Perspektiven der Substitution für Chrom(VI) – Funktionieren die Alternativen und sind sie bezahlbar?

Oberflächen 03. 02. 2019

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat Vertreter der Industrie für Oberflächenbehandlung und Beschichtung sowie deren Kunden aus allen Bereichen der Industrie zu einer Informations- und Dialogveranstaltung nach Dortmund eingeladen - mehr als 200 Fachleute folgten dieser Einladung und zeigten damit ihr großes Interesse am Thema.

Die Substitution von kritischen Stoffen zählt zu den wichtigen Forderungen der europäischen Chemikalienverordnung REACh, falls ein Stoff als kritisch betrachtet wird, wie dies bei sechswertigen Chromverbindungen der Fall ist. Die davon betroffene galvanotechnische Industrie arbeitet seit einigen Jahren daran, für die bisherige Chromabscheidung auf Basis von Chrom(VI) Alternativverfahren einzuführen. Bei der Auswahl der alternativen Verfahren empfiehlt sich die Prüfung der verschiedenen Datenquellen im Hinblick auf die Einstufung der alternativ eingesetzten Stoffe. Für die Verwendung als funktionelle Beschichtung hat die Suche nach Alternativen kaum brauchbare Technologien aufgezeigt, wobei auch die Kombinationsschichten des finnischen Anbieters Savroc nur bedingt in Betracht kommen. Für dekorative Anwendungen bieten die Abscheideverfahren aus Chrom(III)elektrolyten nach Ansicht der Formulierer und Beschichter dagegen durchaus akzeptable Ergebnisse, wobei die Prozessumstellung je nach Produkt unterschiedliche Anpassungen erforderlich macht. Sowohl für dekorative als auch für funktionelle Oberflächeneigenschaften werden darüber hinaus Verfahren wie die PVD-Beschichtung, thermisches Spritzen oder Laserauftragschweißen auf deren Eignung geprüft. Zukünftig werden auf jeden Fall deutlich mehr Technologien zum Einsatz kommen als bisher mit der umfassend einsetzbaren Chromabscheidung aus Chrom(VI)elektrolyten, wie die Informationsveranstaltung in Dortmund deutlich gezeigt hat.

Dr. Pipke (BAuA) zeigte sich sehr erfreut über das große Interesse, durch das die BAuA darin bestärkt wird, auf diesem Gebiet intensiv weiter zu arbeiten. Nach seiner Aussage liegen derzeit etwa 50 Anträge zur Autorisierung von Chrom(VI) bei der ECHA vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die SVHC-Stoffe langfristig zu substituieren sind, was allerdings in der Regel aufwändig und eine langfristige Aktion ist. Aus diesem Grund konnte bisher in allen Bereichen eine nur sehr geringe Zahl an Substitutionen realisiert werden. Die Kommission, die ECHA und die nationalen Behörden werden deshalb die Arbeiten zur Substitution verstärkt fördern. In diesem Sinne wird auch die BAuA Unternehmen bei den entsprechenden Aktivitäten unterstützen.

Strategie der ECHA zur Substitution und Erfahrungen

Dr. Markus Berges (ECHA) eröffnete die Runde der Fachvorträge mit einem Einblick in die Strategie der ECHA zur Substitution und den Erfahrungen bei der Identifizierung der Alternativen sowie der Definition von Verwendungen. In den Grundlagen der ECHA wird Substitution unter anderem dahingehend beschrieben, dass beim Ansatz des Eins-zu-Eins-Ersatzes einer Chemikalie vergleichbare Eigenschaften im Vordergrund stehen. Daneben kommen beim Ansatz der erweiterten Substitution andere Verfahren unabhängig von der Funktion in Betracht oder auch die Anpassung einer Funktion an die Eigenschaften von Substituten. Aktuell legt die ECHA großen Wert darauf, den Substitutions­prozess auf die Funktion zu fokussieren und insbesondere Innovationen zu unterstützen.

