Galvanisch abgeschiedene Aluminiumschichten und deren Einsatz in der Leiterplatte

Oberflächen 08. 10. 2018
Von Silvia Hertel, Fraunhofer-Institut für elektronische Nanosysteme ENAS, Chemnitz

Die Herstellung von dicken Aluminiumschichten bei moderaten Temperaturen ist für viele Anwendungsbereiche von großem Interesse. Für den Einsatz in der Leiterplattentechnik ist insbesondere die Herstellung von Durchkontaktierungen sehr wichtig. Die Abscheidung von Aluminium aus ionischen Flüssigkeiten wurde mittels Pulsabscheidung durchgeführt und in Vias mit unterschiedlichen Startschichten eine Aluminiumschicht abgeschieden. Hierbei konnte bei Durchmessern zwischen 800 μm und 200 μm teilweise gut funktionsfähige Aluminiumschichten hergestellt werden. Die physikalischen Eigenschaften der Schichten entsprechen weitgehend denen von metallurgisch hergestelltem Metall. Die Untersuchungsergebnisse legen nahe, dass durch die Weiterentwicklung der Elektrolyte, Anlagen- und Prozesstechnik Aluminium als Alternative zu Kupfer in der Leiterplattentechnologie in breiterem Umfang verwendet werden kann.

Electro Deposition of Aluminum and Application of Aluminum Layers for PCBs

The deposition of thick aluminum layers at moderate temperatures is of high interest in various application fields. In the application of printed circuit boards (PCB), the realization of vertical interconnects (vias) is very important. The aluminum deposition was carried out from an ionic liquid on copper laminated PCB substrates to show the feasibility on a well-known seed layer. The substrates have vias with different seed layers. The diameters of the vias are in the range of 800 µm to 200 µm. The feasibility of the deposition in the vias is shown on copper seed layer. The aluminum layer was patterned using a photo resist mask with an etching step for the copper seed layer. However, the adaption of the process on aluminum laminated PCB will be a next step. The physical properties of the deposited aluminum are comparable to bulk aluminum. The results show that the electrolyte as well as the plant and process engineering have to be improved if aluminum will be an alternative to the current state of the art.

1 Einleitung und Motivation

Die Herstellung von galvanisch abgeschiedenen Aluminiumschichten ist durch die Bildung einer sehr dichten, verschleißfesten und korrosionsbeständigen Oxidschicht (Al2O3) technologisch interessant. Damit ­könnten Stähle durch eine ­Aluminiumbeschichtung vor Korrosion geschützt werden. Ferner ist es durch die einstellbare Mikrostruktur des Aluminiums möglich, die Härte und die Verschleißfestigkeit der beschichteten Substrate zu erhöhen. Durch die gute elektrische und thermische Leitfähigkeit, die geringe Dichte sowie den geringen Preis kann Aluminium auch in der Elektrotechnik seinen Einsatz finden. Obwohl die elektrische und thermische Leitfähigkeit von Aluminium etwa 40 % schlechter sind als die von Kupfer, lässt sich durch den Einsatz von Aluminium bei gleicher Leitfähigkeit, das heißt größerem Querschnitt, dennoch 50 % Gewicht einsparen. Sehr viel wichtiger als die potentielle Gewichtseinsparung bei der Verwendung von Aluminium ist der stabile Weltmarktpreis des Metalls im Vergleich zu Kupfer. Der Preis für den Rohstoff Kupfer selbst ist etwa 2,5- bis 3-mal höher als der von Aluminium. Die Preisschwankungen bei Kupfer liegen im Bereich von 5000  bis 7000 Euro pro Tonne und sind wirtschaftlich und politisch getrieben. Neue Technologietrends, wie die Elek­tromobilität und Digitalisierung, steigern die Nachfrage nach Kupfer [1].

Vor allem bei der ­Leiterplattenproduktion ist reines Kupfer in Form von Folie erforderlich. Diese Folien werden auf die Leiterplattensubstrate kaschiert, um das Leiterbild aufbauen zu können. Weltweit gibt es derzeit allerdings nur wenige Folienhersteller, die vor allem im asiatischen Raum angesiedelt sind [2]. Viele dieser Folienhersteller haben allerdings einen neuen Absatzmarkt erkannt: die Batteriebranche. Zusätzlich weist diese mehr Umsatz auf als die Leiterplattenbranche, da dünnere Folien mit weniger hohen Ansprüchen hinsichtlich Optik und Porosität gefordert sind. Daraus resultieren Lieferengpässe für Kupferfolie zur Herstellung von Leiterplatten auf dem europäischen Markt, welche bereits 2017 für die deutschen Leiterplattenhersteller zu spüren waren [2]. Es ist also dringend erforderlich, eine alternative Technologie aufzubauen, um die Existenz der KMU-getriebenen Leiterplattenbranche in Deutschland zu sichern. Die galvanische Abscheidung von Aluminium kann diese Alternative aufzeigen.

