Ein Meilenstein bei Thoma: EHLA-Technologie implementiert

Oberflächen 08. 05. 2023

Die Geschäftsführerin der Thoma Metallveredelung Andrea Thoma-Böck spricht mit der Redaktion der WOMag über die Einführung des EHLA-Verfahrens und die weitere Entwicklung der Beschichtungstechnologie.

Themen wie Effizienz, Energie- und Rohstoff­einsparung oder Umweltschutz haben in den vergangenen Jahren zu einer rasanten technischen Entwicklung geführt, auch in den Bereichen der Werkstoff- und Oberflächentechnik. Zu den wegweisenden Unternehmen der Oberflächentechnik im Hinblick auf die Entwicklung neuer Prozesstechniken zählt die Thoma Metallveredelung in Heimertingen bei Memmingen. Bereits seit vielen Jahrzehnten zeichnet sich das Unternehmen mit Schwerpunkt auf der galvanischen Metallabscheidung immer wieder durch richtungsweisende Neuerungen, vom Umweltschutz über Energieeinsparung bis hin zu Technologien wie der Metallabscheidung mittels Reaktortechnik, aus.

Das bayrisch-schwäbische Unternehmen Thoma Metallveredelung GmbH blickt dabei auf eine beeindruckende Erfolgsgeschichte zurück, die auf über 99 Jahren Erfahrung und kontinuierlicher Entwicklung von innovativen Beschichtungen basiert. Nachhaltigkeit spielt dabei nach Bekunden der Unternehmensleitung eine entscheidende Rolle in der Philosophie des Unternehmens. Als Dienstleister mit einer ganzheitlichen Kundenorientierung ist Innovation der treibende Faktor bei Thoma. Das Unternehmen ist stets offen für neue Herausforderungen und Aufgabenstellungen, insbesondere im Bereich von neuen Beschichtungstechnologien.

Eine solche Aufgabenstellung seitens eines Kunden hat Thoma dazu veranlasst, sich bereits im Jahr 2018 intensiv mit einer neuen Technologie im extremen Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen, kurz EHLA, zu befassen. Das Unternehmen beauftragte erste Versuche bei einem führenden Forschungsinstitut auf dem Gebiet der Lasertechnologie und unterstützte darüber hinaus eine Masterarbeit, die ebenfalls erfolgversprechende Ergebnisse lieferte.

Das Interesse an der Technologie war so groß, dass Thoma eine übergreifende Kooperation mit Kunden und einem Forschungsin­stitut zur Einführung der Technologie einging. Dies führte im Jahr 2020 zur Entscheidung, in eine EHLA-Anlage zur Beschichtung von Bauteilen bis zu einer Länge von sechs Metern zu investieren. Die Anlage wurde im Jahr 2021 geliefert, aufgestellt und erfolgreich getestet. Inzwischen wird die Technologie für Kundenaufträge regelmäßig eingesetzt.

Andrea Thoma-Böck, Geschäftsführung der Thoma Metallveredelung

 

Die Redaktion der WOMag erhielt im Zuge der Bekanntgabe der Einführung der EHLA-
Technologie die Möglichkeit, mit Andrea Thoma-Böck, der Geschäftsführerin der Thoma Metallveredelung, zu sprechen.

WOMag:Die Redaktion der WOMag begleitet die Branchen rund um die Oberflächentechnik seit vielen Jahren mit Neuigkeiten und Entwicklungen auf diesem Gebiet. Sie haben nun mit der Inbetriebnahme einer großen Anlage zum extremen Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen, abgekürzt EHLA, wieder einmal Neuland betreten. Dazu möchten wir Ihnen zunächst gratulieren. Uns interessiert natürlich, wann die Thoma Metallveredelung erstmals auf die Möglichkeiten zum Laserauftragschweißen aufmerksam wurde und durch wen?

A. Thoma-Böck: Die Technologie fiel uns erstmals im Zeitraum 2017/2018 durch einen Artikel in einem Fachjournal auf. Damals wurde EHLA vor allem im Bereich des Maschinenbaus für Oberflächen mit höherem Verschleiß angedacht, bei denen unterschiedliche Stahlwerkstoffe zur Anwendung kamen.