Die ECHA fördert zur Erreichung der gesetzten Ziele den Ansatz Best Practices und deren Denkweisen sowie die ­Zusammenarbeit mit Interessensgruppen. Im Rahmen ­eines mehrstufigen Prozesses unterstützt sie den Aufbau von Kapazitäten beispielsweise durch Workshops oder die Betrachtung der Wertschöpfungskette beziehungsweise der Lieferkette. Nach Ansicht der ECHA ist dafür auch entscheidend, die bestehenden Eigenschaften zu hinterfragen und neu zu bewerten, um damit neue Ansätze zur Schaffung der erforderlichen Produkteigenschaften neu definieren zu können. In der Folge ­eines vor kurzem stattgefundenen Workshops in
Finnland haben vier von sechs Beschichtern im dekorativen Bereich von Chrom(VI)- auf Chrom(III)verfahren umgestellt. Für die Hartverchromung wurden dagegen bisher noch keine Lösungen ohne Chrom(VI) ­gefunden. Daher wird in absehbarer Zeit Chrom(VI) der Standard zur Herstellung von Hartchromschichten bleiben, da die Autorisierungsforderung kein Verbot eines Stoffs bedeutet, solange keine Alternativverfahren in Sicht sind.

Bei der Bewertung von Alternativen stellt sich das Problem, dass die Verfügbarkeit geeigneter Alternativen immer von der Art des Produkts, für das die Alternative eingesetzt wird, abhängt. Daraus folgt ein hoher Aufwand für eine optimale, stichhaltige Bewertung. Als interessantes Beispiel aus Zulassungsanträgen stellte der Vortragende die Ansätze eine Unternehmens vor, das drei Verwendungen von Chrom(VI) zur Herstellung von Konnektoren beantragt hat. Der Antrag beschreibt drei unterschiedliche technische Leistungsanforderungen. Dabei wurden drei Gruppen potenzieller Alternativen in der engeren Wahl mit drei verschiedenen Zeitrahmen für die Umsetzung der Substitution oder für weitere Forschung unterschieden:

  • Verwendung 1 mit einem Überprüfungszeitraum von zwölf Jahren: (… ) um ein höheres Leistungsniveau als die Anforderungen internationaler Standards zu erreichen sowie schwierigen Umgebungsbedingungen und Anwendungen mit hoher Sicherheit standzuhalten.
  • Verwendung 2 mit einem Überprüfungszeitraum von sieben  Jahren: (…) um den Anforderungen internationaler Standards und den besonderen Anforderungen der Industrie unter schwierigen Umgebungsbedingungen gerecht zu werden
  • Verwendung 3 mit einem Überprüfungszeitraum von vier Jahren: (…) um schwierigen Umgebungsbedingungen standzuhalten und vor allem die Klebstoffabscheidung zu gewährleisten, die den Anforderungen der internationalen Normen entspricht.

Abschließend empfahl Dr. Berges die genaue Verfolgung der Frühwarnungen (PACT, RMOA, RoI, CL und weitere), um Substitutionen zu vermeiden, bei denen Substanzen zum Einsatz kommen, die bereits selbst wieder als kritisch eingestuft werden (und dann später wieder ersetzt werden müssen - regrettable Substitution).

Informationsgewinnung für die Substitution

Dr. Eva Lechtenberg-Auffahrt (BAuA) erläuterte die Substitution im Sinne des Arbeitsschutzes als Reaktion auf Gefährdungssituationen, Reaktionen auf Markterfordernisse oder Folgen von Innovation und Weiterentwicklung. Zu beachten sind hier regulatorische Umfelder mit bestehenden Einschränkungen, die beispielsweise auf der OECD-Seite (oecdtoolbox) zu finden sind. Des Weiteren müssen die zu erwartenden Einschränkungen in Betracht gezogen werden, wie sie beispielsweise auf einer Seite der ECHA (substances-of-potential-concern) oder über eine Google-Suche mit Stichworten zu infocard, ECHA und SVHC zu finden sind. Zukünftig zu beachtende ­Stoffe finden sich auf der ECHA-Seite unter dem Stichwort Substances of potential concern. Schließlich spielen Megatrends eine wichtige Rolle bei der Auswahl zukünftiger Verfahren, insbesondere wenn sich hier eine zu erwartende Substitution erkennen lässt. Dazu sollten zum Beispiel diverse und seit längerem bestehende Innovationsportale genutzt werden.

