Erfolgreicher Re-Start für die SurfaceTechnology GERMANY

Oberflächen 08. 08. 2022

Nach der pandemiebedingten Absage in 2020 erlebte die SurfaceTechnology GERMANY mit rund 3000 Besuchern und Besucherinnen aus Deutschland und den angrenzenden EU-Staaten einen erfolgreichen Neustart. 220 Aussteller, davon fast jeder dritte aus dem Ausland, präsentierten auf dem Branchentreff der Oberflächentechnik Lösungen, Produkte und Dienstleistungen und zeigten die aktuellen Trends in der Oberflächenindustrie. Neben den Ausstellungsständen bot das Forum mit insgesamt 47 Vorträgen zusätzliche, aktuelle Informationen zu Themen aus derzeit besonders interessanten Teilbereichen der Oberflächentechnik. Dazu zählte beispielsweise alles rund um die Bereiche Korrosionsuntersuchung und Korrosionsschutz.

Das war ein gelungener Re-Start. Aussteller und Besucher zeigen sich sehr zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung, freut sich Hendrik Engelking, Global Director Surface Technology bei der Deutsche Messe AG. Mit der Anzahl der Besucher sind wir unter den gegebenen Bedingungen sehr zufrieden, zumal die Qualität extrem hoch war.

Die stärksten Besucherländer waren nach Deutschland Italien, Schweiz, Türkei, Österreich, Indien, Niederlande, Frankreich und Slowenien. Erstmals verzeichnet die Veranstaltung einen Fachbesucheranteil von 100 Prozent: Jeder dritte kam aus dem Top-Management, jeder vierte aus der Abteilungsleiterebene. Fast ein Drittel des Publikums kam mit ganz konkreten Investitionsabsichten auf die Messe. Nach dem Ziel ihres Messebesuchs gefragt, gaben die meisten die Suche nach Neuheiten, den Marktüberblick sowie die Suche nach Lieferanten und neuen Geschäftskontakten an. Nach zwei Jahren zwangsbedingter Pause war das Bedürfnis die bestehenden Kontakte zu pflegen sehr ausgeprägt. Weiterbildung und Wissenserweiterung waren ebenfalls ein häufig genanntes Ziel. Ein Drittel der Besucher suchte außerdem nach konkreten Lösungen für das eigene Unternehmen.

Laut Befragung kamen die meisten Messebesucher und -besucherinnen aus der metallbe- und verarbeitenden Industrie, dicht gefolgt vom Automobil-, Maschinen- und Anlagenbau, der Elektronik- und der Kunststoff­industrie. Auch aus der Luft- und Raumfahrt, der Medizintechnik, der Halbleiterindustrie oder der Präzisions- und Feinwerktechnik nutzten Anwender die Messe, um sich über Lösungen, Produkte und Dienstleistungen aus der Oberflächenindustrie zu informieren.

Hohe Qualität der ­Kontakte und Gespräche

Einen wichtigen Bereich der SurfaceTechnology GERMANY stellt traditionell der Gemeinschaftsstand des Zentralverbands Oberflächentechnik (ZVO) dar. Mit seinen rund 60 Unternehmen lieferte der Gemeinschaftsstand erneut eine beeindruckende Präsentation der Galvanotechnik.Geschäftskontakte, ganz gleich ob bestehende oder neue, basieren nach den Worten von Christoph ­Matheis, ZVO-Hauptgeschäftsführer, auf ­Vertrauen, dessen Grundvoraussetzung der persönliche Kontakt ist. Der war nach vier Jahren pandemiebedingter Pause hier in Stuttgart endlich wieder möglich, Matheis. Das breite Besucherspektrum der Messe ermöglicht seiner Überzeugung nach den Ausstellenden zahlreiche Kontakte und Gespräche, für die sie im klassischen Vertrieb mehrere Wochen benötigen. So sei es eine Freude festzustellen, wie nahtlos die SurfaceTechnology GERMANY an die letzte Veranstaltung 2018 angeknüpft habe und die Besucher den Neustart inmitten unterbrochener Lieferketten, explodierender Energiepreise, Inflation und Klimawandel angenommen hätten. Unsere Mitaussteller ziehen ein durchweg positives erstes Fazit und zeigen sich wie schon vor vier Jahren von der Besucher- und Gesprächsqualität sehr angetan, wenngleich die Anzahl der Besucher gefühlt geringer war als 2018. Der ZVO sei optimistisch, dass die SurfaceTechnology GERMANY 2024 wieder an Aussteller- und Besucherzahlen aus der Vor-Corona-Zeit anknüpfen werde, so Mattheis weiter.

