Modernisierung und Planung der Abluftreinigung

Oberflächen 10. 12. 2017
Von Andreas Tscherwitschke, Leinfelden-Echterdingen

Die neue TA-Luft soll im kommenden Jahr verabschiedet werden. Bereits jetzt empfiehlt es sich, betroffene Anlagen im Hinblick auf die neuen Richtlinien zu überprüfen und diese bei Bedarf anzupassen. Nachfolgend werden die Aspekte betrachtet, die bei einer Nachrüstung oder Neuinvestition berücksichtigt werden sollten. Dies beinhaltet unter anderem Maßnahmen zur effizienten Luftführung, zur Vermeidung von Wärmeverlust sowie zur Wärmerückgewinnung und zur Rückgewinnung von Wert- und Wirkstoffen.

Modernising and Planning of Air Exhaust Cleaning Systems

The new TA-Luft (Air) air quality regulations are due to come into force next year. This being so, it is strongly recommended that plants to which the new guidelines will apply, be tested beforehand to ensure compliance. Considered here are factors to be taken into account either in the case of an upgrading of existing equipment or those to be considered with new installations. This also includes, among other measures, means for efficient airflow management, avoiding heat losses and processes for heat recovery and more generally, recycling of materials that would otherwise go to waste.

Neue TA Luft

Als allgemeine Verwaltungsvorschrift ist die TA-Luft zunächst bindend für Behörden bei der Abnahme von genehmigungspflichtigen Anlagen. Die neue Fassung berücksichtigt sowohl den aktuellen Stand der Technik, als auch in verstärktem Maß das EU-Recht, das unter anderem noch mehr Umweltbewusstsein seitens der Anlagenbetreiber fordert. So fallen der Ressourcenschonung und der Energieeffizienz eine gewichtigere Rolle zu als bisher.

Auf den ersten Blick bedeuten die neuen Inhalte für die betroffenen Unternehmen höhere Kosten – bei der Planung, der Anschaffung, der Wartung und Instandhaltung der Anlagentechnik – und gegebenenfalls eine neue Partnerwahl. Perspektivisch ergeben sich jedoch Chancen zur Qualifizierung der Oberflächentechnik am Standort Deutschland durch ein höheres Wertebewusstsein für die Ressourcen Luft und Wasser. Zudem resultieren bedeutende betriebswirtschaftliche Effekte aus Energieeinsparungen sowie eine bessere Positionierung der Unternehmen durch verbesserte Arbeitsplatzbedingungen und die positive Wahrnehmung des Unternehmens im Markt.

In Bezug auf die Abluftreinigung in nass­chemischen Anlagen ergeben sich viele Ansatzpunkte zur Optimierung – sowohl bei Neuanlagen als auch bei Bestandsanlagen. Diese Optimierung beginnt bereits bei augen­scheinlichen Kleinigkeiten, wie der Beseitigung von Leckagen, dem Erstellen und Umsetzen von Wartungsplänen oder dem Ersetzen ineffizienter Motoren. Sie reicht bis hin zu grundlegenden baulichen und technischen Veränderungen.

Die TA-Luft bezieht sich inhaltlich auf eine Vielzahl von Substanzen. Die Abluftreinigung bei nasschemischen Prozessen beschränkt sich aber zumeist auf wasserlösliche und lösungsmittelfreie Substanzen, sodass sich die folgende Betrachtung nur auf diesen Teil­bereich bezieht.

Grundsätzliches zu Abluftreinigungsanlagen

Bei einigen zum Einsatz kommenden Sub­stanzen, wie anorganischen und organischen Stoffen, karzinogenen (bisher: krebserzeugenden), keimzellmutagenen (bisher: erbgutverändernden) oder reproduktionstoxischen Stoffen, gelten neue oder strengere Einstufungskriterien. Entsprechend den neuen Grenzwerten müssen die Prozessluftkenngrößen und die Steuer-und Regeltechnik ausgelegt werden. Generell empfiehlt es sich, Abluftreinigungsanlagen exakt oder großzügig zu Gunsten der Umwelt und der Gesundheit auszulegen und der Anlage nicht den Charakter eines notwendigen Übels zu verleihen. Diese Maßgabe, verbunden mit einer regelmäßigen Wartung durch den Hersteller oder Anlagenlieferanten, sichert langfristig die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Bedingungen in der Oberflächentechnik muss jede Anlage individuell betrachtet und aus ­einer Vielzahl von Lösungen die jeweils passende herausgesucht werden. So kommen beispielsweise Sprühdüsenwäscher (Abb. 1), Füllkörperwäscher (Abb. 2) oder Venturi-Systeme zum Einsatz.