Nach bestimmten, nachlesbaren Kriterien bewertet sind die Fallstudien in SUBSPORT sowie in der OECD SAAT Toolbox. Dafür stehen Methoden für die Substitutionsprüfung und die Entscheidung zur Verfügung; in SUBSPORT handelt es sich um zehn Instrumente zur Substitution. Als deutsches Tool zur Bewertung empfiehlt sich die ­Datenquelle TRGS 600 Substitution. Hier finden sich beispielsweise Angaben zu Prüfungskriterien hinsichtlich Gesundheit, physikalischen Risiken oder technischen Eignungen. Eine der derzeit umfassendsten Quellen für Informationen zu kritischen Stoffeigenschaften eChem­Portal, zu finden unter dem ECHEM-Portal der OECD, enthält Daten aus vielen internationalen Einrichtungen. Weitere Informationsquellen sind die Gestis Stoffdatenbank sowie die Internetseite IGS Publik, die beide in deutscher Sprache geführt sind.

 

Fördermöglichkeiten

Für Forschungs- und Entwicklungsprojekte auf Bundesebene stellte Christian Stolper (Förderberatung des Bundes) die Fördermöglichkeiten des Bundes vor. Hierzu sind zahlreiche Einrichtungen von der IHK über Hochschulen bis zu Landeseinrichtungen aktiv. Um die richtige Anlaufstelle zu wählen, werden an die Förderberatung des Bundes gerichtete Anfragen kostenfrei beantwortet (www.foerderinfo.bund.de). Diese Einrichtung veröffentlicht zudem alle Förderbekanntmachungen des Bundes. Im Falle von Chrom empfiehlt sich, für die Auswahl des Förderprogramms eventuell eine Verknüpfung zum bearbeiteten Produktbereich herzustellen.

In Betracht kommt beispielsweise das Zen­trale Innovationsprogramm Mittelstand ZIM. Dieses Programm ist technik- und branchenoffen. Ein weiteres, forschungslastiges Programm ist KMU-Innovativ mit dem Unterprogramm Materialforschung. Die Antragstellung erfolgt zu zwei Stichtagen pro Jahr. Die Bundesstiftung Umwelt fördert Innovationen mit Anlehnung an den Umweltschutz. Interessant sollte für die Oberflächentechnik vor allem der Förderschwerpunkt über Ressourceneffizienz durch innovative Werkstofftechnologie sein, innerhalb dessen werkstoff- und oberflächentechnische Entwicklungen zur Vermeidung oder Substitution schädlicher Stoffe beziehungsweise deren Emissionen betrachtet werden.

Für den Mittelstand werden Konsortien von Unternehmen bevorzugt. Wichtig ist zu berücksichtigen, dass Projekte noch nicht begonnen wurden, eine deutliche Innovationshöhe erkennbar ist sowie ein Risiko bei deren technischer Umsetzung besteht.

Neben den Bundesförderungen wies der Vortragende auf Fördermöglichkeiten im Rahmen der EU, wie Horizon 2020, hin. Für dieses Programm gibt es deutsche Ansprechpartner für die einzelnen thematischen Bereiche, zu finden unter dem Stichwort ­Nationale Kontaktstellen (NKS).

Hartverchromen mit Chrom(III)verfahren

Mit besonderem Interesse wurden die Ausführungen von Osmo Jahkola vom finnischen Unternehmen Savroc Oy erwartet, der seine Technologie zur Herstellung von Hartchromschichten vorstellte. Das Unternehmen befasst sich seit etwa 2012 mit der Beschichtung von funktionellen Teilen wie Walzen oder Hydraulikelementen. Derzeit verfügt das Unternehmen über fünf Patente (z. T. 20 Jahre alt) und etwa 50 Kunden, welche die neuen Beschichtungen im Einsatz prüfen. Die vom Unternehmen hergestellten Chromschichten sollen Härten zwischen 1500 HV und 1800 HV besitzen und zeigen im Vergleich zu Hartchromschichten, stromlos abgeschiedenem Nickel im Ausgangszustand und getempert, die geringsten Verschleißwerte. Als einer der Vorteile wird die­ geringe erforderliche Schichtdicke genannt, die bei unter 20 µm liegt. Zudem ist natürlich die Vermeidung einer REACh-Autorisierung, wie sie im Falle von Hartchrom erforderlich ist, ein sehr positiver Aspekt.

Für den Eigenschaftsvergleich wurden drei Arten der Beschichtung TriplHard Coating betrachtet:

  • µm – 30 µm Nickel-Phosphor + 5 µm - 100 µm Chrom
  • µm - 3 µm Nickel + 5 µm –  100 µm Chrom
  • Chrom als alleinige Schicht

Als einen weiteren Vorteil nannte der Vortragende auch die seit einigen Jahren sinkenden Preise für Chrom(III)verfahren.