Auch Dr. Martin Riester, Referent Allgemeine Lufttechnik/Oberflächentechnik im VDMA zeigt sich zufrieden mit der Veranstaltung: Die Deutsche Messe AG habe trotz schwieriger konjunktureller Rahmenbedingungen eine attraktive und international geprägte Veranstaltung durchgeführt.Aussteller und Fachbesucher der Messe hätten vom breitgefächerten Angebot der Oberflächentechnik profitiert. Auf dieser Basis sehen wir die zukünftige Entwicklung der Veranstaltung sehr positiv und freuen uns auf die SurfaceTechnology GERMANY 2024, so Riester.

Ebenfalls zufrieden waren die Aussteller des WOTech-Gemeinschaftsstandes Prozesskette Oberflächentechnik. Die Vielfalt der Oberflächentechnik erfahren und Zukunftspotenziale aufdecken, stand im Vordergrund der vielfältigen Präsentationen: Verschiedene Oberflächeneigenschaften, Beschichtungen und ihre Vorzüge für die unterschiedlichsten Anwendungen wurden dem zahlreich erschienenen Fachpublikum dargestellt. Digital, effizient, nachhaltig - auch dies waren Punkte, über die sich die Besucher und Besucherinnen auf dem Gemeinschaftsstand in diesem Jahr informieren konnten. So präsentierten beispielsweise die Teilnehmer des Entwicklungsprojekts SmARtPlaS den Themenkomplex Digitalisierung im Sinne von Industrie 4.0 in der Galvanotechnik mit deren positiven Ergebnissen zur Einsparung von Energie- und Ressourcen und der Aufrechterhaltung einer sicheren Arbeitsumgebung für die Mitarbeitenden.

Die Rückmeldung der Aussteller an die Geschäftsleitung der WOTech als Organisatoren des Gemeinschaftsstands war überwiegend positiv. So wurde auch hier die hohe Qualität der Gespräche hervorgehoben. Einerseits hat die Kombination aus Vortrag auf dem Forum und Standfläche auf dem Gemeinschaftsstand zu zahlreichen, sehr vielversprechenden Kontakten geführt. Auffallend war zudem, dass die Kontaktaufnahme für die neuen Technologien im Umfeld von Industrie 4.0 fast überwiegend durch internationale Besucher der Messe erfolgte.

Die Aussteller zeigten sich mit dem Messeverlauf rundum zufrieden: Die Vorfreude auf die Messe nach vier Jahren Pause war groß, sagten Peter Mack und Markus Schlagwein, Sager + Mack GmbH & Co. KG. Umso erfreulicher ist es, dass unsere Erwartungen durchweg erfüllt wurden. Es war ihnen zufolge eine positive Messe mit einer guten Organisation seitens der Deutschen Messe. Wir haben uns gefreut, die Bekannten aus der Branche als auch neue Kontakte zu treffen, und auf dem Stand konnten wir sehr gute Gespräche führen. Schade fanden beide, dass sowohl der Ausstellerabend als auch das Bergfest nicht stattfinden konnten, aber umso mehr freuen wir uns auf die SurfaceTechnology GERMANY 2024, so Mack und Schlagwein.