Abb. 1: Sprühdüsenwäscher horizontal

Abb. 2: Füllkörperwäscher vertikal

 

Wesentliche Prozessschritte am Beispiel eines Sprühdüsenwäschers

Die Schadstoffe der Prozessluft werden im Absorptionsverfahren ausgewaschen. Um ein möglichst großes Volumen an Schadstoffen erfassen und auswaschen zu können, müssen die Tropfen des Sprühnebels, die durch die Sprühdüsen (Abb. 3) erzeugt werden, möglichst lange in der Schwebe gehalten werden und eine möglichst große Oberfläche erzeugen. Je länger der Schwebezustand erhalten bleibt, desto besser können die Schadstoffe der Luft von den Tröpfchen der Waschlösung aufgenommen und abgeschieden werden. Die Tropfengröße, die Strömungsgeschwindigkeit und das Volumen der Waschlösung sind dabei die bestimmenden Faktoren für die Wirksamkeit dieses Verfahrens. Sind die Tropfen zu groß, fallen sie aufgrund der Schwerkraft aus dem Luftstrom heraus und können keine Schadstoffe aufnehmen. Allerdings dürfen die Düsen auch keine zu kleinen Tröpfchen erzeugen, da diese vom Luftstrom mitgerissen werden, bevor Schadstoffe absorbiert werden können. Um die Wirksamkeit zu verstärken, kann der ­Waschlösung ein Neutralisationsmittel zugegeben werden.

Abb. 3: Detailansicht der Sprühdüsen im Sprühdüsenwäscher

 

Erfassung der Prozessluft

Abgase sind direkt an ihrer Entstehungsstelle zu erfassen. Dabei werden in der Regel Absaugstege verwendet, die die abzusaugende Prozessluft direkt an den Behandlungsbehältern (Abb. 4) aufnehmen. Hier ist auf bestimmte Faktoren zu achten: Erfassungsgeschwindigkeit, laminare Strömung und eine kurze Distanz zwischen Emissionsquelle und Erfassungsstelle. Ziel ist, dass Schadstoffe nicht in die Raumluft gelangen und damit die MAK-Werte unterschritten oder zumindest eingehalten werden.

Abb. 4: Behälterreihe einer Galvanikanlage mit Absaugstegen

 

Bei der Beschaffung sollte geprüft werden, ob der Hersteller der Anlage die genannten Auslegungsfaktoren beachtet hat und die Gestaltung und Anordnung der Absaug­stege den behördlichen Anforderungen genügen. Um die Absaugung in Vertikalanlagen noch effizienter zu gestalten, werden Fahrwagen mit integrierten Absaughauben verwendet. An jeder Behälterstation wird eine Kupplungsstelle für die Absaugung installiert, die die Luft absaugt, sobald die Haube über dem Behälter positioniert ist. Gerade bei warm arbeitenden Prozessbädern wird so der Dampfschwall, der beim Herausheben der Warengehänge entsteht, effizient erfasst und gelangt nicht in die Produktionshalle. Kombiniert mit einer Tropfwanne und einem Rücklauf der Flüssigkeit in die Arbeitsposition ist dies die optimale Lösung, um gleichzeitig die Verschleppung von Flüssigkeiten zu reduzieren.

Die neue TA-Luft fordert zudem, dass kein Einblasen von Luft in die Medien mehr erfolgt. Denn dadurch entstehen Aerosole, die in die Arbeitsumgebung gelangen können und die MAK-Werte massiv beeinträchtigen. Davon auszunehmen ist jedoch die sogenannte Push-Pull-Absaugung, bei der durch gezieltes Überblasen der Oberfläche des Mediums in den gegenüberliegenden Absaug­steg die Absaugwirkung verbessert wird. Idealerweise wird dabei ein Teilstrom der Abluft im Kreislauf geführt.