WOMag:Dies war ja auch der Zeitraum, in dem mit großem Aufwand an der Umsetzung der Anforderungen aus der europäischen Chemikalienverordnung REACh gearbeitet wurde. Ein wichtiger Punkt dieser Arbeiten war und ist die Suche nach möglichen Alternativen zu Hartchrom. Dies beinhaltet auch die Festlegung der Eigenschaft von Oberflächen und daraus folgend die Ermittlung der tatsächlich notwendigen Leistungen einer Beschichtung. Daraus ergibt sich dann die Frage, wie stark hat REACh die Entscheidung zur Einführung von EHLA beeinflusst?

A. Thoma-Böck: Thoma ist stets offen für neue Herausforderungen und Aufgabenstellungen, insbesondere im Bereich von neuen Beschichtungstechnologien. Natürlich hat REACh im Zuge der Substitutionsplanung auch dazu beigetragen, das Thema ­weiter voranzutreiben. Es hat aber die Entscheidungen, sich mit einer vollständig neuen Art der Beschichtung zu befassen, nur mit unterstützt – REACh stand dabei jedoch nicht im Vordergrund.

WOMag:Wurde die Entscheidung zur Einführung von EHLA allein von der Thoma Metallveredelung getroffen oder gab es Kundennachfragen nach EHLA-Schichten?

A. Thoma-Böck: Die Entscheidung lag ­allein bei Thoma. Selbstverständlich sind wir im Zuge der Marktanalyse auch mit Kunden ins Gespräch gegangen. Im Allgemeinen betrieben Kunden umfangreiche Planungen über den Einsatz von Oberflächen beziehungsweise Schichten, die weitreichende Prüfungen beinhalten. Dadurch erfordert die Einführung von neuen Beschichtungen längere Zeiträume, weshalb wir hier in Vorleistung gehen und unseren Kunden so die Möglichkeiten zur Durchführung entsprechender Prüfungen bieten. Thoma ist bereits Kooperationen und Entwicklungsprojekte mit diversen Kunden eingegangen und hat durchgeführte Beschichtungen analysiert. So werden laufend neue Erkenntnisse gewonnen und der Kompetenzvorsprung des Unternehmens wird weiter ausgebaut.

Mit der neuen EHLA-Anlage erweitert die Thoma Metallveredelung ihr Angebot an hochwertigen Beschichtungen auf rotationssymmetrischen Bauteilen

 

WOMag: Haben sich Kunden an den erforderlichen Entwicklungsarbeiten zur Einführung von EHLA bei der Thoma Metallveredelung beteiligt?

A. Thoma-Böck: Ja, eine solche Aufgabenstellung von Kundenseite hat Thoma ebenfalls dazu veranlasst, sich intensiv mit der ­EHLA-Technologie zu befassen. Wir stellen mit Freude fest, dass das kundenseitige Interesse groß und stetig wachsend ist.

WOMag:Welche Eigenschaften zeichnen die bei Thoma hergestellten EHLA-­Schichten aus?

A. Thoma-Böck: Mit dem EHLA-Beschichtungsverfahren können besonders präzise, riss- und porenfreie Schichten mit einer Dicke zwischen 25 µm und 350 µm aufgetragen werden. Dadurch werden sehr gute Korrosionsschutzeigenschaften erzielt und zudem werden sehr hohe Prozessgeschwindigkeiten erreicht. Außerdem liegt ein hoher Materialnutzungsgrad von bis zu 95 Prozent vor, was wiederum eine Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität erlaubt. Dadurch wird diese Beschichtung zu einer nachhaltigen, energieeffizienten und ressourcenschonenden Ergänzung unseres bestehenden Lieferprogramms.

Die Stärken einer EHLA-Schicht liegen jedoch nicht nur im Korrosions- und Verschleißschutz neuer Bauteile, sondern auch in der Reparatur und der additiven Fertigung – alles mit einer Systemtechnik, womit die Technologie eine sehr hohe Flexibilität besitzt.

WOMag:Welche Werkstoffe werden bei der Thoma Metallveredelung mittels EHLA aufgetragen?

A. Thoma-Böck: Die Art des ­aufgetragenen Werkstoffs richtet sich natürlich nach den Kundenanforderungen. Zu den Vorzügen des Verfahrens zählt aber, dass prinzipiell jede Materialkombination möglich ist. Dieser Punkt muss und wird gemeinsam mit dem Kunden und dessen Anforderungen erarbeitet.