Vergleich von Verchleißschutzschichten im Überblick (Bild: Osmo Jahkola)

 

Angewendet wird das Verfahren seit etwa drei Jahren beim spanischen Beschichtungsunternehmen Tecnocrom Industrial S. A. und wird dort für funktionelle Oberflächen auf dem Stahl 20MnV6, beispielsweise für den Bergbau, eingesetzt. Bisher kamen Hartchromschichten konventioneller Art auf den Stählen ALSI 329 und 20MnV6 zur Anwendung. Bei konventionellen Hartchromschichten trat auf dem Grundwerkstoff 20MnV6 nach etwa zwei Monaten Einsatz deutlich sichtbar Korrosion auf und bei ALSI nach etwa vier Monaten, was in beiden Fällen einen Austausch der Zylinder erforderlich machte. Im Vergleich dazu waren bei 20MnV6 mit der neuen Beschichtung TripleHard auch nach sechs Monaten keine Korrosionserscheinungen festzustellen. Weiteren Einsatz findet das Verfahren für Bremsteile in Fahrzeugen, für Stoßdämpfer, Waffensysteme oder Ventile. Bisher zeigten die Schichten gute Beständigkeiten gegen Korrosion und Verschleiß.

Das Savroc-Verfahren erzielt seine Einsatz­eigenschaften durch einen Beschichtungsvorgang und eine nachfolgende Wärmebehandlung, über die der Vortragende lediglich äußerte, dass sie bei mehr als 400 °C erfolgt. Dies schränkt nach Ansicht der Veranstaltungsteilnehmer den Einsatz der Technologie sicher ein. Des Weiteren wurde die bevorzugte Erhöhung des Verschleißwiderstandes als primäres Kriterium als Einschränkung betrachtet, da bisher übliche Hartchromschichten in vielen Fällen einen guten Glanz, erzeugt durch abschließendes Polieren, aufweisen müssen. Im Vortrag wurden keine weiteren Angaben mitgeteilt, ob sich die hergestellten Schichten auf Hochglanz polieren lassen.

Prüfung der Schichten für unterschiedliche Anwendungen (Bild: Osmo Jahkola)

 

Dekorative Verchromung mit Chrom(III)elektrolyten

Andreas Schütte (HSO, Solingen) befasst sich mit dekorativer Verchromung für die Automobilindustrie, die heute nahezu ausschließlich auf der galvanischen Beschichtung von Kunststoffen basiert. Das Aufkommen von REACh hat eine starke Verunsicherung der Beschichterbranche und vielen Kunden, die mit verchromten Teilen Produkte herstellen, hervorgerufen. Seither haben die Formulierer wie HSO starke Anstrengungen unternommen, Alternativverfahren zu entwickeln. Dabei steht eine langfristige Sichtweise im Fokus, um den Prozess zumindest für die nächsten zehn Jahre zu sichern.

Bei der Verchromung von Kunststoff spielt aber nicht nur die Chromschicht eine Rolle, sondern auch die Vorbehandlung der Kunststoffe, für die es bisher nach Ansicht von Andreas Schütte keine prozesssichere Alter­native gibt. Eine Herausforderung für die ­Alternativen der Chromdeckschicht ist die Farbe der Schicht, die bei den Chrom(III)verfahren von der mit Chrom(VI)verfahren hergestellen Schicht abweicht.

Insbesondere für Möbelteile sind zum Beispiel in Schweden seit etwa zehn Jahren Chrom(III)verfahren ohne Probleme im Einsatz, wobei hier sicherlich die Farbe der Chromschicht kein ausschlaggebendes Kriterium ist. In der Anwendung zeigt sich, dass der Betreuungsaufwand für die dreiwertigen Elektrolyte deutlich höher als bei Chrom(VI)verfahren ist. Als Vorteil des Chrom(III)verfahrens wird insbesondere die deutlich bessere Schichtdickenverteilung genannt. Inzwischen wird die Technologie auch für die Beschichtung von Kunststoffteilen für Fahrzeuge eingesetzt.