Effiziente Luftführung

Eine aerodynamisch günstige Auslegung der Luftleitungen vermeidet ungleichmäßige Strömungsgeschwindigkeiten, Turbulenzen und Luftwiderstände. Kantige oder engwinklige Übergänge bei der Anbindung zu Sammelleitungen oder an Rohrreduzierungen erhöhen permanent den Luftwiderstand und somit die Ventilatorleistung.

Well- und Flexschläuche oder rechtwinklige Abgänge, die als kostengünstige Alternative bei kompliziert verlaufenden Leitungsstrecken verwendet werden, entpuppen sich als Energiefresser, da der resultierende Widerstand einen erhöhten Energieeinsatz bewirkt. Zudem erzeugen die Turbulenzen Lärm und belasten die Mitarbeiter.

Fast schon unscheinbar wirkt in diesem Zusammenhang die Forderung der TA-Luft nach der Vermeidung von Undichtigkeiten. Gerade hier besteht großes Potenzial zur Energieeinsparung. Oft werden Flanschverbindungen mit zu geringem Schraubenabstand oder gar ohne Dichtungen ausgeführt, Muffenverbindungen von Rohrleitungen nicht verschweißt sondern nur verklebt. Bei falscher Materialwahl werden Dichtungen schnell chemisch angegriffen und undicht. Fehlende Dehnungsausgleichselemente führen zum Bruch von Verbindungsstellen oder Rissen in der Leitung. Generell müssen die Komponenten des Abluftsystems regelmäßig überprüft werden und Beschädigungen schnell behoben werden. Defekte (Abb. 5) dürfen kein Dauerzustand sein.

Abb. 5: Defekte einer Absaughaube

 

Vermeidung von Keimbildung

Neu in die TA-Luft aufgenommen wurden Bioaerosole im Sinne von luftgetragenen Mikroorganismen, die sich schädigend auf die Gesundheit auswirken. Dieser Umstand betrifft nasschemische Anlagen insoweit, als es durch das Einschleppen von organischen Substanzen in den Flüssigkeitskreislauf zu einer Keimbildung kommen kann. Hier kommt ein oft vernachlässigtes Merkmal bei Abluftreinigungsanlagen zum Tragen: die Zugänglichkeit und Reinigungsmöglichkeit. Diese muss sicher und effizient gewährleistet sein, insbesondere durch kurze Reinigungsintervalle, leicht zu reinigende Oberflächen, eine gute Erreichbarkeit der kritischen Stellen, große Ausbauöffnungen und die Möglichkeit, Armaturen und Komponenten schnell aus- und wieder einbauen zu können. Tropfenabscheider mit Schnellspannsystem (Abb. 6) sind leicht zugängliche und leicht zu reinigende Abscheidereinsätze. Große Öffnungen ermöglichen die Reinigung der Innenbereiche der Apparate.

Abb. 6: Tropfenabscheider mit Schnellspannsystem

 

Vermeiden von Wärmeverlust

Beheizte Behandlungspositionen sollen generell über eine Wärmeisolierung verfügen. Diese ist bereits bei der Anlagenplanung zu berücksichtigen durch Verwendung entsprechender Behälter (z. B. doppelwandig oder vorisoliert). Vorhandene Behälter sind entsprechend nachzuisolieren. Zudem sind die Oberflächen der Medien abzudecken. Oft hat hier der Kostendruck schon für den notwendigen Fortschritt gesorgt, wenn sich der Wärmeverlust spürbar auf die Prozesskosten auswirkte oder die entweichenden ­Dämpfe den Arbeitsraum belasteten. Effizienter im Hinblick auf den Produktionsablauf und die Schonung der Umwelt ist eine halb- oder vollautomatische Abdeckung, die taktzeitabhängig geöffnet und geschlossen wird. Diese Art der Abdeckung ist in bestehende Anlagen leider so gut wie nicht nachrüstbar.

Wärmerückgewinnung

Im Hinblick auf die Wärmerückgewinnung sind die Nutzung von Abwärme zur Heizung der Produktionshalle und in Kombination mit Abgasrückführungssystemen ein effizienter Ansatz. Dabei sind zwei Arten der Wärmerückgewinnung zu unterscheiden: die Wärmespeicherung (regenerativ) oder die direkte Wärmeverwendung (rekuperativ).