2 Technologie

Zur Herstellung der Metallschichten wird die Galvanotechnik als etablierte Abscheide­methode herangezogen. Hierbei wird der Stromfluss über zwei elektrisch leitfähige Elektroden, welche in einen Elektrolyten getaucht sind, erzeugt. Die in dem Elektrolyten befindlichen Ionen werden an der Anode (positiver Pol) oxidiert beziehungsweise bei löslichen Anoden aus der elementaren Metallform gebildet und an der Kathode (negativer Pol) reduziert. Die Kathode ist dabei das zu beschichtende Werkstück. Durch die Reduktion der Metallionen an der Kathode entsteht eine metallische Schicht auf der Oberfläche. In der Aufbau- und Verbindungstechnik (AVT) werden meist Kupfer-, Nickel- oder Goldelektrolyte eingesetzt, um die daraus entstehenden Metallschichten herzustellen. Diese sind etablierte Verfahren, welche Wasser als Lösungsmittel nutzen.

Aluminium ist ein elektrochemisch unedles Metall mit einem Standardpotential gegenüber Wasserstoff (vs. NHE) von E0Al = -1,67 V. Die Zersetzung von Wasser ist pH-Wert abhängig, erfolgt aber immer vor der Aluminiumreduktion. Demzufolge würde in einer wässrigen Lösung mit Aluminiumionen erst die Zersetzung von Wasser eintreten, bevor Aluminium reduziert werden kann. Aus diesem Grund wird ein anderes Lösungsmittel für die Abscheidung von Aluminium benötigt. Ionische Flüssigkeiten (engl.: Ionic liquids, ILs) weisen ein breites elektrochemisches Fenster auf und werden seit etwa 30 Jahren auf ihre Einsatzfähigkeit in verschiedenen Anwendungen untersucht. Dazu gehören unter anderem die elektrochemische Abscheidung von Metallen und Halbleitern [3-6], der Einsatz als Elektrolyt in neuen Konzepten zur Energiespeicherung [7, 8] oder auch elektrochemischen Sensoren [9].

Für die elektrochemische Aluminumabscheidung wurden in der Literatur verschiedene ionische Flüssigkeiten untersucht, da sich je nach deren Zusammensetzung verschiedene Eigenschaften ergeben [4].

Für die Abscheidungen in der hier beschriebenen Untersuchung wird 1-Ethyl-3-Methyl­imidazoliumchlorid mit Aluminiumtrichlorid (EMImCl/AlCl3) im Verhältnis 1:1,5 (Hersteller: IoLiTec GmbH, Heilbronn) verwendet. Aufgrund der wasserbindenden Eigenschaften der ionischen Flüssigkeit erfolgt der Umgang in einer Glovebox (MBraun, LABSTAR) mit trockener Stickstoffatmosphäre (N2). Die Reaktionsmechanismen für die Abscheidung, Zersetzung und Regeneration sind in Abbildung 1 dargestellt.

Es können vielerlei Substrate verwendet werden. Bisher wurden standardmäßige Leiterplatten, Siliziumwafer sowie Glas und Keramik eingesetzt. Die notwendigen elektrisch leitfähigen Startschichten unterscheiden sich je nach Substrat und Anwendung: von Kupfer und Gold über Chrom-Nickel (CrNi) und Eisen-Nickel (FeNi) bis hin zu Aluminium selbst oder hochdotiertem Silizium. Im vorliegenden Artikel wird ausschließlich auf Leiterplattensubstrate eingegangen.

3 Experimentelle Rahmenbedingungen

3.1 Abscheideequipment

Für die Aluminiumabscheidung auf kleinen Substraten (2 x 4 cm2) werden 600 ml der ionischen Flüssigkeit in einem Becherglas verwendet. Die Anode besteht aus 99,5 % reinem Aluminium und geht beim Abscheideprozess in Lösung, so dass der Elektrolyt mit Aluminiumionen aufgefrischt wird (Abb. 1). Der Elektrolyt kann somit über sehr lange Zeiträume in einer Schutzatmosphäre genutzt werden. Die ionische Flüssigkeit wird mittels Magnetrührer moderat umgewälzt und bei einer Temperatur von 50 ± 2 °C konstant gehalten.