Dr. Christoph Stecher, Geschäftsführer der acs Coating Systems GmbH war mit dem Messeverlauf ebenfalls sehr zufrieden. Mit unseren Angeboten zu dem Thema verschleißfeste Antihaftbeschichtungen haben wir sehr erfolgversprechende Neukontakte bekommen. Insbesondere unsere neuen, PTFE/PFAS-freien Beschichtungen (ohne „Teflon“) sorgten für großes Interesse.

 

Großes Interesse am Fachforum

Das Fachforum der SurfaceTechnology GERMANY als zentrale Anlaufstelle für Wissens­transfer und Erfahrungsaustausch war an allen Tagen durchweg gut besucht. Mit einem umfangreichen Programm von insgesamt 47 Vorträgen bot das Forum einen Einblick in die aktuelle Welt der Oberflächentechnik. Dabei stießen die Angebote im Umfeld des Einsatzes von Lasertechniken auf großes Interesse, ebenso wie die Möglichkeiten zur Erzeugung funktionaler Oberflächen durch den Einsatz von PVD-Verfahren oder dem großen Feld der unter dem Begriff der alternativen Beschichtungsverfahren geführten Technologien.

Vor allem aber zeigte es sich, dass die Beschichtungsunternehmen aktuell daran arbeiten, die Möglichkeiten der Datenverarbeitung, die unter den Kürzeln AR, VR oder KI in aller Munde sind, zunehmend in der täglichen Praxis einzusetzen und damit ihre Prozesse effizienter machen. Schließlich spielt der Wandel in der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität für einen großen Teil der Beschichtungsunternehmen eine wichtige Rolle.Erstmalig wurde das Fachforum live auf die Veranstaltungsseite gestreamt.

Zu den Höhepunkten im Forum zählte die Verleihung des Stuttgarter Innovations-Preises DIE OBERFLÄCHE durch das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. Preisträger 2022 ist die Dürr Systems AG, die den Preis für eine oversprayfreie Lackapplikation mit EcoPaintJet Pro erhalten hat. Das Unternehmen hat mit großem Durchhaltevermögen und gemeinsam mit Partnern aus der Lack- und Automobilbranche die Idee der komplett oversprayfreien Nasslackierung zur Umsetzung gebracht und damit möglicherweise eine disruptive Innovation geschaffen, lobt Juror Michael Hilt, Geschäftsführer der Forschungsgesellschaft für Pigmente und Lacke e. V.

Themen aus dem Fachforum

Entwicklung der Korrosionstests

Korrosionstests sind für die Beschichtungsindustrie eine der wichtigsten Prüfverfahren zur Beurteilung ihrer Arbeit – dies gilt für metallische Beschichtungen ebenso wie für organische oder Mischformen daraus. Dabei entstanden, wie Florian Feldmann von der Dörken AG betonte, in den letzten etwa 30 Jahren eine große Zahl an verschiedenen Testverfahren, zum großen Teil aus der Arbeit der Automobilindustrie heraus. Grundsätzlich lassen sich bei den unterschiedlichen Korro­sionstests drei große Gruppen benennen:

  • Beschleunigte Labortests
  • Auslagerungsprüfungen
  • Elektrochemische Testverfahren

Bei den ursprünglichen Laborprüfungen handelt es sich um Verfahren mit konstanten Klimaten, wie beispielsweise beim klassischen Salzsprühtest gemäß ISO 9227 oder dem Feuchtetest gemäß ISO 6270-2. Bei Anwendung der Tests ist in der Regel festzustellen, dass die Auswirkungen auf Beschichtungen deutlich unterschiedlich sind, beispielsweise im Hinblick auf die Art der Oberflächenkorrosion oder der Schutzwirkung einer Beschichtung im Hinblick auf die Grundmetallkorrosion. Solche Unterschiede waren mit der Grund, Testverfahren mit differenziertem Ablauf beziehungsweise zykli­schem Klimawechsel zu entwickeln. Dies führte dazu, dass innerhalb kurzer Zeit eine große Anzahl an unterschiedlichen Abläufen, meist in Form einer Automobilspezifikation zum Standard wurde.