Die Anpassung der Anoden ist die kostenintensivste Investition beim Einsatz von Chrom(III)verfahren (Bild: Andreas Schütte)

 

Die Korrosionsbeständigkeit der ­Schichten aus Chrom(III)verfahren ist bei allen Testverfahren – mit Ausnahme der Russian- Mud-Prüfung – sehr gut. Als Nachteile bei der Einführung der Chrom(III)abscheidung nannte Schütte die hohe Investition und den hohen Lernaufwand für die Verfahrensbetreibung. Eine Herausforderung im Falle einer Umstellung für die Automobilindustrie ist aber nicht nur die Farbproblematik für die Mischverbauung von verchromten Teilen, sondern auch die hohe Auslastung der Beschichtungsunternehmen, die kaum die erforderliche Zeit für die Umstellung von der bisherigen auf die neue Verfahrenstechnik erhalten. Der Aufwand schließt ein, dass die Teile an das neue Verfahren angepasst werden müssen, sowohl bei der Herstellung der Teile als auch in Bezug auf die Handlingparameter beim Beschichten selbst. Bei der Investition ist besonderes Augenmerk auf die Anodenqualität der Iridium-Tantal-Mischoxid-Anoden zu richten. Des Weiteren müssen Verfahren eingesetzt werden, die Fremdmetalle aus dem Elektrolyten entfernen. Prinzipiell sind die neuen Chrom(III)verfahren geeignet, die geforderten Schichten herzustellen, allerdings erfordert dies einen ausreichenden Zeitrahmen für die Umstellung der Verfahrenstechnik, wie Schütte abschließend seine Erfahrungen zusammenfasst.

Alternativen zum Hartverchromen

Wie Uwe Horschig (Oerlikon Balzers Coating Germany) eingangs betonte, sollte nach seiner Meinung das Hartverchromen nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden, sondern nur mögliche Alternativen geprüft werden für einige Anwendungen, die bisher mit Hartchrom bedient wurden. Darunter versteht der Vortragende die Diffusionsbeschichtungen und die Hartstoffbeschichtungen. Für die dekorative Beschichtung von Kunststoffen bietet das Unternehmen des Vortragenden eine Mischbeschichtung aus PVD und Lack, mit der farbige Oberflächen erzeugt werden können.

Für die Metallumformung können sehr verschleißbeständige Beschichtungen auf Werkzeugen, die oftmals nur als Einzelwerkzeug vorliegen und Teile mit hochwertigen Oberflächen formen, aufgebracht werden. Solche Werkzeuge müssen in regelmäßigen Abständen aufgearbeitet werden, indem entschichtet und neu beschichtet wird. Dazu kommen Anlagen auf Basis des Plasmanitrierens zum Einsatz. Dabei wies Horschig darauf hin, dass anfangs enorme Anstrengungen unternommen wurden, um das Verfahren überhaupt in den Markt einzuführen.

Das Plasmanitrieren führt zu Schichten mit Härten von etwa 1000 HV, wobei die Oberfläche eine Übergangszone von Maximalhärte auf Grundhärte aufweist. Das Verfahren durch langsames Aufheizen und langsames Abkühlen verhindert das Auftreten von Spannungsrissen. Herausforderungen zur Herstellung einer optimalen Oberfläche bestehen in der Anpassung des Grundwerkstoffs, in der Regel Stahlguss. Ein weiteres Kriterium ist die Erzeugung einer minimalen Rauheit der aufgebrachten Beschichtung, um die Schmierung mit Minimalmengen zu gewährleisten. Mit der Einführung des neuen Verfahrens als Ersatz des bis dahin vorgenommenen Hartverchromens konnten 25 % Produktivitätssteigerung erzielt werden. Damit ließen sich bei einigen Werkzeugen Lebensdauern erreichen, die eine Zwischenaufarbeitung nicht mehr erforderlich machen und so natürlich der neuen Verfahrenstechnologie eine hohe Wirtschaftlichkeit verschaffen. Inzwischen wurden zur Beschichtung derartiger Werkzeuge eigene Anlagentechniken entwickelt und an allen wichtigen Automobilstandorten in Betrieb genommen.

