Messtechnik für die Beschichtungsprüfung

Werkstoffe 07. 08. 2022

Online-Forum des Fraunhofer-Instituts für Physikalische Messtechnik IPM im Bereich der Produktionskontrolle stößt auf große Resonanz und erfährt mit etwa 170 Anmeldungen aus allen Bereichen der Industrie eine sehr positive Resonanz

Dr. Carl Daniel, der stellvertretende Institutsleiter des Fraunhofer IPM, eröffnete die inzwischen elfte Veranstaltung der Reihe Produktionskontrolle. In der von ihm geleiteten Abteilung Produktionskontrolle befassen sich etwa 40 Mitarbeitende mit dem Thema der photonischen Messtechnik. Für die Veranstaltung am 30. März 2022 wurden fünf Themen aus dem breiten Spektrum der zerstörungsfreien Schichtanalyse ausgewählt.

Bildgebende Fluoreszenzmessung

Dr.-Ing. Albrecht Brandenburg wies im Eröffnungsvortrag eingangs darauf hin, dass die Technologie der Fluoreszenzmessung seit einigen Jahren ein hohes Interesse erfährt, eine Oberflächenprüfung, die vor allem bei Defekten oder Verunreinigungen gefordert ist. Großer Wert wird vor allem auf die Darstellung der Messergebnisse bei der Prüfung von größeren Flächenbereichen gelegt. Dabei kommt der Anpassung beziehungsweise Opti­mierung der Messtechnologie auf die unterschiedlichen Anforderungen aus der Industrie ein hohes Gewicht zu.

Grundsätzlich wird bei dieser Art von Mess­technik mittels Licht ein Stoff zur Fluoreszenz und damit der Emission von Licht angeregt. Hierbei treten charakteristische Absorptions- und Emissionseffekte auf, die eine schnelle und empfindliche Detektion erlauben. Da die Emission des Fluoreszenzlichts in alle Raumrichtungen erfolgt, kann grundsätzlich ein zu messendes Signal erfasst werden.

Durch die charakteristischen Absorptions- und Emissionseffekt lassen sich Elemente und deren Vorliegen eindeutig bestimmen (Bild: Fraunhofer IPM)

 

Im ersten Mess-Schritt erfolgt eine Kalibrierung für einen Stoff, zum Beispiel durch Gewichtsmessung des Stoffs auf einem Grundkörper. Die Auflösung einer Messung hängt von der Art des verwendeten Kamerasystems ab und liegt in der Regel im Bereich von einigen Mikrometern. Zur Auswertung können die erzeugten Einzelbilder zu größeren zusammengesetzt werden. Durch die Auswahl zwischen Hell- oder Dunkelfeldaufnahme lässt sich die Darstellung des Messergebnisses anpassen. Eingesetzt wird die Technik zum Beispiel zur Prüfung von OSP-Schichten auf Elektronikteilen oder bei medikamententragenden Beschichtungen auf Stents.

Eine weitere Variante der ­Messtechnologie basiert auf der Anregung mittels Laserlicht. Dieses Verfahren zeichnet sich unter anderem durch eine hohe Nachweisgrenze und kurze Messzeiten aus. Einsatz findet das Verfahren zum Beispiel zur Prüfung der Dicke von organischen Schichten auf unterschiedlichen Grundkörpern, wobei die Dicken der Schichten zum Teil im Bereich von wenigen Nanometern liegen können.

Neben Einzelkörpern lässt sich das Verfahren auch für die Prüfung von Bändern oder bewegten flächigen Objekten einsetzen. Damit ist die Prüfung einer laufenden Produktion möglich, wobei Vorschubgeschwindigkeiten von 2 m/s realisierbar sind. Die erhaltenen Messergebnisse können unter anderem zur Steuerung von Prozessen genutzt werden. Für die neueste Anlagentechnik kommen kompakte, robotergeführte Scanner zum Einsatz, die den hohen Automatisierungsgrad der Messtechnik belegen.

Sensitive Infrarotdetektion

Ein weiteres Verfahren, ebenfalls vorgestellt von Dr. Brandenburg, ist die ­Infrarotdetektion, mit der zum Beispiel dünne Beschichtungen auf Kunststoff gemessen werden. Die ­Dicke derartiger Schichten liegt häufig im ­Bereich von wenigen Nanometern. Neben der Schichtdicke kann zusätzlich die Eigenschaft einer Schicht analysiert werden.

Zum Einsatz kommt die Technologie im Bereich der Lebensmittel- oder der Medizinprodukteindustrie. Damit erfüllt das Verfahren die Anforderungen nach berührungsloser und schneller Messung. Zunehmendes Interesse erfährt diese Messtechnik im Hinblick auf das Recycling von Kunststoffprodukten, da durch die Auftragung von extrem dünnen anorganischen Schichten das Kunststoffsubstrat besser recycelt werden kann. Derartige anorganischen Schichten basieren auf Siliziumdioxid oder Aluminiumoxid mit Dicken von etwa zehn bis 100 Nanometer.

Je nach Wahl der Beleuchtungsart lassen sich unterschiedliche Informationen über Oberflächen und Beschichtungen gewinnen (Bild: Fraunhofer IPM)

 

Im Falle von Siliziumdioxid wird die ­Tatsache genutzt, dass sich der Brechungsindex mit der Schichtdicke ändert; daraus resultiert beispielsweise eine Änderung der Reflektivität. Auch dieses Verfahren eignet sich sehr gut für den Einsatz in einer laufenden Produktion und zur Steuerung von Beschichtungsvorgängen. Messbar sind neben anorganischen auch organische Schichten. Zudem zeichnet sich das Verfahren durch günstige Investitionskosten aus.