Beispiel für unterschiedliche Ergebnisse bei Schnelltests: Salzsprühtest gemäß DIN EN ISO 9227 (l.) und Feuchtetest gemäß DIN EN ISO 6270-2 (r.)(Bild: F. Feldmann)

 

Die verschiedenen Verfahren arbeiten mit Temperaturwechsel im Bereich von -40 °C bis 80 °C, unterschiedlichen ­Feuchtegraden, verschiedenen Korrosionsmedien und auch verschiedenen Wechselfolgen. Diese Vielzahl an Prüfszenarien wurde dann zusätzlich um die Lebensdauertestverfahren der jeweiligen Fahrzeughersteller erweitert, je nach Ansicht der beim Hersteller tätigen Fachleute. Gängige Lebensdauertests sind der INKA-Test (Audi), der DYKO-Test (BMW) oder der MEKO-Test (Daimler). In der Regel enthalten diese Verfahren neben Fahrstrecken auf werkseigenem Prüfgelände die Beaufschlagung des kompletten Fahrzeugs in Klimakammern, zum Beispiel mit feuchter Wärme, Salzsprüh­einrichtung oder Sonnenlichtsimulation. Alle diese Testverfahren sind in der Lage, eine Belastung im Einsatz und mit unterschied­lichen atmosphärischen Zuständen zu simulieren, damit die Belastung in der natürlichen Umgebung zeitlich stark zu verkürzen und sie eignen sich aufgrund einer internationalen Vereinheitlichung als Vergleichsverfahren.

Allerdings werden beschleunigte Testverfahren, beispielsweise aufgrund eines deutlich aggressiveren Angriffsmediums oder veränderter Systemzustände, ein Korrosionsergebnis gegenüber einem Angriff unter tatsächlichen Umgebungsbedingungen verändern. Zudem ist die Abschätzung zwischen Zeitraum im beschleunigten Test und Zeitraum unter natürlichen Bedingungen bis zum Auftreten eines ähnlichen Korrosionsergebnisses sehr schwer. Aus diesem Grund ist es nach Aussage von Florian Feldmann sinnvoll und notwendig, neben beschleunigten Untersuchungen auch Freibewitterungstests durchzuführen. Bei diesen werden die unterschiedlichsten Kombinationen aus Grundwerkstoff und Beschichtung auf verschiedenen Produkten auf See, an Küsten sowie an verschiedenen Orten auf dem Festland ausgelagert. Die daraus erhaltenen Ergebnisse werden bewertet und mit den Ergebnissen aus den beschleunigten Untersuchungen verglichen. Florian Feldmann wird in Zusammenarbeit mit Kollegen daraus eine Datensammlung erstellen, die es in Zukunft ermöglichen kann, Prüfverfahren und die daraus gewonnenen Korrosionsergebnisse zu qualifizieren.

MBN 10544 und Änderungen ab 2024

Schraubverbindungen werden im Fahrzeugbau in großem Umfang eingesetzt und müssen sowohl hinsichtlich der aufzubringenden Kräfte für das Verschrauben als auch des Korrosionsschutzes und der daraus resultierenden Lösbarkeit der Verbindung hohe Anforderungen erfüllen. Ab 2024 wird die Werksnorm MBN 10544 die bisher geltende Mercedes Benz-Werknorm DBL 9440 ergänzen. Die sich daraus ergebenden Erweiterungen stellte Andreas Fink von der Atotech Deutschland GmbH & Co. KG vor.

