dies wird insbesondere auch im Reparaturfall auf diese Art ausgeführt.

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