Laserauftragschweißen

Eine weitere Alternative für hochbelastbare Oberflächen bietet das Laserauftragschweißen, das Dr. Antonio Candel-Ruiz (Trumpf)vorstellte. Einleitend wies er kurz darauf hin, dass nicht nur in der EU die Verwendung von Verfahren auf Basis vonChrom(VI) unter besonderer Beobachtung steht, sondern diese auch in China zunehmen kritisch gesehen werden. Neben dem Hartverchromen stehen heute beispielsweise chemisch abscheidende Nickel­verfahren, thermisches Spritzen, NIL35 (galvanisch abgeschiedene Kupfer-Zinn-
Nickel-Schichten), PVD- oder CVD-Schichten zur Auswahl.

Beim Laserauftragschweißen werden Metallpulver auf die Oberfläche eines Grundwerkstoffs – in der Regel partiell auf den zu belastenden Flächen – aufgebracht und mittels Laser angeschmolzen. Da die ursprüngliche Technologie des klassischen Laserauftragschweißens relativ langsam arbeitet, wurde die Technik zum Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen weiterentwickelt. Während das konventionelle Verfahren bei etwa 2 m/min liegt, erreicht das Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißen über 100 m/min. Hauptgrund für die Geschwindigkeitssteigerung ist die Abwandlung des Verfahrens, bei dem die Partikel bereits geschmolzen auf die Oberfläche auftreffen.

Vergleich von konventionellem LMD und Hochgeschwindigkeits-LMD (Bild: Dr. A. Candel-Ruiz)

 

Zum Einsatz kommen die Beschichtungen vor allem in Fahrzeugen als Bremsscheiben, um die Feinstaubproblematik zu reduzieren. Herausforderungen ergeben sich durch die Grundmaterialen, in der Regel Stahlguss. Weitere Anwendungen liegen in der Druck­industrie (Walzen) oder im Maschinenbau (Hydraulikzylinder). Vorteile des Verfahrens sind der geringe Energieverbrauch, der Verzicht auf umweltschädliche Chemikalien oder die umfangreiche Auswahl von Zusatzwerkstoffen sowie eine exzellente Anbindung der Schicht an das Substrat. Die Zusammen­setzung einer entsprechenden Schicht kann sehr gut auf die unterschiedlichen Anwendungen beziehungsweise die unterschied­lichen gewünschten Eigenschaften eingestellt werden.

Guter Verschleißschutz wird beispielsweise durch den Einbau von Wolfram-, Titan- oder Chromcarbid erreicht, eine hohe thermische Belastung durch Verwendung von Nickel oder Kobalt als Basiswerkstoff. Schließlich eignet sich die Technologie zum additiven Aufbau von Strukturierung, wird also zu ­einer Kombination von Auftragschweißen und additiver Fertigung. Um eine Alternative zu Hartchrom zu sein, müssen Produktivität, Prozessstabilität und Automatisierung weiter optimiert werden.

Anforderungen im Automobilbau

Für das Verchromen von Kunststoffen gelten spezielle Herausforderungen zur Qualifizierung und Implementierung von Alternativen in der Wertschöpfungskette, die Dr.-Ing. Carsten Brockmann (KTBernt, FGK) vorstellte. Für galvanisieren Kunststoff stehen hierbei zwei Bearbeitungstechnologien im Fokus: die Verchromung der aufgebrachten Metallschicht und die Vorbehandlung der Kunststoffe zur Herstellung der aktiven, beschichtbaren Kunststoffoberfläche. Er wies eingangs darauf hin, dass die Unternehmen im Bereich der Kunststoffgalvanik, wie auch der Großteil aller sonstigen Galvanikbetriebe, stark darauf achten, nach Möglichkeit keine gefährlichen Stoffe einzusetzen. Sollte dies nicht möglich sein, werden die Anlagen mit allen technischen Möglichkeiten ausgestattet, um Menschen und Umwelt nicht mit den Giftstoffen in Kontakt kommen zu lassen. Die bestehenden Vorgaben, beispielsweise des BImSchG, stellen diese Arbeitsweise bereits seit längerem sicher.

Bezüglich der bisher beschichteten ­Teile in Fahrzeugen betonte der Vortragende, dass die Teile sich gegenüber Lackoberflächen durch eine deutlich höhere Beständigkeit auszeichnen. Die derzeit kritischen Verfahren sind die Vorbehandlung durch Beizen der Kunststoffoberfläche sowie die Chromabscheidung. Für das Beizen steht derzeit kein Verfahren zur Verfügung, mit dem alle erforderlichen Kunststofftypen mit der notwendigen Sicherheit aktiviert werden können. Die Technologie wird nach Einschätzung der Unternehmen auch in den nächsten zehn Jahren nicht verfügbar sein.