Abb. 1: Schematische Darstellung des Abscheide- und Zersetzungsprozesses von Aluminium für EMImCl/AlCl3 nach [10]

 

Für die Skalierung auf größere Substrate wird eine Abscheidezelle (Plating Unit, Silicet AG) genutzt, die auf die speziellen Anforderungen der ionischen Flüssigkeit hinsichtlich Materialkompatibilität angepasst ist. Damit können bis zu 150 mm Waferformate einseitig beschichtet werden. Diese Zelle ist um 180° schwenkbar, so dass die Anordnung Anode-Kathode winkelabhängig eingestellt ­werden kann. Hier wird immer die Position 180° gewählt,das heißt, die Probe liegt unterhalb der Anode. Der Vorteil der Plating Unit ist, dass selbst für verhältnismäßig große Substrate nur etwa 2,5 Liter Elektrolyt benötigt werden. Weiterhin kann der Abstand Anode-Kathode von einigen Zentimetern auf wenige Millimeter variiert werden. Für die nachfolgenden Experimente wird der Anoden-Kathoden-Abstand auf 2 cm festgelegt. In Abbildung 2 sind der Becherglas-Aufbau (A) innerhalb der Glovebox sowie die Plating Unit (B und C) ­außerhalb der Glovebox dargestellt.

Abb. 2: Becherglasaufbau für kleine Proben (A), Plating Unit geöffnet (B) sowie Plating Unit geschlossen und gedreht (C)

 

3.2 Leiterplattensubstrate

Für die Leiterplattentechnik sind vor allem ein homogenes Erscheinungsbild der Schicht sowie die Realisierung von Durchkontaktierungen von Interesse. Die Durchkontaktierungen sichern die Leistungsfähigkeit einer Leiterplatte hinsichtlich der Zwei- und Mehrlagenaufbauten.

Die Beschichtung wird galvanostatisch in einem Zwei-Elektrodenaufbau durchgeführt.

Die Abscheidung auf den Leiterplattensubstraten (PCB) erfolgt von beiden Seiten, in dem die Probe (2 x 4 cm2) in die Mitte von zwei Anoden (99,5 % Al) platziert wird. Für die Chip­level-Experimente werden zwei Arten von Proben genutzt. Diese sind in Abbildung 3 dargestellt. Die sogenannten Durchlichtproben werden vollflächig beschichtet, wobei Durchkontaktierungen (Vias) von 800 µm bis 200 µm auf der Probe verteilt sind (Abb. 3). Anhand dieser Proben werden verschiedene Startschichten in den Durchkontaktierungen (elektrisch leit­fähiges Polymer, Graphit, Kupfer) untersucht. Weiterhin werden Gleich- und Pulsstromabscheidungen miteinander verglichen sowie elektrische und thermische Leitfähigkeit der Aluminiumschichten bewertet.

Abb. 3: Beschichtete Proben in der Durchlichtdarstellung (links) und als strukturierte Probe (rechts); der Fotolack ist bereits entfernt

 

Die zweite Probenart wird mit Fotolack (Photec 6250, MacDermid Enthone) strukturiert, um die Strukturierbarkeit des Aluminiums zu untersuchen (Abb. 3). Auch hier sind Vias im Layout vorgesehen. Die Vias sind mit Kupfer in einer Dicke zwischen 1 µm und 3 µm vorbeschichtet, so dass die Machbarkeit der Aluminiumbeschichtung in den Vias auf einer guten leitfähigen Startschicht ­gezeigt werden kann.

Die Skalierung des Prozesses auf Leiterplattensubstrate mit 150 mm ­Durchmesser wird mit Kupfer- und Aluminiumkaschierung durchgeführt. Das Layout ist dabei gleich und in Abbildung 3 gezeigt. Aufgrund des mikrosystemtechnischen Equipments können nur Substrate in Waferformat beschichtet werden. Die Abscheidung erfolgt hier einseitig. Die Fragestellung richtet sich in diesem Fall auf die Skalierbarkeit des Prozesses und auf die Veränderungen der Aluminiumabscheidung bei Nutzung einer Aluminiumkaschierung. Letztlich ist die Vision eine Alternativtechnologie zur ­Leiterplatte auf Kupferbasis, somit muss auch die Kaschierung zum Aufbau des Leiterbildes mit Aluminium erfolgen.