Barrierebeschichtung

Aus dem Bereich der Anwenderindustrie gab Dr. Armin Mohr, Geschäftsführer der Plasma Electronic GmbH, einen Einblick in die Entwicklung von Verfahren und Anlagen zur Abscheidung von Barriereschichten mittels Plasmatechnologie, vor allem mittels PECVD, PVD oder PEALD. Dabei stehen in der Regel seitens der Kunden die Forderungen nach bestimmten Oberflächeneigenschaften, zum Beispiel dem Verlust von Geschmack bei der Verpackung von Lebensmitteln, im Vordergrund. Solche Anlagen arbeiten häufig im Batchmodus für die Beschichtung von Einzelteilen, die nach Ende der Beschichtung auf die Vollständigkeit, Dicke oder Eigenschaft der aufgetragenen Beschichtung geprüft werden. Zu den wichtigen Eigenschaften bei der Herstellung der Beschichtungen zählen beispielsweise die Haftfestigkeit auf dem Substrat oder der Anteil an Sauerstoff einer Siliziumdioxidschicht. Aufgrund hoher Messgeschwindigkeiten und guter Auflösung ist es möglich, 100-Prozent-Prüfungen anzustreben.

Ortsaufgelöste Elementanalyse

Mit Hilfe der laserinduzierten Plasmaspek­troskopie kann eine ortsaufgelöste Element­analyse durchgeführt werden; vorgestellt wurde diese von Dr. Carl Basler vom Fraunhofer IPM. Die auch als LIPS bekannte Technologie verdampft unter Einsatz eines Lasers den zu analysierenden Werkstoff und führt diesen einer Plasmaanalyse mittels Spektrometrie zu. Das Verfahren erlaubt die Dickenbestimmung bereits im Nanometerbereich. Messbar sind vor allem Metalle und Übergangsmetalle. In der Industrie wird das Verfahren in breitem Umfang in der Eingangskontrolle, zum Beispiel zur Bestimmung von Legierungszusammensetzungen, eingesetzt. Darüber hinaus eignet sich die Technologie aufgrund der hohen Messgeschwindigkeit zur Inline-Analyse.

Tiefenaufgelöste In-Line-Messung an einer an einer Elektrodenfolie, bestehend aus Nickel, Mangan, Kobalt (NMC), Graphit und Binder (Bild: Fraunhofer IPM)

 

Für die Schichtanalyse ist das ­Grundprinzip der Technologie modifiziert, da der Materialabtrag durch den Laserpuls eingegrenzt werden muss. In diesem Fall wird ein nicht-thermischer Abtrag ohne Schmelze erzeugt, indem die Pulsdauer des Lasers unter 10 ps liegt. Beim kurzen Puls wird das Material nicht aufgeschmolzen, sondern ionisiert. Der Abtrag erfolgt damit schichtweise, so dass beim Erreichen des Grundwerkstoffs eine deutliche Änderung des Messsignals fest­zustellen ist.

Das Verfahren zeichnet sich durch eine sehr gute Ortsauflösung aus. Es kommt beispielsweise für galvanische Schichten oder Hartstoffschichten zum Einsatz. Des Weiteren wird es für bewegte Substrate zur Prüfung von Elektrodenfolie für Akkumulatoren im Hinblick auf die Verteilung von Metall- und Grafitpartikel in der Folie herangezogen.

Prüfung von Lithiumionenakkumulatoren

Das Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnolo­gie ISIT in Itzehoe befasst sich neben verschiedenen Arten der Entwicklung und Herstellung von aktiven und passiven Bauelementen für die Leistungselektronik mit der Entwicklung von Batteriematerialien. Bei der Herstellung von Elektrodenfolien kommt vor allem der Verteilung der aktiven Materialien auf der Folie ein hoher Stellenwert zu, wie Dr. Andreas Würsig, stellvertretender Geschäftsfeldleiter Leistungselektronik beim Fraunhofer ISIT, erläuterte.

Die hergestellte Schicht muss eine homogene Struktur ohne Fehlstellen aufweisen, bei zudem konstanter Dicke. Um hier hohe Ausbeuten erzielen zu können, müssen die unterschiedlichen Fehler sicher und inline erkannt werden. Die bisher eingesetzten Verfahren haben in der Regel keine Zusammensetzung der Beschichtung geliefert; seit kurzem kann dies durch LIPS erreicht werden.

Messung an einer galvanisch abgeschiedenen Nickelschicht als Beispiel für die Anwendung der ortsaufgelösten Darstellung (links) sowie des Messsignals als Funktion des Abtrags (Bild: Fraunhofer IPM)

 

Durch die laserinduzierte Plasmaspektroskopie werden aktuell in der Entwicklungsphase Bandgeschwindigkeiten von 0,1 m/s bis 0,5 m/s erzielt, je nach Muster der Messpunkte. Damit ist es möglich, Messungen über die Dicke der Schicht in deren Zusammensetzung durchzuführen. So sind zum Beispiel unterschiedliche Anteile an Kohlenstoff zu erkennen, die unter anderem durch ungeeignete oder sich verändernde Trockenbedingungen verursacht werden.

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