Einer energetisch günstigen Anordnung der dafür erforderlichen Wärmetauscher steht die schadstoffbelastete Luft im Wege. Bei der Anordnung der Wärmetauscher vor der Abluftreinigung ergibt sich theoretisch eine höhere Rückwärmezahl, dabei können jedoch nur Wärmetauscher aus Kunststoff beziehungsweise beständigen Werkstoffen verwendet werden. Diese Wärmetauscher haben jedoch einen wesentlich geringeren Wirkungsgrad als Wärmetauscher aus leitfähigen Werkstoffen, wie zum Beispiel aus Kupfer oder Edelstahl. Die Anordnung der Wärmetauscher nach der Abluftreinigung (mittels Nasswäscher) macht hinsichtlich der energetischen Ausbeute wenig Sinn, da der Großteil der Wärme in die Waschflüssigkeit des Wäschers bereits übertragen wurde.

Die Effizienz von Wärmerückgewinnungssystemen ist theoretisch sehr einfach zu berechnen und kann durch das Fachunternehmen zur Entscheidungsfindung im Vorfeld zur Verfügung gestellt werden. Als Faustregel kann man davon ausgehen, dass derzeit eine Wärmerückgewinnung erst im Mehrschichtbetrieb und ab etwa 15 000 m3 Abluft/h wirtschaftlich sinnvoll ist. In die Wärmerückgewinnungssysteme können auch andere Abwärmequellen, wie beispielsweise Gleichrichter integriert werden. Einflussfaktoren auf die Effizienz sind die räumliche Entfernung der beiden Wärmetauscherquellen, die verwendeten Wärmeträgermaterialien, die Leitungslängen und der erforderliche Isolierbedarf.

Rückgewinnung von Wert- und Wirkstoffen

Bei der Integration der Abluftreinigung in die nasschemische Anlage sollte der gesamte Prozesskreislauf betrachtet werden. Ziel muss die generelle Vermeidung von Wertstoffemissionen sein, indem Stoffkreisläufe so weit als möglich geschlossen werden.

Ein Beispiel ist die Mehrfachnutzung von Spülwasser in Kaskadenspülungen, welche häufig in Galvanikanlagen zum Einsatz kommen. Besonders effizient sind dabei Kaskadenspülen, bei denen zur Entfernung des Elektrolyten gerade so viel Wasser eingesetzt wird, wie das Wirkmedium an Verdunstungs- und Ausschleppungsverlusten verliert. Für einen abwasserlosen Betrieb und die vollständige Rückgewinnung der im Spülwasser enthaltenen Elektrolytinhaltsstoffe kann die Joul’sche Wärme als Verdampfungswärme genutzt werden, um die ausgetragenen und aus der Abluft ausgewaschenen Elek­trolytanteile aufzukonzentrieren.

Kurzporträt
Richard Tscherwitschke GmbH

Die Richard Tscherwitschke GmbH ­liefert seit 1970 komplette Abluftreinigungssysteme zur Entfernung von Schadstoffen und Rückgewinnung von Wertstoffen aus der Prozessabluft. Neben der Reinigung der Abluft von häufig vorkommenden Substan­zen wie Säuren und Laugen, Aerosolen, VOCs (organische, wasserlösliche Chemikalien) und Cyaniden wurden von dem Unternehmen auch bereits Anlagen für schwer zu reinigenden Substanzen wie NOX realisiert. Die grundsätzliche Vorgehensweise basiert dabei schon immer auf einer ganzheitlichen Betrachtung der Prozesse – bei gleichzeitiger Berücksichtigung des energetischen Aufwands, Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und Anwendung der best verfügbaren Techniken.

Die genaue Anlagenspezifikation mit ­einer Luftmengen- und Wärmemengenberechnung schafft die Grundlage für eine behördensichere Auslegung der Ablufttechnik. Eine Feldexpertise mittels einer zur Verfügung stehenden Versuchsanlage gibt dem Kunden zudem in schwierigen Fällen Sicherheit für eine Entscheidung. Ein Team aus Ingenieuren, Experten und Fachleuten steht bei ablufttechnischen Fragen zur Verfügung. Sie führen in Zusammenarbeit mit Behörden und zugelassenen Prüf- und Überwachungsinstituten auch die Anlageninbetriebnahme durch.

  • www.tscherwitschke.com

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