4 Ergebnisse

Die größte Herausforderung bei der Beschichtung von Leiterplatten sind die Durchkontaktierungen. Dafür sind unterschiedliche Vorbeschichtungen der Vias in den Testsub­straten genutzt worden:

  • elektrisch leitfähiges Polymer
  • Black Hole (Graphit-Vorbeschichtung)
  • Anschlagkupfer

Die Substrate sind von der Jenaer Leiterplatten GmbH bereitgestellt worden.

4.1 Leitfähiges Polymer

Ziel ist es, so nah wie möglich an dem bestehenden Produktionsprozess in der Leiterplattentechnik zu arbeiten. Elektrisch leitfähige Polymere sind eine übliche Via-Vorbeschichtung, um eine Basis-Leitfähigkeit der Vias zu erreichen, so dass nachfolgend die Vias galvanisch mit Kupfer beschichtet beziehungsweise gefüllt werden können. Allerdings verringert sich die Leitfähigkeit des Polymers aufgrund von Oxidationsprozessen innerhalb weniger Tage stark, so dass eine zügige Weiterbearbeitung nach Herstellung der Vorbeschichtung erfolgen muss.

Abb. 4: REM-Aufnahme vom Querschliff ­eines 200-µm-Vias mit folgenden Abscheidepara­metern: TIL = 30 °C, j = 40 mA/cm2 (Gleichstrom) t = 900 s

 

Stellvertretend für die Versuchsreihe mit elektrisch leitfähigem Polymer ist in Abbildung 4 eine Probe mit einer Eindringtiefe von etwa 70 µm in das Via dargestellt. Die Stromdichte ist mit j = 40 mA/cm2 verhältnismäßig hoch; mit niedrigeren Stromdichten konnte keine Aluminiumbeschichtung in den Vias hergestellt werden.

Die Verwendung von polymergefüllten Vias hat sich im Rahmen der durchgeführten Untersuchungen als nicht erfolgversprechend herausgestellt. Aufgrund der genannten Leitfähigkeitsabnahme bei Standzeit an Luft ist die Herstellung von aluminiumbeschichteten Durchkontaktierungen bisher nicht möglich. Aufgrund dieser Gegebenheit ist die langzeitstabile Graphitbeschichtung genutzt ­worden.

4.2 Black Hole-Vorbeschichtung

Auch bei der Graphitbeschichtung (Black Hole) in den Vias ist die Beschichtung mit Gleichstrom nicht erfolgversprechend. Die nachfolgenden Pulsstromabscheidungen zeigen dagegen vielversprechende ­Ergebnisse. Die Pulsparameter sind nach Voruntersuchungen auf Siliziumsubstraten wie folgt gewählt worden:

  • Stromdichte – jpeak = 26 mA/cm2
  • Pulsfrequenz – f = 10 Hz
  • Tastverhältnis – dc = 90 %

Anhand der Querschliffanalysen (Abb. 5) kann für diese Parameter eine Eindringtiefe der Aluminiumabscheidung von etwa 550 µm für ein 600-µm-Via angegeben werden. Des Weiteren ist die Dicke der Aluminiumschicht im Via mit etwa 27 µm ausreichend hoch. Allerdings ist die Schichtdicke an der Oberfläche wesentlich geringer. Die Eindringtiefe auf der gegenüberliegenden Seite ist mit circa 90 µm sehr gering. Dies könnte durch eine leichte Verkippung der Elektroden erklärt werden, so dass die effektive Stromdichte an dieser Stelle geringer war. Weitere Proben gleicher Parameter zeigen ein ähn­liches Beschichtungsverhalten.

Abb. 5: Lichtmikroskopische Aufnahme des Querschliffs der Probe Bh10 (dargestellt ist ein 600-µm-Via)

 

Als Fazit der Experimente kann festgestellt werden, dass die Aluminiumbeschichtung von Vias mit der Black Hole-Vorbeschichtung durchaus möglich ist. Allerdings bleibt zu klären, ob die Durchflutung der Vias ausreichend hoch ist, um eine komplette Beschichtung zu gewährleisten. Daher werden im Weiteren Durchlichtproben mit Anschlagkupfer in den Vias bereitgestellt. Mit diesen kann der Einfluss der Startschicht infolge der Wirkung der Durchflutung untersucht werden, da das Abscheideverhalten von Aluminium auf Kupfer bekannt ist.