Die Mercedes Benz-Werknorm DBL 9440 beschreibt die Anforderungen an die Oberflächenbehandlungen für Verbindungselemente mit metrischem Gewinde für Innen- und Außenanwendungen. Die Werksnorm beschreibt unter anderem die Anforderungen an Zinklamellenbeschichtungen mit einer in die Versiegelung integrierten Schmierung (9440.40) und Zink-Nickel-Beschichtungen mit verschiedenen Beschichtungen mit integrierter Schmierung (9440.47). Des Weiteren werden Reibwertanforderungen beschrieben (9440.60, 9440.67).

Beispiel für ein Prüfungsergebnis zur Qualifizierung nach MBN 10544 (Bild: A. Fink)

 

Die neue MBN 10544 bezieht sich im Wesentlichen auf die Reibungszahlen für Muttern und Schrauben, einen ­Mehrfachanzug sowie die Verschraubung Stahl (wie bisher) sowie auf Aluminium und KTL-Beschich­tungen. Bis 2024 ist eine Umsetzung für alle bisher eingesetzten Ausführungsarten (AA) vorgesehen. Für die kurzfristige Umsetzung (insbesondere für Pkw bis 3,5 Tonnen) wurden eigens die Ausführungsarten in Bezug auf die Reibwertanforderungen (bisher in DBL 9440.60 und DBL 9440.67 definiert) und Prüfungen nach MBN 10544 Klasse 1 mitsamt zu erreichenden Reib­eigenschaften vorgeschrieben. Fink zufolge wird auf die Themen Stick-Slip-, Temperatur- und Warmlöseverhalten in der aktuellen MBN 10544 nicht eingegangen; hier gelten die Anforderungen gemäß VDA 235-203. Der Vortragende stellte im Weiteren ausführlich die mit den Produkten der Atotech durchgeführten Untersuchungen bezüglich der Anforderungen der MBN 10544 vor und belegte damit, dass die Beschichtungen der Atotech diese Forderungen erfüllen.

Eine Rückfrage der Redaktion bei der Mercedes-Benz AG zur MBN 10544 wurde wie folgt beantwortet: In der Liefervorschrift DBL 9440 werden zwar auch (noch) Vorgaben zu den Reibwerten gemacht, hauptsächlich spezifiziert die DBL 9440 aber die Korrosionsschutzanforderungen und verweist bzgl. der Reibwerte auf die Werknorm MBN 10544. Richtig ist, dass Stand heute die MBN 10544 nicht vollumfänglich für alle Verbindungselemente vorschrieben ist; eine vollumfängliche Anwendung der MBN 10544 wird bis 2024 angestrebt.

Hochleistungsversiegelungen für höchsten Korrosionsschutz

Galvanisch Zink-Nickel-Schichten zählen zu den wichtigsten Schutzschichten gegen Korrosion im Automobilbau. Wie Oliver Daub, Dr.-Ing. Max Schlötter GmbH & Co. KG, betonte, kommen hierbei den zusätzlich aufgebrachten Schutzfilmen einer Passivierung und einer Versiegelung wichtige Aufgaben zu. Dies gilt ganz besonders für die Beschichtung auf Schrauben und Muttern, da diese neben dem Korrosionsschutz die erforderliche Reibung und das Löseverhalten erfüllen müssen. Je nach Automobilhersteller können die zu erreichenden Kennwerte für die Reibung oder das sogenannte Warmlöseverhalten unterschiedlich sein.

Das Unternehmen des Vortragenden bietet für Zink-Nickel-Schichten eine Kombination aus Passivierung zur Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit und eine Versiegelung zur Gewährleistung des Reibwerts an. Im Rahmen von Untersuchungen unter Technikums- und Praxisbedingungen wird das Verhalten der Schichten umfassend geprüft. Hierbei zeigte es sich zum Beispiel, dass das Warmlöseverhalten an Teilen für Schraubverbindungen die geförderten Werte von größer/gleich 0,06 (gemäß VW 01131) ­erfüllt. Dabei zeichnet sich das vorgeschlagene Beschichtungssystem aus Vorbehandlung, Zink-Nickel-Schicht, Passivierung und Versiegelung durch eine äußerst geringe Belastung mit Wasserstoff aus, so dass auch hochfeste Grundwerkstoffe beschichtbar sind. Das Schichtsystem erfüllt neben den Anforderungen gemäß VW 01131 auch diejenigen gemäß MBN 10544.