WOMag:Lässt sich die Werkstoffauswahl einfach erweitern und wenn ja, wie geht Thoma hierbei vor?

A. Thoma-Böck: Die Werkstoffauswahl und der Einsatz eines Werkstoffs erfordern Tätigkeiten, die üblicherweise der einer klassischen F&E-Tätigkeit entsprechen. Sowohl das Wissen um Technik und Beschichtung, als auch die Werkstoffauswahl müssen erarbeitet werden. Hier sind wir im engen Kontakt mit den am Markt aktiven Pulverherstellern. Diese haben in der Regel bereits umfangreiches Basiswissen aus den verschiedenen additiven Herstellverfahren, also der allgemein als 3D-Druck bekannten Methode zur Herstellung dreidimensionaler Teile. Auch hier gilt prinzipiell wie bei einer EHLA-Beschichtung, dass nahezu alle Materialkombinationen denkbar sind. Dies macht EHLA zu einem überaus innovativen Beschichtungssystem.

WOMag: Zum Teil war in den vergangenen Jahren zu hören, dass EHLA eine Alternative zu Hartchrom sein könnte. Wie lassen sich die EHLA-Schichten im Vergleich zu Hartchromschichten charakterisieren?

A. Thoma-Böck:Wir bei Thoma sehen EHLA als Ergänzung beziehungsweise Erweiterung zu Hartchrom. Dies liegt vor allem auch daran, dass die EHLA-Schichten eben genau keine galvanisch abgeschiedenen ­Schichten sind. Bei ihnen handelt es sich um einen festen Materialverbund durch Aufschmelzung und Aufschweißen von Grundwerkstoff und Pulver. Zudem bietet die große Breite an einsetzbaren Materialien bei EHLA die Basis dazu, dass die Schichteigenschaften über einen großen Bereich in ihren Eigenschaften variieren und damit auch einstellbar sind.

WOMag:Vermutlich ist der Nacharbeitsaufwand bei den EHLA-Schichten deutlich höher als bei Hartchromschichten. Wie stellt die Thoma Metallveredelung sicher, dass die Schichten ähnlich wie von Hartchrom her bekannt genutzt werden können?

A. Thoma-Böck: Nun, zunächst ist nochmals festzuhalten, dass die mit EHLA erzeugten Schichten nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu Hartchrom-Schichten zu sehen sind. Bei einer Nacharbeit der EHLA-Schichten wird lediglich eine mechanische Bearbeitung nötig sein. Aufgrund der unterschiedlichen Charakteristika der beiden Beschichtungssysteme – Hartchrom und EHLA-Schicht – lassen sie sich nicht direkt vergleichen.

Zu betonen ist, dass im Hinblick auf den Reparaturmarkt sich mit dem EHLA-Verfahren ganz neue, nachhaltige und wirtschaftliche Wege auftun. Dies ergibt sich beispielsweise aus der deutlich einfacheren Art, verschlissene Bereiche eines Bauteils partiell mit geeigneten Werkstoffen aufzufüllen und so schnell und effizient eine Reparatur auszuführen.

WOMag: Wie hoch ist der Aufwand zur Sicherstellung des Beschichtungsprozesses von EHLA, zum Beispiel im Vergleich zum Hartchromverfahren?

A. Thoma-Böck: Die Anlagentechnik insgesamt ist trotz der Notwendigkeit, sich bei EHLA mit einer für die Galvanotechnik neuen Prozesstechnik auseinanderzusetzen zu müssen, deutlich kompakter und gleichzeitig gut beherrschbar. Des Weiteren benötigt EHLA zum Beispiel keine Analysen wie sie für die galvanischen Elektrolyte notwendig sind. Auch kann die Ablufttechnik deutlich einfacher gestaltet werden, ebenso wie alle Belange der Arbeitssicherheit. Es liegen eine ganze Reihe von Vorteilen gegenüber der klassischen Galvanotechnik vor.

WOMag:Stellt die Sechs-Meter-EHLA-Anlage der Thoma Metallveredelung eine Besonderheit auf dem Beschichtungsmarkt dar?