4.3 Anschlagkupfer

Für die Leiterplattenproben mit Anschlagkupfer wurde ebenfalls die Pulsstromabscheidung untersucht. Diese Stromführung hat sich für die vorhergehenden Via-Vorbeschichtungen als zielführend herausgestellt. Die Variation von Pulsen mit unterschiedlichen Stromdichten, Frequenzen und Tastverhältnissen wurde gewählt, um Einflussgrößen auf die Schichtqualität auszumachen. Die hergestellten Proben wurden einmal im Hinblick auf die elektrische und thermische Leitfähigkeit und zum anderen im Hinblick auf den Füllgrad des Vias charakterisiert.

4.3.1 Elektrische und ­thermische Leitfähigkeit

Die elektrische Leitfähigkeit σ für Aluminium wird in der Literatur mit 3,6·107 S/m angeben. Mit galvanischen Schichten sind solche Kennwerte meist in den gleichen Größenordnungen erreichbar. Für die in Tabelle 1 gelisteten Proben ist die elektrische Leitfähigkeit bei 25 °C, 50 °C und 100 °C mittels Vier-Punkt-Messung bestimmt worden. Aus den σ-Werten kann mit Hilfe des Wiedemann-Franzschen Gesetzes die thermische Leitfähigkeit λ berechnet werden. Die Kennwerte sind in Tabelle 1 aufgeführt. Aufgrund der manuellen Messung mit einer Waferprobestation muss mit einem Messfehler von bis zu 20 % gerechnet werden. Die gelisteten Proben sind in einem Batch gemessen worden, so dass dieser Fehler bei der Vergleichbarkeit vernachlässigbar ist. Die resultierenden Leitfähigkeitskennwerte kommen den Tabellenwerten von Bulk-Aluminium sehr nah. Um eine endgültige Aussage über die elektrische und thermische Leitfähigkeit des galvanisch abgeschiedenen Aluminiums zu treffen, sind allerdings reproduzierbarere Untersuchungen mit einem gesonderten Layout notwendig. Mit einer Mäanderstruktur können die Abstände der Messnadeln und die Leiterstrecke exakt eingehalten werden.

 

4.3.2 Füllgrad der Vias

Zur Bestimmung des Füllgrades sind die Vias mit 800 µm und 600 µm Durchmesser auf einer Schräge unter einem Lichtmikroskop angeordnet worden. Mit dieser Methode können diese Via-Größen sicher eingeschätzt werden. Die 400-µm- und 200-µm-Vias hingegen müssen mittels Querschliff präpariert werden. Für die Zuordnung der Vias auf den Proben wurde eine Kennzeichnung eingeführt (Abb. 6). Die Vias werden mit beschichtet (b), fast beschichtet (fb) und nicht beschichtet (nb) charakterisiert. Dabei bedeutet fb, dass das Kupfer noch etwas durch die Aluminiumschicht durchscheint. Bei der Qualifizierung nb ist das Kupfer noch deutlich sichtbar. In Tabelle 2 ist die Auswertung der Via-Durchmesser 800 µm bis 200 µm für die in Tabelle 1 aufgeführten vier Proben dargestellt.

Abb. 6: Schematische Darstellung der Via-Kennzeichnung

 

Tab. 2: Übersicht der Lichtmikroskopauswertung für die Via-Größen 800 µm bis 200 µm

 

Abb. 7: Lichtmikroskopische Aufnahmen von 400 µm Via F und G der Proben 1 bis 3

 

In Abbildung 7 sind lichtmikroskopische Aufnahmen der 400 µm F-Vias und G-Vias der Proben 1 bis 3 gezeigt. Die F-Vias sind vollständig und die G-Vias hingegen teilweise mit Aluminium beschichtet. Bei den G-Vias wird deutlich, dass an den Ecken der Via-Öffnungen Aluminium-Cluster (rot markiert) entstanden sind, welche immer genau gegenüber der Stelle mit freiliegendem Kupfer liegen. Dieses Verhalten wird in den Untersuchungen häufig beobachtet. Eine mögliche Erklärung für die offenen Kupferbereiche ist die schlechte Via-Durchflutung im Becherglas, so dass sich Gasblasen an den Via-Wänden festsetzen können. Die Kanten der Via-Öffnungen haben eine lokal höhere Stromdichte, so dass aus dem Via strömende Aluminiumionen sich dort schneller entladen und somit diese Cluster anhäufen. In wässrigen Systemen kann dieser Effekt auch beobachtet werden, wenn keine Additive mit unterdrückender Wirkung (Suppressor) eingesetzt werden.