Passivierungsschichten im ­kathodischen Korrosionsschutz

Wie Marc Longerich, SurTec International, betonte, macht die aktuelle Situation bei den Kosten und Lieferfähigkeiten wichtiger Rohstoffe wie etwa Chrom oder Kobalt deutlich, dass beispielsweise Passivierungen für Korrosionsschutz so wenig wie möglich derartige Stoffe enthalten sollten. Zugleich wirken sich Reduzierungen auf die Umweltschutz­eigenschaften der Passivierungen aus, da bei geringeren Konzentrationen auch weniger dieser Stoffe in die Abwässer gelangen. Ähnlich wirken sich höhere Standzeiten der Passivierungsverfahren aus. Nach Ansicht von Longerich ist es jedoch notwendig, die unter­schiedlichen Maßnahmen zur Einsparung von Rohstoffen und zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit im Hinblick auf den gesamten Energie- und Rohstoffeinsatz genau zu vergleichen. So lassen sich durch höhere Einsatztemperaturen bei Passivierungsprozessen zwar die Schadstoffe im Abwasser reduzieren, die Gesamtkostenbetrachtung wird allerdings aufgrund eines höheren Energieeinsatzes wiederum ungünstiger. Ein besseres Gesamtergebnis wird nach Ansicht des Vortragenden zum Beispiel durch die Verwendung von nicht belastenden Inhibitoren oder durch Reduzierung der Wirkkonzentrationen in den Passivierungen erreicht.

Verschleiß- und Korrosionsschutz durch Niederdruckdiffusionsverfahren

Ein sehr effizientes Verfahren zur Verbesserung der Verschleiß- und Korrosionseigenschaften, insbesondere von Edelstählen, ist das Niederdruckdiffusionsverfahren, vorgestellt von Susanne Gerritsen von der Bodycote Specialist Technologies GmbH. Bei diesem Verfahren werden in die Oberflächenzone vor allem Kohlenstoff- und Stickstoffatome in das Metallgitter eingelagert. In Verbindung mit einer Passivschicht auf der Oberfläche des Grundmetalls ergibt sich somit eine Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit und eine deutliche Erhöhung der Oberflächenhärte. Es handelt sich also nicht um eine Beschichtung des Grundmaterials, sondern um eine Art Umwandlungsschicht in der Oberflächenzone. Bis in eine Tiefe von etwa 40 µm werden durch die Einlagerung Druckspannungen aufgebaut, durch welche die Oberflächenhärte auf Werte von bis zu 900 HV0,05 ansteigen kann. Ein Abplatzen der Oberflächenzone wird bei dieser Art der Härtung aufgrund des graduellen Anstiegs weitgehend ausgeschlossen. Zudem bleiben Form und Abmasse der Grundwerkstoffe erhalten.

Verlauf der Härte und des Kohlenstoffanteils an der Werkstoffoberfläche (Bild: S. Gerritsen)

 

Derart behandelte Bauteile zeigen eine höhere Korrosions- und Verschleißbeständigkeit, eine geringere Neigung zum Kaltverschweißen sowie ein besseres Verhalten gegenüber Kavitation und Ermüdung. Die Änderung der Werkstoffzusammensetzung führt zu keinerlei Nachteilen im Hinblick auf Toxizität, so dass die derart behandelten ­Teile auch in der Lebensmittelindustrie oder für medizinische Produkte eingesetzt werden können.

Hinweis der Redaktion: In WOMag 7-8/2022 findet sich auch ein ausführlicher Fachbericht von Susanne Gerritsen zum S3P-Verfahren.