Zur Abscheidung von Chrom befinden sich die verfügbaren Chrom(III)verfahren mit folgendem, bisherigen Ergebnis in der Prüfung: Abrieb, Korrosionsverhalten, Reinigungsverhalten, Glanz, Farbe besitzen andere Eigenschaften, als die Schichten aus Chrom(VI)verfahren. Um hier eine Umstellung realisieren zu können, muss einerseits eine entsprechende Akzeptanz bei den Automobilherstellern erreicht werden. Zum anderen muss die erforderliche Lieferzeit für zehn bis zwölf Jahre garantiert werden. Schließlich stellt die starke Aufsplittung der Zulieferunternehmen eine Herausforderung dar, da unterschiedliche Hersteller die Teile liefern, die in einem Fahrzeug kombiniert werden. Derzeit ist zudem die Auslastung der Unternehmen so hoch, dass kaum ein Hersteller die Möglichkeit zum Umbau der Produktionseinrichtungen hat. Seitens der OEMs steht bisher aus, dass Teile mit den neuen Chrom(III)verfahren beschichtet werden dürfen – erste Hersteller gehen inzwischen dazu über, Schichten aus Chrom(III)elektrolyten zu akzeptieren.

Alle diese Rahmenbedinungen führen dazu, dass bis zur nächsten Reviewperiod (vorausgesetzt die Autorisierungsdauer von zwölf Jahren wird kommen) die Beschichtungen auf Basis von Chrom(III) den Kunden (allen voran der Automobilindustrie) im erforderlichen Maße angeboten werden können. Für die Vorbehandlung wird dies kaum zu schaffen sein. Hier unterliegen die Beschichtungsunternehmen einem zunehmendem Druck durch die Produktionsmöglichkeiten außerhalb der EU.

Sanitärindustrie und Maschinenbau

Den letzten Fachvortrag bestritt Uwe Dietrich (Aloys F. Dornbracht); er stellte die Beschichtung von Teilen für Sanitärteile und Maschinenbauteile dar und eröffnete seine Ausführung mit dem Ergebnis einer Betrachtung bezüglich der Eigenschaften verfügbarer Beschichtungen. Hierbei wird deutlich, weshalb bisher keine 1:1-Umsetzung realisiert werden kann, da nur Chrom alle genannten Eigenschaften erfüllt.

Vergleich der Verfahren zur Erzielung von Eigenschaften mit Chrom und möglicher Alternativen (Bild: Uwe Dietrich)

 

Im Sanitärbereich ist Chrom vor allem deshalb nach wie vor im Einsatz, da Chromoberflächen im Prinzip keine Farbe repräsentieren, sondern als Spiegel wirken – und dadurch passt der Schichtwerkstoff Chrom zu allen anderen Arten von Oberflächen. Für den Hersteller von höchstwertigen Oberflä­chen, wie das Unternehmen des Vortragenden Dornbracht, gelten die höchsten Qualitätskriterien; damit kommen auch bei dekorativen Oberflächen keine Alternativen zu Chrom(VI)verfahren in Betracht. Lediglich bei geringen ­Ansprüchen an die Oberflächenqualität gibt Dietrich Alternativen der Beschichtung eine Daseinsberechtigung; so hat beispielsweise der Möbelhersteller IKEA seit vielen Jahren vollständig auf Chrom(III)verfahren zur Beschichtung seiner Metallteile umgestellt.

Nach Meinung des Vortragenden kommt beispielsweise eine PVD-Beschichtung als Alternative zu einer klassischen Chromschicht in Betracht, allerdings muss dafür durch eine metallische Unterschicht aus Nickel oder ­Nickel/Chrom der notwendige Glanz erzeugt werden. Hier stellt die geringe Durchsatzrate für die verfügbaren Anlagen eine Einsatzgrenze für die PVD-Beschichtung dar. Für den Maschinenbau kommen als­Ersatz für Hartchrom nur Kombinationen aus tragfähigem Grundwerkstoff und geeignetem Schichtsystem in Frage. Damit stellte Uwe Dietrich klar, dass Ersatzverfahren für Chrom(VI)oberflächen nur aus einem breiten Baukasten unter Einbeziehung der Grundwerkstoffe bestehen können.