Der Füllgrad der 200 µm Vias ist in Abbildung 8 exemplarisch für K und O dargestellt. Die O-Vias sind bei allen Proben komplett beschichtet. Bei den K-Vias hingegen scheint die Kupfer-Startschicht noch durch die Aluminiumschicht. Auch wenn die Aluminiumschicht noch nicht komplett aufgebaut ist, sind die Vias über die gesamte Höhe mit Aluminium versehen.

Abb. 8: Lichtmikroskopische Aufnahmen von 200 µm Via K und O der Proben 1 bis 3

 

Zusammenfassend kann die Beschichtung von Via-Seitenwänden mit Startschicht aus Kupfer in einem einfachen Versuchsaufbau nachgewiesen werden; wenngleich die ­Homogenität über eine Probe noch weitere ­Herausforderungen mit sich bringt. Die Vias an den Probenkanten sind immer stärker beschichtet, als die Vias in der Probenmitte. Eine Kathodenbewegung zwischen den Anoden, wie es in der Leiterplattenindustrie üblich ist, zeigt im Becherglasaufbau keine signifikante Verbesserung.

4.4 Strukturierung der ­Aluminiumschichten

Abbildung 9 zeigt den Prozessablauf zur strukturierten Aluminiumabscheidung, wobei die Aluminiumschicht als weiße Strukturen erkennbar ist. In Abbildung 9A ist die ­Probe mit dem Fotoresist versehen. Dieser wird mit einem alkalischen Resistremover entfernt (Abb. 9B). Das darunterliegende Kupfer, welches als Startschicht für die Abscheidung dient, wird mit einer 20%igen NaPS-Lösung freigelegt. Durch das Ätzen des Kupfers werden die Aluminiumstrukturen freigelegt (Abb. 9C).

Abb. 9: Prozessfolge für die Herstellung von strukturierten Aluminiumschichten auf Kupferkaschierung für Chip- und Waferformate

 

Die Übertragung der Abscheidung sowie die Freistellung der Strukturen muss auch auf größere Substrate gewährleistet werden. Daher sind die Abscheidungen auf 150-mm-Waferformat nicht hinsichtlich der Mikrostruktur untersucht worden, sondern auf weitere Prozessfähigkeit. Die Abscheidung auf Kupfer- und Aluminiumkaschierung erfolgt mittels Pulsstromabscheidung. Die Homogenität und Dichtheit der Schichten hat sich aus den Chiplevel-Untersuchungen bewährt. Für die Aluminiumkaschierung sind Hafttests durchgeführt worden, um sicherzustellen, dass der anodische Rückpuls zur Oxid­entfernung ausreichend lang ist.

Der Resist wird für Aluminium- und Kupferkaschierung gleichermaßen mit dem alkalischen Resistremover entfernt. Mit der Kupferkaschierung kann der Strukturierungsprozess eins-zu-eins von Chiplevel übertragen werden (Abb. 9). Das Ätzmittel für die Freistellung der Aluminiumstrukturen auf Aluminiumkaschierung ist jedoch nicht tri­vial, da der Angriff überall gleich stark ist. Die Verwendung von alkalischen Ätzlösungen scheint aber erfolgversprechender zu sein, als saure Ätzlösungen. Hier sind weitere Untersuchungen notwendig.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Es wird die Beschichtung von Leiterplatten mit Durchkontaktierungen und verschiedenen Startschichten betrachtet. Die prinzipielle Machbarkeit der Via-Beschichtung kann mit Kupfer-vorbeschichteten Vias erfolgreich nachgewiesen werden, wenngleich die Homogenität der Beschichtung über die Probe derzeit noch nicht gewährleistet ist. Für eine vollständige Aluminiumleiterplatte wäre aber die Abscheidung auf dem elektrisch leitfähigen Polymer beziehungsweise der Graphitschicht wünschenswert. Die Ansätze dafür sind vielversprechend. Für die Realisierung sind aber weitere Forschungsarbeiten an den Elektrolyten und einer Anlagentechnik erforderlich. Der Elektrolyt muss eine höhere Leitfähigkeit aufweisen und die Vias sollten direkt mit dem Elektrolyten durchströmt werden, um den Ionenaustausch sicherzustellen. Die elektrische und thermische Leitfähigkeit der Aluminiumschichten sind mit denen von reinem Aluminium vergleichbar. Da die hier verwendete Messmethode nicht hinreichend stabil ist, sollten die Schichten mit einem ­gesonderten Layout vermessen werden. Bei dem für die durchgeführten Untersuchungen verwendeten Layout wurde die Aluminiumschicht mittels Pattern Plating strukturiert. Diese Methode kann für die Kupferkaschierung der Leiterplatte gut dargestellt werden. Die Aluminiumkaschierung gestaltet sich hinsichtlich der Strukturfreistellung komplexer, da sowohl die Kaschierung als auch die galvanische Schicht gleichermaßen vom Ätz­medium angegriffen werden.