Schichten für die Elektromobilität

Als einer der größten Zulieferer für die Automobilbranche steht Bosch in der ersten Reihe, wenn es um die Entwicklung und Fertigung von Komponenten für Elektrofahrzeuge geht. Dass hierbei die Beschichtungstechnik eine wichtige Rolle spielt, zeigte Dr. Stefan Grosse anhand eines Vergleichs der unterschiedlichen Schichtsysteme und deren Einsatzmöglichkeiten. Einführend betonte er, dass im Unternehmen alle Arten der Beschichtungstechnik herangezogen werden: von galvanischen und chemisch abgeschiedenen Schichten über PVD/CVD-, Konversions-, organischen bis zu thermisch gespritzten Schichten. Mit diesem breiten Sortiment an Verfahren sind eine ebenso große Zahl an Eigenschaften beziehungsweise Anforderungen zu erfüllen: Korrosionsschutz, Reibwert, Verschleiß, Temperaturbeständigkeit, Wärmeleitung, elektrische Durchschlagsfestigkeit, Wasserstoffpermeationssperre, Duktilität und natürlich wirtschaftliche Prozesstechnik.

Technologien zur Schichtherstellung für Anwendungen in der Elektromobilität (Bild: St. Grosse)

 

Als aktuell wichtige Beispiele an Komponenten für E-Fahrzeuge nannte Dr. Grosse die Brennstoffzelle für die Stromerzeugung sowie elektrische Achsantriebsysteme. Aluminium und Aluminiumlegierungen werden aufgrund der guten mechanischen Eigenschaften und des geringen Gewichts in Fahrzeugen bevorzugt eingesetzt. Die darauf herstellbaren Anodisationsschichten zeichnen sich durch eine hohe elektrische Isolation, gute Korrosions- und Verschleißeigenschaften und eine kostengünstige Herstellung aus. Zum Einsatz kommen diese für Komponenten der Brennstoffzellen-Infrastruktur und des E-Antriebs. Schichten auf Basis von Aluminiumoxid lassen sich auch durch thermisches Spritzen auftragen. Neben Isolation, Korrosions- und Verschleißbeständigkeit zeigen sie eine gute Wärmeleitfähigkeit. Allerdings neigen sie zur Rissbildung und benötigen eine gewisse Temperaturbeständigkeit des Substrats. Thermisch gespritztes Aluminiumoxid eignet sich sehr gut im Bereich des Antriebs, der Batterie sowie der Leistungselektronik.

Eine sehr gute Verschleißbeständigkeit besitzen DLC-Schichten und Metallnitride, für die PVD- und PACVD-Techniken zum Einsatz kommen. Im Falle der Metallnitride lassen sich zudem elektrische Eigenschaften von Isolation bis zu sehr guten Übergangswiderständen einstellen. Aufgrund geringer Abscheideraten und geringer Schichtdicken ergeben sich allerdings nur eingeschränkte Einsatzmöglichkeiten, zum Beispiel für Komponenten der Brennstoffzelle (Bipolarplatte) und deren Infrastruktur sowie für mechanisch hochbelastete Komponenten.

Organische Beschichtungen wiederum zeichnen sich durch eine hohe Marktverfügbarkeit und relativ geringe Herstellkosten aus. Sie erlauben die einfache Einstellbarkeit ihrer Isolationsleistung, bieten einen guten Korro­sionsschutz und eine sehr große Farbvielfalt. Sie werden bei Komponenten bevorzugt dort eingesetzt, wo kein besonderer Verschleißschutz erforderlich ist.

Mit seiner Darstellung zeigte Dr. Grosse die hohe Relevanz der Schichttechnik auch für die zukünftige Fahrzeugtechnik und unterstrich die Leistungsfähigkeit der Beschichtungstechnik durch ihre große Bandbreite an robusten und wirtschaftlichen Technologien.