Fazit

Die Informations- und Dialogveranstaltung bei der BAuA in Dortmund machte deutlich, dass sich die galvanotechnische Branche ihrer Verantwortung und ihrer Pflicht bewusst geworden ist. Zudem ist die relativ gute Anteilnahme der vorgeschalteten Produktions­bereiche innerhalb der Lieferkette und der wichtigsten Abnehmerkreise von verchromten Oberflächen ein gutes Zeichen dafür, dass Beschichtungsunternehmen die richtigen Signale an ihre Kunden übermittelt haben. Dies zeigt sowohl die Teilnehmerliste an der Tagung in Dortmund, als auch die breit gestreuten Fachbereiche der Referenten.

Aus den Diskussionen im Rahmen der Vorträge wurde deutlich, dass sowohl die Formulierer der Chromverfahren als auch die ­Beschichter auf dem richtigen Weg bei der breiten Einführung der dekorativen Verchromung in die Praxis sind. Gegensätzlich ist die Lage dagegen bei der Hartverchromung. Die hier gezeigten Alternativverfahren konnten nicht wirklich überzeugen; auch wenn einzelne technische Angaben der hergestellten Beschichtungen sehr gut zu sein scheinen, sind die zu erreichenden Ziele eines vollständigen Ersatzes von Hartchromschichten wohl noch nicht in Sicht - dies liegt natürlich an der kaum übertrefflichen Fülle an positiven Eigenschaften von funktionellen Chromschichten. Lösungen werden über kurz oder lang sicher verfügbar sein, aber kaum eine direkt vergleichbare Ersatzlösung mit allen positiven Kennwerten wie Hartchrom darstellen. Wir werden uns hier wohl auf eine Reihe von Speziallösungen einstellen müssen, die als Baukastensystem genutzt werden wird. Wie es der an der Tagung teilnehmende Dr. Markus Dahlhaus unter anderem (sinngemäß) formulierte: Die Unternehmen der galvanischen Verchromung sind in der Lage und willens, ihre Verfahren an die steigenden Forderungen nach Arbeits- und Umweltschutz anzupassen – allerdings benötigen sie dazu ausreichend Zeit, um die komplexen Zusammenhänge beherrschen und die bestehenden und neuen Verfahren mit der geforderten Sicherheit beziehungsweise dem erforderlichen Risikomanagement betreiben zu können.

In Bezug auf die bürokratischen Herausforderungen zur Umsetzung der REACh-Verordnung wäre eine mehr praxisbezogene Unterstützung der Behörden sicher sehr vorteilhaft. Die überwiegend klein- und mittelständischen Beschichtungsunternehmen können mit den relativ unspezifischen Hinweisen auf die zahllosen und zum Teil eher unstrukturierten Sammlungen an ­Kenndaten, Handlungsanweisungen oder ­Empfehlungen nicht wirklich arbeiten. Sie müssen hier in personeller als auch in fachlicher Hinsicht an unüberwindbare Grenzen stoßen. Einrichtungen wie die BAuA sollten verstärkt daran arbeiten, den Unternehmen in Deutschland die komplexen und schwer verständlichen Inhalte der Gesetz­gebung so aufzubereiten, dass diese von den Praktikern in der Betrieben auch genutzt werden können.

In seinem Schlusswort fasste Dr. Rolf Packroff, wissenschaftlicher Leiter des Fachbereichs 4 der BAuA, den Stand zur Behandlung von Chrom(VI) unter REACh wie folgt zusammen:

  • Zur Substitution von Chrom(VI) gibt es für einige Anwendungsbereiche bereits vielversprechende Lösungen
  • Die Entwicklung von Alternativen ist aufwändig und mit (unternehmerischen) Risiken verbunden
  • Kundenanforderungen und bestehende (Produkt-)Standards erschweren den Einsatz von Ersatzlösungen
  • Die transdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis ist essentiell für erfolgreiche Lösungen
  • (Staatliche) Forschungsförderung muss Substitution bis zur Marktreife und -akzeptanz begleiten

Es bleibt zu hoffen, dass die bei der Tagung in Dortmund erkennbare Zusammenarbeit und Dialogbereitschaft fortgesetzt und intensiviert wird. Dann wird die Branche der galvanischen Verchromung auch in Zukunft ihre qualitativen Arbeiten in Europa anbieten können.

  • www.baua.de
 

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