Die Untersuchungen legen den Grundstein für weitere Forschungs- und Entwicklungs­arbeiten im Bereich der Aluminiumabscheidung für die Leiterplattentechnik. Um die Aluminiumabscheidungen in das Stadium der industriellen Reife zu bringen, bedarf es weiterer Forschung hinsichtlich des Elektrolyten, der Anlagentechnik, des Recyclings des Elektrolyten sowie des Abscheideverhaltens bei Zusammensetzungsänderung im Elekt­rolyten.

Ferner muss die ­Verbindungstechnologie auf den Aluminiumschichten genauer betrachtet werden. Eine prinzipielle Machbarkeit für die Drahtbondfähigkeit kann zwar gezeigt werden, allerdings sind die Bondprozesse noch instabil. Um eine wirkliche ­Alternative zur Kupferleiterplatte darzustellen, müssen weiterhin Löt- und Klebeprozess, sowie die Flip Chip-Montage untersucht werden.

Danksagung

Die Autorin bedankt sich für die Förderung innerhalb der Initiative KMU-innovativ für die Informations- und Kommunikationstechnologie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (Projekt AioLi, Förderkenn­zeichen 16ES0329K).

Literatur

[1] G. Angerer, A. Mohring, F. Marscheider-Weidemann, M. Wietschel: Kupfer für Zukunftstechnologien, 2010

[2] https://www.elektronikpraxis.vogel.de/engpass-
kupferfolie-wohin-driftet-die-leiterplattenindustrie-a-579650/index2.html, Stand: 30.12.2017

[3] Po-Yu Chen, I-Wen Sun: Electrochemical study of copper in a basic 1-ethyl-3-methylimidazolium tetrafluoroborate room temperature molten salt; Electrochimica Acta, 45 (1999), S. 441–450

[4] F. Endres, Bukowski, R. Hempelmann, H. Natter: Electrodeposition of nanocrystalline metals and alloys from ionic liquids; Angewandte Chemie, International Edition, 42 (2003); S. 3428–3430

[5] S. Zein El Abedin, A.Y. Saad, H. K. Farag, N. Borisenko, Q. X. Liu, F. Endres: Electrodeposition of selenium, indium and copper in an air- and water-stable ionic liquid at variable temperatures; Electrochimica Acta, 52 (2007); S. 2746–2754

[6] M. K. Carpenter, M. W. Verbrugge: Electrochemical codeposition of gallium and arsenicfrom a room temperature chlorogallate melt; Journal of the Electrochemical Society, 137 (1990); S. 123–129

[7] M. Armand, F. Endres, D. R. MacFarlane, H. Ohno, B. Scrosati: Ionic-liquid materials for the electrochemical challenges of the future; Nature Materials, Vol. 8 (2009); S. 621-629

[8] D. R. MacFarlane et al.: Energy applications of ions liquids; Energy&Enviromental Science, 7 (2014); S. 232-250

[9] Farnoush Faridbod, Mohammad Reza Ganjali, Parviz Norouzi, Siavash Riahi, Hamid Rashedi: Application of Room Temperature Ionic Liquids in Electrochemical Sensors and Biosensors; Ionic Liquids: Applications and Perspectives, Prof. Alexander Kokorin (Ed.) (2011), ISBN: 978-953-307-248-7

[10] E. Berretti et al.: Aluminium electrodeposition from ionic liquid: Effect of deposition temperature and sonication; Materials (Basel), Vol. 9 (2016), no. 9; S. 1–14

 

 

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