A. Thoma-Böck:Hier kann ich nur für Thoma und vergleichbare galvanische Beschichtungsunternehmen, soweit ich deren Ausstattung kenne, sprechen. Für Thoma stellt die Technologie eine Erweiterung für das Lieferprogramm dar.

WOMag:EHLA eignet sich besonders für rotationssymmetrische Teile, plant Thoma auch die Beschichtung von anderen Teilearten?

A. Thoma-Böck:Die bestehende Anlage kann in erster Linie rotationssymmetrische Bauteile bearbeiten. Andere ­Teilegeometrien erfordern Änderungen in der Hard- und/oder Software der Anlage. Aber auch hier möchte ich auf die Erfahrungen der nahezu hundertjährigen Geschichte der Thoma Metallveredelung verweisen: Wir wachsen mit den Anforderungen unserer Kunden. Zudem gehen wir mit unseren Kunden den Weg der Entwicklung von Schichtkombinationen und freuen uns auf jede Aufgabenstellung, wie wir das immer getan haben.

WOMag:Eine Frage, die in den letzten Jahren im Zusammenhang mit den Veränderun­gen durch die REACh-Verordnung bei Unter­nehmen im Bereich der Galvanotechnik immer wieder aufgetaucht ist, betrifft die Zukunft der galvanotechnischen Verfahren. Plant die Thoma Metallveredelung längerfristig, das Angebot an Hartchrom einzustellen?

A. Thoma-Böck: Diese Frage kann ich nur mit einem klaren Nein beantworten. Die Eigenschaften einer Hartchromschicht sind - nach unserem Kenntnisstand - derzeit technisch mit keinem anderen Verfahren vollumfänglich zu reproduzieren. Hartchrom ist wie ein Breitbandantibiotikum, um einen Vergleich aus der Medizin heranzuziehen, für welches es aktuell nur in Teilbereichen Ersatztechnologien gibt.

Als Lohngalvanik mit ständig wechselnden Produkten und Kunden haben wir alle Kundenanforderungen zu erfüllen. Letztendlich bestimmen unsere Auftraggeber, welche was Oberfläche ihre Teile benötigen. Sie müssen erstens gewillt sein, diesen Weg mitzugehen. Zweitens bedingt eine Umstellung - falls möglich - Zeit zur Implementierung, weil in der Regel umfangreiche Tests und Freigabeprozesse dafür notwendig sind. Bei sicherheitsrelevanten Teilen kann dies viele Jahre in Anspruch nehmen. Zudem ist die wirtschaftliche Komponente zu berücksichtigen.

Unsere Hartchromanlagen sind auf dem neuesten Stand der Technik, erfüllen alle Arbeitsschutz- und Umweltstandards und darüber hinaus. Mit unserem Einzelautorisierungsantrag bieten wir unseren Kunden eine langfristige Planungssicherheit für Hartchrom.

WOMag:Und natürlich die Frage aller Fragen für viele Unternehmen in allen Branchen nach den Kosten: Wie hoch waren die notwendigen Investitionen für die Thoma Metallveredelung?

A. Thoma-Böck:Diese lagen für die bisherigen Neuerungen etwa im siebenstelligen Bereich. Aktuell investiert Thoma in ein neues Messlabor, um Schliffanalysen und Auswertungen für Schichten und Schichtsysteme, die mit der EHLA-Technologie aufgebracht werden, durchführen zu können.

WOMag:Frau Thoma-Böck, wie Sie mit Ihren Ausführungen sehr überzeugend belegt haben, hat Ihr Unternehmen mit Einführung der EHLA-Technologie neues Terrain betreten und bestätigt damit erneut die Innovationskraft der Thoma Metallveredlung. Wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg mit der neuen Technologie!

Thoma-Geschäftsführung Andrea Thoma-Böck (links) und Christine Thoma-Kemser mit Robert Rohn (Vertrieb), Hannes Kircher (Techn. Leitung) und Reiner Kiefer (Betriebsleitung) (v.l.n.r.)

Ein wichtiger Tätigkeitsbereich der Thoma Metallveredelung ist die Herstellung von hochwertigen Oberflächen auf Hydraulikteilen unter Nutzung modernster Anlagentechnologie

 
 

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