Sol-Gel-Verfahren für ­Leichtbau und Automotive

Sol-Gel-Beschichtungen auf organischer Basis und mit enthaltenen Nanopartikeln stellen nach Aussage von Christian Bölling, EPG AG, eine gute Möglichkeit dar, ­Oberflächen gegen chemische Angriffe zu schützen und gleichzeitig ein ansprechendes ­Erscheinungsbild zu erzeugen. Als besonderer Vorteil der Schichten gilt, dass sie ohne umweltschädliche Stoffe hergestellt werden können und ein breites Spektrum an Farbmöglichkeiten bieten. So lassen sich chromähnliche Schichten ebenso erzeugen wie schwarze, hochglänzende oder vollkommen transparente Schichten. Der Abscheideprozess ist relativ einfach und auf eine haft- oder zusätzliche Schutzschicht kann verzichtet werden.

Vergleich der Prozesse zur Herstellung einer dekorativen Oberfläche (Bild: Ch. Bölling)

 

Als Grundwerkstoff für die Beschichtung eignen sich Edelstähle, eine große Zahl unterschiedlicher Aluminiumlegierungen, Messing, Titan, aber auch Kunststoffe. Durch die Anwendung spezieller Applikations- und Aushärteverfahren wird eine hohe Temperaturstabilität der Schichten erreicht. Aufgrund geringer Dicken zeigen die Schichten ein gutes elastisches Verhalten. Zudem zeichnen sie sich durch antibakterielle, Anti-Kalk- oder Anti-Fingerprint-Eigenschaften aus.

Thermisches Spritzen - ­Verfahren und Anwendungen

Als Dienstleister im Bereich des thermischen Spritzens stellte Stefan Schmuker von der rhv-technik wichtige Verfahren und Anwendungen vor. Im Allgemeinen zeichnen sich thermisch gespritzte Schichten durch einen guten Verschleiß- und Korrosionsschutz, einen anpassbaren Wärmeübergang (je nach Schichtzusammensetzung) oder einstellbare elektrische Eigenschaften aus. Aufgrund einer sehr variablen Schichtdicke eignen sich die Beschichtungen sehr gut zur Reparatur beziehungsweise zur Instandsetzung von Bauteilen.

Der Beschichtungsprozess umfasst eine mechanische Vorbereitung, die Reinigung beziehungsweise Maskierung und nach dem eigentlichen Beschichten in der Regel eine Nachbehandlung durch Drehen, Schleifen und Versiegeln. Das eigentliche Beschichten besteht je nach Verfahrenstechnik aus dem Aufschmelzen und Aufsprühen oder nur dem Aufspritzen des Schichtwerkstoffs. Kinetik und Schmelzzustand der Partikel sind die Basis für das Verbinden der Schicht mit dem Substrat sowie der Porosität der Schicht. Im Allgemeinen wird bei diesem Vorgang das zu beschichtende Substrat nur geringfügig erwärmt, so dass im Prinzip auch temperaturempfindliche Werkstoffe (z. B. Kunststoffe) beschichtet werden können. Als Beschichtungswerkstoffe kommt eine breite Palette an Metallen, Keramiken, Carbiden oder Oxiden zum Einsatz. Die Auswahl richtet sich in der Regel nach den benötigten Schichteigenschaften.

Charakterisierung des thermischen Spritzens (Bild: St. Schmuker)

 

Häufig zum Einsatz kommt das Hochgeschwindigkeitsflammspritzen (HVOF) für die Herstellung von sehr dichten Schichten, bei dem Brennstoffe für das Auf- oder Anschmelzen der Schichtwerkstoffe benötigt werden. Beim Lichtbogenspritzen wird die Energie zum Aufschmelzen der Spritzpartikel mit Hilfe eines Lichtbogens erzeugt und der Spritzstrahl durch Druckluft.

-wird fortgesetzt-

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